Audiokanal „Stadtstimmen“

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Archivwürdig

In der Podcast-Sendung des Innsbrucker Stadtarchivs spricht Tobias Rettenbacher, Mitarbeiter des Stadtarchivs Innsbruck, mit Gästen über verschiedene, stadtgeschichtliche Themen.

3. Staffel:

Für die dritte Staffel wurde die bevorstehende Neugestaltung des Gedenkorts Reichenau als Anlass genommen, um vor allem über zwei Themenbereiche zu sprechen. Zum einen über verschiedene Aspekte des ehemaligen Arbeitserziehungslagers Reichenau, wie etwa dessen Entstehung und Nachnutzung oder archäologische Grabungen zum Lager. Zum anderen wird etwas allgemeiner auf die zugrundeliegende Thematik von Erinnerungskultur und Erinnerungsorten eingegangen.

Transkription

[Intro-Musik] Tobias: Hallo liebe Hörerinnen von Archivwürdig! Nach längerer Pause melde ich mich heute mit erfreulichen Nachrichten zur bevorstehenden dritten Staffel unseres Podcast. Das Wichtigste gleich vorneweg Die neue Staffel startet nächste Woche Donnerstag, den 28. November. Und neue Folgen erscheinen ausnahmsweise im wöchentlichen Rhythmus. Was erwartet Sie in der dritten Staffel von Archivwürdig? Wie Sie, liebe Hörerinnen, vielleicht den Medien entnommen haben, gab es einen internationalen Wettbewerb für einen zeitgemäßen Gedenkort in der Reichenau. Die bevorstehende Neugestaltung haben wir zum Anlass genommen, um zum einen über das ehemalige Arbeitserziehungslager Reichenau zu sprechen. Zum anderen wollen wir, anknüpfend daran auch auf die darüberstehende Thematik von Erinnerungskultur und Erinnerungsorten eingehen. Abschließend möchte ich den Hinweis geben, dass der Großteil der Folgen noch während des laufenden Wettbewerbs für den Gedenkort aufgezeichnet wurden. Sollten Sie Fragen, Wünsche oder Anregungen zu den einzelnen Folgen haben, dann erreichen Sie uns via Email unter podcast@innsbruck.gv.at. Wie gesagt, nächste Woche geht es los und es würde uns wie immer ausgesprochen freuen, wenn Sie fleißig reinhören. [Outro-Musik] Tobias: Archivwürdig ist eine Produktion des Stadtarchiv Innsbruck und Teil der Stadtstimmen, dem Audiokanal der Stadt Innsbruck. #00:02:04‑8#

Transkription

[00:00:00]  Tobias: Hallo und herzlich willkommen zur ersten Folge unserer dritten Staffel von Archivwürdig,

[00:00:06]  dem Podcast des Innsbrucker Stadtarchivs.

[00:00:10]  Zu Beginn unserer Staffel habe ich Sabine Pitscheider zum Gespräch eingeladen.

[00:00:15]  Sabine forscht seit vielen Jahren über die NS-Zeit in Tirol und war Teil der Expert:innenkommission

[00:00:21]  für die neue Gedenkstätte sowie Mitautorin einer Studie zum Arbeitserziehungslager Reichenau.

[00:00:28]  Gemeinsam sprechen wir vor allem über das Arbeitserziehungslager Reichenau,

[00:00:31]  aber auch ganz generell über die Lager- und Lagerarbeit in Tirol.

[00:00:36]  [Intro-Musik] Tobias: Liebe Sabine, danke, dass du heute mit mir über das Arbeitserziehungslager Reichenau sprichst.

[00:00:57]  Was auch ja, ich sage jetzt mal, das übergeordnete Thema der Staffel ist.

[00:01:01]  Und fangen wir vielleicht einfach wirklich ganz an der Basis an zum Arbeitserziehungslager Reichenau.

[00:01:08]  Seit wann gibt es denn das Arbeitserziehungslager Reichenau?

[00:01:11]  Sabine: Seit dem Winter 1941/42.

[00:01:14]  Und ursprünglich war daran gedacht, ein Auffanglager für italienische Arbeitskräfte zu errichten.

[00:01:20]  Weil das war genau die Zeit, als italienische Arbeitskräfte massenhaft aus dem deutschen Reich wieder Richtung Heimat wollten.

[00:01:26]  Und viele wurden am Brenner aufgegriffen.

[00:01:28]  Und das deutsche Reich wollte keine Arbeitskräfte verlieren.

[00:01:31]  Und daher war daran gedacht, die irgendwo zu sammeln und weiter zu verteilen, also nach einer Bestrafung.

[00:01:36]  Weil das war ja Arbeitsflucht und war verboten.

[00:01:39]  Und als die italienische Regierung davon erfuhr, waren sie nicht begeistert,

[00:01:43]  weil offiziell war Italien ja ein Verbündeter des deutschen Reiches

[00:01:46]  und mit Freunden geht man ja normalerweise so nicht um.

[00:01:49]  Und dann war eben die Weisung, ja gut, wenn das kein Auffanglager ist,

[00:01:52]  dann machen wir ein Arbeitserziehungslager

[00:01:54]  und Arbeitserziehungslager gab es über das ganze Reich verteilt, über 100.

[00:01:58]  Und die waren zur Disziplinierung vorgesehen.

[00:02:01]  Für jede Arbeitskraft, egal welche Staatsbürgerschaft.

[00:02:04]  Und dort sollten die Menschen diszipliniert zur Arbeit erzogen unter Anführungszeichen zu sehen, bitte.

[00:02:11]  Erzogen werden und nach einer gewissen Zeit der äußerst schlechten Behandlung wieder zurück an ihre alte Arbeitsstelle kommen

[00:02:17]  und dort weiter erzählen, wie schlecht es ihnen gegangen ist, damit die anderen nicht auch auf die Idee kommen, sich zu widersetzen.

[00:02:23]  Tobias: Die Wahl des Standortes, das ist ja nicht ganz willkürlich.

[00:02:27]  Sabine: Es war nicht willkürlich, wie du sagst.

[00:02:29]  Das NS-Regime hat dringend Lager gebraucht, um die vielen Arbeitskräfte unterzubringen,

[00:02:32]  egal ob jetzt Kriegsgefangene, freiwillige Zivilarbeiter oder Zwangsarbeiter.

[00:02:36]  Und haben meistens an Stadträndern oder Ortsrändern versucht, diese Infrastruktur zu schaffen.

[00:02:43]  Und das erste Lager in der Reichenau in diesem Gebiet, wo dann das AEL stand, war das Kriegsgefangenenlager der Stadt Innsbruck.

[00:02:50]  Und gleich anschließend war dann ein Zivilarbeiterlager der Stadt Innsbruck, im Laufe der Jahre

[00:02:54] kam noch ein Lager der Reichspost und ein Lager der Reichsbahn.

[00:02:57]  Und der Standort war insofern günstig gewählt aus NS-Sicht

[00:03:01]  Mit der Nordbrücke konnte man auf die andere Innseite

[00:03:05]  und dort war eine Straßenbahnhaltestelle.

[00:03:07]  Und zugleich lagen diese Lager fußläufig entfernt von den großen Baustellen der Stadt Innsbruck in Pradl.

[00:03:14]  Und damit zu Fuß auch erreichbar.

[00:03:17]  Tobias: Du hast nämlich jetzt eh schon angesprochen, die anderen Lager, was es ja noch auf städtischem Gebiet gab.

[00:03:22]  Wie ist denn auch das Arbeitserziehungslager jetzt von der Größe her einzuordnen auf Innsbruckerboden oder auch von der Wichtigkeit des Lagers?

[00:03:31]  Im Gegensatz vielleicht zu den Innsbrucker-Lagern noch oder weiteren Lagern.

[00:03:35]  Und vielleicht auch, wenn wir ein bisschen schauen, auf Tirol ein bisschen im Verhältnis sozusagen.

[00:03:41] Sabine: Innsbruck selber hat, also normalerweise hat jede größere Gemeinde ein eigenes Lager gehabt.

[00:03:46]  Die haben normalerweise die örtlichen Gewerbebetriebe ihr Personal eingemietet und dafür bezahlt.

[00:03:52]  Das heißt, das war im Prinzip wie ein Wirtschaftsunternehmen.

[00:03:54]  Genauso war das für die Stadt Innsbruck.

[00:03:56]  Und in den Lagern der Stadt Innsbruck in den beiden kamen theoretisch 750 Menschen unter.

[00:04:01]  Also es gab 750 Schlafstellen.

[00:04:03]  In Notfällen waren es oft mehr.

[00:04:06]  Und dann gab es eben die Lager von Firmen.

[00:04:10]  Das heißt, einige Unternehmen, vor allem Baufirmen, hatten eigene Firmenlager.

[00:04:14]  Die waren meistens klein, 100/150 Männer und wurden dann wieder verlegt, wenn die Baustelle fertig war.

[00:04:20]  Das heißt, das waren wirklich so Wanderlager.

[00:04:23]  Und das heißt, in Innsbruck selbst haben wir eben die Lager der Stadt Innsbruck mit an die 750 Personen.

[00:04:31]  Die kleineren Firmenlager oder größeren.

[00:04:34]  Und das AEL war mit 800 möglichen Unterbringungsplätzen gehörte zu den Großlagern von Innsbruck.

[00:04:43]  Die größten Lager in Tirol hatten aber die Lager der Kraftwerksbauten.

[00:04:47]  Also die TIWAG im Unterinntal und die Westtiroler Kraftwerke in West Tirol.

[00:04:53]  Und das waren, entschuldige ganz kurz, das waren Lager so mit 1.000, 1.500, 2.000.

[00:04:58]  Tobias: Das sind dann, so blöd das jetzt klingt, aber auch Häftlinge oder Inhaftierte von den Lagern,

[00:05:05]  also Tirol weit auch ausgetauscht worden, also dass sie für Arbeitseinsätze dann zum Beispiel ins Unterinntal gekommen sind.

[00:05:13]  Dort da dann für eine Zeit geblieben sind und dann wieder zurückgekehrt ins Arbeitslager kommen sind?

[00:05:17]  Sabine: Das war ganz üblich.

[00:05:18]  Das heißt, normalerweise eine Arbeitskraft, egal ob jetzt Zivil-, Kriegsgefangener oder zwangsverpflichtet,

[00:05:24]  konnte sich den Arbeitsplatz nicht aussuchen.

[00:05:26]  Zugeteilt hat das das Arbeitsamt nach wirtschaftlichen Überlegungen.

[00:05:30]  Das heißt, es war ganz üblich, dass jemand, der vielleicht zuerst beim Lager der Baufirma Retter auf der Ulfiswiese war,

[00:05:37]  kam dann ins Ötztal oder dann zu den Illwerken und im Winter vielleicht wieder zurück in die Stadt.

[00:05:42]  Das heißt, wir haben es zwar immer mit sehr vielen Menschen zur selben Zeit zu tun, die aber nicht immer die gleichen Menschen waren.

[00:05:48]  Tobias: Weil wir ja auch schon das Thema kurz angeschnitten haben.

[00:05:52]  Arbeitseinsätze sind an einer Baustelle, an ein Bauvorhaben gekommen.

[00:05:58]  Wie ist denn der formale Ablauf, wie man als Firma zum Beispiel an eine Arbeitskraft,

[00:06:05]  nennen das jetzt Arbeitskraft, das sind ja zwangsverpflichtete,

[00:06:08]  kommt, ist das ein formeller Akt, ein Schreiben, was man abschickt und dann bekommt man die Person?

[00:06:15]  Sabine: Es war komplizierter. [beide lachen]

[00:06:18]  Sabine: Also zuständig war einzig und allein das Arbeitsamt.

[00:06:21]  Das heißt, wenn eine Firma eine Arbeitskraft brauchte, männlich, weiblich, alt, jung, egal,

[00:06:25]  musste ein Ansuchen an das Arbeitsamt gestellt werden.

[00:06:28]  Und dann musste man beweisen, dass man die Arbeitskraft auch unterbringen konnte.

[00:06:32]  Deshalb gab es ja diese vielen Firmenlager und Gemeindelager.

[00:06:35]  Und erst wenn das gesichert war, ging das Arbeitsamt daran, so eine Person zu suchen.

[00:06:40]  Es gab mit befreundeten Staaten, hatte das NS-Regime Anwerbeabkommen,

[00:06:44]  mit Italien, Bulgarien, Ungarn und so weiter.

[00:06:47]  Und das heißt, in diesen Ländern gab es Anwerbebüros, wo sich Menschen bewerben konnten,

[00:06:52]  um eine Arbeit im Deutschen Reich, wenn sie gesund und arbeitsfähig waren

[00:06:55]  und nicht feindlich eingestellt, kamen sie ins Deutsche Reich zur Arbeit.

[00:06:58]  Das waren die Freiwilligen.

[00:07:00]  Wobei die Freiwilligkeit sich sehr relativiert, weil wenn sie im Deutschen Reich,

[00:07:03]  wenn ihnen die Arbeit nicht gefiel und sie wollten gehen, ging das nicht mehr.

[00:07:06]  Und ab dann war das eher eine Zwangsarbeit.

[00:07:10]  Und das Arbeitsamt hat dann eben bei diesen Anwerbebüros angefragt

[00:07:14]  und es kamen immer wieder... entweder die Leute kamen einzeln ins Reich oder mit Transporten.

[00:07:19]  Und mit Transporten kamen sie vor allem aus den besetzten westlichen Gebieten der Sowjetunion,

[00:07:26]  heute Ukraine und Weißrussland, die unterlagen besonderen strengen Bestimmungen.

[00:07:32]  Sie mussten ein eigenes Kennzeichen tragen, damit jeder sofort wusste,

[00:07:35]  dass er es mit unter Anführungszeichen "Untermenschen" zu tun hatte.

[00:07:39]  Und mit diesen Deportationszügen kamen sie gesammelt ins Reich

[00:07:43]  und wurden dann an die Arbeitsämter verteilt und die Arbeitsämter verteilten sie dann wieder auf die einzelnen Firmen.

[00:07:48]  Wann die Arbeitskraft einlangte, konnte niemand sagen, weder das Arbeitsamt noch sonst wer,

[00:07:53] das heißt im Prinzip haben die Firmen, die wirklich Arbeitskräfte brauchten,

[00:07:57]  eine enorme Ausdauer gebraucht, bis sie überhaupt jemanden bekommen.

[00:08:02]  Sie durften nicht jemanden einstellen, der sich frei bei ihnen beworben hatte, das war nicht möglich.

[00:08:06]  Es kam zwar vor, aber theoretisch war das nicht möglich.

[00:08:09]  Einzig zuständig, das Arbeitsamt.

[00:08:11]  Tobias: Wäre es auch möglich gewesen, dass die Arbeitskraft auch einfach gar nicht gefunden worden ist

[00:08:15]  und dann sozusagen es nie zur Überstellung einer Arbeitskraft gekommen ist?

[00:08:20]  Sabine: Ja, das ist durchaus vorkommen.

[00:08:22]  Das Arbeitsamt, da hat einfach die Meldung lapidar gelautet, derzeit nicht möglich.

[00:08:26]  [Drehgeräusch] Tobias: Gehen wir vielleicht wieder nur den Schritt zurück zum Arbeitserziehungslager in der Reichenau.

[00:08:34]  Du hast ja schon gesagt, die werden registriert, an und für sich,

[00:08:38]  kommen herein, die kommen jetzt aus dem Osten, verschiedene Standorte,

[00:08:42]  die treffen in dem Lager ein,

[00:08:44]  werden die dann.. oder wie penibel werden die auch registriert, die Ankommenden?

[00:08:50]  Sabine: Das war davon abhängig, ob es Kriegsgefangene oder Zivilarbeiter waren.

[00:08:54]  Kriegsgefangene wurden in den Kriegsgefangenenstammlagern,

[00:08:58]  die meisten, die nach Tirol kamen, kamen aus Markt Pongau, heute St. Johann im Pongau.

[00:09:03]  Die hatten eine Nummer und der ganze Schriftverkehr lief zwischen der Leitung des Stammlagers und dem Arbeitsamt.

[00:09:10]  Das Unternehmen selbst hatte damit nichts zu tun.

[00:09:12]  Das mietete nur die Arbeitskraft dieser Männer.

[00:09:15]  Und wöchentlich musste das Kriegsgefangenenlager dem Bürgermeister des Ortes, wo das Lager lag,

[00:09:20]  melden, wer in diesem Lager momentan interniert war, inhaftiert war

[00:09:26]  und welcher Firma diese Leute zugeteilt waren.

[00:09:29]  Diese Listen gibt es großteils nicht mehr.

[00:09:31]  Bei Zivilarbeitern war das so, das lief unter dem Ausländerbeschäftigungsgesetz,

[00:09:35]  so wie heute. Es gab bei jeder Bezirkshauptmannschaft eine Ausländerbehörde,

[00:09:39]  da gab es dann eine befristete Aufenthaltsbewilligung, die Menschen, wurden sozial versichert,

[00:09:44] und bekamen einen eigenen Ausweis als ausländische Arbeitskraft, so wie wir das heute auch kennen.

[00:09:50]  Tobias: Wie siehst du den Unterschied jetzt von einem Arbeitserziehungslager zu einem Konzentrationslager?

[00:09:56]  Sabine: Der Hauptunterschied liegt im Zweck des Lageraufenthalts.

[00:10:02]  Um das jetzt einmal... Tobias: Pauschal zu sagen. Es ist schwierig des... Sabine: Es ist sehr schwierig, aber normalerweise, muss man sagen, in einem AEL war das Ziel nicht der Tod des Menschen,

[00:10:13]  weil der sollte ja wieder in einen Arbeitsprozess zurück.

[00:10:16]  Und nachdem es an Arbeitskräften ja gemangelt hat, war im Prinzip die Erhaltung der Arbeitskraft das Ziel.

[00:10:22]  Das hat mit der Praxis im Arbeitserziehungslager dann herzlich wenig zu tun.

[00:10:30]  Was aber auch daran liegt, dass das Arbeitserziehungslager Innsbruck jede Menge andere Funktionen übernommen hat.

[00:10:37]  Es war zum Beispiel ein Transitlager für depotierte Jüdinnen und Juden aus Italien, auf ihrem Weg nach Auschwitz.

[00:10:43]  Und während sie hier interniert waren, mussten sie natürlich auch Arbeit leisten und wurden extrem schlecht behandelt,

[00:10:50]  weil sie als unter Anführungszeichen "Untermenschen" überhaupt keinen Lebenswert hatten.

[00:10:54]  Oder Arbeitskräfte, die nach dem Italien abgefallen ist, ab Sommer 1943, wurden Arbeitskräfte Italiener,

[00:11:04]  die streikten über das Lager Reichenau in das deutsche Reich deportiert.

[00:11:09]  Die wurden extrem schlecht behandelt.

[00:11:11]  Die haben einige Tote aus diesen depotierten italienischen Arbeitern.

[00:11:15]  Und dann hat das Lager noch die Funktion eines, nennen wir es, Depot für politisch Missliebige.

[00:11:25]  Zum Beispiel als im Sommer 1944, das Attentat auf Hitler scheiterte,

[00:11:29]  kam es ja im ganzen Reich zu Verhaftungen.

[00:11:31]  Und auch in Tirol, wo diejenigen, die als politische Feinde angesehen wurden, interniert im Arbeitserziehungslager Reichenau.

[00:11:38]  Noch einmal war das der Fall im April 1945 dann.

[00:11:42]  Oder wir haben im Frühjahr 1943 diese Aktion, dass der Gauleiter Hofer wollte Tirol unbedingt judenfrei bekommen

[00:11:50]  und hat einfach die jüdischen Ehepartner von Arischen in arischen Ehen verhaften lassen

[00:11:56]  und hat sie im Arbeitserziehungslager Reichenau deponiert, auf ihrem Weg nach Auschwitz.

[00:12:02]  Diese Menschen wurden wieder anders behandelt.

[00:12:04]  Das heißt, wir haben einerseits eben diese Arbeitserziehung, wo das Ziel war, nicht töten,

[00:12:09]  weil die Arbeitskraft erhalten bleiben soll und dann haben wir wieder Menschen dort inhaftiert gehabt,

[00:12:14]  wo es egal war, ob sie leben oder sterben.

[00:12:17]  Und das hat einfach mit dem Funktionswandel des Lagers zu tun, dass es sehr schwierig zu sagen ist,

[00:12:22]  wo der Unterschied zu einem KZ eigentlich sein soll.

[00:12:26]  Tobiaa: Ich verstehe ja, weil es einfach die, die, von Personengruppen im Lager schon unterschiedlich ist.

[00:12:32]  Sabine: Es ist einfach davon abhängig gewesen, wie das NS-Regime einen Menschen eingestuft hat in seinem "Wert".

[00:12:38]  Und es hat eben Wertlose gegeben und Menschen, die wertvoller waren.

[00:12:42]  Also die Vorschriften haben eigentlich besagt, dass jemand maximal 56 Tage zur Arbeitserziehung dort bleiben soll.

[00:12:48]  Und Arbeitserziehung hat dann bedeutet, Zwangsarbeit normalerweise für die Stadt Innsbruck.

[00:12:52]  Tobias: Du hast gesagt, normalerweise, das heißt, das ist nie der ... also ...

[00:12:56]  Sabine: Mit der Zeit haben sich die Grenzen, je länger der Krieg gedauert, hat desto eher sind Vorschriften einfach ignoriert worden.

[00:13:02]  Und zum Beispiel diese Grenze von 56 Tagen hat nicht für die sogenannten Ostarbeiter gegolten und für diese Deportierten aus der West-Sowjetunion.

[00:13:09]  Die durften unbegrenzt ausgebeutet werden, weil die waren sowieso ganz, ganz unten in der Hierarchie des Menschenwertes.

[00:13:18]  Und deshalb ... also es ist sehr schwierig zu sagen.

[00:13:22]  Tobias: Es ist nicht einfach.

[00:13:23]  Und deswegen habe ich mir gedacht, ich frags jetzt trotzdem einmal, weil es ist für die Menschen da draußen,

[00:13:29]  weil man hört immer Arbeitserziehungslager Reichenau aber ...

[00:13:32]  Sabine: Was ist das?

[00:13:33]  Tobias: Was ist das und warum gibt es dann KZ, warum gibt es die Auffanglager, dieses Lager, da ...?

[00:13:39]  Sabine: Ja. Das deutsche Lagersystem war sehr diffizil mit den unterschiedlichen Funktionen, die dazu geschrieben wurden.

[00:13:45]  Weil jetzt zum Beispiel, ein normales..., also in einem Kriegsgefangenen Lager war das Ziel nicht töten.

[00:13:50]  Tobias: Ja. Sabine: Das Ziel war Arbeitskraft ausbeuten.

[00:13:52]  Also in einem Arbeitskriegsgefangenenlager.

[00:13:55]  In den Stammlagern zum Beispiel war die Überlebenswahrscheinlichkeit je höher, desto westlicher du warst.

[00:14:02]  Also ein Sowjetischer Kriegsgefanger, die Überlebenswahrscheinlichkeit eines sowjetischen Kriegsgefangenen war gering,

[00:14:07]  weil die einfach schlechter behandelt wurden.

[00:14:09]  Weil je nachdem, woher jemand gekommen ist, hat man die Nahrung... die Menge an Lebensmitteln bekommen... oder eben nicht.

[00:14:17]  Tobias: Dasselbe wird auch für Kriegsgefangene gelten.

[00:14:19]  Sabine: Auch. Auch wobei bei den Kriegsgefangenen normalerweise die Stalagleitung da die Vorschriften gemacht hat.

[00:14:26]  Da hat das Regime selber nicht so eingreifen können.

[00:14:29]  Und die Stalag hat sich ja wirklich richten müssen, eigentlich nach der Genfer Konvention.

[00:14:34]  Da hat das NS-Regime nicht so radikal eingreifen können wie jetzt in einem Zivilarbeiterlager.

[00:14:40]  In einem Zivilarbeiterlager hat die Sache ja anders ausgeschaut.

[00:14:43]  Da war kein Rotes Kreuz und keine Genferkonvention.

[00:14:46]  Da hätten normale Menschenrechte genügt, aber Menschenrechte haben im NS-Regime einfach nicht existiert.

[00:14:50]  Zumindest nicht für diese Menschen.

[00:14:52]  Tobias: Feiner Unterschied.

[00:14:53]  Sabine: Es ist ein Unterschied.

[00:14:54]  Tobias: Aber das was viel ausmacht.

[00:14:56]  Sabine: Das macht ganz viel aus.

[00:14:57]  Es ist zum Beispiel dann so, ab dem Zeitpunkt, dass ab... sagen wir, dem Frühjahr 1942,

[00:15:02]  hatte das NS-Regime begonnen, Millionen von Menschen aus den westlichen Gebieten,

[00:15:05]  der Sowjetunion zu deportieren.

[00:15:07]  Und ab dem Zeitpunkt ist die Zahl der Kriegsgefangenenlager tendenziell zurückgegangen.

[00:15:12]  Und es sind mehr Ostarbeiterlager eingerichtet worden.

[00:15:15]  Weil die einfach... schlimmer zu behandeln waren, ohne dass einem was passiert.

[00:15:20]  Weil wenn man jetzt zum Beispiel schaut für die Disziplin, also wenn jetzt zum Beispiel ein Kriegsgefangener zu fliehen,

[00:15:25]  versucht hat, was sehr oft vorkommen ist, weil die Grenzen waren nahe und sehr verlockend.

[00:15:30]  Da war dann die Wehrmacht zuständig.

[00:15:32]  Das heißt, da wurde wieder aufgegriffen.

[00:15:34]  Da wurde ja Wehrmachts-Offizier informiert, da ist abgeholt worden und ins Stammlager zurückgebracht worden.

[00:15:39]  Versuchte ein Zivilarbeiter zu fliehen, war die Gestapo zuständig.

[00:15:42]  Das heißt, es war einfach viel einfacher.

[00:15:44]  Weniger Abstimmungsbedarf, nahe Befehlskette.

[00:15:48]  Und Zivilarbeiter haben, also gerade die sogenannten Ostarbeiter haben extrem wenig Geld verdient.

[00:15:54]  Das war kein Lohn, das war eine Art von Aufwandsentschädigung.

[00:15:57]  Und sie haben weniger zu Essen bekommen als andere.

[00:16:00]  Also man hat eine italienischen Arbeitskraft nicht mit dem Essen abspeisen können, das Ostarbeiter bekommen haben.

[00:16:06]  Tobias: Du hast gerade auch angesprochen, die Fluchtversuche vor allem bei den Kriegsgefangenen sind bei deiner Recherche,

[00:16:13]  ist dir untergekommen, dass es vom Arbeitserziehungslager auch Fluchtversuche gegeben hat?

[00:16:17]  Erfolgreiche oder unerfolgreiche?

[00:16:20]  Sabine: Keine.

[00:16:21]  Tobias: Keine, oder?

[00:16:22]  Sabine: Nein, also nicht nach den Akten.

[00:16:25]  Und das Problem mit den Akten ist, dass die Gestapo im April 1945 ihre Akten verbrannt hat.

[00:16:32]  Das heißt, wir wissen, über das Arbeitserziehungslager oft nur Bescheid aus Gerichtsprozessen,

[00:16:38]  aus Totenscheinen, aus Zeitzeugenaussaugen, aber nicht aus wirklich eigenem Aktenmaterial.

[00:16:45]  Tobias: Das wäre eh die nächste Frage, wie schwierig das ist,

[00:16:49]  ein Lager von der Größe auch irgendwie nachzuzeichnen, wo ja doch eine Vielzahl von der Aktenlage ja zerstört worden ist.

[00:16:57]  Sabine: Interessanterweise verstecken sich in Gemeindearchiven relativ,

[00:17:00]  viele Unterlagen. Das müsste man mal genauer, da müssten dann die Gemeindechronisten,

[00:17:04]  Ortschronisten sich einmal um diese Sache bemühen, weil Gemeindearchive oft wahre Schätze bergen,

[00:17:09]  die nirgendwo sonst mehr aufscheinen. Man bekommt relativ viele Informationen aus Prozessakten,

[00:17:16]  nach 1945, die Prozesse vor dem Volksgericht, die ja nicht nur Hochverrat geahndet haben,

[00:17:22]  sondern auch Kriegsverbrechen. Da bekommt man, also wenn dann ein Prozess gegen jemanden,

[00:17:29]  der Kriegsgefangene oder Zivilarbeiter misshandelt hat, da bekommt man Informationen, wie das einzelne

[00:17:34]  Lager funktioniert hat. Man bekommt Informationen eigentlich aus vielen verschiedenen Quellen,

[00:17:40]  Landesbauamt, wenn es darum geht er geeignet, einen geeigneten Standort für ein Lager zu suchen. Oder wenn

[00:17:45]  eine Firma möchte ein Lager errichten und wendet sich an das Stadtbauamt Innsbruck und das

[00:17:50]  Stadtbauamt sagt, nein, wir wollen nicht, dass man bei der Orts-Einfahrt sofort ein Lager sieht,

[00:17:54]  weil es wirklich auf den Tourismus abschreckend. Und deshalb ist ja zum Beispiel diese Lager in der

[00:18:00]  Reichenau, die waren ja alle relativ eng beieinander, einfach weil der Gauleiter gesagt hat,

[00:18:05]  ich will nicht, dass die Lager über die ganzen Stadt verteilt sind, es ist sicherheitsmäßig

[00:18:08]  einfach ein Unding. Die Firmen wollten, es war ein bisschen ein Widerstreit, die Firmen wollten die

[00:18:12]  Lager möglichst nahe beim eigenen Firmengelände und der Gauleiter wollte sie möglichst an

[00:18:16]  zwei Orten konzentriert haben, damit es nicht jedem gleich so auffällt. Tobias: Das ist eh ja auch ein guter

[00:18:22]  Punkt, den du da ansprichst, dass sie nicht jedem auffallen. Ich weiß es nur aus einigen

[00:18:27]  oder zumindest aus einem Interview, was ich geführt habe mit einer Zeitzeugin, die gesagt hat,

[00:18:31]  sie hat die nie gesehen durchmarschieren, die Zwangsarbeiter. Wie siehst du das? Es muss ja von

[00:18:39]  die Leute, vor allem wenn sie für Arbeitseinsätze ja von Firmen verwendet werden, die müssen ja

[00:18:45]  eigentlich wissen, woher die Leute sind oder wo die, also nicht, wo ihre ursprüngliche Heimat ist,

[00:18:51]  aber wo die derzeitig sind. Sabine: Mhm. Ja. Tobias: Also die Aussage quasi, wie man sie auch immer hat, man hat nichts gewusst.

[00:18:58]  Sabine: Nein, das ist unglaubwürdig. Zwangsarbeiter waren in jeder Gemeinde, auch in der Kleinsten und wenn sie

[00:19:04]  nur bei einem Bauern einer war, die waren überall. Und in der Stadt haben sie sich überhaupt nicht

[00:19:11]  verbergen lassen, weil zum Beispiel die Häftlinge des AEL mussten eigene Kleidung tragen und aus

[00:19:15]  Ressourcenmangel hat es diese eigene Kleidung nicht mehr geben, dann hat die Gestapo einfach die

[00:19:18]  Zivilkleidung der Gefangenen mit Ölfarbe beschmiert. Damit man erkennt, dass es Häftlinge sind.

[00:19:23]  Und normalerweise haben ja die Menschen ja Zivilkleidung getragen. Das heißt,

[00:19:28]  Zivilarbeiter sind mit Zivilkleidung angereist und Kriegsgefangene haben die Uniform getragen,

[00:19:34]  was ihre Flucht erschwert hat. Weil damit der Kriegsgefangene erfolgreich fliehen konnte,

[00:19:39]  hat er Zivilkleidung gebraucht und was auch noch sehr schwierig war, ist, dass Kriegsgefangene bekamen

[00:19:44]  Geld für ihre Arbeit, aber nicht in Reichsmark, sondern in Lagergeld. Das waren so Gutscheine,

[00:19:49]  die nur in der Lagerkantine eingetauscht werden konnten. Das heißt, wollte jemand erfolgreich

[00:19:53]  fliehen, brauchte er erstens mal gute Geografiekenntnisse, zweitens wenn möglich ein wenig Sprachkenntnisse,

[00:19:59]  drittens Zivilkleidung und viertens richtiges Geld. Tobias: Mhm. Nicht so leicht zum Erhalten. Sabine: Schwierig.

[00:20:06]  Tobias: Und vor allem ohne Mithilfe einer lokalen Bevölkerung. Sabine: Das hat die Mithilfe der

[00:20:11]  lokalen Bevölkerung gebraucht. Richtig.

[00:20:13]  [Drehgeräusch] Wir haben jetzt sehr viel von den Zwangsarbeitern Kriegsgefangenen gesprochen. Gab es denn auch

[00:20:23]  weibliche Gefangene in der Reichenau bzw. in ganz Tirol?

[00:20:28]  Sabine: Also Kriegsgefangene sind per se männlich. Das ist klar. Unter den zivilen Arbeitskräften

[00:20:34]  muss man eben unterscheiden zwischen jenen, die aus verbündeten Staaten gekommen sind,

[00:20:37]  die theoretisch freiwillig waren. Dann diejenigen, die aus neutralen Staaten kommen, in Vorarlberg

[00:20:43]  betrifft es vor allem Bürger aus der Schweiz. Oder wo die Staatsbürgerschaft ungeklärt ist.

[00:20:49]  Aber wenn man sich, wenn man sich, es gibt verschiedene Statistiken zu verschiedenen

[00:20:52]  Zeitpunkten, im Dezember 1943 waren fast drei Viertel aller in Tirol Beschäftigten

[00:20:59]  Zivilarbeiter aus besetzten Staaten, die vermutlich nicht freiwillig da waren. Und wenn man sich diese

[00:21:06]  diese fast drei Viertel nochmal extra anschaut, dann muss man sagen, dass die überwältigende Mehrheit

[00:21:12]  davon kam entweder aus Polen oder aus den besetzten Westgebieten der Sowjetunion und hier

[00:21:17]  vor allem aus der Ukraine. Und was man noch einmal sieht, ist, wenn man sich das nach Geschlecht

[00:21:22]  anschaut, dass die überwiegende Mehrheit dieser Zwangsarbeiterinnen Frauen waren. Das heißt,

[00:21:29]  wir haben ab dem Frühjahr 1942 wird Zwangsarbeit nicht nur tendenziell weiblicher, sondern und

[00:21:34]  ganz wichtig tendenziell jünger. Deportiert wurden diese Menschen ab dem Alter von 14,

[00:21:39]  aber es waren auch jüngere möglich. Das heißt, wir haben in den meisten Lagern, die vor allem

[00:21:44]  mit Osterarbeiter:innen arbeiten, sind Jugendliche. Tobias: Die sind aber nicht hauptsächlich in der Reichenau

[00:21:51] gewesen. Sabine: Nein, die waren vor allem in der Landwirtschaft, in den sogenannten Aufbaugenossenschaften.

[00:21:56]  Jedes Jahr hat der Gau Aufbaugemeinden ernannt und die wurden besonders mit Geldmitteln subventioniert,

[00:22:02]  Güterwegebau, Materialseilbahnbau usw. Und jede dieser Aufbaugemeinden hatte

[00:22:08]  ein eigenes, ein sogenanntes Russen- oder Ostarbeiterlager. Und da waren die Mehrheit weiblich.

[00:22:13]  Tobias: Kaum vorzustellen eigentlich. Sabine: Kaum vorzustellen. Andererseits hat das NS-Regime den

[00:22:18]  Menschen aus dem Osten einen nur einen geringen Menschenwert beigemessen. Was diesen Frauen

[00:22:22]  widerfahren ist, ist, die wurden nicht nur extrem ausgebeutet. Textilwirtschaft, Textilindustrie,

[00:22:27]  Landwirtschaft, teilweise auch beim Bau. Sie mussten auch erleiden, dass zum Beispiel,

[00:22:31]  wenn sie schwanger wurden, an ihnen Zwangsabtreibungen vorgenommen wurden.

[00:22:34]  Tobias. Ich könnte mir auch vorstellen... Sabine: Und Vergewaltigungen hat es natürlich auch gegeben.

[00:22:38]  Tobias: Ich wollt jetzt grad... Sabine: Richtig. Tobias: Das... Sabine: Ja, das ist Begleiterscheinung von Zwang.

[00:22:44]  Tobias: Das heißt, die waren in den Orten, also in den Einsatzgebieten vor Ort in eigenen Lagern.

[00:22:49]  Oder gibt es noch ein anderes Lager, was da in der Hinsicht für Frauen von Interesse oder von

[00:22:54]  Wichtigkeit ist? Sabine: Ja, also das AEL der Gestapo in der Reichenau war ja nur für Männer,

[00:23:00]  theoretisch. Es waren auch Frauen dort, aber nur kurzzeitig. Und das heißt, weibliche

[00:23:05]  Arbeitserziehungshäftlinge kamen in das Firmenlager der Firma Heinkel nach Jenbach,

[00:23:09]  heute Jenbacher Werk. Tobias: Und weiß man was mit den Frauen passiert ist, nach dem sozusagen, also entweder mit

[00:23:15]  Ende vom Regime, sind die dann alle wieder zurück in ihre Ursprungsländer gekommen?

[00:23:21]  Sind manche dageblieben? Ist das schwer zu fassen, wahrscheinlich, oder? Sabine: Es ist schwer zu fassen.

[00:23:26]  Das ist ein leeres Forschungsfeld, was Tirol angeht. Wichtig ist dabei zu unterscheiden,

[00:23:32]  aus welchem Land kamen sie. Also Französinnen, die gingen natürlich zurück, Niederländerinnen

[00:23:36]  und so weiter. Aber bei den Verschleppten aus dem Osten hängt es davon ab, aus welchem Land

[00:23:41]  sind sie gekommen und haben sie noch familiäre Bindungen? Weil zum Beispiel, wie es in der

[00:23:45]  Ukraine war, die Ukraine war großteils zerstört. Viele Familien existierten einfach nicht mehr.

[00:23:51]  Die Frauen waren jung, 15, 16 Jahre, viele sind hier geblieben, manche haben hier geheiratet

[00:23:56]  und Kinder bekommen, ganz normal. Tiroler Familie geworden. Andere sind zurück und

[00:24:01]  es war vor allem schwierig in Länder zurückzukehren, die von der sowjetischen Armee besetzt waren,

[00:24:07]  weil viele wurden verdächtigt, sich mit dem Feind eingelassen zu haben, egal ob sie jetzt

[00:24:12]  deportiert worden sind oder nicht. Und sie galten als Volksverräter und Landesverräter.

[00:24:18]  Es war sehr, sehr schwierig. Und was es auch noch gegeben hat, wir haben in Tirol ja einige große

[00:24:23]  Lager. Das größte Lager für ehemalige Zwangsarbeiter war das in Kufstein auf dem Kasernengelände.

[00:24:29]  Und ab 1945/46 bemühte sich die damalige UN-Flüchtlings-Hilfsorganisation darum,

[00:24:36]  für sie Aufnahmeländer zu finden. Also Auswanderung Südamerika, USA, Frankreich,

[00:24:43]  Weg aus Europa. [Drehgeräusch] Tobias: Und machen wir wieder einen Sprung ein bisschen in der Zeit. Wir gehen auf das Ende

[00:24:54]  des Krieges zu. Das Lager ist befreit worden. Gibt es da Berichte wie über die Befreiung des

[00:25:01]  Lagers oder Erinnerungen an die Befreiung des Lagers? Sabine: Es gibt erste Ermittlungen,

[00:25:06]  weil die Amerikaner sind angereist mit einer eigenen Kriegsverbrecher-Abteilung. Es gibt

[00:25:12]  erste Berichte dieser Kriegsverbrecher-Abteilung, die versucht haben Zeugenaussagen aufzunehmen,

[00:25:17]  auch mit Tätern. Und aber es gab Anfang Juli 1945, einen Zonentausch. Und dann kam die

[00:25:23]  französische Militärregierung und die musste wieder von vorne beginnen. Und das heißt,

[00:25:28]  wir haben eigentlich bis zum großen Prozess gegen den Gestapo-Chef Hilliges und einigen

[00:25:33]  Tätern des AEL gab es zwar Gerüchte und es gab immer wieder kleinere Prozesse, aber so diese

[00:25:39]  große, geballte Information haben wir eigentlich im Prinzip erst mit den Ermittlungen gegen diese

[00:25:45]  Personen. Tobias: Und sind da Unterlagen von den Ermittlungen wahrscheinlich dann in Paris noch verwahrt? Oder

[00:25:51]  gibt es da auch lokale noch? Sabine: Sie sind teilweise in Paris, weil der Prozess gegen Hilliges und die

[00:25:57]  anderen nicht vor einem österreichischem Gericht stattgefunden hat, sondern vorm

[00:26:00]  französischem Gericht in Innsbruck. Tobias: Im.. wie heißt es... Im? Sabine: Im Landhaus. Ja, weil sobald unter den misshandelten oder

[00:26:10]  Toten, Angehörige der Alliierten waren, also US-Amerikaner, Briten und so weiter, hat die

[00:26:16]  französische Militärjustiz übernommen. Und das war dann eben ein Höchstgericht in Innsbruck.

[00:26:21]  Und das heißt, wir haben bei dem Reichenauprozess einerseits Unterlagen aus Paris,

[00:26:26]  aber auch sehr viele Ermittlungsunterlagen aus Innsbruck selbst. Tobias: Gibt es auch Zahlen zu,

[00:26:31]  wie viele angeklagt worden sind? Also, ich will jetzt gar nicht auf die Personen im

[00:26:36] Einzelnen eingehen, aber grundsätzlich, wie viele Anklagen es gibt, wie viele

[00:26:39]  was weiß ich Freisprüche, wenn überhaupt und so weiter es kam. Sabine: Bei dem Prozess gegen

[00:26:45]  Hilliges waren noch fünf Männer angeklagt. Alle fünf waren Täter des Arbeitserziehungslagers.

[00:26:51]  Das Problem war, als im Sommer 1945 das NS-Regime zusammenbrach, herrschte Chaos,

[00:26:59]  und viele der Täter des Arbeitserziehungslagers waren Reichsdeutsche. Und im Sommer 1945 war

[00:27:07]  der Wunsch der Tiroler Landesregierung und auch der französischen Militärregierung im Land,

[00:27:13]  möglichst viele Personen auszuweisen, damit weniger Menschen Nahrung brauchten. Und die

[00:27:18]  Deutschen galten als Sicherheitsrisiko und als Träger des Nationalsozialismus, was es erlaubt

[00:27:23]  hat, so zu tun, als seien Tiroler immer brav gewesen und demokratisch. Na gut, auf alle Fälle hat

[00:27:29]  es bedeutet, dass viele der Täter des AEL wurden vernommen, wurden auch teilweise interniert,

[00:27:36]  aber dann als Reichsdeutsche ausgewiesen. Und wir haben einige Prozesse in Deutschland teilweise

[00:27:44]  erst in den 70er Jahren gegen diese Täter. Die wurden ausgewiesen und dann waren sie weg. Es gab zwar

[00:27:49]  immer wieder Anfragen, wenn die französische Militäre gehen, ja, wir brauchen den zur Vernehmung,

[00:27:52]  ja, tut uns leid, der ist es weg. Das heißt, aber das kann man den Tiroler Behörden nicht

[00:27:59]  vorwerfen, weil sie wussten das zu der Zeit ja nicht. Tobias: Das heißt, eigentlich, sie sind nach

[00:28:04]  Deutschland gegangen, dann ist irgendwie der Faden abgerissen sozusagen. Sabine: Genau, das heißt, und dann

[00:28:10]  konnte man sie ja nicht mehr in Österreich vor Gericht stellen. Es gab zwar immer wieder Ermittlungen

[00:28:15]  gegen diese Personen, aber die Bundesrepublik hat nicht ausgeliefert bei politischen Delikten.

[00:28:18]  Gauleiter Hofer zum Beispiel. Tobias: Ich wollte grad sagen, Gauleiter Hofer prominentestes Beispiel? Sabine: Prominentestes Beispiel, der Akt ist

[00:28:24]  einige zehn Zentimeter dick und das waren immer Auslieferungsbegehren, aber die Bundesrepublik hat

[00:28:30]  nicht ausgeliefert und viele dieser Täter des AEL, das waren ganz normale, das waren ja normale

[00:28:37]  Menschen, die gingen in ihre Zivilberufe zurück, lebten ganz zufrieden und erst oft Jahrzehnte

[00:28:42]  später kamen dann, kam es dann auf und dann brauchte es engagierte Gerichte und das war in der

[00:28:48]  Bundesrepublik nicht anders wie bei uns. Es braucht engagierte Gerichte, um Täter von Gericht zu bringen.

[00:28:52]  [Drehgeräusch] Jetzt ist das Arbeitserziehungslager befreit. Die Lager werden aber nicht zerstört, die bleiben

[00:29:01]  erhalten, die bleiben auch in städtischen Besitz glaube ich. Die Nachnutzung sieht ja auch...ist ja auch

[00:29:06]  eine brisante Zeit, muss man sagen. Sollen wir mal kurz zum Einzelfall jetzt auf das Arbeitserziehungslager

[00:29:13]  Reichenau eingehen und vielleicht dann in einem zweiten Schritt, wie das auch in Tirol ausgeschaut hat.

[00:29:19]  Sabine: Ja, das Arbeitserziehungslager hat nicht der Stadt Innsbruck gehört, das hat im Landesarbeitsamt

[00:29:24]  gehört und damit zuständig war das Landesbauamt und die Landesgebäudeverwaltung, wo übrigens auch

[00:29:29]  die Akten liegen. Ein Lager per se, das waren Barackensiedlungen und je nach Bauart, das heißt je

[00:29:37]  früher das Lager gebaut worden ist, desto besser war es baulich beieinander, weil es auf einem Beton

[00:29:42]  Fundament war. Je später es errichtet worden ist, desto schlimmer war die Bausubstanz, weil dann

[00:29:47] höchstens ein Pfahlrost Fundament war und die sind sehr vom Verfall bedroht worden. Aber angesichts

[00:29:52]  von Wohnungsnot sind die Lager einfach bis weit in die 60er bis teilweise Anfang der 1970er Jahre

[00:29:59]  hin als Notwohnungen benutzt worden. Der Lagerkomplex Reichenau, also inklusive Kriegsgefangenen,

[00:30:05]  Zivilarbeiterlage der Stadt, Bahn und Post, AEL, wurden benutzt als Heeres Entlassungsstelle,

[00:30:11]  weil jeder Wehrmachtssoldat der nach Innsbruck zurückgekommen ist, braucht ein Entlassungspapier,

[00:30:16]  das wurde dort draußen erledigt, sowohl die Amerikaner als auch danach die französische

[00:30:20]  Militärregierung haben das Lager benutzt als Internierungslager für Nazis, bevor entschieden

[00:30:25]  wird, was mit ihnen passiert war Gericht, deportieren etc. Und die Stadt Innsbruck hat immer

[00:30:29]  versucht, sobald eine Baracke frei geworden ist, haben sie versucht dort Notwohnungen einzurichten.

[00:30:33]  Im Prinzip entstand eine Armensiedlung und das ist in sehr vielen Lagern in Tirol passiert,

[00:30:38]  zum Beispiel das Lager der Messerschmiedwerke in Schwaz, wurde auch dann später nach

[00:30:42]  Internierungslager auch eine Armensiedlung. Baracken war ein begehrtes Gut. Und angesichts

[00:30:50]  der vielen Bombentreffer in der Stadt Innsbruck war die Wohnungsnot einfach so groß, dass man

[00:30:53]  wirklich jeden Raum besiedelt hat, der sich irgendwie geeignet hat als Schlafstätte. Tobias: Im

[00:30:59]  Idealfall nur vorübergehenderweise. Sabine: Im Idealfall vorübergehend, manche Menschen sind ja,

[00:31:03]  sind sehr, sehr viele Jahre dort gewesen, weil sie einfach zu arm waren und zu wenig verdient haben,

[00:31:07]  um sich eine anständige Wohnungen zu leisten. Das war eine Armensiedlung. Tobias: Meines Wissens ja auch in Wörgl war

[00:31:11]  eine in Kufstein war eine... Sabine: Viele, in jeder Gemeinde, in der es ein Lager gegeben hat,

[00:31:16]  waren das danach Notwohnungen. Außer die Baracke war in einem so miserablen Zustand,

[00:31:20]  dass wirklich nichts mehr gegangen ist. Tobias: Es ist schon zach eigentlich, wenn man so darüber nachdenkt. Sabine: Es ist zach. Weil die

[00:31:26]  Baracken, die später gebaut worden sind, weil das NS-Regime hat ja auch beim Barackenbau

[00:31:30]  Unterschiede gemacht, wer dort drin wohnt. Das heißt, tendenziell, wenn sie dort reichsdeutsche

[00:31:35]  Arbeitskräfte untergebracht haben, dann war die Baracke normalerweise mit Doppelwand,

[00:31:39]  mit Isolierschicht dazwischen oder mit doppelverglasten Fenstern. War es nur eine Baracke für

[00:31:44]  Russen, war das ein fensterloses Ding. Also da haben sie auch sehr großen Wert darauf gelegt,

[00:31:50]  dass man an der Art der Unterbringung kennt, welchen Wert die Menschen haben.

[00:31:53]  Tobias: Wieder eine ganz blöde Frage meinerseits, aber hat es dann zu Sarnierungsarbeiten an diese

[00:32:00]  ja schlechten Baracke geben, sei es jetzt in auch Reichenau oder was weiß ich auch anders in Tirol,

[00:32:07]  dass da Fenster getauscht worden sind... Sabine: Ja.

[00:32:11]  Tobias: War das schon, oder? Sabine: Mhm. Also die Stadt, das Städtische Bauamt Innsbruck hat sich sehr

[00:32:16]  darum bemüht, diese Barackennotwohnungen in der Reichenau auf einem Stand zu halten,

[00:32:20]  wo man sagt, ja, es ist gerade noch für Menschen geeignet.

[00:32:25]  Tobias: Und dann ich glaube bis in die 60er Jahre? Sabine: Bis in die 60er Jahre, bis zum Bau des Städtischen Bauhofs da draußen.

[00:32:32]  Tobias: Und da wurde ja dann komplett, quasi das gesamte Lagerkomplex sag ich jetzt einmal...

[00:32:38]  Sabine: Ja, dann wurden alle Baracken abgerissen, also die letzten verbliebenen Baracken abgerissen.

[00:32:42]  Es wurde ein neues Straßennetz angelegt, Rossaugasse, Trientlgasse und so weiter,

[00:32:46]  das hat es ja alles nicht gegeben vorher. Und es wurde Gewerbe angesiedelt.

[00:32:50]  Das heißt, in der Reichenau sehen wir heute genau nichts mehr.

[00:32:54]  Tobias: Bis auf den Gedenkstein und hoffentlich dann eine Gedenkstätte. Sabine: Genau.

[00:32:59]  Tobias: Zum Abschluss noch die Frage meinerseits, denkst du, es wäre sehr sinnvoll, wenn man zum Thema Lager

[00:33:08]  in ganz Tirol noch mehr Forschungszeit investieren würde?

[00:33:13]  Sabine: Ja, es wäre sehr sinnvoll. Was ich aufgearbeitet habe, sind die Akten des Amtes der Tiroler Landesregierung,

[00:33:19]  Landesbauamt und Wasserwirtschaftsamt etc. Akten Bezirkshauptmannschaft, was einfach großteils

[00:33:24]  noch fehlt, weil der Aufwand auch sehr groß wäre, sind Akten in Gemeindearchiven.

[00:33:29]  Aber da wären die Gemeindechronisten [Outro-Musik im Hintergrund beginnt] einfach gefordert, sich das Thema so mal anzunehmen.

[00:33:33]  [Outro-Musik] Tobias: Archivwürdig ist eine Produktion des Stadtarchiv Innsbruck und Teil der Stadtstimmen, dem Audiokanal der Stadt Innsbruck.

 

Transkription

[00:00:00]  Tobias: Hallo und herzlich willkommen zur zweiten Folge unserer dritten Staffel von Archivwürdig,

[00:00:05]  dem Podcast des Innsbruckers Stadtarchivs.

[00:00:08]  Nachdem wir in der ersten Folge über die Entstehung des Arbeitserziehungslagers in der Reichenau gesprochen haben,

[00:00:14]  gehen wir in dieser auf die erstellte Studie über das Lager ein.

[00:00:19]  Dazu habe ich den Mitautor der Studie Horst Schreiber eingeladen.

[00:00:24]  Horst Schreiber forscht intensiv zu zeitgeschichtlichen Themen in Tirol

[00:00:29]  und ist unter anderem Leiter der Michael-Gaismair-Gesellschaft sowie von erinnern.at

[00:00:34]  und war, wie Sabine Pitscheider, Mitglied der Expert:innenkommission für die Reichenau.

[00:00:40]  Im gemeinsamen Gespräch kommen wir auf die Genese der Studie zu sprechen,

[00:00:44]  welche Schwierigkeiten bei der Recherche aufgekommen sind und gehen auch auf Details der Studie ein.

[00:00:50]  [Intro-Musik]

[00:01:05]  Tobias: Lieber Horst, danke für deine Zeit.

[00:01:08]  Wir sprechen in unserer Staffel hauptsächlich über das Arbeitserziehungslager Reichenau.

[00:01:14]  Du bist von der Seite der Forschung sehr stark einbezogen, zu Arbeiten für das Lager Reichenau.

[00:01:23]  Mit der Sabine habe ich bereits gesprochen über die Lagersituation in Tirol im Allgemeinen,

[00:01:28]  aber dann auch im Speziellen über das Arbeitserziehungslager Reichenau, wie es angefangen hat, den Wandel.

[00:01:36]  Und mit dir möchte ich heute über eine Studie sprechen, die von der Stadt Innsbruck in Auftrag gegeben wurde,

[00:01:45]  an das Wissenschaftsbüro, an dem du beteiligt bist und die Studie haben dann deine Person

[00:01:52]  und auch an dieser Stelle erwähnt die Sabine Pitscheider, die ebenfalls an der Studie teilgenommen haben.

[00:01:56]  Kannst du uns vielleicht kurz ein bisschen über den Hergang der Studie erzählen, wie der Auftrag an euch gekommen ist,

[00:02:03]  warum diese Studie gemacht wird?

[00:02:05]  Horst: Nun, es ist ja so gewesen, dass die Stadt Innsbruck vor drei Jahren eine Arbeitsgruppe installiert hat,

[00:02:14]  um darüber nachzudenken, wie ein würdevolles Gedenken in der Reichenau sein könnte,

[00:02:22]  um auch ein neues Gedenkzeichen, neue Formen von Gedenkzeichen zu machen und eine Ausschreibung

[00:02:31]  auch zu tätigen, die jetzt ja gerade im laufen ist, weil 1972 ist dieser Gedenkstein ungefähr dort,

[00:02:41]  wo das Lager stand in der Reichenau gemacht worden.

[00:02:46]  Das war für damalige Verhältnisse sehr, sehr früh, weil ja eigentlich die Gedächtnislandschaft in Tirol,

[00:02:54]  80er-Jahre beginnt es schon stärker, dass Gedenkzeichen gemacht werden, aber so richtig,

[00:02:58]  erst in 90er-Jahre und in 00er-Jahre.

[00:03:00]  Aber das Gedenkzeichen ist natürlich etwas, das heute sowohl von der Inschrift als auch von der Ästhetik her

[00:03:10]  natürlich jetzt ein halbes Jahrhundert später nicht mehr so zeitgemäß ist und weil vor allem in der Reichenau

[00:03:18]  sehr viel passiert ist mit Neubauten, Umbauten etc., sodass auch der Standort sehr ungünstig ist.

[00:03:27]  Das war so der Hintergrund.

[00:03:29]  Und die Sabine Pitscheider und ich waren ja in dieser Kommission und im Zuge dessen war klar auch von unserer Seite,

[00:03:40]  dass es auch eine bestimmte Form von Personalisierung geben muss, wie immer ein Gedenkzeichen ausschauen wird,

[00:03:49]  aber das ist eine Voraussetzung und dass es nämlich auch notwendig ist, zumindest Annäherungsweise zu schauen,

[00:03:57]  wie viele Menschen sind denn überhaupt dort zur Tode gekommen und was kann man denn eruieren.

[00:04:04]  Wie gesagt, sehr, sehr spät.

[00:04:07]  Wir haben das eingebracht, dass es notwendig ist und dann hat die Kommission bzw. die Stadt Innsbruck rasch beschlossen,

[00:04:15]  dass wir dem professioneller nachgehen.

[00:04:18]  Und wie gesagt, die Dokumentationsebene ist die Aktenlage ist sehr schwierig

[00:04:27]  und so gibt es einerseits die Erhebungen, die die österreichische Seite, das heißt Tiroler Gerichte gemacht haben,

[00:04:35]  gegenüber einzelne Täter oder Menschen, die in Verdacht standen, Taten begangen zu haben

[00:04:41]  und auf der anderen Seite natürlich die sehr breiten Erhebungen, die die französischen Behörden nach 1945 gemacht haben,

[00:04:51]  die schlussendlich gemündet sind in einen großen Prozess, der ausgerichtet wurde von der inzwischen Militär-Regierung,

[00:05:01]  also von entsprechend professionell ausgebildeten Richtern etc.

[00:05:05]  Und das war mal so ein großer Bestand, der durchzuschauen war

[00:05:11]  und auf der anderen Seite war klar, die Menschen sind im Lager gestorben,

[00:05:16]  die Menschen sind aber auch im Krankenhaus Innsbruck oder im Krankenhaus, das heißt in Bracken des Krankenhauses,

[00:05:24]  Hall ums Leben gekommen.

[00:05:26]  Da musste man auf der einen Seite die Totenbeschaubefunde, die es ja noch gibt,

[00:05:31]  gerade auch im Stadtarchiv durchschauen, ein bisschen auch was Hall betrifft

[00:05:35]  und ich habe eben in Paris im Archiv einen gesammelten Bestand gefunden,

[00:05:42]  wo diese Berichte die Totenbeschaubefunde von Innsbruck und Hall enthalten waren.

[00:05:49]  Das heißt, das war praktisch der Fundus, mit dem wir gearbeitet haben

[00:05:54]  und dann eben auf diese Summe von 112 Menschen gekommen sind.

[00:06:01]  Inzwischen stehen wir schon schon bei 114 oder 116 Leuten,

[00:06:05]  weil natürlich ist das Ganze nie völlig abgeschlossen

[00:06:08]  und andererseits gibt es eine Problematik, nämlich es sind ja sehr, sehr viele Menschen aus dem Lager,

[00:06:20]  wo es praktisch so ein Transitlager gewesen ist, nach Dachau gekommen.

[00:06:25]  Auch in anderen KZs Auschwitz etc. aber nach Dachau.

[00:06:28]  Und du kannst dann sehr schwer unterscheiden

[00:06:32]  und da hat es natürlich manche gegeben, die waren bereits derart körperlich am Ende,

[00:06:41]  also kurz vor ihrem Tode, sei es, die eine Problematik ist ja das Essen, also Unterernährung

[00:06:48]  und die andere Schwierigkeit, dass exzessive Gewalt ausgeübt worden ist.

[00:06:54]  Und da können wir ganz klar davon ausgehen, bei vielen, glaube ich, konnten wir aufgrund der Aktenlage sagen.

[00:07:03]  Also die sind jetzt noch nach Dachau gekommen, waren aber praktisch schon [kurzer Lacher] vorher tot.

[00:07:08]  Und die, die dem Tod schon nahe waren damit sie nicht im Lager sterben, die noch schnell überstellt worden sind,

[00:07:14]  also diese Zahl können wir nicht eruieren.

[00:07:19]  Tobias: Du hast gesagt, es sind ja viele, also von den mindestens 114 Toten im Lager Reichenau.

[00:07:26]  Wie kann man das anhand der Quellen ablesen, wird da für die Hörer:innen, dass das verständlicher ist,

[00:07:32]  steht das so drinnen, verstorben im Lager Reichenau, welche Todesursachen sind da verzeichnet worden,

[00:07:39]  ist das so offensichtlich gemacht worden?

[00:07:42]  Horst: Also das eine ist klar, das ist ein Prozedere, wie es auch in Friedenszeiten ist.

[00:07:49]  Es braucht einen Totenbeschaubefund und die Angabe des Grundes, warum jemand gestorben ist.

[00:07:57]  Das ist ja auch in den Vernichtungsanstalten, sei es für Menschen mit psychischen Erkrankungen in Hartheim,

[00:08:05] der Fall oder auch in den Konzentrationslagern.

[00:08:07]  Die Problematik ist die, wie du die Frage stellst, was stimmt davon?

[00:08:13]  Jetzt ist es so, dass die meisten hat eben der Lagerarzt, Alois Pizzinini,

[00:08:21]  der vielleicht zweimal in der Woche gekommen ist, ausgestellt.

[00:08:24]  Da muss man einerseits sagen, bei einer Reihe von Fällen kann man nachweisen, dass es "gefaked" [gefälscht] ist.

[00:08:31]  Wo er beim Prozess auch sagt, da hat der Lagerleiter mir genau angegeben

[00:08:35]  ich muss eine medizinische Ursache reinschreiben.

[00:08:38]  Ansonsten sind es bestimmt Todesursachen, die wir sehr gut erklären können.

[00:08:46]  Also, einfach gesprochen, das eine, das so häufig vorkommt, ist Lungenentzündung.

[00:08:52]  Warum das?

[00:08:54]  Nun, eine der perversen Bestrafungsarten war das sogenannte Kaltbaden.

[00:09:02]  Also, gerade im Winter oder im Herbst, Spätherbst bei tiefen Temperaturen.

[00:09:09]  Und dann den entsprechenden Häftling im sogenannten Bunker.

[00:09:14]  Das war eine winzige Arrestzelle

[00:09:17] die saukalt gewesen ist, nicht geheizt war, kalter Betonboden da hineinzugeben.

[00:09:23]  Und an dem sind dann eine ganze Reihe von Häftlingen verstorben.

[00:09:27]  Wobei immer wieder auch die volle Absicht war, dass sie sterben.

[00:09:32]  Und ansonsten nur unter Anführungszeichen die Bestrafungsart, an denen sie dann auch gestorben sind.

[00:09:39]  Das andere sind dann mannigfaltige Todesursachen, wo uns ganz klar wird,

[00:09:45]  das sind Todesursachen, die entstehen aufgrund von Mangelernährung.

[00:09:51]  Also, der Körper ist geschwächt, er ist geschwächt für Infektionskrankheiten etc.

[00:09:58]  Also, so kann man sich das vorstellen.

[00:10:00]  Und man muss immer einen sehr, sehr kritischen Blick haben, was hier als Todesursache drin steht.

[00:10:08]  Wie gesagt, aus einer Reihe von Todesursachen können wir die Lagerbedingungen in Verbindung bringen.

[00:10:13]  Und bei anderen, also, gerade immer sehr häufig sind solche Dinge, mit die irgendwas mit Herz zu tun haben.

[00:10:21]  Jetzt kann es oft in dem Sinne stimmen.

[00:10:25]  Ich bin jetzt kein Mediziner, aber meistens, du hast ja häufig stirbst ja nicht an einer Ursache.

[00:10:31]  Aber diese letzte Ursache kann ja stimmen, erklärt aber nicht, warum es dazu geführt wird.

[00:10:37]  Irgendwann bleibt das Herz stehen.

[00:10:39]  Also, wie gesagt, vieles können wir erklären und manches ist in höchstem Maß fragwürdig.

[00:10:45]  Tobias: Und wenn ich das richtig im Kopf habe, es sind ja auch viele misshandelt worden mit Strafen,

[00:10:50]  und dann auch mit Schlägen, was dann ebenfalls in den Totenbeschauberichten ja auch widergespiegelt wird.

[00:10:56]  Wo es dann geht, um eine große oder Tod durch Sepsis, weil die Wunden und die Personen,

[00:11:03]  die natürlich bestraft wurden, ja auch nicht ärztlich behandelt worden sind.

[00:11:06]  Horst: Ja, das ist ein sehr großes, wichtiges Thema und sehr spannendes Thema, mit dem ich näher auseinandersetzen möchte.

[00:11:15] anhand von diesen zwei Personen, dem Alois Pizzinini und dem Matthias Köllemann, der eine ist der Lagerarzt,

[00:11:20]  und der andere ist der sogenannte Sanitäter.

[00:11:23]  Beim Pizzinini, das ist interessant, um zu sagen, was ist ein Täter, wer ist ein Täter,

[00:11:29]  wer hat welche Verantwortung, der geht maximal zweimal in der Woche hinein, ist er sehr willfährig,

[00:11:37]  präsentiert sich dann immer als jemand, der überhaupt nichts tun hätte können.

[00:11:41]  Und der Matthias Köllemann, der ist schon viel stärker der Täter, der verweigert massenweise den Häftlingen,

[00:11:50]  die auf Pflege angewiesen worden wäre, die Pflege.

[00:11:55]  Und nachdem die Häftlinge in einem extrem hohen Maße sehr, sehr viele maltretiert werden,

[00:12:01]  grün und blau geschlagen werden, von Holzstöcken bis Knüppeln, Peitschen, Fäusten, Fußtritten etc.,

[00:12:11]  ist es klar, dass Wunden sind, diese wunden, verheilen nicht, weil die entsprechende Pflege fehlt,

[00:12:19]  sie entzünden sich, wenn dann der Körper gleichzeitig zu wenig zu essen bekommt, ist er anfälliger.

[00:12:26]  Und darüber hinaus ist ja eines der wesentlichen Ebenen des Gestapolagers, Arbeiterziehungslagers,

[00:12:32]  Auffanglagers, Durchschleuselagers, Transitlagers, Lagers für politische Gefangene,

[00:12:38]  ja etwas, wo Zwangsarbeit verrichtet wird.

[00:12:41]  Im Lager aber vor allem in den diversesten Außenkommandos und auch wenn den Häftlingen

[00:12:49] in einem ganz miesen körperlichen Zustand ist oder gerade auf das Heftigste geschlagen worden ist,

[00:12:56]  ist es mit der Zeit nur einem ganz, ganz kleinem Teil von Häftlingen vergönnt oder wenn sie fast gar nicht mehr gehen können,

[00:13:04]  dass sie auf die Krankenstation in den Sanitätsbaracke gebracht werden.

[00:13:09]  Das heißt, in derartig katastrophalen körperlichen Zuständen müssen die auch noch weiter arbeiten.

[00:13:16]  Und dieser ganze Komplex an Arbeits- und Lebensbedingungen, wie bei diesem Fall Wunden, Wunden verheilen nicht,

[00:13:25]  es entsteht Wundbrand etc., das ist ein weiterer Grund, denn du sehr, sehr richtig anführst,

[00:13:31]  warum auch so viele gestorben sind.

[00:13:34]  Tobias: Ihr habt jetzt sehr viele Daten erhoben, sehr viele auch biografische Daten dann erhoben.

[00:13:40]  Anhand von denen kann man ja auch größere Statistiken machen vom Lager und in dem Fall natürlich von den Toten im Lager.

[00:13:50]  Können wir vielleicht da auch noch ganz kurz darauf eingehen, einerseits woher kamen diese, oder

[00:13:56]  in dem Fall eben ja nur die Toten von vielen wissen wir ja nicht, wo sie herkommen oder wo sie dann hingekommen sind.

[00:14:01]  Einfach mal Nationalitäten auch vielleicht ein bisschen das Alter zu beschauen,

[00:14:07]  wie alt waren die im Schnitt, welche Altersgruppen waren stärker vorhanden, welche weniger.

[00:14:12]  Horst: Na jedenfalls, dass eine Typische des Lagers ist, zunächst wäre es ja als Auffanglager für Italiener gedacht gewesen,

[00:14:22]  die zunächst noch im befreundeten Status unter Mussolini herkamen als normale Zivilarbeiter,

[00:14:30]  die aber dann wieder heimkehren wollen, weil die Bedingungen, Entlohnung, Arbeit, Freizeit, Bomben in Deutschland so schlimm waren,

[00:14:43]  dass sie zurückgehen wollen und da werden sie dann geschnappt und umerzogen durch Arbeit.

[00:14:50]  Das heißt, wir haben unter den Toten eine, ist die stärkste Gruppe, praktisch die Italiener.

[00:14:58]  Hier muss man aber sagen, dass diese große Anzahl der Toten darauf zurückzuführen ist,

[00:15:04]  bei italienischen Staatsangehörigen, dass die erst massiv auftreten,

[00:15:09]  als Mussolini 1943 gestürzt wird und Italien die Fronten wechselt.

[00:15:16]  Da bekommen die Italiener einen neuen Status vom befreundeten Staat zur Militärinternierten

[00:15:22]  und hier haben wir auch außerhalb des Lagers Reichenau überall, wo Italiener gewesen sind,

[00:15:29]  zunächst noch befreundet mit den anderen deutschen Soldaten gekämpft haben, ob das jetzt Griechenland ist oder bei uns hier,

[00:15:38]  werden die jetzt neben Juden, Jüdinnen und den sogenannten Ostarbeiter:innen, also den Sowjetstaaten und Polen am miesesten behandelt.

[00:15:48]  Hier ist, also über das Lager Reichenau hinaus sehr spannend, dass gerade Tiroler, Südtiroler ganz massiv auch Italiener mies behandeln,

[00:15:56]  weil hier diese Geschichte der Walschen, die Südtirolfrage, schon wieder sind sie feig und wechseln die Fronten.

[00:16:05]  Also mit ungeheurer Brutalität wird jetzt gegen die Italiener vorgegangen.

[00:16:09]  In Griechenland werden die zu hunderten erschossen zum Beispiel.

[00:16:14]  Das spiegelt sich dann in Tirol auch ab.

[00:16:18]  Die Italiener müssen jetzt nicht unbedingt nur aus Tirol gekommen sein, kommen auch aus Deutschland oder aus anderen Gebieten des heutigen Österreichs

[00:16:25]  und die werden dann in den letzten zwei Kriegsjahren irre brutal behandelt, deswegen so viele Tote.

[00:16:31]  Das andere, was ganz typisch ist, sind die zwei Nationalitäten, die in der Rassenhierarchie der Nationalsozialisten ganz, ganz unten angesiedelt sind.

[00:16:41]  Neben Juden und Jüdinnen sind da einerseits die Polen und andererseits wie ich vorher nannte die Osterbeiter, Osterbeiterinnen.

[00:16:50]  Einfach gesagt, Sowjetangehörige und hier ganz, ganz stark aus der Ukraine,

[00:16:58]  weil nach Tirol kommen sind die Ukrainer und die Ukrainerinnen extrem großer Teil von Menschen, die hierher deportiert worden sind.

[00:17:09]  Und die Altersstruktur dieser Leute ist sehr, sehr jung und da spiegelt sich auch wieder, dass du da ziemliche Jugendlichkeit hast bei den Ermordeten,

[00:17:20]  ist nur der scheinbare Widerspruch, dass doch junge Menschen widerstandsfähig sind, aber es hat einerseits damit zu tun, andererseits, dass die besonders

[00:17:29]  zur Zwangsarbeit unter brutalsten Bedingungen herangezogen werden. In den über 50-Jährigen oder

[00:17:34]  alten Menschen sind relativ von der Anzahl her wenige. Von den Toten, wie gesagt, sind Ukrainer,

[00:17:43]  Sowjetangehörige generell und Polen dann die stärkste Gruppe. Die zusammengenommen sind noch mehr

[00:17:51]  als die Italiener. Aber ansonsten wäre Nummer eins Italien, Polen, Sowjetunion inklusive Ukraine,

[00:18:01]  das man heute nicht besonders sagt, aufgrund dieses Konflikts, des Krieges, der jetzt herrscht. Und

[00:18:07]  dann kommen erst Einheimische, also Österreicher, die sind so 13 Leute und dann sind so vereinzelte,

[00:18:14]  verschiedenste Staaten, ja. Tobias: Bei den Anmerkungen, also bei dieser Studie, wird es ja dann listenhaft,

[00:18:24]  quasi die Opfer aufgeteilt. Bei Anmerkungen steht hin und wieder auch ein Einsatzort. Woher stammen denn

[00:18:33]  oder wie kommt man zu diesen Informationen, dass man wirklich die punktuell für Firmen oder für

[00:18:40]  Standorte, also wo lokal eingesetzt wurden sind, wo kommt man an solche Informationen? Horst: Das eine ist so,

[00:18:46]  im Totenbeschaubefund muss der Ort auch angegeben werden. Der Ort ist etwas, der in der

[00:18:53]  Regel stimmt, wenn angegeben wird, im Lager oder irgendwo auch im Außen. Also man muss sich nicht

[00:19:00]  vorstellen, was die Außenkommandos betrifft, das Lager Reichenau, wie auch die anderen Lager,

[00:19:09]  die nicht Arbeitslager, Arbeitserziehungslager Reichenau gewesen sind, das ist ja auch noch von

[00:19:13]  der Reichspost, von der Reichsbahn ein eigenes Lager, zwei Lager der Stadt Innsbruck, Kriegsgefangenen-

[00:19:18] lager, Zivilarbeiterlager. Aber alle diese Häftlinge werden in Außenkommandos von Firmen

[00:19:25]  angefordert und eine besonders unrühmliche Firma ist die Firma Stippler. Also ein ganz großer Teil

[00:19:32]  betrifft natürlich Bauarbeiten oder eben auch, wo sie noch weiter weg sind, Aufräumearbeiten nach

[00:19:41]  Bombenangriffen, also Schutt plus Blindgängerbeseitigung. Und das war natürlich sehr gefährlich. Und die

[00:19:48]  Blindgängerbeseitigung war jetzt nicht nur in Innsbruck, sondern eben auch weit darüber hinaus,

[00:19:55]  also etwa in Brixlegg. Und da sind dann entsprechende Dinge passiert mit Todesfolgen.

[00:20:03]  Tobias: Wir können jetzt in unserem Gespräch nicht alle Opfer benennen und auch anbringen, deswegen aber

[00:20:12]  trotzdem vielleicht, dass wir exemplarisch auf Einzelschicksale eingehen. Es gibt da einmal ein

[00:20:18]  Recht und aus meiner Sicht spiegelt es auch sehr gut, diese Weite von diesem, von wo die Menschen hergekommen

[00:20:25]  sind in dieses Lager in der Reichenau und da hast du auch schon drüber geforscht. Horst: Ja, also etwas,

[00:20:31]  was man jetzt nicht vermuten würde, sind Juden und Jüdinnen aus Libyen, die ganz spezifisch eine

[00:20:40]  britische Staatsangehörigkeit hatten. In der Kriegszeit ist ja Italien quasi Kolonialherr in

[00:20:49]  Libyen. Und ab 1942, wo also der Krieg dynamischer wird, also dynamisch im negativen Sinne für das

[00:20:58]  Deutsche Reich und für Italien, die ja Bündnispartner sind, greifen dann die Anti-jüdischen

[00:21:03]  Maßnahmen auch im italienischen Bereich. Und ab 1942 deportieren die italienischen Behörden,

[00:21:11]  libische Juden und Jüdinnen in ein eigenes KZ an der tunesischen Grenze und andere Teile

[00:21:19]  bringen sie nach Italien, in verschiedene Orte Italiens und dann ein Teil nach ins KZ Bergen-Belsen.

[00:21:27]  Und es sind so 62 libysche Staatsangehörige, jüdisch-britische Herkunft, die dann nach

[00:21:37] Innsbruck deportiert werden, ins Lager Reichenau im Herbst 1943. Und das sind in Wirklichkeit

[00:21:46]  weniger einzelne Personen als Familiengruppen. Und hier haben wir eben ganz interessant einen

[00:21:54]  Bericht von Überlebenden, der bald einmal nach der Befreiung vom Nationalsozialismus

[00:22:00]  sind die interviewt worden und deswegen haben wir hier eine ganze Reihe von Informationen,

[00:22:06]  wie es ihnen gegangen ist. Und bei dieser Gruppe ist es so, die waren wie gesagt von

[00:22:14]  Herbst 1943 bis Mitte April 1944 im Lager und zwei davon sind ums Leben gekommen. Ein

[00:22:23]  junger mit 27 Jahren, der Shalom Reginiano und auf der anderen Seite ein wirklich alter

[00:22:32]  Mann, betagter Mann, wo es verschiedene Daten gibt seines Geburtsdatums zwischen 70 und

[00:22:38]  85, dessen Grab eben am Friedhof, am Soldatenfriedhof ist. Ich bin zufällig darauf gestoßen und

[00:22:47]  das war dann wieder der Anfang, Zufall. Was ist denn das, was ist das für eine Name

[00:22:53]  und bei dem Grab ist eben so das entsprechende jüdische Zeichen. Ich konnte mir das nicht erklären

[00:23:00]  und der italienische Brite, das war völlig unklar und dann bin ich dem Ganzen nachgegangen

[00:23:05]  und dann darauf gekommen, dass er zu dieser Gruppe gehört hat. Bei ihm wissen wir die

[00:23:09]  Todesursache nicht. Beim Reginiano schon, das entspricht genau dem, worüber wir vorher

[00:23:16]  gesprochen haben. Ein junger starker Mann, der ständig zu sehr harter Arbeit verpflichtet

[00:23:22]  wird mit schlechter Ernährung, der daran auch erkrankt, der diese Pflege nicht bekommt

[00:23:30]  und der dann praktisch ganz am Schluss noch eingeliefert wird in die Sanitätsbaracke, wo es

[00:23:35]  aber zu spät ist und er dort eben auch stirbt. Wir lernen aus diesen Berichten von der Ankunft,

[00:23:46]  wo man bereits geschlagen wird oder wo sich alle nackt ausziehen müssen. Darunter sind,

[00:23:51]  es war eigentlich ein Männerlager, aber gerade auch in dieser Gruppe können wir sehen, dass

[00:23:55]  immer wieder auch Frauen dabei gewesen sind, obwohl es wie gesagt nicht für Frauen gedacht

[00:24:00]  war, dass wär eher das Lager Jenbach, über das wir gar nichts, kaum etwas wissen und da sind

[00:24:08]  diese Demütigungsrituale auch. Die Frauen müssen sich nackt ausziehen unter dem Hohngelächter

[00:24:13]  der Wachen. Die Frauen arbeiten im Lager der Männer auswärts, die müssen zu dem provisorischen

[00:24:19]  Flughafen gehen, müssen im Winter schlecht bekleidet mit Holzpantoffeln, Fetzen um den Füßen,

[00:24:27]  Schnee, Stapfen und alleine Menschen aus Libyen die kommen mit dem Klima und hierher,

[00:24:33]  da waren auch relativ viele ältere Menschen auch dabei, die darunter gelitten haben,

[00:24:38]  stärkste Erfrierungen auch typisch für das Lager. Das Glück im Unglück hat darin bestanden,

[00:24:44]  dass es einen Deal gegeben hat zwischen den Briten und den Deutschen wegen des Gefangenenaustausches,

[00:24:50]  sodass dann übers Rote Kreuz diese 60 waren sie dann, aber 61, mit 61 sage ich da noch etwas,

[00:25:01]  die sind dann eben dann freigelassen worden, im April 1944, konnten dann vor allem in die Schweiz Frankreich

[00:25:08]  und haben überlebt. Etwas spezielles gibt es, der 61. Mensch, eine Frau war schwanger und

[00:25:16]  die hat ihr Kind zur Welt gebracht im Krankenhaus in Innsbruck, die haben überlebt und das Interessante

[00:25:25]  ist, dass in den frühen Nullerjahren als Österreich sich erstmals unter internationalem Druck bequemen

[00:25:33]  musste, sich dem Thema Zwangsarbeit zu widmen und auch Entschädigungszahlungen zu leisten,

[00:25:40]  ich mein Entschädigungszahlungen, das waren 5.000, 6.000, 7.000 Euro, aber immerhin und da haben

[00:25:47]  sich aus der Gruppe der libyschen Juden und Jüdinnen, wo die meisten zu dem Zeitpunkt ja schon

[00:25:51]  tot waren, eben zwei gemeldet und eine davon war eben die Frau, damals eben das Baby, das überlebt hat

[00:26:03]  und die dann schon im gesetzten Alter sich gemeldet hat und die zu diesem Zeitpunkt eben in Israel

[00:26:10]  gelebt hat. Tobias: Wir haben jetzt natürlich bis zur Zeit 1945 gesprochen, die Studie befasst sich aber auch

[00:26:18]  noch mit der Zeit danach, das ist nämlich auch noch mal ganz ausdrücklich im Vorwort der Studie

[00:26:23]  enthalten, weil es da ebenfalls ein Forschungsdesiderat gibt. Gehen wir vielleicht zum Abschluss auch

[00:26:29]  nochmal auf diese Zeit kurz ein, die Nachnutzung, was ja auch viele Innsbrucker wahrscheinlich

[00:26:35]  oder Innsbruckerinnen ja auch erlebt haben, noch Lebende. Horst: Ja, also zunächst ist das Lager ja sehr

[00:26:42]  multifunktional verwendet worden. Das heißt auf der einen Seite und die Fotos, die wir haben vom

[00:26:49]  Lager, die sind eigentlich aus der Zeit, als es nicht mehr Nazi-Lager gewesen ist und da... die

[00:26:59]  Überlebenden werden ja dann quasi auch zu Flüchtlingen oder "Displaced Persons" [Person, die nicht an diesem Ort beheimatet ist]. Dann muss

[00:27:05]  man sich es so vorstellen, Zehntausende "Displaced Persons" aus den verschiedensten Teilen, wo die Nazis ja

[00:27:13]  die verschiedenen Staaten besetzt haben, strömen gerade auch über Tirol, über Innsbruck, weil viele

[00:27:22]  dann weiterziehen oder hier in verschiedensten Flüchtlingslagern untergekommen sind oder

[00:27:27]  auch Italiener, Italienerinnen, die über den Brenner heim wollen. Das heißt wir haben hier sehr,

[00:27:32]  sehr viele Flüchtlinge, Interessierte können über, wenn sie YouTube gehen oder da was Reichenau

[00:27:37]  und so weiter eingeben, kommen zu so einem Ausschnitt von ein paar Minuten, wo man Menschen am

[00:27:44]  Bahnhof in Innsbruck diese Menschen und auch im Lager sieht und es sind in erster Linie diese

[00:27:51]  geflüchteten Menschen oder Überlebenden. Dann wird das Lager auch genutzt als so eine Art

[00:27:59]  "Heeresentlassungsstelle". Das heißt, da sind ja wieder Massen an Menschen, die kommen oder

[00:28:05]  freigelassen werden in Kriegsgefangenschaft und die französischen Behörden weisen zuerst

[00:28:12]  die Leute ein, damit die, weil du musst ja schauen, ist das ein SSler, aus dem Bereich, wird ein bisschen was

[00:28:19]  untersucht und dann werden sie freigelassen und können dann in ihre Heimatgebiete oder in

[00:28:24]  verschiedene Gebiete nach Tirol. Eine andere große Gruppe, die dann hier entsteht, ist, dass die

[00:28:31]  französischen Behörden das Lager dann auch als Entnazifizierungslager nutzen. Das heißt,

[00:28:37]  dass sehr viele Nationalsozialisten bestimmte Zeit dort sind und wir haben ja mehrere Lager,

[00:28:44]  wo Ex-Nazis untergebracht werden. Das eine ist die dieses Oradour in Schwaz, das andere ist zum

[00:28:51]  Beispiel das sind eh die größten, Reichenau, Oradour in Schwaz und die Festung Kufstein. Da gibt es ziemlich

[00:28:59]  riesigen Austausch untereinander. Häftlinge, Nazis, wo irgendetwas ist, die ärztlichen Bedarf haben,

[00:29:06]  größeren, die kommen dann in die Reichenau, weil es dann einfacher ist, dort sie ins Krankenhaus Innsbruck

[00:29:12]  oder irgendwo hinzubringen. Dann nutzten einige die Chance zur Flucht. Ja und dann, und das ist

[00:29:19]  sehr, sehr interessant. Das ist auch eine ähnliche Geschichte, wie wir sie in Schwaz haben, wie ich

[00:29:25]  sie jetzt vor kurzem in Schwaz untersucht habe. Die letzte Etappe, die am längsten währt, das ist

[00:29:33]  die Unterbringung der Armen. Also da ist die Reichenau eine Armensiedlung. Das heißt, wir haben ja in

[00:29:41]  Österreich auch in Tirol nach dem Krieg einen unheimlichen Wohnungsmangel aufgrund von Bombardierungen

[00:29:49]  etc. Und das Barackenlager-Dasein ist etwas, das bis weit in den 1960er Jahre, auch in der Reichenau,

[00:29:58]  da geht es bis Anfang 70er Jahre, ein Stadtbild beherrscht, sowohl in Innsbruck, in Schwaz,

[00:30:05]  in Kufstein, in Wörgl und so weiter und so fort. Und es ist natürlich typisch, dass einerseits

[00:30:14] der Nationalsozialismus Tirol sehr spät erst beforscht wurde, dass bestimmte Themen, wie das

[00:30:21]  worüber wir jetzt gerade sprechen, exzessiv spät, für vieles zu spät und dass das sich gesellt,

[00:30:29]  zu einer anderen Thematik, die man extremst vernachlässigt wurde und wird, das ist die Geschichte

[00:30:35]  der Armut, die Geschichte der Armen. Und gerade in diesem Lager Reichenau, wo die randständigen

[00:30:45]  Menschen "ghettoisiert" werden, die dann ja nicht nur als Wohnungslose dort unten hausen, sondern die

[00:30:54]  sich sehr, sehr rasch, übel, beleumundet sind, beleumundet werden, die aber dadurch so ein

[00:31:02]  Zugehörigkeitsgefühl füreinander gegen die Mehrheitsgesellschaft bekommen. Und man muss sich

[00:31:08]  eines vorstellen, heute ist die Reichenau ganz klar Innsbruck, ich mein jetzt nicht nur als geografische

[00:31:15]  Zugehörigkeit, sondern ja, bist dort mit dem Radl, mit dem Bus und so weiter, aber damals war

[00:31:22]  das außen, war ja auch eines dieser Gründe, warum die Nazis ja auch diesen Grund genommen haben,

[00:31:28]  um dort die Lager zu errichten. Und das heißt, die in Innsbruck, das sind ja mal schon die

[00:31:34]  besseren und die in der Reichenau, das sind die Abgesandelten, da könntest du hier auch

[00:31:40]  ein paar Gegenden in Innsbruck hernehmen vom Schlachthof, Premstraße, Stalingrad etc.,

[00:31:46]  das ist so, das heißt, wo werden diese Kinder denn auch beschult? Also diese Armut, die vererbt

[00:31:53]  sich dann praktisch ja weiter und das geht praktisch bis dann die Olympiaden sind, wo viel

[00:32:02]  neuer Wohnraum geschaffen wird und da werden dann die Anzahl der Baracken die immer niedergewohnter und

[00:32:10]  niedergewohnter werden, werden die sukzessive aufgelöst und man darf sich aber nicht vorstellen, dass

[00:32:19]  dann die armen Hip-Hip-Hurra dann alle in die Hochhäuser hinein kommen. Das heißt, da gibt es

[00:32:26]  Untersuchungen in der Stadt Innsbruck und eine ganze Reihe dieser Menschen werden als nicht

[00:32:31]  wohnungsfähig angesehen, sodass sie in die Brennpunkte, wo ich eben gerade genannt habe,

[00:32:39]  wie im Stalingrad, Schlachthof und so weiter, dort hin gesiedelt oder eine ganze Reihe bekommen

[00:32:46]  Wohnungen dann später in den Hochhäusern, wo schon eine ganze Reihe auch nicht mehr im besten

[00:32:53]  Zustand sind. Also wie gesagt, eine ganze Reihe von Familien können umsiedeln, aber ganz viele gehen

[00:33:00]  von einem schlecht beleumundeten Ort für Randständige in den nächsten übel beleumundeten

[00:33:06]  Ort. Und hier schließt sich praktisch der Kreis zu meinem anderen Forschungsfeld, das dann sich immer so

[00:33:14]  überlappt hat, nämlich Kinder und Jugendliche in der Fremdunterbringung und solchen Baracken-

[00:33:22]  lagern, sei es Reichenau oder andere Baracken, die es in Innsbruck gegeben hat. Da sind ja auch

[00:33:29]  sehr, sehr viele sogenannte jenische, die man als Karner beschumpfen hat, Tiroler Zigeuner etc.

[00:33:35]  Aus diesen Gegenden rekrutiert sich ein extrem großer Teil von Kindern und Jugendlichen,

[00:33:41]  die in Heimunterbringung kommen, wo dann die entsprechend zum sehr hohen Maß nächsten

[00:33:48]  Gewaltexzesse dann auf sie warten. Wie gesagt, die Geschichte der Amut, das ist noch etwas,

[00:33:54]  wo man weiterforschen muss. Es sind aber immerhin ja schon einige spannende Sachen erschienen,

[00:34:00]  oder auch die Bocksiedlung, die quasi übergeht auch in die Reichenau, ist ja auch Stadtarchiv in

[00:34:06]  der Reihe rausgekommen von der Frau Hollaus, wo hier sehr spannende Geschichten sind. Man sieht,

[00:34:13]  dass diese Nazizeit direkt und indirekt bis weit in die Gegenwart hineinreicht, hineinweht und

[00:34:22]  Themenbereiche, Geographien und sonstige Themenfelder betrifft, wo wir nicht denken würden,

[00:34:30]  dass das irgendwas noch mit Nationalsozialismus zu tun hat. [Outro-Musik]

[00:34:33]  Tobias: Archivwürdig ist eine Produktion des Stadtarchiv Innsbruck und Teil der Stadtstimmen,

[00:34:53]  dem Audiokanal der Stadt Innsbruck.

 

Transkription

[00:00:00]  Tobias: Hallo und herzlich willkommen zur dritten Folge unserer dritten Staffel von Archivwürdig,

[00:00:05]  dem Podcast des Innsbruck-Stadtarchivs.

[00:00:08]  In dieser Folge blicken wir auf das ehemalige Arbeitserziehungslager Reichenau, aus archäologischer Sicht.

[00:00:14]  Eingeladen habe ich zu diesem Thema die Archäologin Barbara Hausmair.

[00:00:19]  Gemeinsam mit ihrem Team wurde Barbara Hausmair von der Stadt Innsbruck beauftragt, archäologische Untersuchungen

[00:00:25] am Standort des ehemaligen Lagers zu unternehmen.

[00:00:29]  Gemeinsam sprechen wir unter anderem über diesen Forschungsprozess.

[00:00:33]  Welche Erkenntnisse aus den Arbeiten gewonnen wurden und machen uns auch Gedanken

[00:00:38]  über weitere archäologische Grabungen in Tirol zur NS-Zeit.

[00:00:56]  [Intro-Musik] Tobias: Liebe Barbara, danke für deine Zeit, dass du heute bei uns bist.

[00:01:00]  Archäologie verbindet man ja, wenn man jetzt mal in die Bevölkerung hinausgeht,

[00:01:05]  ja hauptsächlich mit, überspitzt gesagt, mit altem Zeug, also alles, was quasi antike Sachen betrifft.

[00:01:10]  Gerade in Innsbruck wahrscheinlich viele denken an die Ausgrabungen Veldidena, also von den römischen Überresten.

[00:01:17]  Kannst du uns vielleicht kurz, nur kurz erklären, seit wann man denn auch nicht einmal 100 Jahre zurück auch gräbt.

[00:01:24]  Barbara: Das ist eine sehr gute Frage. Tatsächlich ist die Archäologie der jüngeren Vergangenheit

[00:01:28]  auch eine sehr junge Archäologie als wissenschaftliches Fach.

[00:01:31]  In Österreich, circa 30 Jahre alt, wenn man sich das anschauen möchte.

[00:01:35]  Und ich glaube, es ist eine sehr späte Entwicklung innerhalb der archäologischen Forschung,

[00:01:39]  weil Archäologie eben, wie du sagst, ursprünglich sich ja vor allem mit älteren Epochen befasst hat.

[00:01:43]  Das ist kontinuierlich im Wandel, weil sich die Archäologie heutzutage eigentlich nicht mehr so sehr über

[00:01:48]  die Frage von Vergangenheit im Sinne von Distanz beschäftigt, sondern eigentlich über ihre Quellen definiert.

[00:01:53]  Also wir versuchen eigentlich einen Zugriff auf die Geschichte über materielle Hinterlassenschaften zu bekommen.

[00:01:58]  Und da ist es eigentlich unerheblich, aus welcher Zeit die sind.

[00:02:01]  Und das hat in den letzten Jahren oder Jahrzehnten eben auch zur Entwicklung einer Archäologie der jüngeren Vergangenheit geführt,

[00:02:07]  in der wir uns eben einen Zugriff auf diese jüngere Vergangenheit auch über die archäologischen Spuren ermöglichen.

[00:02:12]  Tobias: Ist es aus deiner Sicht einfacher, für jüngere Zeiten zu graben, als wie für die weiter zurückliegenden?

[00:02:20]  Barbara: Ja und nein. Also ich glaube auf der einen Seite, wenn man das jetzt eher mal methodisch sehen will,

[00:02:24]  ist es natürlich sehr spannend in den jüngeren Vergangenheiten zu forschen,

[00:02:27]  weil wir eine ganz dichte Parallelüberlieferung haben durch Schrift, Bild oder auch mündliche Quellen natürlich.

[00:02:32]  Und dadurch entsteht ein sehr viel dichteres Bild und macht auch die Interpretation von archäologischen Funden

[00:02:38]  sehr viel reicher zum Teil, als das etwa in der Urgeschichte manchmal möglich ist.

[00:02:42]  Auf der anderen Seite ist es aber auch eine sehr schwierige Archäologie,

[00:02:45]  weil diese Vergangenheit natürlich sehr nah an uns dran ist.

[00:02:47]  Es ist was, wo wir zum Teil noch Menschen haben, die die Zeiten, die wir erforschen miterlebt haben,

[00:02:51]  wo Familiengeschichten geprägt sind.

[00:02:53]  Und dementsprechend, das ist mir ganz wichtig, ist ja Archäologie jetzt nicht nur ein Blick in die Vergangenheit,

[00:02:58]  sondern es geht ja auch ganz viel darum, wie wir heute mit dieser Vergangenheit umgehen.

[00:03:02]  Und da ist natürlich die Archäologie auch der NS-Zeit

[00:03:04] insofern sicher eine schwierigere Archäologie, weil wir auch irgendwo uns in diese Diskurse,

[00:03:09]  wie gehen wir mit dieser Vergangenheit um, mit einpflegen müssen.

[00:03:13]  Und das macht es natürlich eine große Herausforderung.

[00:03:16]  Tobias: Ich habe dich jetzt natürlich eingeladen, vielleicht habe ich es noch gar nicht erwähnt,

[00:03:20]  aber du warst auch beteiligt oder bist beauftragt worden, glaube ich, von der Kommission oder von der Stadt,

[00:03:26]  am Gebiet des ehemaligen Arbeitserziehungslagers Reichenau

[00:03:32]  Also nicht du allein natürlich, das ist schon klar, aber du mit deinem Team,

[00:03:37]  Grabungen zu machen, um Spuren über oder vom Lager noch ausfindig zu machen,

[00:03:45]  kannst du uns vielleicht auch kurz erklären, wie es denn zu diesem Auftrag kam

[00:03:49]  und wie der Ablauf war und vielleicht auch einfach auch wer beteiligt war.

[00:03:56]  Barbara: Die Stadt Innsbruck versucht ja seit einiger Zeit jetzt einen neuen Gedenkort in der Reichenau zu schaffen

[00:04:01]  für die Opfer des Nationalsozialismus, die dort im Arbeitserziehungslager eingesperrt waren,

[00:04:06] aber auch in den angrenzenden Lagerkomplexen und im Vorfeld zu dieser Projektplanung hat man sich seitens der Stadt entschieden,

[00:04:12]  dass es sicher auch wesentlich ist, noch mal intensiv Forschung zur Geschichte dieser Lager,

[00:04:17]  aber eben auch der Menschen, die dort eingesperrt oder auch umgekommen sind, zu betreiben

[00:04:23]  und das hat einerseits dazu geführt, dass sehr intensive Forschungen von historischer Seite gegeben hat.

[00:04:27]  Ich glaube, die Sabine Pitscheider wird ja auch noch sprechen hier in diesem Podcast.

[00:04:31]  Und auf der anderen Seite hat sich dann im Rahmen dieser Forschung natürlich schon auch die Frage nach der genauen historischen Örtlichkeit gestellt.

[00:04:38]  Wie groß war tatsächlich dieser Lagerkomplex? Wie ist er aufgebaut gewesen?

[00:04:42]  Können wir eigentlich in der Raumstruktur auch noch irgendwie Informationen finden über die Geschichte dieser Lager dort in der Reichenau,

[00:04:50]  aber natürlich auch für die Schaffung des Gedenkortes, das war sicher auch im Interesse der Stadt, hat sich die Frage gestellt,

[00:04:55]  gibt es eigentlich noch wirklich materielle Überreste im Sinne von Baubestand,

[00:04:59]  die da heute vielleicht noch irgendwo versteckt im Gewerbegebiet herumstehen

[00:05:04]  und eigentlich mit diesem Anspruch sind sie an mich und meine Kollegin Barbara Pöll von

[00:05:08] monumentGUT herangetreten mit der Bitte, ob wir da nicht von archäologischer Seite ein bisschen Abhilfe schaffen können.

[00:05:14]  Und das Ganze hat eigentlich so begonnen, dass wir zunächst, also jeder, der die Reichenau kennt,

[00:05:18]  weiß ja, dass sie heute ein sehr stark bebautes Gewerbegebiet ist, uns die Frage gestellt

[00:05:23]  und wie können wir zuerst mal eruieren, ist überhaupt noch obertägig was da

[00:05:26]  und wie können wir dann abschätzen, ob vielleicht zumindest archäologisch, also im Boden, im Bodenbefund,

[00:05:31]  noch was erhalten ist. Und das haben wir zunächst über eine Auswertung von historischen Plänen

[00:05:36]  und auch Schriftquellen und mündlicher Überlieferung gemacht, die zur Raumstruktur des Lagers Bezug haben,

[00:05:42]  aber vor allem auch über Luftbilder aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges,

[00:05:46]  die von den Alliierten damals eigentlich im Zuge ihres Luftangriffs oder ihrer Luftkriege erstellt worden sind

[00:05:51]  und haben versucht zunächst mal einfach die ganze Raumsituation und die Entwicklung der Lager,

[00:05:55]  zwischen 1940/41 bis 1945 und auch darüber hinaus dann natürlich bis zum Abriss der letzten Baracken in den 60er Jahren zu rekonstruieren.

[00:06:05]  Und auf Basis dieser Luftbildauswertung haben wir dann versucht zu schauen, stehen erstens noch irgendwo einzelne Gebäude,

[00:06:10]  das hat sich nicht herausgestellt, also heute ist wirklich kein obertägiger Bestand mehr vorhanden,

[00:06:15]  der irgendwie noch direkt mit dem Lager in Verbindung stehen würde.

[00:06:19]  Wir haben es aber auch geschafft, über den Vergleich von diesen historischen Luftbildern mit eben den modernen Luftbildern und Satellitenaufnahmen

[00:06:26]  Flächen zu identifizieren, die noch nicht tief bebaut sind, das heißt die nicht unterkellert sind

[00:06:32]  und wo potenziell die Möglichkeit besteht, dass eben im Boden noch archäologische Spuren vorhanden sind.

[00:06:38]  Tobias: Das heißt, ihr habt jetzt im Vorfeld die theoretische oder teils praktische Arbeit geleistet.

[00:06:44]  Wie ist es dann zu den Grabungen gekommen, ist es sehr schwierig bei so einem, wie du ja gesagt hast, stark verbauten und ja auch genutzten, ich mein

[00:06:55] der Bauhof ist ja immer noch dort und auch natürlich im Betrieb und der einzige auf städtischem, also wo halt alle hin kommen.

[00:07:04]  Ist es..., erschwert es die Arbeit für Grabungen sehr oder ist es eh immer der Fall oder meistens der Fall?

[00:07:15]  Barbara: Natürlich ist es so, dass im städtischen Bereich, egal welche Archäologie man betreibt, das immer problematisch ist,

[00:07:20]  weil wir einfach eine sehr starke moderne Überprägung haben.

[00:07:23]  Im Fall jetzt von der Reichenau war uns schon von Anfang an klar, dass die Möglichkeit wirklich Archäologie im Boden zu betreiben,

[00:07:29]  sehr gering sein wird, einfach weil die Überbauung dort einerseits wirklich sehr massiv ist,

[00:07:34]  der Abriss sehr massiv war und natürlich, weil das Gebiet heute intensiv benutzt wird.

[00:07:38]  Alle Innsbruckerinnen und Innsbrucker kennen wahrscheinlich den Recyclinghof, sie wissen wie viel Verkehr da auch an den Wochenenden ist

[00:07:43]  und natürlich dann auch der städtische Bauhof.

[00:07:45]  Was wir aber versucht haben, eigentlich durch unsere Luftbildanalyse, das war zunächst mal abzuklären, ob überhaupt das Potenzial da ist.

[00:07:52]  Und als wir gesehen haben, dass es durchaus noch ganz, ganz kleine Restflächen im Südbereich,

[00:07:56] des heutigen Bauhofes gibt, das eben in der NS- Zeit Teil des Lagerbereichs war, die noch nicht bebaut sind.

[00:08:01]  Das war für uns natürlich ein wichtiger Hinweis darauf, dass da durchaus noch eine Erhaltung im Boden gegeben ist,

[00:08:06]  aber eben auch auf den Verkehrsflächen eigentlich, die nicht unterkeller sind.

[00:08:10]  Und da war der nächste Schritt, dass wir zunächst eine geophysikalische Prospektion gemacht haben,

[00:08:14]  also eine nicht zerstörende Archäologie und versucht haben eigentlich über Messungen von physikalischen Eigenschaften im Boden herauszufinden,

[00:08:22]  ob man da vielleicht noch Linien oder Strukturen erkennen kann, die wir mit dem Lagerkomplex in Verbindung bringen können.

[00:08:28]  Tobias: Habt ihr diese geophysikalischen, oder kannst du die vielleicht noch mal ein kleines bisschen noch erklären,

[00:08:33]  ist das auch über die Archäologie oder nehmt ihr dann auch auf das, blöd gesagt, externes oder von der Universität

[00:08:40]  parallel Wissen von anderen Institutionen, die euch da unterstützend beiseite stehen, oder ist das schon sehr verankert in der Archäologie?

[00:08:48]  Barbara: Hier in Innsbruck haben wir wirklich sozusagen den Vorteil, dass wir wirklich an unserem Institut ja auch Expertise haben,

[00:08:54]  beim Professor Grabherr, der schon seit vielen Jahren auch Geophysik, also archäologische Prospektionsmethode,

[00:09:00]  betreibt und von seinem Team haben wir da die Unterstützung bekommen, mit David Imre, die Messungen vor Ort durchzuführen.

[00:09:06]  Ich will da jetzt gar nicht in die Physik rein gehen, aber vielleicht so, um das mal ein bisschen plakativ zu sagen,

[00:09:10]  man fährt da mit Messgeräten sozusagen über die Interessensflächen und dann wird eben durch die Messung der physikalischen Eigenschaften

[00:09:16]  eigentlich ein Tiefenbild vom Boden erzeugt. Es ist jetzt kein Röntgen, aber ich glaube laienhaft kann man sich vorstellen,

[00:09:21]  dass das so ein durchleuchten des Bodens ein bisschen ist. Und dann sieht man sozusagen die im Boden vorhandenen Strukturen,

[00:09:27]  das können Leitungsgräben sein, aber eben auch zum Beispiel Fundamentreste oder Ähnliches.

[00:09:32]  Und über dieses virtuelle Bild kriegt man einen ersten Eindruck, ob eben potentiell da eigentlich noch Strukturen verhanden sind,

[00:09:38]  die jetzt im konkreten Fall eben tatsächlich noch zum Beispiel mit dem Arbeitserziehungslager in Verbindung stehen.

[00:09:43]  Vielleicht ein Satz noch dazu, dass es sicher besonders herausfordernd war, auf diesen sehr stark verbauten Flächen

[00:09:50]  Geophysik zu machen. Das hat zu einerseits messtechnische Probleme, aber die große Herausforderung ist eigentlich auch,

[00:09:56]  dass ja die Bebauung, wie sie heute ist, in ihrer Ausrichtung, im Wesentlichen genau dieselbe Ausrichtung hat,

[00:10:02]  wie eben die Gebäude damals im Arbeitserziehungslager. Und das ist immer dann so eine Sache,

[00:10:06]  was ich auf den Luftbildern vielleicht dann als Linien erkenne, ist schwer, sozusagen nur vom virtuellen Bild dann wirklich festzustellen,

[00:10:14]  ist das jetzt das, was wirklich zum Lager gehört oder sind das nicht vielleicht auch ältere Leitungseinbauten, die auf keinen Plänen mehr vorhanden sind.

[00:10:20]  Da brauchen wir dann tatsächlich natürlich auch Expertise von anders woher, in dem Fall natürlich von der Stadt,

[00:10:25]  die uns hier versucht hat, möglichst gut mit Leitungsplänen zu unterstützen, damit wir schon mal vorab ein bisschen ausschließen können,

[00:10:31]  was sind da Strukturen, die wirklich zum Bauhof gehören und was sind potenziell wirklich Strukturen, die noch aus der NS-Zeit

[00:10:38]  da im Boden vorhanden sein könnten.

[00:10:40]  Tobias: Ist bei den geophysikalischen Daten dann auch eine Vermutung entstanden, dass da und dort punktuell wirklich noch Reste vorhanden sind,

[00:10:49]  oder ist man einfach, blöd gesagt, blind drauf losgegangen dann?

[00:10:53]  Barbara: Nein, blind sind wir nicht drauf losgegangen, deswegen [lacht] haben wir die für Geophysik gemacht.

[00:10:57]  Was wir gemacht haben ist, dass wir versucht haben zu schauen, welche Anomalien wir da auf den Messbildern sehen.

[00:11:02]  Und dann haben wir im Prinzip ein Ausschlussverfahren durchgeführt.

[00:11:05]  Wir haben einerseits geschaut, stimmen die eben mit modernen Leitungsplänen überein,

[00:11:09]  und dann kann man quasi schon eher ausschließen, dass das historische Strukturen sind.

[00:11:13]  Und im zweiten Schritt, also dort, wo wir gesehen haben, wir haben keine Informationen, dass das moderne Kanalbauten oder Ähnliches sind,

[00:11:18]  haben wir dann geschaut, ob die wiederum mit Infrastruktur, die wir auf den Luftbildern, auf den historischen, erkannt haben, übereinstimmen.

[00:11:24]  Und so war es dann schon möglich, gewisse Bereiche einzugrenzen, wo eben ein hohes Potenzial vorhanden ist.

[00:11:30]  Ich möchte aber trotzdem noch mal darauf hinweisen [lacht], weil das wichtig ist, dass natürlich auch hier eine Fehlerquelle vorhanden ist.

[00:11:35]  Wir haben in den Grabungen dann selbst ja tatsächlich den Fall gehabt, dass eine dieser linearen Strukturen, die wir im Messbild hatten,

[00:11:41]  sich als noch benutzte Wasserleitung herausgestellt hat, die aber einfach auf keinem Leitungsplan war,

[00:11:46]  die aber im Verlauf eigentlich gut gepasst hätte zu dem Bereich dieser Unterkunftsbaracke 1,

[00:11:51]  die wir dann versucht haben zu lokalisieren und zu identifizieren in der Archäologie.

[00:11:56]  Und das ist halt immer so die Herausforderung.

[00:11:58]  Also Geophysik ist ein ganz, ganz wesentliches Element oder eine ganz wesentliche Methode zur Vorerkundung.

[00:12:04]  Aber im Endeffekt wirklich wissen, was wir im Boden haben, können wir erst, wenn wir wirklich dann auch zu Graben beginnen.

[00:12:13]  [Drehgeräusch] Tobias: Gehen wir den nächsten Schritt. Ihr geht jetzt wirklich zur Grabung über, wie viel Zeit ist da einberäumt worden,

[00:12:23]  wie schätzt man es ab, wie viel Zeit für Grabungen benutzt werden oder überhaupt bekommt,

[00:12:30]  also Zeit, wie viel man haben darf, überhaupt zu graben.

[00:12:33]  Ist ja wahrscheinlich nicht nur auch die eigene Schätzung, was da ja dann zählt.

[00:12:37]  Barbara: Es ist immer eine ganz böse Frage, wenn man Archäolog:innen fragt, wie viel Zeit sie gerne zum Graben hätten.

[00:12:42]  Wir ja ein sehr langsames Business [beide lachen].

[00:12:44]  Nein, wir haben in dem Fall versucht, also einerseits, weil natürlich klar war,

[00:12:47]  dass selbst wenn wir was finden, das wahrscheinlich wirklich nur mehr ein sehr stark fragmentierten Grad vorhanden sein wird

[00:12:52]  und eigentlich ja die primäre Frage war, sind überhaupt noch Substanziell Spuren vorhanden.

[00:12:56]  Also haben wir mit der Stadt vereinbart, dass wir eigentlich so eine Art kleinere Testgrabung machen.

[00:13:01]  Das ist auch auf dem Areal vom heutigen Bauhof im Grunde auf ganz, ganz wenigen Flächen nur mehr möglich,

[00:13:06]  weil er da großteil überbetoniert ist und wir haben uns dann entschieden,

[00:13:08]  dass wir eigentlich einen sehr kleinen Schnitt nennt man das, also sozusagen den Bereich,

[00:13:12]  den wir dann wirklich ausgraben, im Süden auf diesem letzten verbliebenen Grünstreifen,

[00:13:17]  da beim Gartenbauamt öffnen werden und haben dafür eine 2- bis 3-wöchige Grabung angesetzt.

[00:13:23]  Wirklich aber auch mit dem Ziel jetzt gar nicht im Endeffekt, je nachdem was rauskommt,

[00:13:28]  alles komplett auszugraben, sondern einfach mal den ersten Blick in den Boden zu kriegen.

[00:13:31]  Wir haben das natürlich auch mit dem Bundesdenkmalamt vorab abgeklärt,

[00:13:34]  die als Behörde dafür auch zuständig sind.

[00:13:37]  Und damit waren eigentlich sozusagen alle Beteiligten einverstanden,

[00:13:40]  dass das im Grunde jetzt so eine Art ja ein Erstversuch ist,

[00:13:43]  einfach mal um eine Abwägung überhaupt machen zu können, wie viel Substanz da wirklich noch vorhanden ist.

[00:13:48]  Tobias; Was war dann der erste Eindruck [lacht] sozusagen?

[00:13:51]  Barbara: Am Anfang mussten wir tatsächlich feststellen, dass die Überprägung vom Areal,

[00:13:55]  nämlich auch im Sinne von der Überlagerung durch Planierschichten,

[00:13:58]  sehr viel massiver ist, als wir das erhofft hatten.

[00:14:01]  Im Endeffekt mussten wir wirklich auf 1,70 m runter

[00:14:04]  um tatsächlich zu den nationalsozialistischen, also zur Zeit der NS-Schichten runterzukommen.

[00:14:09]  Das heißt, wir sehen aber auch, dass wirklich im Bereich des Bauhofs hier nicht nur abgerissen,

[00:14:13]  sondern auch massiv umstrukturiert und aufplaniert worden ist seit den 1960er Jahren,

[00:14:17]  vermutlich aber auch noch später, also 70er, 80er Jahre,

[00:14:20]  das sehen wir dann am Fundmaterial in den Planierschichten.

[00:14:23]  Und wir sind dann auf diese Tiefe zum Teil durch händisches Abgraben,

[00:14:27]  zum Teil aber auch durch einen Minibagger runtergegangen,

[00:14:30]  und sind aber dann tatsächlich in 1,70 Meter Tiefe,

[00:14:33]  dann auch wirklich die letzten Reste dieser Unterkunftsbaracke 1 gestoßen.

[00:14:37]  Tobias: Weil du ja schon die Funde angesprochen hast kurz, was waren denn da,

[00:14:42]  oder nur so vielleicht beispielhaft, was da so alles an Material zusätzlich,

[00:14:48]  also neben diesen Fundamentresten oder den Resten noch, ans Tageslicht gekommen ist?

[00:14:53]  Barbara: Der Großteil der Funde, das muss man ganz ehrlich sagen,

[00:14:56]  ist im Grunde eigentlich Müll aus der Zeit, seitdem der Bauhof errichtet worden ist,

[00:14:59]  dass es das, was wir so in den Planierschichten finden.

[00:15:02]  Wir haben aber bei den letzten sozusagen Zentimetern,

[00:15:05]  bevor dann auch diese Barackenreste in Form von Pfahlrostfundamenten,

[00:15:08]  Betonfundamenten rausgekommen sind, verhältnismäßig sehr wenig,

[00:15:12]  aber doch Funde getätigt, die aber wahrscheinlich eher aus der Zeit der Notwohnsiedlung,

[00:15:16]  die ja bis in die 60er Jahre dann da noch bestanden hat in diesen Baracken zugeordnet werden können.

[00:15:21]  Und da geht es zum Teil um Alltagsgeschirr und Blumentöpfe, aber vor allem auch um

[00:15:26]  einfaches Verpackungsmaterial, was wirklich aus der Zeit der 50er und 60er Jahre stammt.

[00:15:30]  Das war eigentlich eher aus dem Alltag der Menschen, die dort dann eben in der Nachkriegszeit

[00:15:35]  quasi ja hingesiedelt worden sind aufgrund von Wohnungsnot und dann bis in die 60er Jahre

[00:15:41]  dort gelebt haben.

[00:15:42]  Aus der Zeit des Lagers selbst haben wir tatsächlich fast nur eigentlich die wenigen Befunde der

[00:15:48]  Baustrukturen, die erhalten sind, was aber auch wenig überraschend ist, wenn man sich

[00:15:52]  eben überlegt, dass das AEL [Arbeitserziehungslager] selbst ja im Grunde wenige Jahre bestanden hat, also eigentlich

[00:15:57]  nur gut vier Jahre und dann ja wirklich mehrere Jahre, also fast 20 Jahre lang ja noch durch

[00:16:04]  eben diese Nutzung als Notwohnsiedlung eigentlich eine ganz andere Funktion gegeben, war es

[00:16:08]  ursprünglich dieser Inhaftierungskontext.

[00:16:10]  Tobias: Und vor allem die Baracken, die waren ja nicht hochwertig gebaut.

[00:16:15]  Barbara: Ja, also was da unten errichtet worden ist, das wissen wir tatsächlich aus den Bauunterlagen

[00:16:20]  vorab, sind sogenannte RAD-Baracken gewesen, also Baracken, die ursprünglich für den

[00:16:24]  Reichsarbeitsdienst entworfen worden sind, die aber dann im Laufe der NS-Zeit wirklich

[00:16:29]  in großem Stil vor allem in unterschiedlichsten Zwangslagern des Regimes eingesetzt worden

[00:16:34]  sind, in Konzentrationslagern, in Zwangsarbeitslagern, aber eben auch im Arbeitserziehungslager

[00:16:39]  in der Reichenau.

[00:16:40]  Das sind im Grunde Behelfsbauten, die vor allem aus Holz errichtet werden und dann aber

[00:16:46]  so je nachdem, wie lang man eigentlich diese Barracken dann nutzen möchte einen unterschiedlichen

[00:16:50]  Unterbau haben können.

[00:16:51]  Also der kann betoniert sein, der kann durch Streifenfundamente gelegt sein oder wie wir

[00:16:56]  es jetzt den Reichenau archäologisch nachweisen könnten, durch eigentlich eine

[00:17:00]  sehr simple Pfahlrostgründung errichtet sein.

[00:17:02]  Und ich glaube das Wesentliche dran ist, dass man sich einfach vor Augen führt, dass das

[00:17:07]  zwar jetzt natürlich aus archäologischer Sicht nicht die ergiebigste Grabung ist, die wir

[00:17:11]  an Orten von NS-Verbrechen durchführen, eben durch diesen Überbauungsgrad.

[00:17:17]  Aber ich glaube wir lernen dadurch ja auch ganz viel über die Nachnutzung dieser Bereiche

[00:17:20]  und wie schnell eigentlich solche Verbrechensorte auch aus dem öffentlichen Gedächtnis durch

[00:17:24]  Nachnutzung, aber dann eben auch durch so radikalen Abriss, wie das in den 60er Jahren

[00:17:28]  passiert ist, auch verschwinden können.

[00:17:30]  [Drehgeräusch] Tobias: Gehen wir mal vielleicht auch kurz weg vom Arbeitserziehungslager Reichenau.

[00:17:39]  Du hast schon gesprochen, es wäre ja schön, wenn mehr Grabungen wären, auch mehr archäologische

[00:17:48]  Grabungen zu Bauten aus der NS-Zeit oder auch Lager aus der NS-Zeit, wo wäre es aus deiner

[00:17:54]  Sicht noch sinnvoll oder gäbe es noch weitere sinnvolle Orte, wo es auch, wie gesagt, auch

[00:18:00]  gut wäre, archäologisch zu graben oder zumindest einmal auch sei es Erhebungen zu machen, geophysikalische

[00:18:10]  Begehungen zu machen, fällt dir da da spontan was ein?

[00:18:14]  Barbara: Ja, also wenn wir jetzt konkret Tirol natürlich anschauen, also mittlerweile haben wir einen

[00:18:17]  recht guten Überblick, wo zumindest Lagerstandorte waren, weil sie in den letzten Jahren auch

[00:18:21]  seitens Bundesdenkmalamtes ganz umfangreiche Erhebungen zu Standorten gegeben hat und

[00:18:27]  nicht nur aus dieser Erhebung, sondern zum Teil, weil die Barackenfundamente auch noch

[00:18:30]  obertägig sichtbar sind, wissen wir von vielen Lagerstandorten, wo wir noch keine so massive

[00:18:34]  Überbauung haben.

[00:18:35]  Das ist zum Beispiel in Haiming der Fall oder auch in Bereichen bei Schwaz und Kematen,

[00:18:40]  wo ja auch Zwangslager vor allem für die Kriegsindustrie errichtet worden sind.

[00:18:44]  Ich denke aber auch zum Beispiel an Vorarlberg entlang der Illwerke-Trasse im Montafon,

[00:18:48]  das ist schon einige Jahre zurück, das bedeutet auch "gesurveyed" [untersucht] haben, wo wir einfach Bereiche

[00:18:52]  haben, wo eigentlich im Nachgang nicht mehr bebaut worden ist und wo dann zum Teil die

[00:18:56]  Struktur nach oberflächlich noch erkennbar sind, eben durch Fundamente, die da durch die

[00:19:00]  Grasnarbe zum Teil oder durch den Waldboden durchscheinen.

[00:19:03]  Und das sind natürlich alles Bereiche, wo wir potenziell mit einer besseren archäologischen

[00:19:08]  Erhaltung rechnen können, weil einfach die Überprägung nicht so hoch ist.

[00:19:11]  Ich glaube aber tatsächlich, dass wir es nicht nur aufgrund dieser Überbauung einschränken

[00:19:15]  sollten.

[00:19:16]  Ich glaube, Archäologie hat ja immer zwei Funktionen.

[00:19:18]  Das eine ist wirklich aus der wissenschaftlichen Perspektive, dass wir natürlich versuchen

[00:19:22]  wollen, möglichst viel über einen historischen Ort und was dort passiert ist, rauszufinden.

[00:19:26]  Da ist natürlich die umfangreiche Erhaltung immer ein Vorteil.

[00:19:29]  Aber Archäologie ist eigentlich auch, würde ich sagen, eher so eine Art Interventionsmodus

[00:19:34]  oder eine Möglichkeit, sich einfach immer wieder neu mit der Vergangenheit und auch

[00:19:38]  ihrer Bedeutung für die Gegenwart zu beschäftigen.

[00:19:40]  Und dementsprechend glaube ich, dass es bei den vielen Lagern, die es in ganz Österreich

[00:19:44]  gegeben hat in dieser Zeit immer auch eine Möglichkeit gibt, Archäologie her als sozusagen

[00:19:49]  eine Praxis einzusetzen, um auch vor Ort dann mit unterschiedlichen Interessensgruppen

[00:19:55]  sich neu mit diesen Orten zu beschäftigen.

[00:19:57]  Was dann rauskommt, im Endeffekt, manches können wir ganz gut vorabschätzen, manches

[00:20:00]  vielleicht weniger, braucht natürlich nachher auch eine wissenschaftliche Aufarbeitung.

[00:20:04]  Aber ich glaube so als Modus der Interaktion ist Archäologie auch immer eine gute Möglichkeit,

[00:20:09]  um einfach zu einer Vergegenwärtigung dieser Situationen an der Vergangenheit beizutragen

[00:20:13]  und damit auch eine neue Auseinandersetzung zu motivieren und zu fördern.

[00:20:17]  Und das sehen wir bei ganz vielen Projekten eigentlich.

[00:20:19]  Das ist eigentlich auch, möchte ich sagen, der Ursprung der Archäologie, der jüngeren

[00:20:25]  Vergangenheit, das eigentlich in den 1980er Jahren, als das zum Beispiel in Deutschland

[00:20:28]  begonnen hat, das zunächst ja oft wirklich "Grassroots-Initiatives" würden wir heute sagen.

[00:20:34]  Also eigentlich Menschen aus lokalem Umfeld begonnen haben sich auf Spurensuche zu

[00:20:38]  begeben, um sich eben mit der NS-Geschichte vor Ort direkt zu konfrontieren.

[00:20:42]  [Drehgeräusch] Tobias: Eure Ergebnisse, jetzt springe ich wieder zum Arbeitslager Reichenau zurück, die Ergebnisse

[00:20:53]  von den Ergrabungsarbeiten, eure Erkenntnisse, werden die oder sind die auch für die breite

[00:21:02]  Öffentlichkeit zugänglich, gibt es da, sind die veröffentlicht worden, außer natürlich,

[00:21:08]  ich weiß, es gibt Zeitungsartikel, ich glaube in den regionalen Blättern, aber auch in

[00:21:13]  der TT, wahrscheinlich eh noch online einsehbar, aber gibt es auch einen, ich sage jetzt einmal,

[00:21:17]  umfangreicheren Bericht, der was dann erscheinen wird?

[00:21:20]  Barbara: Das ist sozusagen jetzt gerade in der Mache, auch oder schon fast im Druck, es wird einerseits

[00:21:25]  natürlich Publikationen geben, wo wir die Ergebnisse auch in der Tiefe präsentieren

[00:21:30]  werden, auf der einen Seite einem wissenschaftlichen Publikum, aber auch für eine breitere Öffentlichkeit.

[00:21:34]  Wir haben hier zum Beispiel in Innsbruck auch zusammengearbeitet mit AFIN, dem

[00:21:40]  archäologischen Forschungsnetzwerk Innsbruck, nehmen wir dort auch, das ist eher ein breiten

[00:21:44]  wirksamer Newsletter, den die haben dort auch schon kürzere Berichte publiziert haben.

[00:21:48]  Ich denke aber, dass vor allem, wenn die Neukonzeption der Gedenkstätte dann wirklich in die Umsetzung

[00:21:54]  geht, das wird ja auch dann didaktische Materialien auch für sozusagen Programme für Schülerinnen

[00:21:59]  und Schüler oder auch andere interessierte Bevölkerungsgruppen geben, dass wir da natürlich

[00:22:04]  auch die Ergebnisse der archäologischen Forschung gern mit einfließen lassen und das natürlich

[00:22:09]  auch zur Verfügung stellen.

[00:22:11]  Und ich glaube, dass hier vor allem auch die Luftbildanalyse einen ganz wesentlichen

[00:22:15]  Teil spielt, weil das einfach so eine Möglichkeit gibt, nochmal diese räumlichen Dimensionen,

[00:22:19]  die ja heute wirklich schwer nachvollziehbar sind wegen des Überbauungsgrades, nochmal

[00:22:24]  besser zu visualisieren und den Menschen da auch einen sozusagen wirklich einen räumlichen

[00:22:29]  Zugang auch zu schaffen zu diesen Orten und zu diesen Lagerbereichen.

[00:22:33]  Tobias: Gibt es noch was, was wir zum.. über eure Arbeiten im Arbeitserziehungslager Reichenau erwähnen

[00:22:41]  sollten, was wir jetzt in unserem Gespräch noch vergessen haben?

[00:22:44]  Barbara: Also ich glaube, was man vielleicht so ein bisschen nochmal aufsplitten kann, wenn man sich jetzt

[00:22:48]  diese unterschiedlichen Schritte der archäologischen Forschung ansieht, ist, dass wir je nachdem,

[00:22:53]  mit welchen Methoden wir rangehen oder auch ob wir uns das sozusagen aus der Vogelperspektive

[00:22:57]  ansehen oder wirklich in den Boden gehen, einfach sehr unterschiedliche Maßstäbe im

[00:23:01]  Grunde anwenden, im Blick und natürlich auch unterschiedliche Informationen rauskriegen.

[00:23:05]  Was für mich wirklich ein spannender Aspekt ist und das ist jetzt nicht speziell für

[00:23:10]  die Reichenau überraschend, aber das ist das, was wir bei vielen anderen Projekten auch

[00:23:13]  sehen, ist natürlich, dass wir durch diesen Blick aus oder aus diesem Luftblick heraus

[00:23:18]  eigentlich ganz viel über die räumliche Entwicklung und die Planungssystematik während

[00:23:23]  der NS-Zeit rauslesen können.

[00:23:25]  Es gibt ja einerseits sozusagen, dass was man vorhat, was man plant, was man veranschlagt

[00:23:28]  und das, was man tatsächlich dann umsetzt.

[00:23:30]  Und das ist etwas, was wir eben durch verschiedene Luftbilder eigentlich ganz gut aufsplitten

[00:23:34]  können.

[00:23:35]  Einerseits, wie sich diese Bereiche tatsächlich räumlich strukturieren und aufteilen.

[00:23:39]  Was zum Beispiel da wirklich eine ganz spannende Sache auch war zu sehen ist, dass wir, also

[00:23:44]  wir haben ja in der Reichenau einerseits das Arbeitserziehungslager und nördlich davon

[00:23:47]  zum Inn hin bestand ja eigentlich ein, ich sage immer, das ist ein Multifunktionskomplex,

[00:23:53]  also ein Lager, das betrieben worden ist von der Stadt Innsbruck, von der Reichspost

[00:23:56]  und von der Reichsbahn, wo Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene inhaftiert waren, die

[00:24:00]  dann auch ausgebeutet worden sind in Innsbruck.

[00:24:02]  Und da können wir eigentlich über die Luftbilder ganz gut nachvollziehen, wie sich diese einerseits

[00:24:07] administrative Verwaltungsstruktur, aber auch diese unterschiedlichen Gruppen

[00:24:11]  an inhaftierten in der Raumplanung wiederfinden.

[00:24:14]  Indem da immer wieder zusätzliche Gebäude gekommen sind, aber sich auch immer wieder

[00:24:18]  die Zaunabgrenzungen innerhalb des Lagers zur Trennung dieser Gruppen und Bereiche eigentlich

[00:24:22]  widerspiegeln.

[00:24:23]  Und das ist ein ganz wesentlicher Aspekt auch um zu verstehen, wie setzt man eigentlich

[00:24:29]  diese Diskriminierung unterschiedlicher Gruppen, aber auch administrative Verwaltung dann

[00:24:33]  in der Realität um.

[00:24:34]  Und das funktioniert ganz stark zum Beispiel auch über Strukturierung von Raum.

[00:24:38]  Spannenderweise sehen wir diese Dynamik, die wir in diesem nördlichen Lager eigentlich

[00:24:42] sind nicht im Arbeitserziehungslager.

[00:24:44]  Da können wir eigentlich sagen, dass ziemlich von Anfang an der gesamte Komplex als Gebäudebestand

[00:24:49]  errichtet worden ist, eigentlich auch, wie er zumindest ursprünglich geplant war und

[00:24:54]  sich dann relativ wenig an der internen Strukturierung eigentlich ändert.

[00:24:57]  Und das spricht natürlich aber auch so für eine gewisse Kontinuität des Zwecks dieses

[00:25:01]  Lagers, das er wirklich von der Gestapo verwaltet, einen hohen Disziplinierungsgrad von Anfang

[00:25:07]  an hatte.

[00:25:08]  Und auf der anderen Seite können wir aber auch eben in Schnittstelle mit anderen historischen

[00:25:13]  Quellen wie eben mündlicher Überlieferung durch eben die Luftbilder auch nochmal versuchen,

[00:25:17]  bestimmte Ereignisse, die zum Beispiel Überlebende berichten konkreter zu verorten.

[00:25:22]  Tobias: Weil du es jetzt eben gerade angesprochen hast, das, was ich jetzt ganz vergessen habe,

[00:25:26]  natürlich gibt es für die Zeit natürlich mündliche Quellen, mündliche Überlieferungen, Zeitzeugen,

[00:25:32]  etc.

[00:25:33]  Wie, weil es gibt ja immer den Spruch, der Zeitzeuge ist der größte Feind des Historikers,

[00:25:40]  ist es natürlich jetzt auch wiederum sehr überspitzt gesagt.

[00:25:44]  Aber wie nimmt man das zu Herzen?

[00:25:49]  Nimmt man das dazu?

[00:25:51]  Muss man aber natürlich kritisch prüfen?

[00:25:53]  Barbara: Also ich glaube, man kann das nicht pauschal beantworten, was hier wirklich wichtig ist,

[00:25:57]  dass wir zunächst mal an diese verschiedenen Überlieferungsstränge einfach als Quellen

[00:26:01]  herangehen, die alle ihre Berechtigung haben, die alle ihre Kritik brauchen natürlich.

[00:26:05]  Und dass wir dann immer konkret, je nachdem was wir erforschen, auch wirklich versuchen,

[00:26:09]  diese verschiedenen Überlieferungsstränge miteinander zu vergleichen und rauszufinden,

[00:26:12]  wo bestätigen sie sich.

[00:26:13]  Wo sind vielleicht Blindspots in einer Überlieferung, die wir durch die andere fühlen können

[00:26:17]  und wo widersprechen sie sich.

[00:26:19]  Ich würde behaupten, dass das nicht nur herausfordernd ist mit Zeitzeug:innen Aussagen,

[00:26:23]  weil natürlich Zeitzeug:innen Aussagen, glaube ich, lange in der Geschichtswissenschaft

[00:26:27]  so ein bisschen verschrien, weil man sagt, ja, das ist Erinnerung und das ist natürlich

[00:26:30]  überprägt.

[00:26:31]  Das stimmt natürlich.

[00:26:32]  Auf der anderen Seite ist das natürlich eine ganz zentrale Quelle, weil es im Grunde

[00:26:35]  Erfahrungswerte und auch wie die verarbeitet werden, widerspielen.

[00:26:38]  Man darf die aber nicht verwechseln natürlich mit einer Dokumentation oder einem Faktenbericht.

[00:26:43]  Was aber auch nicht heißt, dass in Zeitzeug:innen Berichten keine Informationen enthalten

[00:26:47]  sind, die einfach auch eine historische Realität abbilden.

[00:26:50]  Man muss das einfach in der Aufarbeitung, glaube ich, mitberücksichtigen und dafür

[00:26:55]  ist es natürlich ganz notwendig jetzt auch aus archäologischer Seite, dass wir eng

[00:26:58]  mit Historikerinnen und Historikern zusammenarbeiten, die uns da auch helfen, die notwendige Kritik

[00:27:02]  anzuwenden.

[00:27:03]  Das hat in dem Projekt wirklich fantastisch funktioniert.

[00:27:06]  Ähnliches aber auch mit den Schriftquellen.

[00:27:09]  Ich weiß, es gibt immer so einen Tendenz dafür anzunehmen, sobald wir administratives

[00:27:13]  Schriftgut haben, das als Faktencheck herzunehmen.

[00:27:16]  Und das mag manchmal gerechtfertigt sein, aber auch hier müssen wir uns immer vor Augen halten,

[00:27:21]  auch Schriftgut ist ja was, was entsteht, produziert wird durch bestimmte Gruppen in der Bevölkerung,

[00:27:26]  mit Intentionen.

[00:27:28]  Manche Sachen werden gut dokumentiert, manche werden weggelassen, manche werden vielleicht

[00:27:31]  sogar verfälscht.

[00:27:32]  Also auch hier ist Quellenkritik wichtig.

[00:27:33]  Und was wir in der Archäologie gerade bei Lagerbauten sehr oft sehen, ist, dass es,

[00:27:38]  es gibt eine Planungsphase und das, was man sich vorstellt sozusagen und dann gibt es

[00:27:41]  eine Dynamik in der Umsetzung, die auch mit dem Kriegsgeschehen sich verändert zum Teil,

[00:27:46]  wo wir sehen, dass sich dann in den Bauten und auch in der Nutzung, die wir durch die

[00:27:49]  Archäologie nachvollziehen können, Änderungen ergeben, die wir so in den Schriftquellen

[00:27:53]  nicht finden.

[00:27:54]  Da gibt es auch ein Beispiel aus dem Arbeitserziehungslager.

[00:27:56]  Ein ganz wesentliches Element eigentlich, was in der Planung lange Zeit offenbar eine

[00:28:00]  Rolle gespielt hat für das AEL war ja, dass geplant war, irgendwo eine Gefangenen Baracke für politische

[00:28:06]  Häftlinge zu errichten, die ja ursprünglich nicht als Inhaftierungsgruppe eigentlich der

[00:28:09]  Fokus waren.

[00:28:10]  Dazu gibt es Planungsunterlagen, die auch sehr weit gediehen sind, auch eine umfangreiche

[00:28:14]  Korrespondenz bis dahin, dass man sogar sieht, wo die aufgestellt werden soll und wir können

[00:28:19]  über die Luftbilder in dem Fall dann aber tatsächlich rekurrieren und sagen, das ist

[00:28:22]  nicht umgesetzt worden.

[00:28:23]  Was auch immer, ein Paper-Trail gibt es vielleicht, aber er ist noch nicht lokalisiert in den

[00:28:27]  Archiven.

[00:28:28]  Wir können auf jeden Fall sagen, was sozusagen wirklich Ist-Bestand wird.

[00:28:31]  Das sind jetzt Kleinigkeiten, wo es wirklich nur so um historisch eigentlich kleine Spezifitäten

[00:28:35]  geht, aber das kann sich natürlich auch auswachsen.

[00:28:38]  Wir haben Beispiele aus archäologischer Forschung in Deutschland zum Beispiel, aus Zwangsarbeitslagern,

[00:28:42]  in Brandenburg gibt es da ganz viele Projekte, wo wir über die Archäologie zum Beispiel

[00:28:47]  ganz tiefen Einblick wirklich auch in Lebensbedingungen unterschiedlicher Häftlingsgruppen bekommen,

[00:28:51]  den wir im Paper-Trail überhaupt nicht finden.

[00:28:53]  Kleinmachnow ist so ein Beispiel, das war auch ein Lager, wo auf der einen Seite wirklich

[00:28:58]  Angestellte der dort tätigen Firmen untergebracht waren, aber auch Zwangsarbeitende, also Zivilzwangsarbeitende,

[00:29:03]  Kriegsgefangene bis hin zu KZ-Häftlingen.

[00:29:06]  Und wir sehen, dass offenbar die Firmen, die diese Lager betrieben haben, dann ganz

[00:29:10]  systematisch, je nachdem welche Kategorie an Menschen sie dort eingesperrt haben,

[00:29:14]  am Baumaterial oder auch an der Infrastruktur gespart haben.

[00:29:18]  Also da gibt es für die sozusagen die frei arbeitende Bevölkerung, gibt es gut geheizte

[00:29:22]  Baracken mit Waschanlagen und Sanitäreinrichtungen.

[00:29:24]  Für die zivilen Zwangsarbeitenden wird das dann schon down-gegraded, wo es eigentlich nur so

[00:29:29]  kleinere Ofenanlagen gibt und keine fix installierten Sanitäranlagen in den Baracken bis dann hin tatsächlich

[00:29:35]  zu den Baracken für sowjetische Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge, die nicht mal mehr eine

[00:29:40]  Heizung eigentlich haben.

[00:29:41]  Und das ist, was ich meine, mit der Archäologie sehen wir eigentlich so auf einem menschlichen

[00:29:46]  Level ganz oft

[00:29:47] was heißt es eigentlich, in bestimmten Bedingungen dann dort inhaftiert zu werden und dort drinnen

[00:29:51] Leben zu müssen?

[00:29:52]  Das ist einerseits die Ideologie, die Verfolgung und die Kategorisierung, die institutionell

[00:29:57]  stattfindet durch Gewalt an den Menschen, aber dann auch in der Umsetzung natürlich

[00:30:01]  der jeweiligen Lebenssituation.

[00:30:03]  Und das ist der Zugriff, den wir vor allem über die Archäologie haben, in dem wir wirklich

[00:30:06]  auf diese materielle Komponente schauen können. [Outro-Musik]

[00:30:08]  Tobias: Archivwürdig ist eine Produktion des Stadtarchiv Innsbruck und Teil der Stadtstimmen, dem

[00:30:31]  Audio-Kanal der Stadt Innsbruck.

Transkription

[00:00:00]  Tobias: Hallo und herzlich willkommen zur vierten Folge unserer dritten Staffel von Archivwürdig,

[00:00:07]  dem Podcast des Innsbrucker Stadtarchivs. Heute sprechen wir über Erinnerungskultur bzw.

[00:00:13]  Erinnerungsorte im Allgemeinen. Dafür habe ich mir universitäre Hilfe mit Ingrid Böhler

[00:00:18]  geholt. Ingrid Böhler ist Senior Scientist an der Universität Innsbruck und Leiterin

[00:00:24]  des dortigen Instituts für Zeitgeschichte. Gemeinsam tasten wir uns an das große Thema

[00:00:30]  Erinnerungskultur heran und sprechen über Definitionen des Begriffs sowie dessen Zusammenhang

[00:00:35]  mit Erinnerungsorten, wie sich Erinnerungskultur in Österreich entwickelt hat und betrachten mit

[00:00:41]  den Zeitpunkten ein lokales Beispiel in Innsbruck.

[00:00:44]  [Intro-Musi] Tobias: Liebe Ingrid, danke, dass du Zeit gefunden hast, heute mit mir zu sprechen. Unser übergeordnetes

[00:01:05]  Thema der dritten Staffel ist ja das Arbeitserziehungslager Reichenau und die damit zusammenhängende

[00:01:11]  Neugestaltung eines zeitgemäßen Gedenkortes. Mit diesem Gedenkort steht natürlich das

[00:01:18]  große Wort Erinnerungskultur in Verbindung und Erinnerungsort. Aus diesem Grund habe

[00:01:24]  ich mir deine Expertise eingeladen, um Allgemeiner einfach über den Begriff zu sprechen und vielleicht

[00:01:32]  starten wir einfach mal so, ob du uns eine, sag ich mal, universitäre Definition geben

[00:01:38]  kannst im wissenschaftlichen Kreisen von Erinnerungskultur.

[00:01:42]  Ingrid: Ja, hallo Tobias, danke für die Einladung und zu deiner ersten Frage, die ist gefährlich,

[00:01:50]  weil wenn man nach der universitären Definition fragt, ist natürlich das Risiko groß, dass

[00:01:55]  es kompliziert wird. Und das Wort Erinnerungskultur ist tatsächlich eben so populär geworden

[00:02:02]  in den Geschichtswissenschaften, aber auch unter allen, die irgendwie was mit institutionalisierter

[00:02:08]  Erinnerung zu tun haben, dass man auch schon wieder klagen kann, es ist inflationär und

[00:02:13]  es taucht in ganz verschiedene Kontexten auf und was bedeutet es jetzt genau?

[00:02:18]  Ich hole ein bisschen aus dieser Vormarsch oder das Vordringen dieses Begriffs in sozusagen

[00:02:28]  die Alltagssprache der Geschichtswissenschaften kann man zeitlich so in die 90er Jahre, in

[00:02:37]  die beginnenden 90er Jahre vielleicht einordnen und dahinter stecken verschiedene Vorgänge.

[00:02:45]  Also ich würde jetzt einfach mal ganz knackig und einfach formulieren, wir wissen alle,

[00:02:50]  wenn wir an Österreich denken und gerade an Zeitgeschichte mit Österreich Bezug, dass

[00:02:56]  es da eine Zäsur gibt, das sind die Waldheim Jahre. Waldheim ist 1986 zum Bundespräsidenten

[00:03:04]  gewählt worden und wir wissen alle, was im Zusammenhang mit diesem Wahlkampf dann an

[00:03:09]  vergangenheitspolitisch und geschichtspolitisch relevanten Themen auf dem Tisch lag. Dort

[00:03:15]  haben wir auch gelernt anzuerkennen, dass bis dorthin ein Kapitel, das eben belastend

[00:03:20]  und belastet war, unserer eigenen jüngeren Geschichte verdrängt haben und versucht haben,

[00:03:26]  es zu vergessen. Und wie so häufig in der Geschichte, das hat ja auch Marx gesagt, also

[00:03:33]  die Geschichte entwickelt sich voran, also durch These und Antithese, also das Pendel

[00:03:38]  schlägt einmal in die eine und dann wieder in die andere Richtung und also auf das

[00:03:42]  Verdrängen und vergessen, heute dann das intensivste Gedenken und Erinnern und Gedenken.

[00:03:48]  Und begleitend dazu setzt hier natürlich eben auch auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen

[00:03:55]  Vor- und durchs Reden über die Erinnerung und ihre Bedeutung in der Gegenwartgesellschaft

[00:04:01]  ein und ja und da sind wir dann bei der Erinnerungskultur. Die Erinnerungskultur, wenn man das ganz

[00:04:07]  allgemein irgendwie fassen möchte, damit meint man den Gebrauch von Geschichte in der

[00:04:11]  Öffentlichkeit zu einem bestimmten Zweck. Und dieser Zweck ist der, dass man kollektive

[00:04:19]  Identität damit begründen oder absichern möchte. Und das ist natürlich auch eben was

[00:04:24]  ganz gegenwärtiges. Tobias: Eine Nachfrage dazu. Gerade im deutschsprachigen

[00:04:29]  Raum ist natürlich ja Erinnerungskultur oder steht ganz stark im Zusammenhang mit Holocaust,

[00:04:35]  mit NS-Zeit, wobei das ja der Begriff an und für sich ja nicht voraussetzt. Ist es

[00:04:41]  bei uns erst durch die Waldheimaffäre dann so stark der Begriff auch, wie soll man sagen,

[00:04:48]  aufgetreten, so stark die Verknüpfung mit der NS-Zeit herkommen oder ist es schwierig

[00:04:53]  überhaupt zu greifen? Ingrid: Da bin ich mir jetzt ehrlich gesagt nicht sicher. Natürlich hat

[00:04:58]  die Erinnerung an den Nationalsozialismus oder überhaupt an den Zweiten Weltkrieg

[00:05:05]  in den 1990er Jahren einen enormen Schub erhalten. Das hatte damit zu tun, dass eben ein Generationswechsel

[00:05:13]  davor schon stattgefunden hatte. Also die Generation der Veteranen, der Kriegsteilnehmer

[00:05:21]  ist nach und nach in Pension gegangen und hat damit an Einfluss, an öffentlichem Einfluss

[00:05:29]  verloren. Das ist ein Handlungsstrang, der diese Dynamiken ausgelöst hat. Ein anderer, der

[00:05:36]  genau so wichtig ist, hat damit zu tun, dass eben 1989/91 der kalte Krieg zu Ende geht.

[00:05:43]  Und davor hat der Kalte Krieg der ja ganz bald, also unglaublich kurzer Zeit nach dem Zweiten

[00:05:51]  Weltkrieg einsetzt und sozusagen eine völlig neue internationale Lage definiert, dazu

[00:05:58]  geführt also so aus Zweck-Rationalitäten heraus, dass man die Sache mit dem Zweiten Weltkrieg

[00:06:04]  irgendwie beiseitegeschoben hat. Man musste zum Beispiel die Bundesrepublik irgendwie ins

[00:06:09]  westliche Lager integrieren. Und wenn man da ständig daran erinnert, ihr seid das Nazi-Nachfolge-Land,

[00:06:16]  dann ist es vielleicht für das bündnisinterne Klima nicht unbedingt gut. Oder ich meine,

[00:06:24]  wie sollen Deutschland und Frankreich wieder miteinander auskommen, wenn man ständig eben

[00:06:29]  daran erinnert, was in den Jahrzehnten vorher, also gerade das deutsch-französische Verhältnis

[00:06:35]  ist ein gutes Beispiel. Es geht nicht nur um den Nationalsozialismus und den Zweiten

[00:06:39]  Weltkrieg, aber eben nun ist man beieinander in einem wirtschaftlichen Bündnis, also die

[00:06:45]  beginnende europäische Integration, Marshallplan, dann die Anfänge der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft

[00:06:55]  etc. und auf der anderen Seite die NATO. Also kurzum ist gab viele gute Gründe, warum man das

[00:07:01]  Thema einfach beiseitegeschoben hat. Diese Rücksichtigen, die jahrzehntelang notwendig

[00:07:06]  waren, die sind dann nach dem Ende des Kalten Kriegs so nicht mehr vorhanden gewesen.

[00:07:13]  Einerseits, andererseits der Eiserne Vorhang fällt. Viele der von den Menschheitsverbrechen des

[00:07:20]  Nationalsozialismus betroffenen haben hinter dem Eisernen Vorhang gelebt oder die Verbrechen

[00:07:25]  sind dort passiert und nun waren plötzlich diese Erinnerungen auf eine andere Art und Weise

[00:07:31]  zugänglich. Also das war ein ganz wichtiger weiterer Grund, warum man dann plötzlich auch mit einer

[00:07:40]  neuen Intensität sich dieser Zeit zugewandt hat und auch welche Bedeutung das, was in dieser Zeit,

[00:07:49]  also vor 1945 geschehen ist, was das für die Gegenwart bedeutet und was sich daraus ableitet,

[00:07:56]  an notwendigen Handlungen. Zum einen hatte praktischerweise für die ehemaligen Tätergesellschaften

[00:08:03]  die Zweiteilung Europas und der Welt im Kalten Krieg zur Folge, dass man ja mit berechtigten

[00:08:10]  Entschädigungsansprüchen nicht konfrontiert war. Auch das hat über den Eisernen Vorhang

[00:08:15]  hinweg nicht funktioniert. Und da gab es ein Nachholprozess und ja, das hat dann auch diese

[00:08:23]  Gesellschaften oder die Regierungen gezwungen sich damit auseinanderzusetzen. Also es ist

[00:08:29]  das eine zum anderen gekommen. Tobias: Und ich glaube, ganz hinein spielend war ja auch die Rede von

[00:08:35] Vranitzky. Das war ja, da muss ich aufpassen, nicht, dass ich was falsches sage. Aber ich glaube,

[00:08:40]  wir haben Anfang Mitte der 90er... Ingrid: 1991. Tobias: 1991.. Ingrid: Ja, Sommer 91. Tobias: Wo wir dann auch das erste Mal die Schuld oder die

[00:08:50]  Täterschaft der, also Österreichs an den Verbrechen ja deklariert worden ist. Davor war ja immer nur

[00:08:55]  von der Opferrolle groß die Rede. Ingrid: Ganz genau. Also Kanzler Franz Vranitzky entschuldigt sich im Rahmen

[00:09:02]  einer Parlamentsrede, die aber nicht angekündigt war, dass er sich diesem Thema zuwenden würde.

[00:09:08]  Das war damals auch für den österreichischen Nationalrat überraschend. Aber er kommt auf

[00:09:13]  dieses Thema und formuliert so etwas wie ein Schuldbekenntnis. Also eine Verantwortung für

[00:09:20]  die Mittäterschaft an den Großverbrechen des Nationalsozialismus und er entschuldigt sich auch.

[00:09:24]  Und das ist eine geschichtspolitische Zäsur gewesen für Österreich. Also eine zentrale

[00:09:32]  Etappe bei der offiziellen, also auch von staatlicher Seite getragenen Abwendung von der

[00:09:39]  Lebenslüge der zweiten Republik, nämlich der Opfer-These. Dass man selber das erste Opfer der

[00:09:45]  NS-Aggression gewesen ist und deswegen für das, was danach passiert ist, nicht verantwortlich

[00:09:52]  gemacht werden kann. Aber eben an diesem Vorgang kann man ganz schön zweierlei zeigen, dass diese

[00:10:00]  geschichtspolitischen und damit auch erinnerungskulturellen Korrekturen nicht einfach vom

[00:10:06]  Himmel fallen, quasi das Ergebnis einer höheren Einsicht oder von Moral oder Ethos darstellt,

[00:10:16]  sondern dass die immer irgendwie eingebettet sind in politische Vorgänge. Und in dem Fall,

[00:10:21]  also innenpolitisch gab es für Vranitzky einen ganz klaren Aufhänger und das war kurz davor ein

[00:10:28]  Sager, des Jörg Haider, eben damals Partei-Vorsitzender der FPÖ, der von der ordentlichen Beschäftigungspolitik

[00:10:42]  der Nationalsozialisten gesprochen hat. Man muss da nicht ins Detail gehen, aber das ist natürlich

[00:10:49]  eine Aussage gewesen, die man so nicht stehen lassen konnte. Und also das war der innenpolitische

[00:10:58]  Zusammenhang. Gleichzeitig außenpolitisch stand man zu dieser Zeit unter Druck, weil man hatte

[00:11:03]  ja 1989 den Antrag auf Beitritt zu Brüssel Europa gestellt und zur EG gestellt und da ging es natürlich

[00:11:14]  auch darum, welchen Eindruck man da bei den Verhandlungspartnern hinterlässt oder machen

[00:11:20]  möchte und natürlich hier auch eine klare Position im Hinblick auf Geschichtspolitik zu beziehen.

[00:11:29]  Das war so ein bisschen auch Teil des Eintrittstickets nach Brüssel Europa. Und also dieses

[00:11:37]  Signal wollte Vranitzky genauso setzen. Also es gab da einfach einen internationalen oder

[00:11:44]  außenpolitischen Druck, der hier als Verstärker im Spiel war. Tobias: Das heißt, man könnte davon auch,

[00:11:52]  wenn wir das jetzt nochmal ganz kurz verkürzen wollen, dass es sowohl zwar interne Einsichten gibt,

[00:11:58]  aber auch sehr stark äußerer Druck auf die eigene Erinnerungskultur einspielt oder siehst du

[00:12:04]  das nicht so? Ingrid: Also im Fall von Österreichs Umgang mit dem Nationalsozialismus war es ganz klar so,

[00:12:11]  dass sich Österreich so lange wegducken konnte, hatte mit der spezifischen Situation Österreichs

[00:12:19]  nach 1945 zu tun. Österreich war ein kleines Land, es gehörte aber zum westlichen Lager. Es

[00:12:28]  tat sich da irgendwie leicht, sich irgendwie auch in der internationalen politischen

[00:12:34]  Irrelevanz diese Lebenslüge leisten zu können. Und dann mit der Zeit, eben vor allem durch eine

[00:12:45]  andere Situation, war es dann halt Schritt für Schritt notwendig, sich was einfallen zu lassen.

[00:12:51]  Waldheim war ja auch etwas oder die Haltung, die Waldheim im Wahlkampf vertreten hat, ja,

[00:12:59]  in Bezug auf seine eigene Vergangenheit als Wehrmachtsoffizier am Balkan, die so typisch war

[00:13:06]  für diese Generation der österreichischen Kriegsteilnehmer. Die hat natürlich was über seinen

[00:13:12]  Charakter ausgesagt, ja, also dieses abwiegelnde und verlogene, das er schlichtweg an den Tag

[00:13:19]  gelegt hat. Also diese verstockte Uneinsicht. Tobias: Und die Geschichten mit der er war nie bei der Partei,

[00:13:27]  aber sein Pferd war es, oder diese Sachen, wo es ja dann dieses Waldheim Pferd gibt, was man,

[00:13:32]  glaube ich, immer noch im Haus der Geschichte auch sehen kann. Ingrid: Mittlerweile ist es nicht mehr

[00:13:35]  im Haus der Geschichte Österreich, sondern ins Wienmuseum umgezogen, das ist eine andere Geschichte.

[00:13:40]  Aber ja, das hat natürlich jede Menge Polemik geradezu provoziert, ja, aber diese Uneinsicht,

[00:13:48]  die Kurt Waldheim an den Tag gelegt hat und schlussendlich war er ja auch eben ein ehemaliger

[00:13:55]  UNO-Generalsekretär, die hat einfach dafür gesorgt, dass das international beobachtet

[00:14:00]  worden ist und international kommentiert worden ist und dann kommt Waldheim auch noch ein Jahr

[00:14:05]  später, nachdem er gewählt wird, auf die Watchlist, also kann da nicht mehr in die USA reisen.

[00:14:10]  All das hat das offizielle Österreich und die politischen Parteien in Österreich einfach

[00:14:17]  gezwungen, Stellung zu beziehen. Natürlich, wie gesagt, dieser Generationenwechsel, der

[00:14:24]  bahnt sich ja an, der ist in den 80er Jahren schon spürbar und die Öffentlichkeit auch

[00:14:29]  in Österreich ist kritischer geworden. Aber wie gesagt, der äußere Druck spielt da immer

[00:14:35]  eine Rolle und eben was dann danach passiert, dass es beispielsweise dann zur Einsetzung

[00:14:42]  um die 00er Jahre herum einer Historikerkommission kommt, wo man eben bislang noch zu wenig

[00:14:48] erforschte Kapitel der Involvierung Österreichs in den Nationalsozialismus, also mit wirklich

[00:14:56]  viel Geld und einem sehr großen Team, erforschen lässt. Auch das eben hat mit dieser, ist eine

[00:15:06]  Folge der geänderten Umstände und der Notwendigkeit, dass man da eben auch mit beispielsweise

[00:15:15]  diesen Restitutionsforderungen, die plötzlich im Raum standen, irgendwie umgehen muss.

[00:15:20]  Also wir alle können uns vielleicht, du vielleicht nicht, aber ich kann mich noch erinnern. Also

[00:15:25]  plötzlich wurden Klimt oder Schielebilder, die man ins Ausland zur Ausstellung verliehen hat,

[00:15:32] nicht mehr zurückgegeben, weil plötzlich im Raum stand, dass es sich hier um arisierte

[00:15:42]  Kunstgegenstände handelt. Also verschiedene Dinge waren hier im Spiel und das Ergebnis

[00:15:49]  war eben eine entsprechende Dynamik. Tobias: Ich kann mir auch, weil das ist mir jetzt gerade während

[00:15:55]  deinen Ausführungen eingefallen, es war auch ziemlich in die Zeit, wo es ja eine Ausstellung

[00:16:01]  gegeben hat über die Angehörigen der Wehrmacht, wo ja dann ein Dokumentarfilm gemacht worden

[00:16:08]  ist von der, mir fällt das nämlich der Namen leider blöderweise nicht ein, wo dann wirklich

[00:16:15]  die Ausstellung unterwegs war und die Leute sind dann hineingegangen, haben sich die Ausstellung

[00:16:18]  angeschaut und haben dann darüber diskutiert, waren zum Teil noch Angehörige, wo es dann

[00:16:24]  darum gegangen ist, das saubere Bild der Wehrmacht, die was die unter Anführungszeichen

[00:16:30]  ja normalen Soldaten waren, nicht an Kriegsverbrechen beteiligt waren und so weiter, wo es lange

[00:16:35]  Zeit ja auch mit der weißen Weste der Wehrmacht und so weiter, was ja völlig absurd ist und

[00:16:41]  dann sind da wirklich teilweise hitzige Diskussionen auch zwischen ehemaligen Angehörigen der

[00:16:46]  Wehrmacht bei diesen Ausstellungen dann entstanden. Ich denke, diese Dokumentation,

[00:16:51]  weil das hat die da, wie heißt sie denn, ist auf jeden Fall, glaube ich auch auf YouTube

[00:16:57]  nach zu schauen, ist ganz interessant auch. Ingrid: Die Wehrmacht-Ausstellung, die ja von Deutschland

[00:17:04]  dann auch nach Österreich gekommen ist, war sicher auch so ein Erinnerungs-kulturell wichtiger

[00:17:13]  Schritt, eine Etappe im Hinblick auf die Korrekturen unserer Sicht auf Nationalsozialismus und

[00:17:23]  Zweiter Weltkrieg. Und eben die Wehrmacht-Ausstellung,

[00:17:28]  hat ja wirklich Wellen geschlagen und da hat sich noch mal so deutlich wie selten gezeigt, dass eben

[00:17:38]  es sowas wie kollektive Erinnerungen gibt und die sind nicht immer kompatibel miteinander. Also

[00:17:46]  diese Generation der Kriegsteilnehmer, die hat sich ihr eigenes Narrativ zurechtgelegt. Wie

[00:17:53]  erinnern wir uns an den Nationalsozialismus? Ja, am liebsten halt in der Form, wir haben in Russland

[00:18:00]  das Vaterland verteidigt. Also wie das gehen soll bei einem Angriffskrieg auf die Sowjetunion,

[00:18:08]  also weit weg von Österreich, ja, das ist nicht ganz logisch und eben ganz rational, aber es hat

[00:18:16]  funktioniert. Und ein Teil dieses Narrativs war ja natürlich, dass man ja selber auch irgendwie

[00:18:24]  gelitten hat. Also man musste die Strapazen des Kriegs... Tobias: Auch bewältigen selber, oder? Ingrid: Genau,

[00:18:33]  ertragen die vielen Kriegsinvaliden, die traumatisierten, die Familie, die Leute zu Hause,

[00:18:40]  ja, die unter den Belastungen des Kriegs gelitten haben. Das war sozusagen das dominierende

[00:18:46]  Narrativ. Und eine spätere Generation, die dann auch in diese Wehrmachtsausstellung gegangen ist,

[00:18:55]  die fand es nicht mehr so überzeugend. Und die konnte eben mit dem, was man da gezeigt hat, eben,

[00:19:00]  dass die Wehrmacht sehr wohl halt auch in Kriegsverbrechen involviert war. Und dort, wo sie

[00:19:05]  vielleicht nicht direkt mitgeholfen hat, jedenfalls Zeuge geworden ist, ja, die konnte mit dem was

[00:19:11]  anfangen. Die ließ sich darauf ein. Und wenn die miteinander in der Ausstellung gewesen sind,

[00:19:17]  dann hat das zum Teil so hitzige Diskussionen zur Folge gehabt. Aber ich meine, gerade Waldheim,

[00:19:25]  eben der Wehrmachtsoffizier Waldheim, der Kriegsteilnehmer Waldheim und wie er eben sich selber

[00:19:33]  dazu geäußert hat oder dann eben die Wehrmachtsausstellung und die Kontroversen, die da passiert

[00:19:41]  sind, die sind ganz typisch dafür, dass eben es tatsächlich so was wie ein Generationengedächtnis

[00:19:46]  gibt und dass die Kompatibilität zwischen den Generationen nicht immer gegeben ist. Also,

[00:19:54]  das kann auch bei anderen Themen passieren, die jetzt vielleicht weniger belastend sind und weniger

[00:20:02]  mit notwendiger Selbstkritik verbunden sind. Tobias: Weil du den Generationenwechsel angesprochen hast,

[00:20:11]  ist es aus deiner Sicht auch hilfreich, dass in dem Fall jetzt über die NS Zeit sehr viele

[00:20:17]  noch Dokumente, Unterlagen, auch Fotografien alles noch vorhanden sind, die das ja in dem

[00:20:23] Sinn untermauern, sei es die kritische Auseinandersetzung, ist das hilfreich oder ist es nicht zwingend

[00:20:32]  erforderlich, um sich dann dem Thema der Erinnerungskultur zu nähern und das vielleicht auch

[00:20:37]  frühere kollektive Erinnerung zu kritisieren oder zu hinterfragen? Ingrid: Das, was du da ansprichst,

[00:20:45]  ist natürlich auch etwas, was mit geschichtswissenschaftlichem Aufarbeiten zu tun hat. Wenn neue Quellen auftauchen,

[00:20:52]  neue Beweise sozusagen für NS Verbrechen oder für Verstrickungen bestimmter Gruppen einzelner

[00:21:04]  Persönlichkeiten etc., ja, das führt dann eben halt zu einer notwendigen Revision und was

[00:21:11]  wirklich überraschend ist, obwohl wir uns nun schon viele Jahrzehnte der zeithistorischen

[00:21:18]  Aufarbeitung der NS Zeit widmen, es taucht immer wieder was Neues auf, ja, und wir müssen dann

[00:21:26]  immer wieder selber auch lernen, okay, da gab es eine Blindstelle, zum einen weil wir das Material

[00:21:33]  noch nicht hatten und zum anderen, weil natürlich auch die Gegenwart sich irgendwie ändert und

[00:21:38]  lange Zeit sind bestimmte Opfergruppen, die eben im Nationalsozialismus verfolgt worden sind,

[00:21:47]  einfach zu wenig öffentlich anerkannt worden. Dazu gehört die Gruppe der Wehrmachtsdesserteure,

[00:21:52]  wenn wir wieder beim Thema Veteranengesellschaft der zweiten Republik sind, die Wehrmachtsdesserteure

[00:22:00]  waren für dieses Narrativ, wir haben heldenhaft das Vaterland verteidigt, natürlich sehr störend und

[00:22:08]  deswegen hat man ihnen die längste Zeit die notwendige Anerkennung nicht gezollt. 2009 war es erst so weit,

[00:22:15]  dass man diese Gruppe rehabilitiert hat, andere Opfergruppen, Homosexuelle beispielsweise,

[00:22:22]  wurden lange Zeit eben auch ignoriert, weil sie auch die längste Zeit in der zweiten Republik

[00:22:27]  auch noch kriminalisiert worden sind, da gibt es Kontinuitäten zwischen der Zeit vor dem Nationalsozialismus,

[00:22:34]  für die NS Zeit und danach, ja, und eben diese Blindstellen, die tauchen halt immer wieder mal auf,

[00:22:41]  weil auch unsere Gegenwart sich verändert und in der Gegenwart diese Fragen dann gestellt werden

[00:22:46]  und dann gibt es auch noch mal Material idealerweise bzw. häufig ist es auch so, wenn man eine Frage hat,

[00:22:51]  dann findet man auch das Quellenmaterial. So ändern sich Geschichtsbilder und so ändert sich eben dann auch

[00:23:02]  die Erinnerungskultur. Tobias: Mit der Erinnerungskultur ist ja auch sehr stark, sind Erinnerungsorte verbunden.

[00:23:08]  Siehst du Erinnerungsorte als Teil der Erinnerungskultur oder sollte man die auch teilweise separat voneinander...

[00:23:17]  Also, was heißt separat voneinander? Ist schwierig natürlich. Aber stehen die eigens noch da,

[00:23:22]  wie die zu interpretieren sind oder würdest du sagen, die sind immer mit der Erinnerungskultur verknüpft?

[00:23:28]  Nehmen wir mal vielleicht, ich weiß nicht ein Beispiel her.

[00:23:31]  Ingrid: Den Bergisel. Tobias: Den Bergisel zum Beispiel [beide lachen]. Der ist natürlich ganz klar 1809 verbunden. Steht der allein da, ist er das vielleicht nicht,

[00:23:45]  ist er das schon? Es ist schwierig, glaube ich.

[00:23:48]  Ingrid: Also es gibt jedenfalls eine begriffliche Nachbarschaft zwischen dem Wort Erinnerungskultur und dem Begriff Erinnerungsort.

[00:23:57]  Wieder jetzt aus der akademischen Perspektive zunächst darauf geschaut. Jetzt wiederhole ich mich noch mal.

[00:24:07]  Unter Erinnerungskultur verstehen wir eben alle Aktivitäten und Phänomene, die irgendwie in der Öffentlichkeit vor sich gehen

[00:24:18]  und Öffentlichkeit kann auch eine Teilöffentlichkeit sein. Aber jedenfalls die sich beziehen auf Geschichte zum Zweck

[00:24:25] der Herstellung einer kollektiven Identität. Also das ist immer so was wie eine gesellschaftliche Selbstversicherung darauf.

[00:24:33]  Also die Selbstversicherung einer Gruppe, das sind wir. Da kommen wir her.

[00:24:39]  Die Botschaft kann aber auch sein, das sind wir nicht, ja. Tobias: Ja [beide lachen]. Ingrid: Aber es ist jedenfalls ein notwendiges sich verständigen darauf,

[00:24:49]  worauf man sich als kollektiv bezieht und damit eben auch den eigenen Zusammenhalt garantiert.

[00:24:59]  Und Gruppen möchten ja langlebig sein, die möchten Bestand haben. Also da gibt es einen Zusammenhang zwischen der eigenen Vergangenheit,

[00:25:08] der eigenen Gegenwart und der eigenen Zukunft. Und deswegen muss man dann eben diese Erinnerungen auch versuchen zu verfestigen

[00:25:16]  und das irgendwie zu organisieren, zu institutionalisieren. Dazu stellen wir Denkmäler auf. Dazu erfinden wir Rituale.

[00:25:26]  Dafür steht auch der Bergisel [beide lachen]. Und der Bergisel bietet hier ganz viele Anknüpfungspunkte.

[00:25:35]  Wie man sich da an 1809 an die Figur Andreas Hofer erinnert. Vieles von dem ist natürlich hochgradig konstruiert.

[00:25:45]  Da wird ein bestimmtes Bild geschaffen. Und mit dem Bild stiftet man eine eigene Vorstellung von der Tiroler Geschichte

[00:25:53]  und damit auch davon, wie die Tiroler und Tirolerinnen so sind. Und da sind wir bei einem Erinnerungsort.

[00:26:05]  Erinnerungsort als Begriff in dem, was man Memory studies in den Geschichtswissenschaften oder in den Kulturwissenschaften nennt,

[00:26:16]  ist ein Konzept, das auf Pierre Nora zurückgeht. Pierre Nora war ein französischer Historiker.

[00:26:22]  Und er hat eben dieses Konzept der "lieu de mémoire" [Französich für: Erinnerungsort] erfunden und meinte damit eben zentrale Bezugspunkte in der nationalen französischen Geschichte,

[00:26:38]  die eben das Kollektiv der französischen Nation mit einer Identität ausstatten.

[00:26:45]  Er hat sich das zum Teil ganz konkret räumlich vorgestellt, umgelegt auf Tirol, der Bergisel, das ist tatsächlich ein Ort.

[00:26:56]  Aber er war da offener. Es sind Kristallisationspunkte, es sind eben zentrale Bezugspunkte.

[00:27:06]  Und das kann auch im Fall von Frankreich beispielsweise die Marseillaise sein, also die französische Nationalhymne.

[00:27:13]  Oder ein Ritual, ein spezifischer Brauch kann auch so was wie ein Erinnerungsort sein.

[00:27:21]  Also das ist irgendwie vielfältiger, sich zu denken.

[00:27:26]  Ein bestimmtes Lied kann Erinnerungsort sein.

[00:27:30]  Ein bestimmtes Bild, das alle kennen, das mit der Geschichte zu tun hat.

[00:27:35]  Jetzt bin ich wieder bei Österreich. Ich springe ein bisschen assoziativ.

[00:27:38]  Tobias: Wenn ich da reinspringen darf, gerade in Innsbruck wäre es natürlich das Marienbild, was ja an alle Hauswände, oder an sehr vielen Hauswände dann zum Beispiel abgebildet ist.

[00:27:48]  Ingrid: Das ist jetzt nicht unbedingt was zeithistorisches.

[00:27:50]  Tobias: Das ist nicht was zeithistorisches.

[00:27:52]  Ingrid: Das ist eine interessante Frage. Das könnte man sich mal genauer durchdenken.

[00:27:58]  Aber das Riesenrundgemälde, eben am Bergisel, das ist natürlich ein Erinnerungsort.

[00:28:05]  Genauso hat Pierre Nora sich das gedacht oder so ein anderes, für die österreichische Identität der zweiten Republik zentrales Bild wäre natürlich das Foto von der Unterzeichnung des Staatsvertrags, am Belvedere.

[00:28:24]  Aber Erinnerungsorte, so wie sie Pierre Nora gemeint hat, haben natürlich zum Ziel, die eigene Identität zu verfestigen.

[00:28:34]  In dem Zusammenhang sind natürlich eher so positiv besetzte Ereignisse, auch wenn sie zum Teil siehe Bergisel Schlacht, also Kampf, sterben.

[00:28:44]  Das ist ja nichts per se nur erfreuliches, aber trotzdem man kann es wenden in eine positive Geschichte.

[00:28:51]  Und genau das ist mit Andreas Hofer, 1809 und all diesen Dingen passiert.

[00:28:56]  Wir erinnern uns daran, als einen glorreichen Sieg, diejenigen, die sich mit dieser Epoche genauer beschäftigen, die relativieren das,

[00:29:05]  genauso wie man mittlerweile die Persönlichkeit und das Wirken von Andreas Hofer auch gelernt hat, ein bisschen kritischer zu sehen.

[00:29:12]  Aber am Bergisel kann man für Tirol also ganz wunderbar aufzeigen, wie der Gebrauch von Geschichte zur Identitätsstiftung in Dienst genommen wird.

[00:29:27]  Am Bergisel finden nach wie vor auch politische Rituale statt, Gedenkfeiern für Andreas Hofer.

[00:29:34]  Ja, finden dort statt. Da finden sich dann eben die Landeshauptleute, dies- und jenseits des Brenners gemeinsam ein.

[00:29:42]  Und erinnern sich da als etwas, was konstituierend für die gemeinsame anhaltende Verbindung zwischen den zwei Landesteilen ist.

[00:29:59]  Und das hat auch etwas ganz Gegenwärtiges zum Ziel. Man möchte damit eine gemeinsame Identität stiften.

[00:30:08]  [Drehgeräusch] Tobias: Machen wir vielleicht jetzt wieder den Sprung weg vom Andreas Hofer und vielleicht noch auch deine Meinung oder auch, wie du zu der Lösung stehst.

[00:30:23]  Wie gesagt, zum Zeitpunkt unserer Aufnahme ist das Projekt für den neuen Gedenkort Arbeitserziehungslager Reichenau noch nicht abgeschlossen.

[00:30:31]  Was aber abgeschlossen ist und haben wir beide auch der Eröffnung beigewohnt, ist der Zeitpunkt, also der Innsbrucker Alternative zu den Stolpersteinen.

[00:30:39]  Wie siehst du die Umsetzung von solchen, in dem Fall ja sehr kleinen Erinnerungsorten, die dir auch beim Spaziergang durch die Stadt ins Auge fallen,

[00:30:52]  bist du persönlich aus deiner fachlichen Meinung zufrieden oder begeistert über diese Lösung, was man in Innsbruck gemacht hat?

[00:31:02]  Oder wie stehst du zu diesem Zeitpunkt nach? Wäre vielleicht auch noch ganz interessant zu sehen.

[00:31:07]  Ingrid: Jetzt hake ich noch mal nach bei dem Thema Erinnerungsort. Ebenso wie du jetzt deine Frage formuliert hast, da kann man sehr schön zeigen,

[00:31:16]  dass Erinnerungsort mittlerweile auch ein Begriff geworden ist, der in verschiedenen Kontexten Verwendung findet.

[00:31:24]  Also einerseits steht da nach wie vor für das Konzept von Pierre Nora und da ist Erinnerungsort etwas,

[00:31:33]  das eben die Qualität hat für eine Gruppe, die gemeinsame aus der Vergangenheit hergeleitete Identität auf nachfolgende Generationen zu vererben und weiter zu reichen.

[00:31:50]  Bei den Zeitpunkten, um die es hier geht, die sind etwas ganz Neues, da wissen wir noch nicht, ob sie diese Qualität entfalten können,

[00:32:00]  ob sie eben langfristig nachhaltig Identitätsstiften sind für eine Gruppe.

[00:32:10]  Das muss jetzt nicht für ganz Innsbruck sein, aber doch für einen wesentlichen Teil davon, der sich auch irgendwie dann politisch im Gemeinderat abbildet, etc., etc.

[00:32:21]  Tobias: Oder in der Bevölkerung. Ingrid: Wo es dann eben auch in der Bevölkerung Gruppen gibt, die sagen, ja, in unserer Straße hat auch jemand gelebt, der oder die wurde Opfer des Nationalsozialismus, Opfer der NS-Verfolgungspolitik

[00:32:37]  und wir möchten diese Person in Erinnerung behalten oder die Erinnerung daran wieder aufleben lassen.

[00:32:43]  Und diese Person ist Teil unserer ehemaligen Nachbarschaft ja, also sind wir wieder bei dieser Gruppe.

[00:32:52]  Und wir haben als jetzige Nachbarschaft ein Interesse daran, dass wir auch die damals hier gelebt haben, nicht vergessen.

[00:32:59]  Wenn das funktioniert, dann werden aus den Zeitpunkten Erinnerungsorte auch im Sinn von Pierre Nora, ja.

[00:33:07]  Das Schöne an den Zeitpunkten finde ich eben, dass sie die Qualität haben, aus der Zivilgesellschaft heraus zu entstehen.

[00:33:20]  Also eben, es können aus der Bevölkerung heraus Gruppen sich bei euch beim Stadtarchiv melden und beantragen.

[00:33:28]  Es soll eben hier ein Zeitpunkt montiert werden und wir als Gruppe kümmern uns dann auch irgendwie um diesen Zeitpunkt.

[00:33:43]  Und das sind kleine Interventionen. Sie sind eben sehr individuell.

[00:33:49]  Sie beziehen sich auf eine Person oder vielleicht eine Familie.

[00:33:54]  Sie nehmen nicht viel Platz in Anspruch. Sie sind in erster Linie sichtbar für diejenigen, die in der Umgebung dieses Zeitpunkts wohnen.

[00:34:05]  Aber sie sind natürlich auch im Alltag schon immer irgendwie da. Man muss sie nur sehen.

[00:34:12]  Also diese kleinen dezentralen Formen des Erinnerns, glaube ich, sind eine sehr wichtige und auch würdige Ergänzung eines mahnenden Erinnerns und Gedenkens an die Zeit des Nationalsozialismus.

[00:34:33]  [Outro-Musik]

[00:34:48]  Tobias: Archivwürdig ist eine Produktion des Stadtarchiv Innsbruck und Teil der Stadtstimmen, dem Audiokanal der Stadt Innsbruck.

 

2. Staffel:

Die zweite Staffel steht ganz im Zeichen von gelebter Geschichte. In den Interviews erzählen Innsbrucker ZeitzeugInnen von ihren Erinnerungen an Kindheit, Schulzeit, Freizeitaktivitäten und vieles mehr. Die zweite Staffel beinhaltet sechs Folgen, die in einem 14-tägigen Rhythmus veröffentlich werden.

1. Staffel:

In der ersten Staffel werden neben dem eigenen Archiv auch andere Archive im Stadtgebiet, wie etwa das Tiroler Landesarchiv oder das Subkulturarchiv thematisiert. Die erste Staffel beinhaltet sechs Folgen, die in einem 14-tägigen Rhythmus veröffentlich werden.

S'Vorwort

Stadtbibliothek meets Pop.Kultur.Literatur – im Podcast der Stadtbibliothek reden die Bibliothekarinnen Pia und Christina und die Young-Hosts Michelle und Jacqueline miteinander und mit ihren Gästen über literarische Popkultur, wobei natürlich Bücher und Lesen im Mittelpunkt stehen. Zwischendurch gibt es nach dem Motto „Kurz und Schmerzlos“ Interviews mit AutorInnen, die in der Stadtbibliothek zu Gast sind.

Teilen Sie uns gerne Ihre Meinung oder Themenwünsche zum Podcast  „S’Vorwort" mit unter: post.stadtbibliothek@innsbruck.gv.at.

Die Folgen beinhalten eine Übersetzung in Textform (Transkript). Diese Übersetzung erfolgt durch Übertragung von Dialekt auf Hochdeutsch.

Transkription

[00:00:00]  [Stimme moduliert] Vorsicht, der Genuss dieses Podcasts kann zu vermehrten Bibliotheksbesuchen führen. [Stimme moduliert]

[00:00:07]  Jaci: Christmas edition, take one.

[00:00:10]  [singt] ~ We wish you a merry Christmas, we wish you a merry Christmas, we wish you a merry Christmas and a happy new year. ~

[00:00:19]  Shelly: Wunderschön. Jaci: Danke. Shelly: Das kann die Christina als Intro verwenden.

[00:00:22]  Jaci: [lacht] Willkommen bei unserer Folge, die vollständig in meinem Gesang stattfindet.

[00:00:26] Shelly: Ja, unbedingt. [lautes Lachen]

[00:00:28] [Intro-Musik] Shelly: Hallo und herzlich willkommen beim Vorwort, den Podcast der Stadtbibliothek Innsbruck.

[00:00:48]  Mein Name ist Shelly und gegenüber von mir sitzt die Jaci und heute wird es weihnachtlich.

[00:00:55]  Das nehmen wir als Anlass, um über Literatur und Film über Weihnachten zu sprechen.

[00:01:04]  Also wie ist dieses traditionelle Fest immer schon verarbeitet worden in der Literatur, im Film.

[00:01:13]  Es ist quasi zum Trope geworden und hat sie was verändert?

[00:01:18]  Wenn ja, was hat sie verändert in dieser Zeit und was ist in der Quintessenz gleichgeblieben?

[00:01:24]  Jaci: Genau. Shelly: Und dann gehen wir einfach mal rein. [Jaci lacht]

[00:01:27]  Wir haben überlegt, was uns als erstes einfällt, wenn wir über Weihnachtsliteratur nachdenken.

[00:01:35]  Und da sind wir beide zu dem Schluss gekommen es ist eigentlich "Eine Weihnachtsgeschichte" von Charles Dickens.

[00:01:42]  Die kennt jeder und die ist erstmals veröffentlicht worden am 19.12.1843.

[00:01:50]  Jaci: Perfektes Marketing-Team, dass das zur Weihnachtszeit rauskommen ist.

[00:01:55]  Shelly: Ja.

[00:01:56]  Jaci: Schon damals.

[00:01:57]  Shelly: Immer schon gewusst, wie man das gut verkauft. [lacht]

[00:01:59]  Und es ist erschienen unter dem Originaltitel "A Christmas Carol in Prose: Being a Ghost Story of Christmas".

[00:02:06]  Jaci: Ein langer Titel.

[00:02:08]  Da weiß man gleich, worum es geht. [lacht]

[00:02:10]  Shelly: Ja, eben. Genau.

[00:02:14]  Jaci: Und ich bin vor allem auf diese Geschichte gekommen, nicht durch das Originalbuch, das habe ich tatsächlich noch nie gelesen.

[00:02:23]  Shelly: Echt nicht?

[00:02:24]  Jaci: Nein.

[00:02:25]  Sorry, vielleicht mache ich das, weil wir haben es bestimmt im Sortiment.

[00:02:29]  Shelly: Ich habe es in meiner Privatbibliothek.

[00:02:30]  Jaci: An meinem Bibliotheks-Wichtel. [beide sprechen durcheinander]

[00:02:34]  Ich habe keine Ausgabe daheim, also das wäre eine Wichtel-Idee. [lacht]

[00:02:37] Kleine Side-Info, unter den Mitarbeitenden findet wieder ein Weihnachtswichteln statt, und wer auch immer Jaci gezogen hat,

[00:02:45]  sie möchte bitte gerne von Charles Dickens die "Christmas Carol" haben. [beide lachen]

[00:02:48]  Jaci: Genau.

[00:02:49]  Aber jetzt, Spaß beiseite.

[00:02:52]  Ich kenne die Geschichte vom "Christmas Carol" durch eine Barbie-Verfilmung.

[00:02:57]  Und das ist eigentlich das selbe Prinzip, nur mit Frauen.

[00:03:01]  Also die Barbie ist Ebenezer Scrooge und wird von drei Geistern heimgesucht und kommt dann eben drauf, dass Weihnachten doch ganz toll ist und so weiter.

[00:03:09]  Und dadurch kenne ich die Geschichte. [lacht]

[00:03:11]  Und dann habe ich vor ein paar Jahren den Original oder die erste Verfilmung wirklich geschaut und die ist ja mega gruselig.

[00:03:17]  Also ich finde die nicht sehr weihnachtlich, [lacht] da hab ich sehr Angst gehabt.

[00:03:21]  Aber ich verstehe den Sinn der Geschichte und Barbie hat das auch super umgesetzt.

[00:03:27] Shelly: Ja, finde ich auch total. [Jaci lacht]

[00:03:29]  Es gibt ja unzählige Adaptionen von dieser Geschichte.

[00:03:34]  Also die ist quasi Ground Base für alles Weihnachtliche, was in den Jahren danach gefolgt ist.

[00:03:43]  Ich glaube, es gibt sogar eine Mickey Mouse-Verfilmung.

[00:03:46]  Jaci: Ja, stimmt.

[00:03:48]  Ist da nicht Donald [Duck] sogar ein Geist?

[00:03:51]  Ich weiß es nicht.

[00:03:52]  Shelly: Ich weiß es nicht. Ich weiß überhaupt nicht mehr,

[00:03:53]  wer "redemptet" wird ... [Pause]

[00:03:56]  Jaci: Das müssen wir jetzt kurz googeln, das kann ich jetzt nicht auf mir sitzen lassen.

[00:04:00]  Okay, es gibt tatsächlich, das war nicht nur ein Hirngespinst der Shelly, es gibt "Mickey's Christmas Carol",

[00:04:07]  wo der Dagobert Duck der Ebeneza Scrooge ist oder der,

[00:04:12]  ma, jetzt hab ich den Name schon wieder verloren - Scrooge McDuck -

[00:04:15]  und die Geschichte bleibt dann auch dieselbe und er wird dann eben auch von drei Weihnachtsgeistern

[00:04:22]  in Form von Jimmy Cricket, Willy the Giant und den Weasels heimgesucht.

[00:04:31]  Also, das klingt sehr unterhaltsam, es dauert nur 26 Minuten. [lacht]

[00:04:35]  Shelly: Ah, das sind diese typischen Kurzgeschichten von Disney.

[00:04:40]  Jaci: Sehr nett, gut.

[00:04:41]  Ich bin froh, dass ihr das jetzt auch gelernt habt.

[00:04:43]  Shelly: Das kannst heuer gleich mal anschauen.

[00:04:45]  Jaci: Genau, das wird dann meine neue "Christmas Carol"- Erfahrung.

[00:04:48]  Die ist hoffentlich nicht so gruselig [lacht] wie das Original.

[00:04:51]  Genau, eine andere Geschichte, die ich auch immer sehr weihnachtlich finde, die auch durch Barbie kenne,

[00:04:57]  ist "Der Nussknacker".

[00:04:58]  Da ist ja der Originalroman von E.T.A. Hoffmann, den ich auch noch nie gelesen habe,

[00:05:06]  wieder einmal Schande über mich.

[00:05:07]  Shelly: Ich glaube, ich habe ja auch nie gelesen.

[00:05:08]  Jaci: Dann fühl ich mich nicht ganz so schlecht.

[00:05:10]  In der gibt es ja auch zahlreiche Verfilmungen auch und anderen eben von Barbie.

[00:05:15]  Und das berühmte Ballett, ich glaube, das kennen die meisten, die es aus Ballett einfach kennen.

[00:05:22]  Shelly: Ja, also ich hätte als erstes ans Ballett gedacht.

[00:05:27]  Jaci: Nicht an Barbie? Shelly: Nein. [beide lachen]

[00:05:29]  Aber ich habe ihn angeschaut.

[00:05:31]  Jaci: Gott sei Dank, den hätte ich dir sonst leihen müssen.

[00:05:34]  Der ist bei mir in der meiner Heimatbibliothek.

[00:05:37]  Shelly: Und was sind so die Go-To-Christmas-Romane und Filme, die du jedes Jahr ausnahmslos anschauen musst?

[00:05:49]  Jaci: Also Romane habe ich da eigentlich recht wenig.

[00:05:52]  In meiner Recherche habe ich jetzt herausgefunden, dass "Little Women"  von Louisa May Alcott,

[00:05:58]  "Little Women", als Weihnachtsnovel quasi gesehen wird.

[00:06:02]  Da gibt es auch eine Weihnachtsszene, die für mich aber jetzt nicht den ganzen Roman ausmacht,

[00:06:07]  aber ist ein super Roman, den kann man immer lesen.

[00:06:10]  Und sonst gibt es natürlich ganz viele neuzeitige Romane, die einfach Weihnachten als Thema aufnehmen,

[00:06:21]  hauptsächlich romantische, also romantische Komödien als Buch.

[00:06:27]  Also gibt es extrem viele.

[00:06:29]  Also wenn man da, wenn man das googelt, da kommen hunderttausende Titel, wo ich auch noch keinen gelesen habe, glaube ich.

[00:06:37]  Aber da gibt es dann so "Schneeflockenträume".

[00:06:40] Shelly: Ist das Karen Swan?

[00:06:42]  Jaci: Ja, als ob du das kennst.

[00:06:44]  Shelly: Ja, ich les die immer! [beide lachen]

[00:06:46]  Jaci: Wie cool.

[00:06:48]  Es gibt "Kein Winter ohne dich" von Emily Stone oder "Schneeglitzernd verliebt" von Karin Lindberg,

[00:06:57]  "Prickelnd und Weihnachtszauber", Sammelband 4 in 1.

[00:07:02] Shelly: Weißt du wie viele es da gibt?

[00:07:04]  Jaci: [lacht] Nein. Shelly: [amüsiert] Schaust du grad auf Google und nicht im Littera-Katalog? Jaci: Ja!

[00:07:09]  "Dich hatte ich nicht auf dem Wunschzettel".

[00:07:11]  Mein persönlicher Favorit, das klingt herrlich. Shelly: Toll.

[00:07:14]  Jaci: Genau, jetzt gibt es ganz, ganz viele Romane.

[00:07:17]  Und das Lustige bei diesen Romanen, auch wenn wir die meisten nicht gelesen haben,

[00:07:22]  trauen wir uns doch zu behaupten, dass sie meistens nach dem selben Prinzip ablaufen.

[00:07:29]  Shelly: Das da wäre?

[00:07:32]  Dass meistens es gibt uns einen Weihnachtsmuffel, der oder die nicht an den Zauber von Weihnachten glaubt.

[00:07:41]  Shelly: Also OG Ebenezer Scrooge?

[00:07:43]  Jaci: Genau, genau.

[00:07:45]  Und dann treffen diese Personen auf einen Weihnachtsliebhaber.

[00:07:50]  Der oder die dann den Zauber von Weihnachten beibringt quasi und zeigt, wie schön es eigentlich ist.

[00:07:58]  Und in diesem Prozess werden diese beiden Personen, die meistens verfeindet sind oder sich nicht mögen,

[00:08:04]  also haben wir wieder Enemies-to-Lovers, [lacht] falls jemand unsere alten Podcastfolgen kennt.

[00:08:11]  Momente, wo dann eben, aber die sich dann im Prozess des Weihnachtszaubers verlieben.

[00:08:18]  Das ist meine These, dass das eigentlich immer gleich ist.

[00:08:23]  Shelly: Ja, quasi Weihnachten ist der beste Liebestrank.

[00:08:28]  Jaci: Genau. Also es schneit, Kaminfeuer, Wein, Rentiere, immer sind irgendwo Kinder, die begeistert von Weihnachten sind.

[00:08:41]  Shelly: Wenn sie den Zauber dann übertragen, dass die Jungs einen Zauber von Weihnachten verloren haben.

[00:08:46]  Jaci: Schön, schön, schön. Heimelige Gefühle kommen da auf.

[00:08:50]  Die meisten Romanen laufen dann nach diesem Prinzip auch ab.

[00:08:56]  Und im Zusammenhang mit diesen Romanen gibt es ja auch das bekannte Phänomen,

[00:09:01]  das jeder der Netflix hat, glaube ich, kennt, und zwar die Hallmark Movies.

[00:09:07]  Shelly: Ich glaub das die auf Netflix gar nicht so präsent sein. Jaci: Doch.

[00:09:10]  Shelly: Schon? Weil ich schaue die immer auf Amazon.

[00:09:13]  Jaci: Also ich hab nur Netflix und da ist dann zur Weihnachtszeit hunderttausend Filme mit dem selben Cover. [lacht]

[00:09:20]  Und eine persönliche Anekdote, meine Mama und ich, haben immer zur Weihnachtszeit einen Tag,

[00:09:26]  wo wir nur Kekse backen den ganzen Tag und da schauen wir den ganzen Tag nur solche Filme.

[00:09:32]  Und es gibt nichts Unterhaltenderes, weil du dann am Ende des Tages nicht mehr weißt,

[00:09:36]  welcher Film welcher war, weil in allen dasselbe passiert.

[00:09:39]  Shelly: Ja, das stimmt.

[00:09:40] Jaci: Das ist herrlich.

[00:09:41]  Für die, die Hallmark Movies nicht kennen oder nicht mit diesen Phänomen bekannt sind,

[00:09:47]  habe ich eine Definition rausgesucht.

[00:09:49]  [räuspert sich] "Der Hallmark Film ist ein Genre der für das Fernsehen produzierte romantischen Komödie,

[00:09:56]  das mittlerweile so allgegenwärtig ist, dass der Begriff Hallmark Film erweitert wurde

[00:10:02]  und nun jede Fernsehfilm mit ähnlichem Ton oder ähnlicher Ästhetik umfasst,

[00:10:08]  unabhängig davon, ob er vom Hallmark Channel produziert wurde oder nicht."

[00:10:13]  Also es hat wirklich alles begonnen beim Hallmark Channel, einem amerikanischen TV-Sender,

[00:10:19]  die diese Filme produziert haben.

[00:10:21]  Weil mittlerweile, weil eben alle Filmen auf diesen Filmen passieren und dieselbe Handlung haben,

[00:10:26]  heißen alle Weihnachtsfilme, die so ablaufen, "Hallmark Movies".

[00:10:30]  Shelly: Das heißt, die haben ein ganz neues Genre geprägt.

[00:10:33]  Jaci: Genau.

[00:10:34] Shelly: Boah, zach.

[00:10:35]  Jaci: Und ich bin froh drum. Ich freue mich jedes Jahr auf die neuen Filme.

[00:10:38] Shelly: Uh! Jaci: Uh?

[00:10:40]  Shell: Ich habe was gehört.

[00:10:41]  Ich weiß nicht, ob das stimmt.

[00:10:42]  Es kann jetzt sein, dass das Fake News sind, aber ich habe gelesen auf Social Media.

[00:10:46]  Jaci: [beide lachen] Verlässliche Quellen.

[00:10:48]  Shelly: Dass jetzt ein Hallmark-Movie produziert werden soll,

[00:10:51]  der auf der Love Story von Taylor Swift

[00:10:55]  und ihrem aktuellen Partner, wie heißt der ...

[00:10:57]  Jaci: Nein, Travis Kelce ... Shelly: Genau, Travis Kelce produziert werden soll.

[00:10:59]  Also, Popstar ständig auf Tour, größter Popstar überhaupt,

[00:11:05]  verliebt sich in ... Jaci: In den Footballer. -  Shelly: Genau.

[00:11:07] [Jaci seufzt]

[00:11:08]  Shelly: Schwierigkeiten, Schwierigkeiten, Schwierigkeiten,

[00:11:11]  zum Schluss Happy End unterm Tannenbaum.

[00:11:13]  Jaci: [schwärmzt] Ah, wie toll!

[00:11:15]  Ja, okay, dann bin ich wieder dabei.

[00:11:17]  Das klingt perfekt, da war ich schon wieder dabei.

[00:11:19]  Da haben sie mich schon wieder gekriegt mit Taylor Swift

[00:11:22]  und Weihnachtsding.

[00:11:24] Shelly: Find ich auch interessant,

[00:11:26]  dass da so aktuelle Themen in das Genre einbezogen werden.

[00:11:29]  Jaci: Aktuelle Themen, ja.

[00:11:31]  Ich finde es nur sehr schade,

[00:11:33]  ich habe noch keinen queeren Hallmark-Movie gesehen.

[00:11:36]  Shelly: Stimmt. - Jaci: Also es ist immer sehr heteronorm.

[00:11:38]  Das ist immer ... - Shelly: Sehr traditionell gehalten.

[00:11:40]  Vielleicht auch weil christliches traditionelles Fest und so.

[00:11:44]  Jaci: Ja, aber ...

[00:11:45]  Wir sind im 21. Jahrhundert.

[00:11:47]  Shelly: Ja, bin da ganz bei dir. - Jaci: Also ...

[00:11:49]  Hallmark, falls du zuhörst:

[00:11:52]  Wir wollen einen queeren Hallmark-Movie.

[00:11:54] [Jaci lacht]

[00:11:55]  Ähm ...

[00:11:56]  Und wie laufen diese Filme ab?

[00:11:58]  Genauso wie ich vorher erwähnt hat mit den Romanen.

[00:12:01]  Nur gibt es da meistens noch spezifischere Abläufe

[00:12:05]  als wie bei den Romanen.

[00:12:07]  Und zwar ist es meist ...

[00:12:09]  Ich erzähle das jetzt aus der Perspektive von den meisten Filmen.

[00:12:13]  Es gibt es auch mit "Gender reversed".

[00:12:15]  Also ich erzähle es jetzt so, dass eine Frau in einer Großstadt Karriere macht

[00:12:18]  und ganz groß rauskommt.

[00:12:20]  Und dann von ihrer Firma aber in ein kleines Dorf sozusagen geschickt wird.

[00:12:26]  Um dort irgendwie die Wirtschaft anzukurbeln

[00:12:28]  oder ein Projekt durchzuführen.

[00:12:30]  Und das ist dann sehr oft ...

[00:12:32]  Ähm ... auch das Heimatdorf dieser Person. [lacht]

[00:12:35]  Ähm ... und die kehren dann heim.

[00:12:37]  Und finden entweder ihre Highschool-Liebe wieder.

[00:12:41]  Oder einen Witwer mit Tochter.

[00:12:45]  In denen sie sich dann verlieben.

[00:12:47]  Das Problem ist, dass das Projekt, die die Businessfrau hat,

[00:12:50]  meistens den Ruin des Unternehmens der Person darstellt,

[00:12:55]  in die sie sich verliebt.

[00:12:57]  Also meistens ist so, "wir bauen ein neues Einkaufszentrum.

[00:13:00]  Und es ist blöderweise genau da, wo der gut aussehende Witwer

[00:13:04]  seine Weihnachtsbaumfarm hat." [Shelly kichert]

[00:13:06]  Und dann nur die niedergemacht.

[00:13:09]  Aber nachdem sie sich dann verliebt und über diesen Witwer

[00:13:13]  oder Highschool-Liebe wieder daran erinnert wird,

[00:13:16]  wie schön Weihnachten ist.

[00:13:17]  Also, wieder diesen Weihnachtsmuffel meets Weihnachtslover.

[00:13:21]  Ähm ... kommt sie drauf, dass doch die Weihnachtsbaumfarm

[00:13:26]  viel besser ist als ihre große Corporate-Firma.

[00:13:29]  Shelly: Und das Familie und Liebe viel wichtiger ist als Karriere.

[00:13:32] Jaci: Genau, genau.

[00:13:34]  Und dann bleibt sie meistens in dem Dorf

[00:13:36]  und lässt ihre Karriere zurück.

[00:13:38]  Ende.

[00:13:40]  Shelly: Ein bisschen antifeministisch, nicht?

[00:13:43]  Jaci: Ganz problematisch diese Filme auf so vielen Schichten. [beide lachen]

[00:13:48]  Aber so laufen die meisten Filme ab, muss ich sagen.

[00:13:52]  Manchmal wird noch ein Prinz reinschmissen,

[00:13:55]  dass es dann so irgendwie königliche Weihnacht ...

[00:13:58]  Genau, royale Weihnachten oder so was.

[00:14:01]  Aber es spielt sich meistens in einem kleinen Dorf ab

[00:14:03]  und Frauen aus der Großstadt kommen in das kleine Dorf

[00:14:06]  und verlieben sich in Weihnachten.

[00:14:08]  Also, das ist ... - Ja, das ist ja. That's the gist.

[00:14:10]  Mehr gibt's nicht. Das ist alles. [lacht]

[00:14:13]  Shelly: Man weiß genau, worauf man sich ein, dass man selbst nennt.

[00:14:16]  Das ist einfach toll, ich lieb das. - Jaci: Super.

[00:14:18]  Man hat dann zwar das Gefühl man schaut viermal denselben Film,

[00:14:21]  aber macht nichts. Das ist schön.

[00:14:24]  Comfort Movies heißt das dann, oder? - Shelly: Ja, genau.

[00:14:26]  Und ich glaub, das ist das, was sich verändert hat

[00:14:29]  in dieser Zeitspanne von "Christmas Carol" bis zu Hallmark-Movies.

[00:14:34]  Es ist einfach sehr vorhersehbar geworden.

[00:14:36]  Jaci: Ja, und sehr romantisiert.

[00:14:39]  Bei Ebeneza Scrooge ist ja Familie wichtig und so.

[00:14:42]  Und so.

[00:14:44]  Und bei den neueren ist es aber eher dieses "Die große Liebe".

[00:14:48]  Und sehr romantisch alles.

[00:14:50]  Niemand hat kalt, es ist wunderschön.

[00:14:52]  Shelly: Ja, das wäre auch irgendwie sehr unsexy gewesen,

[00:14:55] hätte Ebeneza Scrooge so ein Love Interest gehabt. [Jaci lacht]

[00:14:57] Das hätte ich ihnen nicht abgekauft. [beide lachen]

[00:14:59]  Jaci: Dickens would be "empört".

[00:15:01]  [Lachen]

[00:15:04]  Genau.

[00:15:05]  Aber ...

[00:15:07]  Man merkt, wir schauen die Filme gerne,

[00:15:09]  aber wir wissen, dass sie nicht die besten Qualitätsfilme sind.

[00:15:13] Shelly: Um das geht es nicht. Es geht ums Feeling. [lacht]

[00:15:15]  Jaci: Aber es gibt dafür noch andere Filme,

[00:15:17]  die man zu Weihnachten immer gut schauen kann.

[00:15:20]  Und das sind einerseits die klassischen Weihnachtsfilme,

[00:15:23]  wie "The Grinch".

[00:15:25]  Shelly: Übrigens auch ursprünglich eine Erzählung.

[00:15:28]  Jaci: Ja. Hab ich auch nicht gewusst.

[00:15:30] [beide sprechen durcheinander]

[00:15:33] Shelly: ... als PDF.

[00:15:35]  Jaci: [seufzt] Ich muss noch so viel lesen, bevor Weihnachten kommt.

[00:15:38] Ähm ...

[00:15:40]  Oder "The Holiday" mit Cameron Diaz und Kate Winslet.

[00:15:43]  Shelly: Das ist mein Lieblingsfilm. Jude Law!

[00:15:45]  Jaci: Oder ... wie heißt der mit ...

[00:15:48]  Shelly: Love Actually? - Jaci: Love Actually, genau.

[00:15:51]  Oder "Kevin Allein zu Haus" oder "Kevin Allein in New York".

[00:15:54]  Ultimative Weihnachtsfilme für mich.

[00:15:57] Shelly: "Santa Claus" 1,2,3,4.

[00:15:59] "Weihnachtsmann und Co. KG."

[00:16:01] [Jaci seufzt]

[00:16:02]  Die OG-Serie.

[00:16:03]  Jaci: Jedes Gen-Z-Mitglied kennt "Weihnachtsmann und Co. KG"

[00:16:06]  Shelly: Ich glaub sogar die Millennials. - Jaci: Ich hoff's.

[00:16:08]  Und dann gibt's auch Filme, die eigentlich nix mit Weihnachten zu tun haben.

[00:16:13]  Aber die trotzdem jeder zu Weihnachten schaut.

[00:16:15]  Shelly: Immer im Programm laufen, wenn du durchsabst.

[00:16:18]  Du klickst immer auf dieselben Filmen.

[00:16:20]  Jaci: Im Dezember gibt es nichts anderes als die Sissi-Filme.

[00:16:23]  Österreichischer Klassiker.

[00:16:25] Romi Schneider.

[00:16:27]  Super.

[00:16:28]  "Drei Haselnüsse ist für Aschenbrödel".

[00:16:30]  Banger, wirklich. Also dieses Lied.

[00:16:33]  Verfolgt mir dann immer bis in den Schlaf.

[00:16:35]  Und auch die Harry Potter-Filme gehören für viele zu den Klassikern

[00:16:39]  zur Weihnachtszeit dazu.

[00:16:41]  Shelly: Ja, weil es ist halt immer ein Schuljahr.

[00:16:44]  Und da sind immer Weihnachten auch dabei.

[00:16:46]  Zumindest in den ersten Teilen.

[00:16:48]  Jaci: Die ersten fünf sind noch sehr weihnachtlich.

[00:16:50]  Ich glaub, ab dem sechsten geht's bergab.

[00:16:53]  Aber ... also nicht bergab im Sinne der Story.

[00:16:56]  Super Filme, aberbergab im Sinne der Fröhlichkeit.

[00:16:59]  Genau, aber eben gehört auch wahrscheinlich zum Ding

[00:17:02]  "Comfort Movie".

[00:17:04]  Das ist was, was an Weihnachten ganz wichtig ist.

[00:17:06]  Und was uns hier die ganzen Filme und auch Ebeneza Scrooge

[00:17:09]  auch vermitteln, wie wichtig Wohlfühlen zur Weihnachtszeit ist.

[00:17:13]  Dieses Gefühl von Heimeligkeit, Wärme, Familie.

[00:17:17] Shelly: Es darf dich nicht wahnsinnig geistig anstrengen.

[00:17:20]  Jaci: Genau, genau.

[00:17:22]  Ich bin gestresst genug durch die Weihnachtszeit.

[00:17:24]  Da helfen diese Filme und Geschichten einfach,

[00:17:27]  an den Zauber von Weihnachten zu erinnern.

[00:17:30]  An die Dinge, die wichtig sind.

[00:17:32]  Shelly: Und es ist auch was generationenübergreifendes

[00:17:34]  das was verbindet, weil es sind dieselben Filme,

[00:17:37]  die mein Mama schon geschaut, als Kind.

[00:17:40] [sprechen gleichzeitig]

[00:17:42]  Also meine Mama und ich schauen auch immer der "Grinch".

[00:17:44]  Das ist auch so unser Ding.

[00:17:46]  Das hat aber jeder, oder jeder schaut am 25. meistens eben

[00:17:50]  "Kevin allein Zuhaus" oder "Kevin allein in New York",

[00:17:53] weil der einfach im ORF läuft.

[00:17:55]  Das ist so jeder kennt das, oder?

[00:17:58]  Das ist auch Tirol und Niederösterreich ... [beide lachen]

[00:18:01]  Kindheitserfahrungen.

[00:18:03]  Shelly: So, jetzt wisst ihr ganz viel über unsere Weihnachtsfavoriten.

[00:18:07]  Und uns wird natürlich auch interessieren,

[00:18:09]  was eure Go-to-Weihnachtsfilme und Weihnachtsromane

[00:18:15] ... Bücher ... weiß der Himmel ... sind.

[00:18:17]  Das könnt ihr uns gerne schreiben.

[00:18:19]  Entweder per Mail an post.stadtbibliothek@innsbruck.gv.at

[00:18:22] oder

[00:18:24]  auf Instagram, da heißen wir

[00:18:26] "stadtbibliothek.innsbruck".

[00:18:28]  Jaci: Genau.

[00:18:30]  Shelly: Falls ihr Inspirationen braucht,

[00:18:33]  wenn ihr was Neues ausprobieren wollt,

[00:18:35]  könnt ihr euch gerne bei uns in der Bibliothek umschauen.

[00:18:38]  Gerade in der Weihnachtszeit würde ich mein Auge offen halten

[00:18:41]  auf unseren Ausstellungen.

[00:18:43]  Wir werden sicher das eine oder andere Weihnachtsbuch ausgestellt werden.

[00:18:47]  Ihr könnt's bei unseren DVDs schauen,

[00:18:49]  was es da an Weihnachtsfilmen gibt.

[00:18:51]  Ihr könnt's auf unseren Streamingdienst schauen,

[00:18:54]  ob es vielleicht Weihnachtsfilme auf Filmfriend gibt,

[00:18:56]  wo ich sehr davon ausgeht, dass es sie gibt.

[00:18:58]  Jaci: Ja, es gibt sehr viele.

[00:19:00]  Mein persönlicher Favorit: "Elmo rettet Weihnachten".

[00:19:02]  Shelly: Elmo? Von der Sesamstraße?

[00:19:04]  Jaci: Ja. Shelly: [lacht] Süß.

[00:19:06]  Genau.

[00:19:08]  Und der unseren Literaturtipps-Newsletter

[00:19:10]  erhalten hat und gelesen hat,

[00:19:13]  vom November genau, den letzten,

[00:19:15]  der jetzt rausgegangen ist.

[00:19:17]  Wir nehmen das ganze Entspur früher auf,

[00:19:19]  der ist ein bisschen für uns noch nicht so lange her. [beide lachen]

[00:19:21]  Der hat schon gesehen,

[00:19:23]  dass unsere Bibliothekar*innen

[00:19:25]  einen unserer Literaturtipps haben sie herausgesucht.

[00:19:28]  Der heißt "Frau Helbing und die tödlichen Weihnachtsplätzchen"

[00:19:32]  von Eberhard Michaely.

[00:19:34]  Und da geht's, das ist so eine Art Miss Marple. [beide lachen]

[00:19:37]  Eine deutsche Miss Marple.

[00:19:39]  Also eine Rentnerin,

[00:19:41]  die hobbymäßig Mordfälle löst

[00:19:43]  und aber immer selber in Gefahr kommt.

[00:19:45]  Und in diesem Buch,

[00:19:47]  also in diesem Buch,

[00:19:50]  also in diesem Fall,

[00:19:52]  spielt sie bei einem Theaterstück mit,

[00:19:54]  was dann zu Weihnachten aufgeführt werden soll.

[00:19:56]  Und hinter den Kulissen gibt's bei den Proben immer Kekse,

[00:19:59]  die die Mitspielenden quasi mitbringen.

[00:20:02]  Auch darunter die Frau Helbing,

[00:20:04]  die da Kekse mitbringt.

[00:20:06]  Und dann stirbt, aber leider Gottes,

[00:20:08]  der Direktor des Theaterstücks.

[00:20:11]  Und dann wird sogar die Frau Helbing verdächtigt.

[00:20:13]  Und deshalb nehmen sie das Ganze in die Hand und löst den Fall selbst.

[00:20:17]  Jaci: Das klingt ja gut.

[00:20:19]  Muss ich mir jetzt ausleihen, bevor ihr das jetzt alle nach unserer Podcastfolge lesen wollt.

[00:20:23]  Shelly: Ich glaub, das ist schon ausgeliehen.

[00:20:25]  Jaci: [seufzt] Ah, ich reservier's einfach. Shelly: Ich kann's dir reservieren.

[00:20:27]  Jaci: Danke, Shelly. Danke.

[00:20:29]  Genau, in diesem Sinne

[00:20:32]  wünschen wir noch eine ruhige Vorweihnachtszeit.

[00:20:36]  Viel Glück bei den Besorgungen und der Weihnachtshektik.

[00:20:39]  Shelly: Kein Stress.

[00:20:41]  Jaci: Genau, es wird noch alles gut.

[00:20:43]  Wenn man runterkommen muss, die Stadtbibliothek

[00:20:46]  bietet ganz viel im stressfreien

[00:20:48]  Alternativen.

[00:20:50]  Wir freuen uns auf die nächste Folge.

[00:20:53]  Wünschen frohe Weihnachten.

[00:20:55]  Und wir hören uns im nächsten Jahr.

[00:20:58]  Tschüss.

[00:21:00] [Jaci singt] ~ Jingle Bells, Jingle Bells

[00:21:02] Jingle all the way ~

[00:21:04]  [Outro-Musik] [Pia spricht] S'Vorwort ist eine Produktion der Stadtbibliothek Innsbruck

[00:21:31]  und Teil der Stadtstimmen,

[00:21:33]  dem Audiokanal der Stadt Innsbruck. [Pia spricht]

Transkription

[00:00:00]  [moduliert] Vorsicht, der Genuss dieses Podcasts kann zu vermehrten Bibliotheksbesuchen führen. [moduliert]

[00:00:06]  [Intro-Musik] Christina: Hallo und herzlich willkommen zurück zum Vorwort, dem Podcast der Stadtbibliothek Innsbruck.

[00:00:27]  Mein Name ist Christina.

[00:00:28]  Pia: Und ich bin die Pia.

[00:00:29]  Christina: Und außerdem, willkommen zurück ein letztes Mal beim Herbstlesefest.

[00:00:34]  In fünf Folgen haben wir uns ganz dem Lesen verschrieben, uns selbst und untereinander Lesechallenges gestellt und diese in den Folgen für und mit euch besprochen.

[00:00:47]  Pia, worum geht es denn in der heutigen Folge, quasi unseren Grand Finale, wenn ich das so sagen darf?

[00:00:54]  Pia: Es geht um das "Grauen von Dunwich", "The Dunwich Horror".

[00:00:59]  Das ist eine Kurzgeschichte von H.P. Lovecraft.

[00:01:03]  Und wir haben die illustrierte Version gelesen, und zwar von François Baranger.

[00:01:08]  Das Original, also die Kurzgeschichte, wurde 1929 im Magazin Weird Tales veröffentlicht, nur so als Info.

[00:01:14]  Christina: Und Pia, wie fandest du denn das Leseerlebnis?

[00:01:18]  Mit dieser illustrierten Ausgabe möchte man dazu sagen.

[00:01:22]  Pia: Also, ich bin ein bisschen zwiegespalten, was das angeht.

[00:01:26]  Einerseits ist es schon recht fein, Illustrationen zu haben und es ist eine sehr schöne Ausgabe.

[00:01:34]  Also, es ist ein bisschen ein Sammlerstück, das merkt man schon.

[00:01:37]  Also, da gibt es ja mehrere von dieser illustrierten Version von François Baranger.

[00:01:41]  Ich kann mir vorstellen, dass ich das im Regal hätte und das würde voll schön ausschauen.

[00:01:46]  Andererseits ist es zum Lesen nicht fein gewesen.

[00:01:49]  Also, ich weiß nicht, wie es dir gegangen ist, aber für mich war es Format zu groß.

[00:01:54]  Also, es ist ein sehr großformatiges Buch.

[00:01:56]  Es hat 26 x 35 cm.

[00:01:59]  Das heißt, da kann man sich schon vorstellen, okay, man hat da einen großen Tuscher in der Hand. [lacht]

[00:02:03]  Ist man vielleicht eher von der Kinderbibliothek gewöhnt, dass man da eben so ein Bilderbuch in der Hand hat.

[00:02:09]  Und das bin ich einfach nicht mehr gewöhnt, muss ich sagen.

[00:02:12]  Ich weiß nicht, wie es dir da gegangen ist.

[00:02:14]  Christina: Mir ist es ganz gleich gegangen. Ich habe es aufgeschlagen,

[00:02:17]  und dadurch, dass es so großformatig ist, ist die Illustration schon sehr atmosphärisch.

[00:02:22]  Und man taucht schon sehr da drin ein.

[00:02:24]  Das habe ich als Vorteil empfunden.

[00:02:26]  Aber genau das Gleiche.

[00:02:28]  Ich bin mir wirklich vorgekommen, als müsste ich nochmal mal lernen, Bilderbücher anzuschauen.

[00:02:32]  Weil man das wirklich, habe ich auch verlernt.

[00:02:34]  Und das ist mir mehr auf die Nerven gegangen, als dass es mir was gegeben hat.

[00:02:42]  Aus dem Grund, dass ich es auch nie mitnehmen konnte in den Bus.

[00:02:46]  Ich meine, es ist nicht dafür gedacht, dass man es unterwegs liest.

[00:02:49]  Das ist, wie du sagst, ein Sammlerstück.

[00:02:51]  Und vielleicht konnte ich es als das nicht so wertschätzen, was es war.

[00:02:56]  Und im Endeffekt, das muss ich jetzt hier auch gestehen,

[00:03:00]  bin ich wieder auf meine altbewährte Methode des Hörbuches übergegangen

[00:03:04]  und habe mir dann das - nicht besonders empfehlenswerte, meiner Meinung nach -

[00:03:08]  englische Hörbuch angehört.

[00:03:11]  Weil es einfach anders nicht gegangen wäre.

[00:03:13]  Ich habe die ganze Zeit das Gefühl gehabt, ich muss mir jetzt die Hände waschen.

[00:03:16]  Pia: Du quälst dich jetzt da durch dieses Buch durch. [lacht]

[00:03:17]  Christina: [lacht] Nein, ich wollte es nicht angreifen, weil es so wertvoll ist.

[00:03:21]  Pia: [lacht] Ich habe auch Angst gehabt beim Umblättern.

[00:03:23]  Ich war so: Nicht dass ich die Zeiten zerreiße.

[00:03:25]  Christina: Ja, und das braucht halt Übung.

[00:03:27]  Aber es war, glaube ich, einfach nur ungewohnt.

[00:03:31]  Das war es.

[00:03:32] Pia: Ja, ist uns glaub ich beiden gleich gegangen.

[00:03:34]  Christina: Witzig.

[00:03:36]  Es steht ja bei uns auch bei den Comics.

[00:03:38]  Weil es wirklich bei den Illustrationen so vordergründig sind.

[00:03:41]  Pia: Ja, bei den Romanen wird es keinen Sinn machen.

[00:03:43]  Da würde es, glaube ich, nie ausgeliehen werden.

[00:03:45] Christina: Ja, es hätte halt im Regal glaub ich keinen Platz.

[00:03:48]  Aber ich glaube schon, dass es ausgeliehen werden würde.

[00:03:51]  Ich glaube halt, einfach dass es von ... die Illustrationen spielen für die Geschichte,

[00:03:59]  die fast eine gleichwertige Rolle wie die Geschichte selber.

[00:04:03]  Und ich glaube, dass das ein Skill ist, den man erlernen muss.

[00:04:09]  Wir waren ja beide gespannt, wie wir dann mit der Geschichte umgehen in dem Kaliber.

[00:04:14]  Und das war dann, ja, also ich glaube wirklich,

[00:04:16]  dass wir am Anfang von so einer Lernkurve stehen.

[00:04:18]  Wir sollten auch einmal "Graphic Novels" oder so besprechen.

[00:04:20]  Pia: Ja, sicher.

[00:04:22]  Christina: Und dann schauen wir, ob wir da anders rein kommen ...

[00:04:24]  Pia: [lacht] Weiterkommen.

[00:04:26]  Christina:Und vielen von euch ist ja der Lovecraft

[00:04:29]  wahrscheinlich auch schon ein Begriff. Im Englischen gibt es da zum Beispiel den Ausdruck "Lovecraftian Horror".

[00:04:36]  Zu Deutsch sagt man auch gerne "kosmische Horror".

[00:04:40]  Der Lovecraft hat damit ein ganzes Subgenre in seinem Werk erschaffen.

[00:04:46]  Und dieses Werk zeichnet sich durch eine Atmosphäre von existenzieller Angst,

[00:04:52]  Unwissenheit und der Unermesslichkeit des Universums aus.

[00:04:56]  Die Kernmerkmale dieses Horrorstils sind eben eine gewisse kosmische Gleichgültigkeit

[00:05:03]  oder vielleicht auch so ein Nihilismus.

[00:05:07]  Ein Wahnsinn, der durch "zu viel" Wissen sozusagen entsteht.

[00:05:13]  Unzuverlässiger Erzähler kommt sehr gerne und oft vor.

[00:05:17]  Der Verlust von Menschlichkeit.

[00:05:20]  Es geht oft mehr um Atmosphäre als um Aktion oder Taten.

[00:05:27]  Und ein weiteres Thema sind das Unerklärliche und das Unbekannte.

[00:05:35]  So, aber wer war jetzt Lovecraft genau?

[00:05:39]  Pia: H.P. Lovecraft, Howard Phillips Lovecraft heißt das ganz genau.

[00:05:44]  Das war ein amerikanischer Schriftsteller und er hat diesen Cthulhu-Mythos erschaffen.

[00:05:49]  Und da geht es immer um Wesen, die heißen dann die großen Alten, die aus fernen Galaxien kommen.

[00:05:56]  Christina: Und das ist zum Beispiel so eines von diesen Beispielen,

[00:06:01]  wie sich Lovecraft mit diesem kosmischen Horror beschäftigt,

[00:06:04]  nämlich mit Wesen, denen die Menschen egal sind.

[00:06:08]  Pia: Genau. Und das ist aber dann weitergegangen,

[00:06:11]  weil nach ihm haben andere Autor*innen diesen Mythos in ihren eigenen Werken fortgeführt.

[00:06:16]  Beispiele dafür sind Andrzej Sapkowski, Wolfgang Hohlbein.

[00:06:20]  Christina: Und ich habe dazu zu sagen, ich habe Stephen King auch, aber das stimmt nicht ganz.

[00:06:25]  Stephen King war nur extrem inspiriert von Lovecraft und man findet zwar nicht den Cthulhu-Mythos in King,

[00:06:33]  aber er zieht sehr viel Inspiration aus den Werken von Lovecraft.

[00:06:39]  Pia: [lacht] Wir haben auch einige seiner Werke in der Bib, also von Stephen King und von Lovecraft in dem Fall.

[00:06:45]  Und zwar auffällig viele illustrierte Versionen.

[00:06:48]  Also zum Beispiel einige Comic-Adaptionen, wie zum Beispiel "Echo des Wahnsinns".

[00:06:53]  Da werden verschiedene Geschichten aus Lovecrafts Universum adaptiert,

[00:06:58]  oder auch "Providence" von Alan Moore, den kennt man vielleicht generell,

[00:07:02]  weil er so im Comic-Bereich so bekannt ist.

[00:07:04]  Der hat eine Neuinterpretation von Lovecrafts Werken geschaffen.

[00:07:08]  Dann haben wir auch Manga-Adaptionen, und zwar mehrere von Gou Tanabe,

[00:07:13]  von zum Beispiel "Berge des Wahnsinns", "Die Farbe aus dem All", "Der Hund und andere Geschichten",

[00:07:19]  "Der Außenseiter und andere Geschichten" und viele weitere.

[00:07:22]  Und ich habe das sehr interessant gefunden, dass gerade Lovecraft gern in Comic- oder Manga-Form dann adaptiert wird

[00:07:29]  und eben illustriert dargestellt wird.

[00:07:32]  Kann vielleicht auch daran liegen, dass man gern Horror darstellt.

[00:07:36]  Vielleicht führt das zu einem zusätzlichen Schockfaktor.

[00:07:39]  Ja, finde ich einfach interessant.

[00:07:41]  Christina:Aber Pia, weil findest du, dass die Illustrationen jetzt auf unser,

[00:07:48]  "Das Grauen von Dunwich", auf unseren Lesetext bezogen einen Mehrwert gebracht haben?

[00:07:52]  Weil für mich haben die eigentlich viel auch weggenommen.

[00:07:57]  Weil Lovecrafts Stil zeichnet sich ja eben auch durch dieses Unerklärliche und Unbekannte aus.

[00:08:04]  Und ich habe bei sowas dann immer den Eindruck, dass durch die Darstellung des Monsters

[00:08:10]  das Monster selbst an Schrecken verliert.

[00:08:13]  Pia: Ich finde auch. Das habe ich mir auch aufgeschrieben.

[00:08:16]  Man muss der Illustration zugutehalten, dass es sehr lange versteckt bleibt, das Monster.

[00:08:23]  Also man sieht nur so Andeutungen, man sieht nicht immer alles.

[00:08:26]  Aber im Text wird eigentlich nur angedeutet, ewig lang.

[00:08:29]  Und auch am Schluss, wo es beschrieben wird, ist es sehr viel noch offen eigentlich.

[00:08:36]  Und natürlich, in dem Moment, wo du es zeichnest, hat es eine eindeutige Darstellung.

[00:08:41]  Und ich hätte es mir schon, also wenn man nur die Worte gelesen hat, hätte ich es mir anders vorgestellt.

[00:08:46]  Einige der Sachen, die vorkommen.

[00:08:49]  Andererseits kann ich mir schon auch vorstellen, dass es ein einfacher Einstieg ist.

[00:08:53]  Weil gerade Leute, die sich vielleicht schwerer tun mit Lesen,

[00:08:57]  vielleicht ist es dann feiner, wenn man wirklich eine Illustration dabei hat.

[00:09:01]  Weil es vielleicht auch hilft und das vielleicht den Text auch auflockert, kann ich mir auch vorstellen.

[00:09:07]  Christina: Das kann sein.

[00:09:09]  Ich meine, wir sind ja inzwischen total geprägt von dieser Umgebung, die ... Wir wachsen mit Filmen auf, oder?

[00:09:20]  Und mit Bildern.

[00:09:23]  Und als Lovecraft das geschrieben hat, gab es sicher nicht dieses Ausmaß an Bildern und Filmen und Darstellungsmöglichkeiten.

[00:09:34]  Aber ich glaube, dass man sich, dass man als vielleicht ungeübte*r Leser*in gar nicht bewusst ist,

[00:09:41]  wie bereichernd es sein kann, Sachen nicht dargestellt zu sehen.

[00:09:45]  Und das ist meiner Ansicht nach auch eigentlich, worum es Lovecraft geht.

[00:09:52]  Deswegen ist es natürlich besonders ironisch.

[00:09:55]  Ich glaube schon, dass es so ein Drang ist von uns Menschen, dass wir was darstellen wollen.

[00:10:02]  Und dass wir das dann aufs Papier bringen wollen.

[00:10:04]  Aber eins der Merkmale von Lovecraft ist ja, dass ... Zu viel Wissen, dass das nicht aushaltbar ist.

[00:10:11]  Also zu viel Realität sozusagen, dass es eigene Grauen in sich birgt, oder?

[00:10:17]  Und es nimmt das Grauen dann weg, irgendwo.

[00:10:19]  Pia: Generell in der Geschichte bleibt er auch sehr viel unbeantwortet.

[00:10:22]  Und es lässt generell sehr viel Platz für Vorstellung.

[00:10:27]  Und das kann es auch um einiges schrecklicher machen, die Geschichte oder gruseliger.

[00:10:32]  Christina: Okay, aber, worum geht es in "Das Grauen von Dunwich" nun eigentlich ganz genau?

[00:10:38]  Und nur als kleiner Hinweis, da es sich hier um eine Kurzgeschichte handelt, werden wir das Ende diesmal verraten.

[00:10:45]  Pia: Also im "Grauen von Dunwich" entführt uns Lovecraft in die mysteriöse, düstere Kleinstadt Dunwich,

[00:10:52]  wie man vielleicht denken könnte, in Neuengland.

[00:10:55]  Dort lebt die Familie Whateley, Whateley [verschiedene Aussprachen] ich war meine ganz sicher, wenn man es auch ausspricht.

[00:11:01]  Christina: Im Hörbuch glaube ich haben sie ... Whateley.

[00:11:03] Pia: Whateley. Ja.

[00:11:05]  Und um diese Familie gibt es sehr viele Gerüchte.

[00:11:10]  Der sonderbare, der Wilbur Whateley, der unter sehr seltsamen Umständen geboren wurde

[00:11:17]  und sehr schnell zu einem bedrohlichen jungen Mann wird, verbirgt ein grauenhaftes Geheimnis,

[00:11:24]  das mit uralten kosmischen Mächten in Verbindung steht.

[00:11:28]  Und dann kommen natürlich noch merkwürdige Ereignisse und beunruhigende Geräusche in der Stadt dazu

[00:11:33]  und dadurch gerät Dunwich in einen Strudel von Horror und Entsetzen

[00:11:37]  und ein Kampf gegen das Unfassbare beginnt.

[00:11:40]  Christina: Und bevor wir jetzt genauer auf die Handlung einsteigen und dann auch sagen, wie wir es so gefunden haben,

[00:11:47]  könntest du Pia, unseren Zuhörer*innen vielleicht noch einen Überblick verschaffen

[00:11:51]  über die wichtigsten Personen, die in der Geschichte vorkommen, damit wir wissen, über wen wir reden?

[00:11:56]  Pia: Sicher natürlich. Es gibt einmal den alten Whateley.

[00:12:01]  Er wird als Zauberer bezeichnet und ist ein kompletter Einzelgänger in dieser Stadt.

[00:12:06]  Dann gibt es noch seine Tochter Lavinia, die ist ebenfalls eine Einzelgängerin und wird beschrieben

[00:12:13]  als unattraktiv und auch ständig als "Albino" und das wird öfter wiederholt.

[00:12:18]  Christina:Und da möchte wir hier einen kurzen Einwurf machen, dass ... Ich finde,

[00:12:24]  dass eine Person mit Albinismus da als Stilmittel herangezogen wird,

[00:12:29]  weil um beim Leser Horror zu evozieren, ist aus mehrere Gründen problematisch.

[00:12:35]  Es suggeriert zum Beispiel, dass Personen mit Albinismus in irgendeiner Form

[00:12:39]  in Anführungsstrichen "anders" oder "schlechter" wären.

[00:12:42]  Das ist natürlich völliger Schmarrn, aber wie bei vielen älteren Texten

[00:12:46]  muss man die in ihrer Zeit verorten.

[00:12:50]  Als Erinnerung der Text ist 1929 erschienen. Was aber wiederum nicht heißt,

[00:12:54]  dass man nicht auf die problematischen Elemente aufmerksam machen kann, ähnlich wie in der letzten

[00:13:01]  Folge, als wir über "Die Tote in der Bibliothek" von Agatha Christie und das Thema Slutshaming gesprochen

[00:13:06]  haben. Es sei außerdem dazu gesagt, dass die Lavinia die einzige Frau in diesem ganzen Cast,

[00:13:13]  ist und im Grunde nur dazu dient, dass Wilbur geboren wird, also den Plot zum Laufen zu

[00:13:20]  bringen und dann verschwindet sie mitten in der Geschichte auf "unerklärliche Weise". Tja. Pia: Zwanziger Jahre. Genau,

[00:13:29]  das ist die Lavinia und die hat daneben, wie du schon verraten hast, ein Kind, den Wilbur. Der hat

[00:13:36]  einen unbekannten Vater und ist auf mehrerlei Hinsicht außergewöhnlich. Er hat ein ziegenähnliches

[00:13:43]  Aussehen, er wächst sehr, sehr schnell für ein normales Kind und Hunde reagieren eigenartig und

[00:13:49]  negativ auf ihn und dann gibt es noch einen Haufen anderer Sachen. [beide lachen] Christina: Jedes Horror-Trope, das kann man sich denken.

[00:13:54]  Pia: Und dann gibt es dann noch den Henry Armitage. Der ist noch mal separat von der Familie, der hat

[00:14:00]  mit ihnen nichts zu tun, der ist Bibliothekar von einer Universitätsbibliothek und der kämpft

[00:14:06]  gegen dieses Grauen. Christina: Was für eine Überraschung, ich wusste nicht, dass da noch ein Bibliothekar

[00:14:09]  vorkommt, der dann am Ende den Tag rettet, muss man ja sagen. Pia: Für mich, ganz persönlich war

[00:14:17]  das jetzt das erste Mal, dass ich Lovecraft gelesen habe, ich glaube, dir geht es gleich. Und ich muss

[00:14:21]  aber sagen, ich hätte mir Lovecraft genauso vorgestellt. Für mich hat diese Kursgeschichte

[00:14:26]  irgendwie so mehrere Boxen abgehackt. Christina: Ja, ich stimme hier voll und ganz zu genau das, was ich

[00:14:31]  erwartet habe und habe mich auch, muss ich dazu sagen, so in so einer gewissen Intermedialität,

[00:14:37]  die das ja bezeugt, an ganz viele Horrorgames erinnert. Also die auch immer sehr Lovecraftitsch ... (?)

[00:14:44]  von dem inspiriert sind, ganz offensichtlich. Und das ist, ah, okay, er ist ja der Begründer

[00:14:51]  Und deswegen kommt mir das so bekannt vor. Und wenn wir davon reden, dass es uns so bekannt

[00:14:56]  vorkommt, aber was genau macht denn jetzt so einen typischen Lovecraft überhaupt aus? Pia: Also Sachen,

[00:15:02]  die uns aufgefallen sind, wären da einerseits die Atmosphäre, die ist sehr beklemmend und unheimlich

[00:15:07]  und es gibt generell eine düstere Stimmung. Das Setting haben wir auch schon erwähnt,

[00:15:11]  das ist in Neu-England, Dunwich, das ist ein sehr trostloses Gebiet, es ist verfallen, der Ort ist

[00:15:17]  isoliert und sehr sonderbare Bewohner*innen. Und das bezieht sich jetzt nicht nur auf diese Familie,

[00:15:23]  sondern generell werden alle schon als eigenartig bezeichnet [lacht] und dann noch diese Familie noch

[00:15:27]  mal mehr. Christina: Wer Silent Hill gespielt hat, weiß, wie die Atmosphäre in "Das Grauen von Dunwich" ist.

[00:15:34]  Pia:Dann generell diese Angst vor dem Unbekannten, das haben wir ja auch schon erwähnt. Es werden

[00:15:40]  sehr lange nur Andeutungen gemacht, das Grauen wird sehr spät beschrieben. Und auch am

[00:15:46]  Ende der Geschichte ist nicht ganz klar, woher diese großen Alten kommen, was das für Menschen,

[00:15:51]  Leute, Wesen sind und was genau das Grauen geschaffen hat. Ja. Christina: Pia, wie genau geht es denn aus?

[00:15:59]  Also dieser Wilbur ist ein, [seufzt] ich habe ja kurz gedacht, er ist Satan oder so wegen der Ziegengeschichte,

[00:16:08]  aber der stirbt ja dann auch. Übrigens, bei dem Versuch in die Bibliothek einzubrechen,

[00:16:13]  ich glaube, der wird von einem Wachhund gerissen, oder? Pia: Genau. Christina: Ich wusste nicht, dass es Bibliotheken

[00:16:18]  mit Wachhunden gibt, aber okay. Und da finden sie so ein bisschen raus, dass der so

[00:16:23]  entstellt ist. Aber kannst du uns ganz kurz teilhaben lassen, wie dann das Ende ist, damit wir wissen,

[00:16:30]  worüber wir jetzt reden? Pia: Also Wilbur stirbt und das Grauen ist im Grunde in seinem Haus gefangen.

[00:16:36]  Das ist ein komisches Wesen, das sehr viele Arme hat und eigenartig ausschaut. Das entkommt dann

[00:16:42]  und wütet im Grunde in dieser Gegend. Christina: Also so ein richtiges Monster, das sich über den Verlauf des

[00:16:50]  Plots quasi so ankündigt und der Spannungsbogen reißt am Ende und es wird klar, der bricht jetzt

[00:16:56]  aus diesem Haus aus und die Familie, die das versucht hat, geheim zu halten, da sind alle

[00:17:01]  tot oder verschwunden, die Whateleys, und jetzt ist dieses Grauen frei. Und wer ist derjenige,

[00:17:06]  der es bezwingen kann? Pia: Der Bibliotheker. [beide lachen] Christina: Ja, das wundert mich nicht. Sehr gute Wendung. Pia: Genau und

[00:17:13]  der kann es dann eben, der liest sich dann ins Tagebuch von Wilbur ein, merkt dann, wie man

[00:17:19]  den bezwingen kann. Christina: Aha, das heißt, die Macht des Lesens ... [lacht] Wie witzig ist

[00:17:27]  das denn bitte? Das Lovecraft, das transportiert, wir haben das wirklich nicht absichtlich ausgesucht.

[00:17:31]  Aber Leute, das zeigt ja mal wieder, dass Lesen ... Pia: [lacht] Wie wichtig Bibliotheken sind. Es ist halt

[00:17:36]  dieses, "die Macht des Wissens", die kann das Grauen dann bezwingen. Christina: [wirft ein] Recht hat er. Recht hat er. Pia: Unsere Helden

[00:17:42]  sind Bibliothekare und Professor von der Uni natürlich. [Christina lacht] Es ist allerdings muss

[00:17:48]  man eben auch sagen ein eindeutiger Fokus auf männliche Helden, männliche Heldentaten. Frauen,

[00:17:54]  wie du auch schon angedeutet hast mit der Lavinia, werden nur spärlich erwähnt, sie sind Nebenfiguren,

[00:17:59]  Opfer, wie Lavinia oder Augenzeuginnen, die das halt einfach sehen. Christina: Auch ironisch, weil der Großteil

[00:18:05]  heute in Bibliotheken arbeitenden Mitarbeiter ist eigentlich weiblich, oder? Pia: Ja. [lacht] Christina: Tja, wieder mal

[00:18:13]  unrealistisch, Herr Lovecraft. [lacht] Pia: Genau, und am Ende wird das Grauen besiegt, aber wie gesagt, wir wissen

[00:18:18]  nicht, woher es gekommen ist. Christina: Okay, und jetzt, wie fandest du das Ende? Ich sage gleich,

[00:18:27]  schon jetzt, wie ich es gefunden habe, nämlich mir war es zu offensichtlich und so konfrontativ.

[00:18:32]  Dieses Gut gegen Böse-Ding, das kenne ich zum Beispiel eben da, deswegen bin ich vorhin auch auf

[00:18:37]  Stephen King gekommen, von Stephen King auch. Und das ist mir, und ich habe mir immer vorgestellt,

[00:18:42]  dass es bei Lovecraft ein bisschen anders zugeht, weil es bei ihm so viel um das Unbekannte und

[00:18:50]  das Ungreifbare geht und um dieses Kosmische, der kosmische Horror besteht für mich darin,

[00:18:55]  dass etwas nicht bezwingbar ist. Aber das wurde dann damals bei der Veröffentlichung übrigens

[00:19:00]  auch schon kritisiert, weil es recht untypisch für Lovecraft auch sein soll. Wie gesagt,

[00:19:05]  wir wissen es tatsächlich nicht, weil wir nicht viel Lovecraft gelesen haben,

[00:19:08]  ist unser erster Lovecraft. Lovecraft selbst soll dazu gesagt haben, dass wann immer das Grauen,

[00:19:14]  wie in der Geschichte von Dunwich so allumfassend ist, es eine Konfrontation geben muss quasi

[00:19:22]  als Erklärung, warum sich das Grauen nicht über die ganze Welt ausbreitet. Und deswegen hat er

[00:19:27]  das auf dieser textuellen Ebene so verwendet. Er selbst war wohl ein großer Fan dieser Geschichte

[00:19:33]  und fand sie ganz, ganz, ganz fürchterlich und graueninduzierend für seine Leser. Wie ist es denn

[00:19:39]  dir ergangen? Pia: Ich kann seine Gründe verstehen. Es ist ja auch nur eine Kurzgeschichte, muss

[00:19:45]  man jetzt auch sagen, es ist jetzt kein Roman, wo man das weiter ausführen könnte. Aber er hat es ja auch

[00:19:50]  fortgeführt und eben, man muss jetzt auch sagen, das weiß ich natürlich nicht, wie es da weitergeht.

[00:19:54]  Christina: Was hat er fortgeführt? Pia: Diesen Mythos, der ist ja mehreren von seinen Werken. Christina: Also dieses

[00:20:02]  Monster, der hat einen Namen und wer von euch uns diesen Namen aussprechen kann, kriegt ein Shoutout. [beide lachen]

[00:20:10]  Pia: Genau. Christina: Oder der hat sehr viele Namen. Also der "Allwissende", oder der "Alleswisser" ... [lacht]

[00:20:17]  ok, jetzt trau ich mich nicht weiter ... [Pia lacht] aber der hat und der wird dann fortgesetzt. Das gibt dann,

[00:20:22]  dieses Wesen zieht sich durch ganz viele der Geschichten. Das ist das durch das

[00:20:28]  Cthulhu-Mythos, oder? Pia: Genau, die Alten generell kommen ja dann immer wieder vor.

[00:20:32]  Genau. Aber ich muss auch sagen, für mich war es zu klischee... Andererseits ist es natürlich auch

[00:20:40]  unterhaltsam. Das ist ein bisschen so wie wir das letzte Mal gesagt haben bei der Agatha Christie.

[00:20:44]  Wenn ich diesen Krimi-Roman lese, dann denke ich mir, okay, ich weiß ganz genau, was ich

[00:20:47]  erwarten kann. Und bei so einer Geschichte denke ich mir auch, okay, es ist eine Gruselgeschichte,

[00:20:51]  da kann ich mir auch genau das erwarten. Also einerseits ist es schon unterhaltsam gewesen,

[00:20:55]  es war nett zum Lesen. Ein bisschen gruselig. Christina: Das war es "nett" zum Lesen? Pia: Ja, ein bisschen gruselig.

[00:21:00]  Das ist ja auch manchmal nett. [lacht] Christina: Da fällt mir ein, Pia, dass du ja eigentlich gar keine

[00:21:04]  Gruselgeschichten magst, gell? Pia: Wobei ich sagen muss, für mich war das jetzt nicht so gruselig. Also es

[00:21:10]  ist gegangen. Es war jetzt nicht komplett angsteinflößend. Christina: Ich glaube, dass sind wir auch einfach

[00:21:15]  abgestumpft. Also dass wir, dass diese Legacy von ihm sicher weitergetragen hat, wie gesagt,

[00:21:23]  Intertextualität, Intermedialität. Pia: Und es waren ja die Zwanziger-Jahre, da hat sich ein bisschen was getan,

[00:21:29]  seitdem. Wir sind "Game of Thrones" und viel, viel schlimmere Sachen, wo das Blut nur so fließt.

[00:21:34]  Christina: Die Atmosphäre hat mich total beeindruckt. Ich fand es extrem atmosphärisch und er ist

[00:21:40]  meisterhaft darin, die aufzubauen. Aber was mir gefehlt hat, war so ein bisschen die psychologische

[00:21:52]  Tiefe. Pia: Das verstehe ich. Mich hat gestört, dass es so offen geblieben ist. Ich verstehe natürlich,

[00:22:00]  warum es offen lassen hat. Es ist nur eine Kurzgeschichte. Aber ich hätte gern gewusst,

[00:22:04]  was diese Alten sind, woher die kommen, warum da jetzt überhaupt dieser Wilbur entstanden ist.

[00:22:10]  Das sind alles Sachen, die nie beantwortet werden. Und das hat mich so gestört. Das wollte ich einfach

[00:22:15]  wissen. Und gleichzeitig muss ich auch sagen, ich war fast- Nicht, dass ich mich jetzt gefreut hätte,

[00:22:21]  dass die jetzt übernehmen, [lacht] die komischen alten Monster. Aber irgendwie war ich gespannt,

[00:22:25]  was passieren würde, wenn. Und das ist halt auch nie eingetroffen. Christina: Ich verstehe. Also dieses

[00:22:31]  Un... Ich glaube, er arbeitet damit, dass er Fragen auch unbeantwortet lässt. Aber das habe

[00:22:37]  ich auch schon am Anfang, wo sich dann so rauskristallisiert hat, wir werden wahrscheinlich

[00:22:41]  nicht erfahren, was mit Lavinia passiert ist. Und auf der einen Seite finde ich das beeindruckend.

[00:22:47]  Auf der anderen Seite, dass du es dir selber zusammenreimen musst, weil es respektiert,

[00:22:53]  den Leser und die Leserin in einem Maße, das ist teilweise ungewöhnlich für heutige Texte. Auf der

[00:23:00]  anderen Seite ist es natürlich auch frustrierend, wenn man sich gewisse Antworten wenigstens wünscht.

[00:23:04]  Aber da kann ich mir auch vorstellen, dass wir dann tiefer in den Cthulhu-Mythos eintauchen

[00:23:09]  müssten. Weil je mehr Informationen wir haben, egal wie vage die dann sein mögen, desto mehr können

[00:23:17]  wir unsere eigene Fantasie spielen lassen. Und das ist vielleicht ja genau das, worum es geht. Dem Lovecraft geht.

[00:23:20]  Ja, damit, Leute, endet heute das Herbstlesefest. Wir sind stolz,

[00:23:30]  dass wir in diesen fünf Folgen alle zwei Wochen einen Text gelesen haben. Und mit "wir"

[00:23:35]  meinen wir natürlich auch die Shelly und die Jaci, die da rege mitgemacht haben, die uns

[00:23:41]  Challenges gestellt haben, die für uns Sachen gelesen haben, Challenges, die wir ihnen gestellt haben.

[00:23:48]  Und da möchten wir uns auch jetzt ganz einfach mal bei euch bedanken, dass ihr das so rege mitgemacht

[00:23:53]  habt für alle eure Kommentare, für die Meinungen, die ihr uns per E-Mail meistens eigentlich geschrieben

[00:24:00]  habt. Und es ist schön, dass wir euch dazu zum Lesen einladen konnten und inspirieren konnten. Und

[00:24:06]  wir sind uns sicher, dass das nicht das letzte Mal bleiben wird, dass wir uns gegenseitig irgendwelche

[00:24:11]  Lesechallenges stellen und euch wieder einladen werden, mit uns zu lesen. Weil wie wir ja heute

[00:24:17]  erfahren haben, können Bibliothekar*innen ganz vieles, nämlich auch mythische, kosmische Monster

[00:24:24]  bezwingen. [beide lachen] Deswegen, genau. Pia: Ja, danke fürs Zuhören. Wenn ihr Lovecraft auch gelesen habt, könnt ihr

[00:24:34]  uns gerne eure Meinung schicken. Oder vielleicht habt ihr auch den noch nie gelesen und wollt

[00:24:39]  uns einfach die Meinung zu der Folge schicken. Freuen wir uns auch. Unter post.stadtbibliothek@innsbruck.gv.at

[00:24:47]  oder auf Instagram oder Facebook. Da freuen wir uns auf alle Fälle, wenn wir irgendetwas von euch

[00:24:54]  hören. Und wir freuen uns auch, wenn ihr beim nächsten Mal wieder einschaltet und zuhört. Tschüss.

[00:24:59]  Christina: Tschüss. Schönes Lesen. [Outro-Musik]

[00:25:01]  [Pia spricht] S'Vorwort ist eine Produktion der Stadtbibliothek

[00:25:31]  Innsbruck und Teil der Stadtstimmen, dem Audiokanal der Stadt Innsbruck. [Pia spricht]

Transkription

[00:00:00]  [Stimme moduliert] Vorsicht, der Genuss dieses Podcasts kann zu vermehrten Bibliotheksbesuchen führen. [Stimme moduliert] [Intro-Musik]

[00:00:07]  Christina: Hallo und herzlich willkommen zurück zum Vorwort, dem Podcast der Stadtbibliothek Innsbruck.

[00:00:27]  Ich bin die Christina - Pia: und ich bin Pia - und willkommen zurück zu unserer nächsten Folge des Herbstlesefests.

[00:00:34]  Was ist das Herbstlesefest? Die Hosts vom Vorwort stellen sich gegenseitig und, wenn ihr wollt, euch Zuhörer*innen eine Lesechallenge.

[00:00:43]  Wir haben dann zwei Wochen Zeit, das Buch zu lesen und mit euch in der Folge zu besprechen.

[00:00:49]  In der letzten Folge haben Shelly und Jaci über die Kurzgeschichte "Die Lotterie" von Shirley Jackson gesprochen.

[00:00:55]  Passend übrigens zu "Halloween", weil die Folge ist am 31.10. online gegangen.

[00:01:00]  Und falls ihr sie verpasst habt, könnt ihr sie ganz einfach nachhören.

[00:01:03]  Jedenfalls haben uns die beiden herausgefordert, den Roman "Die Tote in der Bibliothek" von der Queen of Crime, Agatha Christie, zu lesen.

[00:01:13]  Das ist natürlich ein echter Klassiker. Der ist 2024 erschienen in Neuauflage, im Atlantikverlag.

[00:01:21]  Allerdings in der damaligen Übersetzung aus dem Jahr, ich glaube, 2002.

[00:01:27]  Und ist auch in dieser Neuerscheinung bei uns in der Bibliothek zum Ausleihen verfügbar.

[00:01:32]  Übrigens ist es diesmal auch einer der Tipps in unserem brandneuen Literatur-Newsletter.

[00:01:38]  Also wenn ihr up to date bleiben wollt mit Empfehlungen von uns und von unseren Bibliothekar*innen im Haus, dann abonniert den doch einfach einmal.

[00:01:49]  Wir empfehlen da vor allen Dingen Literatur abseits der bekannten Bestsellerlisten.

[00:01:54]  Wobei, Pia, ich muss jetzt auch sagen, ich war schon ein bisschen enttäuscht zu erfahren, dass es sich bei dieser Toten in der Bibliothek, diese Bibliothek, das ist eigentlich eine private und gar keine öffentliche Bücherei.

[00:02:08]  Und zwar von dieser Aristoraktenfamilie, den Bantrys. Wie hast du das empfunden?

[00:02:14]  Pia: Ich war total überrascht, weil wo ich den Titel gläsen habe, ist erstens sofort auch an eine große Bibliothek gedacht.

[00:02:22]  Vor allem auch weil auf dem Cover von diesem Buch, das wir eben haben, da ist wirklich so eine riesige Bibliothek abgebildet mit so langen Regalen.

[00:02:32]  Also eben so wie man sich vielleicht eher öffentliche Bibliothek vorstellen würde.

[00:02:36]  Christina: Sieht fast das wie so ein Viadukt oder so, so kerker-, kellerartig mit sehr endlos hohen Regalen.

[00:02:43]  Pia: Genau, und ich habe nicht, also ich habe da überhaupt nicht daran gedacht, dass das eine private Bibliothek in irgendeiner Form sein könnte.

[00:02:50]  Christina: Sofort, weil mir war auch Bibliothek, das ist ja dann wie bei uns im Haus, aber derweil war es ja früher viel üblicher, dass Bibliotheken in Privatbesitz waren, eben gerade beim Adel oder bei reichen Familien.

[00:03:02]  Ende des 19. Jahrhunderts wurden zwar immer schon mehr und mehr Bibliothek öffentlich, aber irgendwie trotzdem,

[00:03:09]  die Vorstellung heutzutage noch, eine Privatbibliothek in dem Ausmaß zu haben, das ist ja zum Glück fast schon absurd, oder?

[00:03:21]  Pia: Ja, außer man ist vom Adel, aber bei uns gibt es das eigentlich nicht mehr.

[00:03:26]  Christina: Ja.

[00:03:27]  Pia, magst du mal für unsere Zuhörer*innen zusammenfassen, worum es denn in dem Buch überhaupt geht?

[00:03:34]  Pia: Das Buch heißt "Die Tote in Bibliothek", haben wir eh schon angesprochen.

[00:03:38]  Der Originaltitel heißt "The Body in the Library".

[00:03:41]  Es ist der 31. Kriminalromann von Agatha Christie, aber nur der zweite Miss Marple-Roman.

[00:03:47]  Also noch ziemlich neu ist die Miss Marple in diesem Buch, und ist 1942 erschienen.

[00:03:53]  Aber worum geht's?

[00:03:55]  Ist die große Frage.

[00:03:57]  In einem ruhigen englischen Landhaus scheint der Morgen, wie jeder andere zu beginnen.

[00:04:02]  Bis eine unerwartete Entdeckung des Hausmädchens, die die Idylle zerstört.

[00:04:06]  In der Bibliothek, der angesehenen Familie Bantry liegt eine Leiche, eine junge Frau,

[00:04:13]  auffällig gekleidet, aber völlig fremd.

[00:04:15]  Niemand weiß, wer sie ist oder wie sie dort hingekommen ist.

[00:04:18]  Für die Hausherrin, Mrs. Bantry ist es ein Schock und gleichzeitig ein Rätsel, das sie nicht mehr ruhen lässt.

[00:04:25]  Wer ist diese Frau?

[00:04:27]  Warum liegt sie ausgerechnet in dieser Bibliothek?

[00:04:29]  Zum Glück hat Mrs. Bantry eine Freundin, die neugierig und scharfsinnig ist.

[00:04:34]  Miss Marple.

[00:04:36]  Wenn Miss Marple tief in die Geheimnisse des Dorfes eintaucht, merkt sie schnell, dass nicht so umschuldig ist, wie es scheint.

[00:04:46]  Eine faszinierende und verwobene Geschichte voller unerwarteter Wendungen entfaltet sich.

[00:04:51]  Und jede Seite bringt Miss Marple dem Täter ein kleines Stückchen näher.

[00:04:55]  Also das ist jetzt unsere Zusammenfassung vom Buch.

[00:04:58]  Christina: Ja, woher hast du die Zusammenfassung, die klingt wie vor mir in einer Verlagsvorschau?

[00:05:01]  Pia: [lacht] Ja, ich habe ChatGPT verwendet, muss ich gestehen.

[00:05:04]  Christina: [lacht] Okay, weil das klingt so dramatisch.

[00:05:06]  Pia: Ja.

[00:05:08]  Ich wollte nicht die normale einfach runterkopieren, dann hab ich mir gedacht, ich hau das in ChatGPT rein, dann kommt schon was Besseres heraus.

[00:05:14]  Ja, also für die, die es gelesen haben oder vielleicht noch lesen möchten, es ist so klassischer "Whodunnit"-Fall.

[00:05:21]  Es ist begrenzte Zahl von Verdächtigen und es gibt logische Schlussfolgerungen, bis wir den Fall lösen können.

[00:05:27]  Und die Spannung liegt eindeutig am Mitraten mit den Polizisten und mit der Miss Marple und nicht unbedingt an der actionreichen Handlung.

[00:05:36]  Christina: Weil es gibt keine actionreiche Handlung.

[00:05:38]  Pia: Genau.

[00:05:39]  Christina: Das Witzigste, also viel ist, viel trägt auch der Humor auch einfach und so die spitzen Beobachtungen und Bemerkungen, die da mitfließen, oder?

[00:05:48]  Pia: Genau.

[00:05:49]  Christina: Zum Beispiel die Miss Bantry, die ja Freundin von der Miss Marple ist und die sich eigentlich voll freut über die Leiche, weil "ja mal endlich was passiert".

[00:05:59]  Aber gleichzeitig ist das irgendwie so abgründig oder? [lacht]

[00:06:02]  Weil es offensichtlich so gelangweilt ist von ihrem Leben, dass so eine Leiche irgendwie schon ein bisschen einen Schwung ...

[00:06:09]  Christina: Und das ist das ganze Dorf, also es sind alle irgendwie, "ah, es ist schockierend und das ist am Mord, aber gleichzeitig, ah, es ist Klatsch und Tratsch".

[00:06:16]  Christina: Ja, voll.

[00:06:17]  Das ganze interessant.

[00:06:19]  Christina: Das heißt, das ist auf jeden Fall was für alle Fans des klassischen Krimis.

[00:06:25]  Ich finde, das kann man auch dazu sagen, dass der Roman mit seinen 200 Seiten auch für jemanden, der noch nicht so viel Krimi-Erfahrung hat, aber gerne mal reinschnuppern würde, sehr gut geeignet ist.

[00:06:37]  So klassischer, britischer Kriminalroman.

[00:06:41]  Es ließ sich in zwei Tagen runter.

[00:06:43]  Es ist nicht so anspruchsvoll und ist aber sehr, also ich habe es sehr angenehm jetzt einmal empfunden, das halt auch so runterzulesen.

[00:06:51]  Wobei, hast du erraten, wer es war?

[00:06:54]  Wir werden es übrigens nicht verraten, wir verraten das Ende nicht, aber Pia, hast du erraten, wer es war?

[00:07:00]  Pia: Nein, also ich muss sagen, es wird jeder verdächtig gemacht durch die Geschichte.

[00:07:07]  Und es hat am Schluss für mich jetzt fast jeder sein können.

[00:07:11]  Also ich war jetzt nicht so, dass ich dann erraten habe - ich habe gewusst, dass diese Personen oder die Person verdächtig ist, dass da irgendwas nicht ganz stimmen kann.

[00:07:19]  Aber es hätte auch anders für mich ausgehen können.

[00:07:22]  Christina: Ich glaube, ich habe gerade wieder vergessen, wer es war.

[00:07:25]  Viele Leute lesen ja diese Bücher um eben mit zu raten. Das ist aber bei mir noch nie der Fall gewesen, also ich les schon hin und wieder mal so einen Krimi.

[00:07:35]  Aber ich frage mich - mir ist es immer viel zu anstrengend mit zu raten.

[00:07:38]  Ich denke dann nie drüber nach, sondern ich finde immer so die Meta-Elemente viel interessanter, weil so ein Kriminalroman ist ja ein literarisches Konstrukt und gibt - was natürlich jeder Roman ist -

[00:07:52]  aber gerade der Kriminalroman gibt sich ja solcher natürlich zu erkennen, weil er immer mit der gleichen Formel spielt.

[00:07:58]  Und wir haben hier schon mal eine Podcast-Folge über den klassischen britischen Kriminaloman gemacht.

[00:08:03]  Pia: Unsere beste Folge. Eine unserer besten Folgen übrigens.

[00:08:06]  Christina: Ja, die haben sie am aller liebsten gemacht. Das stimmt.

[00:08:08]  Die ist am besten angekommen und da haben wir die zehn Regeln von diesem Knox-Menschen, diesem britischen - [Pia wirft ein]: Theoretiker -  besprochen, was denn so ein Kriminalroman alles haben soll.

[00:08:21]  Und viele dieser Regeln bricht Agatha Christie auch dann regelmäßig.

[00:08:26]  Aber es ist halt irgendwie immer so eine Formel.

[00:08:29]  Und ich mich interessiert immer die Art, wie dann die Autoren mit dieser Formel spielen.

[00:08:34]  Und ich lese jetzt gerade einen, der dann noch, also die modernen heute erscheinenden britischen Kriminalromane ,

[00:08:43]  die wirklich ganz sich diesen klassischen Genre verschreiben, die spielen extrem mit dieser Meta-Formel.

[00:08:49]  Und ich lese eben gerade einen, der so ist. Und ich schreibe gerne wie Shownotes, wie der heißt, "West Heart Kill".

[00:08:55]  Genau, "West Heart Kill" ist es. Und den Autor schreibe ich dazu den Shownotes.

[00:08:59]  Aber ich war dann echt überrascht zu sehen, dass Christie auch so viele Meta-Elemente eingebaut hat.

[00:09:09]  Pia: Ja, aber total. Also sie ist sich selber so irgendwie das eigenen Genre schon so extrem bewusst.

[00:09:13]  Es fängt ja schon an wie im Titel, weil das ist ja das Klischee, "Die Tote in der Bibliothek".

[00:09:19]  Wie ist das ...  Erklär bitte unseren Zuhörer*innen warum das ein Klischee ist?

[00:09:23]  Ich glaube, das ist nicht ganz so...

[00:09:25] Für mich war es kein Klischee.

[00:09:27]  Pia: Ich hab's auch nicht gewusst, dass das ein Klischee ist. Ich weiß es nur, weil es im Vorwort gestanden ist.

[00:09:31]  Ich weiß nicht ob du auch eine Version gelesen hast mit Vorwort? Christina: Ja.

[00:09:34]  Pia: Agatha Christie erklärt im Vorwort, sie wollte schon immer mal ein Buch schreiben

[00:09:41]  mit einer Leiche in einer Bibliothek, weil das eben so das klassische Krimi-Klischee ist.

[00:09:47]  Ich hab dann auch danach gesucht, anscheinend gibt es das wirklich, dass eben oft die Leiche in der Bibliothek gefunden wird im Krimi.

[00:09:53]  Und sie wollt's aber ein bisschen umdrehen. Sie hat gesagt, sie wollt die Bibliothek klassisch machen.

[00:09:58]  Was interessant ist, weil es eine Privatbibliothek ist und für uns ist das wahrscheinlich keine klassische Bibliothek mehr.

[00:10:03]  Aber sie wollt die Leiche spannend und sensationell machen.

[00:10:07]  Also sie hat lange über dieses literarische Mittel nachgedacht, bevor sie es in die Tat umgesetzt hat.

[00:10:16]  Weil sie hat dann in einem Vorwort eben geschrieben, die Bibliothek muss eine streng konventionelle sein.

[00:10:21]  Die Leiche, der gegen eine ganz ungewöhnliche, sensationelle Leiche.

[00:10:24]  Das waren die Vorgaben, doch einige Jahre blieb es dabei und das Projekt gelangte nicht über ein paar Zeilen in einem Schulheft hinaus.

[00:10:31]  Also es hat sie ein paar Jahre gedauert, bis sie da angelangt ist, wo sie hinkommen wollte.

[00:10:36]  Und dann hat sie das eben geschrieben.

[00:10:38]  Christina: Aber was ich mich zum Beispiel in dem Zusammenhang auch frage, das mag, heute würde ich sagen, es ist vielleicht ein Trope

[00:10:45]  gewesen einmal in der Literatur, dass die Leichen immer in der Bibliothek gefunden werden.

[00:10:50]  Aber wieso Bibliotheken?

[00:10:54]  Pia: Das ist, also es gibt verschiedene Gründe dafür.

[00:10:58]  Aber ansonsten kann natürlich sein, dass es so ein Gegensatz ist.

[00:11:01]  Einerseits hast du die Bibliothek, dieser Ort der Ruhe, der Ordnung von intellektuellem Rückzug.

[00:11:07]  Und dann als Kontrast der Mord.

[00:11:10]  Die Leiche, der Lärm, das Durcheinander, etwas, das man sich nicht erklären kann.

[00:11:17]  Im Gegensatz zu dieser strengen, logischen Bibliothek.

[00:11:20]  Christina: Was ja auch diese Parallel zieht, zum Kriminalroman an sich, wo das Chaos durch den Mord ausbricht

[00:11:26]  und der Detektiv dann wieder Ordnung in das Chaos bringt.

[00:11:30]  Das ist ja eine der Theorien über Kriminalliteraturen.

[00:11:33]  Warum wir es so genießen, das zu lesen.

[00:11:36]  Weil wir immer eine handelnde Figur haben, die Ordnung zurück ins Chaos bringt und Regeln durchsetzt.

[00:11:42]  Pia: Und am Schluss alles einen Sinn macht.

[00:11:44]  Das ist irgendwie auch so ein bisschen parallel damit der Bibliothek.

[00:11:47]  Ja, und dann hast du uns da noch eine echt spannende Frage mit.

[00:11:50]  Die war nämlich, war die Leiche überhaupt so sensationell, wie die Agatha Christie sich das vorgenommen hat und im Vorwort auch deklariert hat.

[00:12:01]  Ich lese mal die Stelle vor, wo die Leiche gefunden wird.

[00:12:06]  "Doch auf dem Bärenfell vor dem Kaminen lag etwas Neues, Grelles,

[00:12:11]  Melodramatisches.

[00:12:13]  Ein knallig aufgemachtes, junges Mädchen.

[00:12:17]  Mit unnatürlich blondem, in kunstvollen Locken und Kringeln hochgetürmtem Haar.

[00:12:23]  Der schlanke Körper umschloss ein rückenfreies Abendkleid aus weißen, paillettenbesetztem Satin.

[00:12:30]  Das Gesicht war stark geschminkt.

[00:12:33]  Der Puder stach grotesk gegen die blauen Schwellungen ab.

[00:12:37]  Die Wimperntusche lag dick auf den verzerrten Wangen.

[00:12:40]  Das Scharlachrot der Lippen glich einer klaffenden Wunde.

[00:12:45]  Die Fingernägel waren blutrot lackiert.

[00:12:48]  Ebenso die Zehnnägel in den billigen silbernen Riemchenschuhen.

[00:12:53]  Eine vulgäre, aufgedonnerte Erscheinung höchst umpassend inmitten der soliden, altmodischen Gemütlichkeit von Colonel Bantrys Bibliothek."

[00:13:05]  Ja, also ich weiß jetzt nicht, wie du diese Beschreibung gefunden hast.

[00:13:11]  Aber die Art, wie Sie da über die Leiche sprechen, ist schon, ich sag's mal frei heraus, echt bedenklich.

[00:13:22]  Pia: Ja ... es war auch das -  Also, weil zuerst wird ja die Leiche nicht beschrieben.

[00:13:26]  Es ist ja so, dass es Dienstmädchen dann raufrennt, alle informiert.

[00:13:31]  Und die Mrs. Bantry dann im Grunde dann zur Miss Marple sagt, "ja, du wirst es dann schon sehen, warum sie so komisch ist oder warum sie so besonders ist.

[00:13:39]  diese Leiche und dann siehst du das" und das ist die Beschreibung. Und ich habe mir

[00:13:42]  ganz was anderes erwartet, was jetzt so sensationell an diese Leiche war.

[00:13:46]  Christina: Mindestens einmal ein Pantomime oder Clown oder irgendwas.

[00:13:49]  Pia: Kostüm oder sonst irgendwas.

[00:13:52]  Christina: Ein Dinosauros-Rex-Kostüm.

[00:13:54]  Pia: [lacht] So in der Richtung.

[00:13:56]  Christina: Aber im Grunde genommen, worauf es ja hinausläuft, ist, dass sie offensichtlich

[00:14:02]  für das Begreifen der dortigen Herrschaften obszön angezogen ist.

[00:14:08]  Zu sehr geschminkt, die Haare unnatürlich und offensichtlich so ein bisschen impliziert

[00:14:17]  auch zu wenig an.

[00:14:19]  Habe ich so ein bisschen mit rausgelesen, so mit dem Kleid und so, "rückenfreies Kleid".

[00:14:25]  Ja, also das geht ja dann irgendwie ... so sehr die Geschichte angenehm

[00:14:34]  zu lesen war, und viele Elemente so einen klassischen Kriminalroman widerspiegeln und man

[00:14:39]  das trotz dieser Elemente eigentlich ganz gut lesen kann, war ich da echt nicht begeistert

[00:14:45]  davon, wie sich das als Thema dann durchgezogen hat. Ich muss sagen, wo ich das gelesen habe,

[00:14:52]  habe ich mir gedacht, okay, vielleicht wird es dann noch einmal differenzierter dargestellt,

[00:14:58]  aber es wurde immer schlimmer.

[00:15:00]  Pia: Ja, ich habe auch gedacht, sie nimmt das jetzt her und dröselt es dann vielleicht nochmal

[00:15:06]  auf und zeigt eigentlich, okay, die Frau ist aber nicht so und das ist nicht so schlimm

[00:15:12]  und das ist gar nicht und das ist als lauter Vorurteil in diese Richtung.

[00:15:15]  Christina: Genau. Pia: Das hab ich mir erwartet, dass das jetzt kommt.

[00:15:17]  Christina: Als moderne Leser haben wir geglaubt, dass die Detektivfigur für uns diese erwartbare Arbeit

[00:15:22]  leistet, zu sagen, Slutshaming ist nicht okay.

[00:15:25]  Pia: Ja!

[00:15:26]  Christina: [lacht] Aber das ist nicht passiert.

[00:15:27]  Pia: Das ist das Gegenteil passiert, vor allem auch, weil am Anfang waren sie ja wirklich

[00:15:32]  sehr lange, muss man sagen, sind es ja nur die Polizisten und die Bantrys, die so drüber

[00:15:36]  reden, aber dann kommt eben irgendwann die Miss Marple daher und macht genau gleich weiter. [lacht]

[00:15:40]  Also sogar die eine Person, die an diese junge Frau geglaubt hat und sie als etwas Positives

[00:15:47]  gesehen hat, ändert am Ende in Grunde ihre Meinung.

[00:15:51]  Und das war dann irgendwie ein bisschen deprimierend, muss man sagen. [lacht]

[00:15:54]  Christina: Und man kann auch sagen, also so viel sei verraten, es passiert dann noch ein zweiter Mord.

[00:16:00]  Wenn jemand das jetzt nicht hören will, muss er mal für zwei Minuten vorspulen, an einem

[00:16:07]  jungen Mädchen.

[00:16:08]  Ich weiß gar nicht, wie alt die ist.

[00:16:09]  Mein Eindruck war so zwischen 14 und 16.

[00:16:12]  Pia: Schulmädchen auf jeden Fall.

[00:16:13]  Christina: Ja, genau.

[00:16:14]  Und der Polizist sagt dann und ganz klar, na ja, also er muss dann die Nachrichten,

[00:16:20]  die Eltern überbringen, auch wie sie gefunden worden ist.

[00:16:22]  Das ist schon sehr bestürzend und ich fand auch sehr explizit für einen Roman dieser

[00:16:30]  Zeit.

[00:16:31]  Wir reden da ja von den 40ern, oder?

[00:16:33]  Aber er sagt dann, muss das überbringen und danach denkt er sich so, na ja, dieses Mädchen,

[00:16:40]  das er gerade auf dem Foto sieht, das hat ja überhaupt nichts damit zu tun gehabt und

[00:16:43]  ist unschuldig.

[00:16:44]  Aber die Leiche, die in der Bibliothek gefunden worden ist, die hat es ja eigentlich nur

[00:16:51]  sie selber zu verschulden oder sich selber auch sich gezogen und da hab ich-.

[00:16:55]  Pia: Die hat es unter Anführungszeichen "verdient", weil die hat das ja herausgefordert.

[00:16:59]  Christina: Ja.

[00:17:00]  Und zwar, es ist ganz viel, das habe ich total krass gefunden.

[00:17:03]  Pia: Also der Satz hat mich so rausgenommen, weil ich war so, es war die ganze Zeit eben,

[00:17:08]  wie du sagst, das waren die ganze Zeit Kommentare von allen möglichen Figuren, das hat sich

[00:17:12]  durchgezogen.

[00:17:13]  Aber ich habe mir immer gedacht, ja okay, andere Zeit muss ich ein bisschen ignorieren, ist

[00:17:17]  halt so.

[00:17:18]  Und als der Satz gekommen ist war ich so, das kann jetzt nicht ihr Ernst sein, das ist ein Polizist.

[00:17:23]  Christina: Und das war, also da war halt dann klar, dass sich diese ganze Geschichte um das herumkonstruiert.

[00:17:28]  Im Endeffekt ist, also ist das keine Auflösung, sondern das ist die Begründung.

[00:17:34]  Und wir müssen da einfach ein bisschen vage bleiben, damit wir das Ende nicht verraten.

[00:17:39]  Aber das ist was, also mir hat das nicht gefallen.

[00:17:43]  Und da war ich auch enttäuscht von der Geschichte.

[00:17:46]  Und ich habe eben, also ich habe immer so gesucht und es gibt schon immer wieder so Gegenstöße.

[00:17:50]  Pia: Bei sehr vielen bleibt man bei den Vorurteilen.

[00:17:55]  Und das ist nicht nur auf die Frauen, bleibt nicht auf den Frauen hängen, sondern

[00:18:01]  auch dieser Unterschied zwischen Oberschicht und Unterschicht.

[00:18:04]  Weil denen das passiert im Grunde, also in der Bibliothek von denen, das sind die Bantrys

[00:18:09]  und das ist halt, die haben halt dieses Herrenhaus, das heißt, die haben auch Geld, die sind

[00:18:14]  vom Teil vom Gentry, also vom niedrigen Adel.

[00:18:16]  Und die anderen Figuren, die halt dann teilweise in der arbeitenden Klasse zu finden sind,

[00:18:24]  wie zum Beispiel der Tänzer oder der Filmemacher, die werden dann, auf die wird herabgesehen.

[00:18:31]  Also diese Vorurteile begrenzen sich nicht nur auf Frauen, sondern auch auf andere Schichten,

[00:18:37]  sagen wir es mal so.

[00:18:38]  Und das hat mich auch zum Beispiel dann extrem gestört, wo dann immer mehr zusammengekommen

[00:18:41]  ist gefühlt.

[00:18:42]  Christina: Und der ganze Plot und die ganze Auflösung, wie gesagt, strukturiert sich um das Miss

[00:18:51]  Marple dann im Endeffekt zwei und zwei zusammenzählt und in der Lage ist zu sagen, okay, aber diese

[00:18:57]  Ruby Keen, die der Tänzerin in diesem Hotel ist, das ist die Ermordete, die Leiche, die

[00:19:02]  gefunden wurde in der Bibliothek, die weiß eben nicht, wie man sich anzieht.

[00:19:07]  Pia: Und "sie ist ja von der Unterschicht und die wissen, die sind noch nie erzogen worden" im

[00:19:12]  Grunde.

[00:19:13]  Christina: Die Schlussfolgerungen, die sie halt anhand des Falls zieht, die sind eigentlich auch im Endeffekt

[00:19:17]  irrelevant, aber die hängen sich alle auf an dieser Idee von Ober- und Unterschicht.

[00:19:23]  Und das meinen wir mit "der Roman ist darum herum konstruiert".

[00:19:27]  Und da wird es natürlich, so easygoing dieses Leserlebnis ist,

[00:19:32]  - und man kann es auch super überlesen, ist es nicht -

[00:19:38]  aber da wird es dann schon, wenn man eigentlich jetzt, wo man genauer hinschaut, muss ich

[00:19:41]  sagen, ist ja eigentlich voll zach.

[00:19:43]  Pia: Wird man frustriert.

[00:19:44]  Christina: Würde ich sagen, würde ich doch nicht empfehlen. [Pia lacht]

[00:19:46]  Ja, ganz ehrlich.

[00:19:47]  Pia: Es ist immer noch ein Krimi, wie du gesagt hast, leicht zu lesen.

[00:19:50]  Die Struktur hilft extrem.

[00:19:52] Christina: Ja, man liest es durch.

[00:19:53]  Pia: Man kennt es.

[00:19:54]  Ah ja, wir haben einen "Closet Mystery", also es ist in dieser Bibliothek, die geschlossen

[00:19:59]  ist.

[00:20:00]  Wir wissen nicht, wie das passiert ist.

[00:20:01]  Wir haben unser "Cast of Characters" mit den verschiedensten potentiellen Motiven.

[00:20:07]  Und jetzt können wir losraten.

[00:20:09]  Und dann haben wir die Miss Marple, die ganz schnell und ganz klug schlussfolgert und

[00:20:13]  die es am Ende im Grunde löst.

[00:20:14]  Christina: Und das ist nicht zu blutig.

[00:20:16]  Es ist auch, das muss man ihm zu gut erhalten, also der Humor, der da mitschwingt, ist schon

[00:20:24]  auch gut.

[00:20:25]  Und da gibt es auch schon die eine oder andere Spitze gegenüber diesen Dorfbewohnern auch,

[00:20:31]  Miss Marple wohnt ja in dem Dorf St. Mary Mead.

[00:20:35]  Und sie ist deswegen so gut, weil sie als alte Jungfer so sehr ins Dorfleben integriert

[00:20:42]  ist.

[00:20:43]  Und das habe ich dann so überraschend neu-feministisch gefunden, jemandem so viel Macht

[00:20:49]  zu geben, für etwas, das so eine weiblich konnotierte Stellung ist.

[00:20:55]  Und sie ist genau für diese weiblich konnotierte Stellung so begabt, indem wan sie macht

[00:21:00]  und hat den Respekt dieser ganzen Polizei.

[00:21:03]  Und das habe ich dann schon wieder gut gefunden.

[00:21:04]  Und das ist auch charmant.

[00:21:06]  Pia: Also dieses Dorf und die Figuren, die sind ja auch lustig ein bisschen. Man kann sich ein bisschen drüber lustig machen. [reden übereinander]

[00:21:09] Christina: Absolut ein Buch seiner Zeit.

[00:21:12]  Da ist halt, dass da dies man dann halt in den Sachen so mit dem, wie sie da über diese

[00:21:18]  Ruby Keen sprechen, die Tote in der Bibliothek, dass es halt und wie sich der Fall aufzieht,

[00:21:24]  da kann man halt ein bisschen Anstoß finden.

[00:21:27]  Eine spitze Charakterisierung, die ich dann aber schon wieder sehr gut gefunden habe, ist

[00:21:32]  eine Nachbarin von Miss Marpel und die wird beschrieben: "Sie war eine Frau, die

[00:21:38]  sich unermüdlich um die Armen kümmerte, so sehr diese sich ihre Fürsorge auch zu entziehen

[00:21:43]  versuchten."

[00:21:44]  Pia: Ja, das habe ich auch gelesen, da habe ich mir gedacht,

[00:21:46] dass ist unterhaltsam. [beide lachen]

[00:21:47]  Christina: Und das ist halt auch wieder so, wo es schon auch gewisse Reflektiertheit für mich zu

[00:21:53]  erkennen war, was mich umso mehr gewundert hat, in welche Richtung es dann gegangen ist.

[00:21:57]  Aber mit Marpel selber kann also so viel sie vorkam, was ehrlich gesagt nicht so

[00:22:01]  viel war, war halt eine sympathische Figur, die halt jeder so, sie hat halt keinen Watson ...

[00:22:07] Pia: Hast du sie sympathisch gefunden?

[00:22:08]  Ich habe sie nicht so sympathisch gefunden.

[00:22:10]  Christina: Naja, sicher ... [Pia lacht] Sie hat halt, sie hat halt keinen Watson, sondern ihr Watson sind

[00:22:16]  quasi alle, also sowohl die Mrs. Bantry als auch diese ganzen Inspektoren, außer der

[00:22:22]  Slack, der Inspector Slack hat sie nicht toll gefunden, aber alle anderen singen da ihre

[00:22:28]  Lobeshymnen.

[00:22:29]  Und das ist halt, das ist eigentlich am meisten, was man von ihr mitkriegt.

[00:22:33]  Und wenn sie dann halt da ist, da wo sie das Kind verhört hat und dann hab ich mir gedacht

[00:22:38] ja schon zach eigentlich.

[00:22:39]  Pia: Aber das ist eher wegen ihrer Auffassungsgabe.

[00:22:42]  Ich finde, da sieht man eher, wie schnell sie schlussfolgern kann.

[00:22:45]  Aber ich finde sie als Figur war jetzt nicht so charmant.

[00:22:47]  Also, mit ihren Aussagen und so.

[00:22:49]  Christina: Sie ist nicht charmant, aber ich habe sie sympathisch gefunden, weil sie so - Pia: Weil sie so schnell und [unverständlich] war.

[00:22:55]  Ja, das schon.

[00:22:56]  Aber ich habe sie jetzt nicht so, ich habe die Miss Marple so eher nicht in Erinnerung.

[00:23:01]  Aber das ist wahrscheinlich auch, weil ich halt die Rutherford, nett und lustig in

[00:23:06]  Erinnerung, weil ich halt die Rutherford kenne, von den Filmen.

[00:23:09]  Das ist irgendwie für mich diese klassische Miss Marple Figur.

[00:23:13]  Aber anscheinend ist es auch so, habe ich dann gelesen, dass in den Büchern, in den späteren

[00:23:17]  Büchern, sie um einiges sympathischer wird und netter.

[00:23:20]  Christina: Aber das gefällt mir ja, dass sie nicht so dieses Großmütterliche hat.

[00:23:27]  Das hat sie nicht.

[00:23:28]  Und das hat mir halt irgendwie schon gefallen, weil sie irgendwie, sie sagt halt auch, wie

[00:23:33]  es ist.

[00:23:34]  Also sie, zum Beispiel, wenn die Mrs. Bantry sich dann irgendwelche Illusionen begibt und

[00:23:39]  sagt, wie toll sie das findet, dann durchschaut die Miss Marple das als eine ihrer Bewältigungsstrategie.

[00:23:44]  Und wenn das zu weit geht, dann sagt sie ihr das auch und so.

[00:23:48]  Und deswegen habe ich sie sympathisch gefunden, weil sie sagt, wie es ist, oder?

[00:23:52]  Alles in allem, weiß ich nicht ...

[00:23:54]  Mein Fazit unterhaltsames Buch, das hat man schnell durchgelesen, kann man gut ...

[00:23:58]  ... an den Strand wird man es jetzt im Moment nicht mehr mitnehmen, aber kann man gut jetzt

[00:24:04]  einmal vielleicht, wenn man länger irgendwo hinfahren muss im Zug oder so, kann man das

[00:24:09]  sehr gut lesen. Wie fandest du's denn?

[00:24:10]  Pia: Es ist auch schnell gelesen.

[00:24:12]  Und wie du gesagt hast, für mich, ich habe das in drei Stunden oder so was gelesen gehabt.

[00:24:16]  Und das geht wirklich ...

[00:24:17]  Christina: Was?! [lacht]

[00:24:18]  Ja, es ist recht flott gegangen, finde ich.

[00:24:20]  Christina: Was?

[00:24:21]  Das ist nicht ...

[00:24:22]  Du hast es nicht in drei Stunden gelesen gehabt, ich hab mindestens sechs Stunden gebraucht.

[00:24:24]  Pia: Doch, ich glaube, ich glaube, es waren drei Stunden.

[00:24:26]  Ich glaube schon.

[00:24:27]  Also ich habe das in einem Tag gelesen und das ist echt schnell gegangen.

[00:24:30] Christina: Wie schnell liest du denn? [beide lachen]

[00:24:31]  Pia: Aber ich finde, da hat eben diese Struktur geholfen.

[00:24:35]  Das muss man sagen.

[00:24:36]  Was mir eben nicht so gefallen hat, ist dieses Runterschauen auf andere Personen.

[00:24:40] Christina: Würdest du's empfehlen?

[00:24:43]  Pia: Also für Leute, die Krimis mögen und die klassische Krimis mögen, auf jeden Fall.

[00:24:47]  Christina: Ja, auf jeden Fall eins von diesen typischen Büchern, das man auf jeden Fall gelesen haben

[00:24:53]  kann.

[00:24:54]  Pia: Genau.

[00:24:55]  Christina: Ja.

[00:24:56]  Pia, und jetzt ist es Zeit, die was zu verkünden?

[00:25:01]  Pia: Ja, und jetzt müssen wir verkünden, was wir das nächste Mal lesen werden.

[00:25:05]  Christina: Wir dürfen es verkünden.

[00:25:07]  Pia: Wir dürfen verkünden, was wir das nächste Mal lesen werden.

[00:25:10]  Diesmal stellt uns niemand eine Aufgabe, sondern wir stellen uns selber die Challenge.

[00:25:15]  Ja, was lesen wir denn?

[00:25:18]  Christina?

[00:25:19]  Christina: Ja, und zwar haben wir uns für eine klassische Gruselgeschichte, vom, das würden wahrscheinlich

[00:25:26]  viele sagen, Begründer des Horrors entschieden, nämlich H.P. Lovecrafts "Das Grauen von Dunwich".

[00:25:32]  Und dabei haben wir das besonders große Vergnügen fürs Lesen die von François Baranger illustrierte

[00:25:39]  Ausgabe zu verwenden.

[00:25:41]  Also das ist wirklich ein Bilderbuch, für uns beide, der Einstieg in Lovecraft und deswegen

[00:25:48]  sind wir da besonders gespannt darauf, wie das mitsamt dieser schönen Illustrationen

[00:25:54]  auf uns wirken wird.

[00:25:56]  Ihr seid natürlich wie immer herzlich eingeladen, mit uns zusammen zu lesen.

[00:26:02]  Wir haben zwei Wochen Zeit für den letzten Teil unserer Lesechallenge und den letzten

[00:26:08]  Part unsere Herbstlesefestes.

[00:26:10]  Damit ihr wisst, was genau da auf euch zukommt:

[00:26:14]  Das Buch ist 1928 erschienen.

[00:26:16]  Das ist Teil der Erzählungen, die heute als - Pia hilf mir -

[00:26:21] Pia: Cthulhu -

[00:26:22]  Christina: Mythos bekannt sind. [beide lachen]

[00:26:24]  So, nun schreibt uns gerne, wie ihr die Tote in der Bibliothek fandet.

[00:26:29]  Das könnt ihr natürlich wie immer unter post.stadtbibliothek@innsbruck.gv.at oder auf Instagram (stadtbibliothek.innsbruck) oder Facebook.

[00:26:37]  Für heute verabschieden und wünschen schönes Lesen.

[00:26:43]  Christina: Tschüss. [Outro-Musik]

[00:26:44]  [Pia spricht] S'Vorwort ist eine Produktion der Stadtbibliothek Innsbruck und Teil der

[00:27:14]  Stadtsstimmen, dem Audiokanal der Stadt Innsbruck. [Pia spricht]

Transkription

[00:00:00]  [moduliert] Vorsicht, der Genuss dieses Podcasts kann zu vermehrten Bibliotheksbesuchen führen. [moduliert]

[00:00:06]  [Intro-Musik] Jaci: Hallo und herzlich willkommen zum Vorwort, dem Podcast der Stadtbibliothek Innsbruck.

[00:00:26]  Neben mir sitzt meine liebe Kollegin, die Shelly und ich bin die Jaci.

[00:00:31]  Und wir machen heute die dritte Folge im Zeichen des Herbstlesefestes bei uns in der Stadtbibliothek.

[00:00:40]  Letztes Mal haben unsere Kolleginnen die Christina und die Pia über das Buch "Pavillon 44" und Thomas Sautner geredet.

[00:00:48]  Shelly: Und zwar das Gewinnspiel, wie du gerade schon richtig gesagt hast, haben ja die Christina und die Pia in der letzten Folge das Buch von Thomas Sautner gelesen.

[00:00:59]  Und das haben wir ja auch verlost. Und bis heute war es möglich, dass man da einsendet.

[00:01:06]  Und danke für die zahlreichen Einsendungen. Wir werden jetzt im Laufe der nächsten Tage die Gewinnerin oder den Gewinner benachrichtigen.

[00:01:14]  Jaci: Genau. Und jetzt spannen wir euch nicht mehr länger auf die Folter.

[00:01:20]  Und ihr wisst es eh schon, wer die letzte Folge gehört hat, weiß, dass es heute um Shirley Jacksons "Die Lotterie" geht.

[00:01:28]  Da haben wir also das ganz große Los gezogen.

[00:01:32] Shelly: Badumm-tss.

[00:01:33]  Danke, danke. Die ganze Woche jetzt an diesen Witz gefeilt.

[00:01:37]  Shelly. So lustig.

[00:01:38]  Überhaupt nicht einstudiert oder so. [Jaci lacht]

[00:01:40]  Aber noch ein kurzer Fun Fact, den mir schon bereits vor der Lektüre aufgefallen ist, dass Shirley Jackson, also der Name der Autorin, quasi als "Shelly" und "Jackie" (Red.: Jaci) funktionieren könnte.

[00:01:55]  Also aus Shirley kann man "Shelly" machen und wenn ich mir dann das y ausleihe, kann man aus Jackson "Jackie" machen.

[00:02:01]  Und ich glaube, das ist ein Easter Egg, was die Christina und die Pia beabsichtigt haben.

[00:02:05]  Shelly: Bestimmt. Jaci: Genau. Und meine Verschwörungstheorien fallen jetzt an zu rollen.

[00:02:10]  Shelly: Ich bin absolut begeistert von deiner Kreativität.

[00:02:13]  Jaci: Danke, danke.

[00:02:14]  So, damit endet meine kreative Begrüßung, für die ich alle meine Gerhinzellen aufgewendet habe.

[00:02:20]  Und genau, Shelly, erzähl uns doch mal was über Shirley Jackson.

[00:02:25]  Shelly: Sehr gern.

[00:02:26]  Also, wie schon gesagt, die Autorin in der Kurzgeschichte heißt Shirley Jackson.

[00:02:30]  Im vollen Namen heißt sie Shirley Hardie Jackson.

[00:02:34]  Sie wurde geboren Anfang des 20. Jahrhunderts, eigentlich gar nicht.

[00:02:39]  Eigentlich 1916, das ist gar nicht mal so weit Anfang.

[00:02:42]  Aber gut, 1916. Gestorben ist sie schon 1965.

[00:02:47]  Und sie war verheiratet mit einem Literaturkritiker und Dozenten.

[00:02:53]  Der hieß Stanley Edgar Hyman.

[00:02:55]  Und der hat sie auch sehr unterstützt in ihrem eigenen Studium, weil sie hat trotz Ehe und vier Kindern dann auch noch studiert.

[00:03:03]  Und hat 50 Prozent ihres Lebens, das ist ein Zitat von ihr, für die Schreiben aufgewendet.

[00:03:09]  Aber für sie war immer klar, die Mutterrolle und die Rolle als Ehefrau steht an erster Stelle.

[00:03:14]  Und die Schreiben hat sie aber hinten angestellt.

[00:03:16]  Genau, für das hat sie aber ziemlich viel und ziemlich gut geschrieben.

[00:03:21]  Zum Inhalt von dem, was wir gelesen haben, "Die Lotterie".

[00:03:25]  Wie gesagt, eine Kurzgeschichte, die hat so um die 20 Seiten,

[00:03:28]  man ist gleich mal durch mit dem Ding.

[00:03:31]  Jaci: Genau, also ich hab das [räuspert sich] gestern erst gelesen.

[00:03:36]  Und war eben in einer halben Stunde, mit tiefer Lektüre in einer halben Stunde fertig.

[00:03:43]  Und ganz kurz eben, was passiert auf diesen 20 Seiten?

[00:03:48]  Shelly: Darf ich noch ganz kurz -

[00:03:50]  Jaci: Bitte. Shelly: Dich in die Pfanne hauen.

[00:03:52]  Jaci: Oh Gott.

[00:03:53]  Shelly: Ich hätte das Buch auch gerne gelesen.

[00:03:56]  Ich habe es mir nur leider vorlesen lassen als Audiobook.

[00:04:00]  Weil die gute Frau Jaci hat es mit in den Urlaub genommen.

[00:04:04]  Und wir haben nur ein Exemplar in der Bib gehabt. [Shelly lacht]

[00:04:06]  Jaci: Nein, nein, nein, nein, nein.

[00:04:08] Die Christina

[00:04:09]  hat zu mir gesagt, wir haben es auf Deutsch und auf Englisch.

[00:04:11]  Und ich hab es auf Deutsch genommen.

[00:04:13]  Und anscheinend ist es Englische aber nicht da, irgendwie. [beide lachen]

[00:04:17]  Ich nehme jegliche Schuldzuweisung von mir.

[00:04:21]  Ich kann nichts dafür.

[00:04:23]  Shelly: Okay.

[00:04:24]  Jaci: Ja, das tut mir trotzdem leid. Shelly [lacht]: Danke.

[00:04:26]  Jaci: Okay, zurück zum Inhalt.

[00:04:29]  Es beginnt alles in einer recht harmonischen, friedlichen, gar idyllischen Stimmung auf einem Dorfplatz.

[00:04:37]  In einem Dorf, zu dem wir keine näheren Informationen bekommen.

[00:04:42]  Wir wissen auch nicht, wo es spielt, also in welchem Land.

[00:04:45]  Es gibt eigentlich keine Zuschreibungen. Durch Recherche

[00:04:48]  habe ich herausgefunden, dass es sich um ein amerikanisches Dorf handelt.

[00:04:53]  Und eben alle sind sehr fröhlich eigentlich, bis eine schwarze Kiste auf diesen Dorfplatz gebracht wird.

[00:05:02]  Und man bekommt schon mit durch die Figuren, dass es, dass jetzt ein Ereignis kommt.

[00:05:08]  Und dass alle eben sich versammelt haben für dieses Ereignis.

[00:05:12]  Und dann wurde diese schwarze Kiste auf den Dorfplatz gebracht und alle werden auf einmal nervös.

[00:05:18]  Das würde diese Kiste eben für Unheil sorgen oder eben ein schlechtes Omen sozusagen sein.

[00:05:25]  Die Männer und Frauen stehen zusammen auf diesem Dorfplatz mit all ihren Kindern.

[00:05:32]  Und es gibt dann einen Mann, der diese, diese Zeremonie sozusagen leitet.

[00:05:37]  Das ist der Mr. Summers.

[00:05:40]  Genau. Und dieser Mr. Summers bringt ihnen diese Kiste und beginnt diese Zeremonie.

[00:05:46]  Wobei immer wieder von der Erzählstimme angemerkt wird, dass die Zeremonie sehr reduziert ist,

[00:05:53]  dass niemand eigentlich mehr genau weiß, was für Sätze man das sagt oder was für Lieder da gesungen werden.

[00:05:59]  Also es ist sehr reduziert worden.

[00:06:01]  Und es geht eigentlich nur noch um diese Kiste, die bei genauerem Hinsehen auch sehr schäbig ist.

[00:06:06]  Und sozusagen das ganze Ritual ein bisschen unter den Scheffel stellt, finde ich, meiner Meinung nach.

[00:06:12]  Und es werden dann eben Papierstreifen erwähnt, die in dieser Kiste sind, die dann vermengt werden.

[00:06:19]  Und dann müssen die Männer oder die älteren Söhne in der Familie eines dieser Zettelchen ziehen.

[00:06:25]  Die werden dann alle nacheinander aufgerufen, gehen hin, ziehen an Zettelchen und dürfen es aber nicht anschauen.

[00:06:31]  Erst nachdem alle gezogen haben, dürfen sie den Zettel dann anschauen.

[00:06:35]  Und dann kommt eben heraus, dass der Mr. Hutchinson das schlechte Los gezogen hat.

[00:06:42]  Shelly: Das weiß man nur nicht, dass das schlecht ist.

[00:06:44]  Wir haben keine Ahnung, was es eigentlich geht bei dieser Verlosung.

[00:06:46]  Jaci: Genau, man weiß es nicht.

[00:06:48]  Aber er hat eben einen Los, wo dann alle sofort eben alle anderen erleichtert sind.

[00:06:54]  Und seine Frau wird dann sofort panisch und sagt, dass das nicht fair abgelaufen ist,

[00:07:00]  dass ihr Mann nicht genug Zeit gehabt hat, für das Los, das auszuwählen.

[00:07:04]  Und der quasi von diesen Mr. Summers gedrängt worden ist.

[00:07:07]  Der Mr. Hutchinson mahnt seine Frau, leise zu sein und sagt, "Jetzt tu nicht so, das wird schon alles werden", sozusagen.

[00:07:14]  Und dann werden auch die drei Kinder von dem Ehepaar aus der Menge geholt, sozusagen.

[00:07:20]  Und alle fünf müssen dann nochmal ein Los ziehen.

[00:07:23]  Also alle Kinder, eines der Kinder ist so klein, dass ein anderer Mitbürger für das Kind ziehen muss.

[00:07:30]  Und am Ende hat dann eben die Tessi Hutchinson, also die Dame des Herrn, der gezogen hat, das schlechte Los.

[00:07:38]  Wird extrem panisch und alle anderen Mitbürger*innen aus dem Dorf holen sich Steine,

[00:07:47]  die von den Kindern am Anfang der Erzählung gesammelt werden, holen sich Steine und gehen auf diese Frau los.

[00:07:55]  So endet die Geschichte, dass eben alle sich auf sie stürzen quasi.

[00:07:59]  Und man leitet sich dann eben her, dass die Dame jetzt gesteinigt wird.

[00:08:03]  Shelly:Genau. Es wird nicht direkt ausgesprochen.

[00:08:07]  Oder schon? Also ihr habt es mal mit dem Englischen angehört.

[00:08:10]  Jaci: Ja, also ihr habt die deutsche Fassung gelesen.

[00:08:12]  Und da ist dann der letzte Satz, Moment.

[00:08:16]  "Es ist nicht fair, es ist nicht richtig, schrie Mrs. Hutchinson und dann stürzen sie sich auf sie."

[00:08:23]  Also so ist es, so endet die Geschichte und eben davor holen sich alle Steine, davon leite ich mir her, dass sie gesteinigt wird.

[00:08:31]  Shelly: Ja, genau. Das ist eben die kurze Zusammenfassung des Inhalts.

[00:08:37]  Und jetzt werde ich euch nur erzählen etwas über die Entstehungsgeschichte.

[00:08:42]  Und zwar ist diese Kurzgeschichte im Jahre 1948 das erste Mal erschienen.

[00:08:49]  Und zwar in diesem Kultmagazin "The New Yorker" und dann später erst in einem Sammelband,

[00:08:56]  der im Original heißt "The Lottery - Adventures of the Demon Lover".

[00:09:02]  Und das wurde dann 1989 erstmals ins Deutsche übersetzt.

[00:09:07]  Und da heißt es dann "Die Teufelsbraut - 25 Dämonische Geschichten". [beide lachen]

[00:09:12]  Ich liebe deutsche Übersetzungen, echt.

[00:09:17]  Jaci: Und ganz, darf ich noch kurz einbringen: bei Veröffentlichung der Geschichte hat die auch ganz viel negatives Feedback bekommen.

[00:09:26]  Also das ist nicht gut angenommen worden von den Leuten.

[00:09:29]  Shelly:Sie waren überhaupt nicht begeistert, es hat über 300 Leserbriefe gegeben, die direkt an die Shirley Jackson gingen.

[00:09:36]  Und nur 13 davon waren in einem freundlichen Ton gehalten. [Jaci lacht]

[00:09:41]  Ja, und meistens ist es in diesen Leserbriefen darum gegangen, dass die Leute total, also dass die Leute total verwirrt waren.

[00:09:49]  Alle wollten die Bedeutung der Geschichte wissen.

[00:09:52]  Sie waren sehr fahrig und sehr ungehalten in ihren Briefen.

[00:09:57]  Und es ist sogar so weit gegangen, dass die Union auf South Africa, also die Union, die Südafrikanische Union, diese Geschichte sogar verboten hat.

[00:10:07]  Also da hat es starke Zensuren gegeben bei dieser Geschichte.

[00:10:11]  Und die Shirley Jackson ist mit dieser Geschichte zu einer wichtigen Vertreterin der Slipstream Literature geworden.

[00:10:21]  Es ist eine literarische Strömung und Werke dieses Slipstreams befinden sich im Grenzbereich von realistischer Mainstream-Literatur und Science Fiction bzw. Fantasy-Literatur.

[00:10:37] Das hab ich gegoogelt.

[00:10:39]  Jaci: Super Recherche, Shelly. Danke vielmals. [beide lachen]

[00:10:42]  Sehr interessant, eben wir haben die Geschichte beide gelesen oder gehört. Was war dein Eindruck bei der Lektüre?

[00:10:52]  Also es fangt ja irgendwie so unschuldig an, fast idyllisch oder ... Jaci: Ja so märchenhaft irgendwie.

[00:10:58]  Shelly: Ja, voll.

[00:10:59]  Und Shirley Jacksons Stil ist ja ganz interessant eigentlich. Sie beschreibt ja so eigentlich offensichtliche oder scheinbare Abnormalitäten, als was ganz Normales.

[00:11:11]  Und deshalb kommt man erst im Laufe der Geschichte dann drauf, dass es eigentlich ziemlich "eerie" und düster wird.

[00:11:19]  Jaci: Genau, also mich hat es auch sehr überrascht, diese Wendung der Geschichte.

[00:11:25]  Ich hab mir zwar gedacht, dass irgendwas passieren muss, weil die Christina sehr gespannt war auf unsere Reaktion für die Challenge eben.

[00:11:36]  Und habt mir die ganze Zeit gedacht, was würde passieren, aber dadurch, das Lotterie mit sehr positiven Wörtern irgendwie konnotiert ist in meinem Kopf.

[00:11:45]  Also es ist eher so Gewinn und irgendwas Gutes passiert, wenn du in einer Lotterie gewinnst.

[00:11:50]  Dadurch war ich dann eben sehr gespannt, was passieren würde. Ich habe auf jeden Fall keine Steinigung erwartet, muss ich sagen.

[00:11:57]  Vor allem weil einfach die Atmosphäre sehr modern war oder zumindest moderner als ich es mir im Zeitalter der Steinigung, vorstelle.

[00:12:08]  Also es könnte jetzt, wann ist es geschrieben worden, 1948?

[00:12:13]  Es könnte in der Zeit spielen, es könnte aber auch so gut jetzt gerade spielen, also es ist eine eher zeitlose Erzählung.

[00:12:20]  Aber dennoch eben sehr verstörend, weil es eben immer aktuell sein könnte, und es Menschen geben würde, die das auch jetzt noch machen würden.

[00:12:30]  Shelly:Witzig, dass du das sagst, weil in diesen Leserbriefen, die sie bekommen hat, haben auch ganz viele Menschen gefragt, wo jetzt dieser Ort ist [Jaci lacht] und ob das ein Erfahrungsbericht ist und wo das nun so praktiziert wird.

[00:12:42]  Also das haben sie ihr echt abgekauft.

[00:12:44]  Jaci: Ja, also es ist eben sehr realistisch und ich kann mir eben auch vorstellen, dass es früher Sachen so gehandhabt wurden, auch.

[00:12:53]  Shelly:Ja, aber vielleicht als Strafe, aber doch nicht als Lotterie.

[00:12:56]  Jaci: Eben, eben.

[00:12:57]  Und das ist eben das, was mich beim nächsten der Geschichte so verwirrt hat.

[00:13:01]  Diese Zeremonie, was alle mit so viel Andacht durchführen, obwohl niemand mehr den Ursprung zu kennen scheint oder wirklich die Wahrheit hinter der Zeremonie oder wie die Tradition wirklich, oder das Ritual wirklich ablaufen sollte, also was gesagt werden sollte, das weiß irgendwie keiner mehr.

[00:13:20]  Und das ist dann für mich dieses Traditionen durchführen, obwohl man es eben nicht weiß, was es ist, wie wenn man unaufgeklärt in die Kirche geht und nur die Gebete nachsagt, aber nicht weiß, was man da eigentlich sagt.

[00:13:32]  Also das ist halt so.

[00:13:33]  Man muss Sachen irgendwie wissen und hinterfragen, damit man sich auch so meinen kann.

[00:13:38]  Und ich meine, man erfährt in der Geschichte auch, dass andere Dörfer dieses Ritual nicht mehr durchführen.

[00:13:46]  Also die haben das abgeschafft und gerade die ältesten Leute in dem Dorf, in dem wir eben die Geschichte mitkriegen,

[00:13:53]  sind ja ganz entsetzt, dass es abgeschafft worden sind.

[00:13:56]  Und einer sagt dann so quasi, ja, wenn man das Ritual abschaffen kann,

[00:14:00]  kann man ja gleich wieder in Höhlen wohnen, weil dann sehen wir ja nicht besser als Barbaren,

[00:14:05]  obwohl das, was hier bei dem Ritual passiert, das Barbarische ist.

[00:14:09]  Shelly [schnaubt]: Ja, eigentlich schon. Aber das ist eben dieses hirnlose Traditionen-Festhalten.

[00:14:14]  Jaci: Genau, und ich hab dann eben, ich hab da recherchiert und eben versucht,

[00:14:18]  Interpretationen zu finden für diesen Text oder Analysen,

[00:14:21]  weil ich einfach selber nicht klargekommen bin, dass mir so wenig Informationen kriegen,

[00:14:27]  dass wir eben als Lesende nicht wissen, wieso gibt es die Tradition,

[00:14:32]  wieso möchten die Bürger das weiterführen, wieso hängt man an diesem barbarischen Ritual fest,

[00:14:40]  obwohl man es eben nicht machen muss, wie jetzt eben andere Dörfer haben das abgeschafft.

[00:14:45]  Shelly: Das wurmt sich voll, oder? Jaci: Und das ist mich wahnsinnig, ich finde es total hinrissig,

[00:14:52]  dass ich mir denke, ich mach bei so was mit und ich weiß selber nicht, wieso ich das mach,

[00:14:58]  aber ich steinige jetzt einfach einmal eine Frau, weil die Traditionen das so von mir verlangen.

[00:15:03]  Shelly: "Weil wir es immer schon so gemacht haben". Jaci: Eben! "Und das war halt immer schon so und man hinterfragt die Traditionen nicht",

[00:15:08]  aber in anderen Dörfer, wo sich die Jungen durchsetzen, da ist es eben abgeschafft worden,

[00:15:14]  weil die Jungen, die möchten immer Sachen verändern und so, das ist schlimm, [beide lachen] Shelly: Wie können sie nur.

[00:15:20]  Jaci: Auf jeden Fall habe ich dann eben bei meinen Recherchen eben auch herausgefunden,

[00:15:25]  dass da natürlich einfach ganz viele gesellschaftskritische Sachen aufgewiesen werden sollen.

[00:15:30]  Also Shirley Jackson hatte natürlich einen tieferen Sinn hinter dieser Geschichte, den sie ausdrücken wollte.

[00:15:36]  Und es geht ihr ja eben hauptsächlich darum zu zeigen, wozu die Menschen in ihrem Inneren fähig sind,

[00:15:43]  also welches Böse quasi in jedem Menschen lauert, verbunden eben mit der Macht von Tradition und Ritualen

[00:15:52]  und eben auch die Macht der Gruppe, also die Anonymität, die man in der Gruppe hat und dieser Gemeinschaftszwang.

[00:16:00]  Also dass ein ganzes Dorf zusammenkommt und es dann quasi egal ist, wer den ersten Stein wirft,

[00:16:08]  weil es sowieso alle werfen und dann "bist nicht du schuld", das ist so, genau.

[00:16:14]  Und das ist glaube ich auch das, was viele Leute verstört, weil es eben so realistisch ist

[00:16:19]  und es eben aufzeigt, wozu eine Gemeinschaft fähig ist.

[00:16:24]  Shelly:Ja, und was noch dazu kommt, ist das Element des Zufalls mit dieser Lotterie, mit den Losen.

[00:16:32]  Jaci: Genau, da habe ich auch gelesen eben, weil diese Mrs. Hutchinson,

[00:16:36]  ich weiß nicht, ob ich den Namen richtig ausspreche, aber so, haben wir ihn gelesen - Shelly: Hutchinson, hab ich auch so. - Jaci:Ok.

[00:16:41]  Die dementiert den Ausgang dieser Lotterie und sagt eben, es ist nicht fair abgelaufen,

[00:16:50]  sie sagt nicht, dass das Ritual blöd ist und dass man das abschaffen sollte

[00:16:56]  oder dass es generell unfair ist, jemandem zu steinigen, sie stellt sich nur dagegen, dass es ihrer Familie passiert.

[00:17:02]  Shelly: Ja. Jaci: Und das ist ja auch irgendwie spannend, dass sie die Lotterie akzeptiert, aber eben nicht den Ausgang,

[00:17:09]  weil ihr ihr Leben halt mehr wert ist als diese Tradition, aber ein anderes Leben würde sie opfern für diese Tradition.

[00:17:17]  Shelly: Ja. Jaci:Und das hat mich dann auch so fertig gemacht, weil ich mir gedacht habe, wie kann man das gut finden,

[00:17:23]  diese Tradition, wenn man es dann selber nicht akzeptiert und eben nicht... Shelly:  stimmt, wie kannst du jemand,

[00:17:29]  wie kannst du jemand anderen dann steinigen, wo du selbst nicht hinnehmen würdest?

[00:17:34]  Jaci: Das war auch so eine Note, wo man gedacht hat, das weiß nicht, das ist keine runde Sache ...

[00:17:41]  ich meine, es ist auch eine super Geschichte, aber eben der ganze Ablauf in diesem Dorf macht micht so fertig,

[00:17:47]  nicht die Geschichte an sich, weil die Geschichte ist ja genial, aber eben einfach dieses Denken dieser Leute macht mich so narrisch,

[00:17:53]  ich kann es nicht anders sagen, es macht mich einfach narrisch, weil du genau weißt, wie es in diesen Köpfen von diesen Leuten vorgeht

[00:18:01]  und wie unüberlegt das das ist.

[00:18:04]  Shelly: Ja voll, es ist wirklich wirklich realistisch, also es ist sehr gesellschaftskritisch,

[00:18:09]  und es hält uns irgendwie so allen irgendwie den Spiegel vor.

[00:18:13]  Jaci: Genau, ja. Und ich meine, es ist dann auch in einer Analyse mit "Die Tribute von Panem" verglichen worden,

[00:18:21]  weil bei "Tribute von Panem", das ist eine Jugendbuchreihe von Suzanne Collins, da werden die Tribute eben aus jedem Distrikt in diesem Land eben gezogen,

[00:18:32]  also sie werden auch per Los ausgezogen, da ist es keine Lotterie, und da ist es ein Gerüst von, was von diesem diktatorischen Staat

[00:18:41]  auf die Menschen aufgezogen wird, dass eben Tribute gefordert werden, aber die werden dann in eine eigene Arena geschickt,

[00:18:49]  wo sich diese Tribute gegenseitig umbringen müssen und nicht von der Gesellschaft, in der sie wohnen.

[00:18:55]  Und ich glaube, das ist auch ein Punkt, das mir noch mehr verstört hat, dass es eben die Nachbarin und Ehefrau von vielen war,

[00:19:03]  und dass die Menschen, die sie kennen, sie umgebracht haben.

[00:19:06]  Und ich finde diesen Vergleich mit "Tribute von Panem" nicht wirklich passend, weil es eine ganz andere Mentalität ist.

[00:19:14]  Shelly: Das, und du hast schon gesagt, es war ein diktatorisches Staat, und die in dem Dorf haben sie es ja selbst so ausgemacht,

[00:19:23]  dass sie die Lotterie weiterführen, also die sind eigentlich nur durch die Tradition gezwungen, aber nicht von oben herab.

[00:19:31]  Jaci: Eben, weil man eben mitkriegt, dass es in anderen Dörfern nicht durchgeführt wird und denen aber keine Konsequenzen drohen.

[00:19:38]  Also genau, das ist der Vergleich. Mein persönlicher Vergleich war "Squid Game", die Serie Netflix-Serie, die war vor drei Jahren, glaube ich.

[00:19:48]  Shelly: Ich glaube, das war noch vor Corona, oder?

[00:19:50] Jaci: Während Corona, glaub ich. Shelly: Während Corona.

[00:19:52]  Jaci: Ja, Zeit ist ein Konstrukt. [Shelly lacht] Das war vor einigen Jahren diese erfolgreiche Netflix-Serie in der Leute, in eine Fernseh...

[00:20:03]  Also wie heißt es, in einen Wettbewerb gesteckt werden, indem sie andere Leute oder halt ihre Gegner umbringen müssen,

[00:20:11]  um quasi im echten Leben ihre Schulden loszuwerden.

[00:20:15]  Und das zeigt auch eben das Inneren im Menschen, wozu die Menschheit fähig ist.

[00:20:20]  Und da ist es zwar auch jetzt nicht eine Auslosung, aber einfach von der Brutalität dieser Serie und der Brutalität von der Mentalität der Leute

[00:20:29]  in diesem Szenario finde ich den Vergleich einfach ein bisschen passender, weil man da mehr diese harte Realität mit kriegt.

[00:20:38]  Shelly: Ja, aber sie werden doch an... Also das ist ein Jahr an, wo so Spielfiguren eigentlich von denen, die das Spiel quasi erfunden haben, oder?

[00:20:46]  Jaci: Genau, wenn auch wieder von oben...

[00:20:48]  Shelly: Ja, die sind auch wieder von oben...

[00:20:49]  ...herab gesteuert mehr oder weniger.

[00:20:50]  Jaci;Ist kein perfekter Vergleich, aber für mich spiegelt das mehr dieses "Deinen Nächsten umbringen".

[00:20:56]  Nicht wie bei "Tribute von Panem", jemanden, den du gar nicht kennst, so irgendwie.

[00:21:02]  Genau, weil was eben auch in einer Analyse gestanden ist, dass ja das Prinzip des Sündenbockes mit dieser Bestrafung, mit dieser Steinigung,

[00:21:11]  bei dieser Lotterie irgendwie genutzt wird, aber ich verstehe eben nicht,

[00:21:16]  und das hängt glaube ich auch damit zusammen, dass wir als Lesende nicht wissen, woher kommt das Ritual, weil vielleicht kommt es ja auch von diesen...

[00:21:23]  "Jemand muss bestraft werden für unsere Sünden".

[00:21:28]  Shelly: Ja, aber was für Sünden sind passiert?

[00:21:30]  Jaci: Das weiß man ja nicht.

[00:21:32]  Und das verstehe ich auch nicht, wie das Prinzip des Sündenbockes mit der Lotterie im Standpunkt, wo das in dieser Erzählung schon ist.

[00:21:41]  Man weiß nicht, wie es vorher war, wie das da zusammenspielt.

[00:21:45]  Shelly: Vielleicht war's früher eher so ein rituelles Opfer, was man gebracht hat, und weil niemand derjenige sein wollte, der jemanden auswählt, dass es dann die Loterie gegeben hat, aber dieser Background ist halt irgendwie verloren gegangen.

[00:21:54]  Jaci: Ja eben, man weiß es nicht. Ist es einfach gesellschaftlich entstanden, politisch, religiös? Man weiß es nicht.

[00:22:00]  In jedem Fall ist es ein hirnrissiges Ritual, meiner Meinung nach ... [lacht] Shelly [sarkastisch]:Was, ich find das total super.

[00:22:07]  Jaci: Es ist so verstörend, weil auch bei "Squid Game" und bei "Tribute vom Panem" jetzt, zum Beispiel, weil wir gerade das Vergleich hierher genommen haben, da sind keine Kinder beteiligt.

[00:22:18]  Und eben bei der Lotterie von Shirley Jackson - Shelly: Bei "Tribute vom Panem" deshalb nicht, weil ja die Schwester von ihr... sich opfern.

[00:22:24] Jaci: Ja, aber die sind mindestens 15, glaub ich. - Shelly: Ach so.

[00:22:27]  Jaci: Also, die müssen halt ein gewisses Alter erreicht haben, aber dieses Kind in der Lotterie, das kann doch nicht mal selber ein Los ziehen.

[00:22:35]  Also, das ist vielleicht drei Jahre alt, zwei, drei Jahre alt.

[00:22:38]  Shelly: Aber da ist ja dann wer einsprungen wird.

[00:22:40]  Jaci: Ja nur um das Los zu ziehen, nicht um die Strafe dann abzukriegen.

[00:22:43]  Shelly [überrascht]: Ach so?

[00:22:44]  Jaci: Ich glaube nicht, dass dann der Mann, der für das Kind gezogen hat, gesteinigt werden würde.

[00:22:50]  Ich glaube, dass dann das Kind...

[00:22:52] Shelly: Boah, zach.

[00:22:53]  Jaci:Eben!

[00:22:54]  Die drei Kinder haben dann gezogen, und am Ende hat man ja auch diesem kleinen Kind, der es nicht mal selber ziehen hat können, Kieselsteine in die Hand gegeben.

[00:23:02]  Das ist quasi auch auf seine Mutter wirft.

[00:23:05]  Und das ist ja so barbarisch alles.

[00:23:08]  Und noch dazu, das ist jetzt, glaube ich, ein ganz eigener Podcast wieder, es ziehen ja nur die Männer.

[00:23:15]  Das heißt, die Männer ziehen auch über das Los ihrer Frauen.

[00:23:18]  Es dürfen nicht mal die Frauen selber ziehen, um irgendwie ...

[00:23:22]  Es ist, es ist ja eine Glückssache.

[00:23:23]  Shelly: Es zieht das Familienoberhaupt. Jaci: Eben!

[00:23:25]  Shelly: Es ist entweder der Vater, und wenn es den nicht mehr gibt, das irgendeinen Grund, weil der das letzte Los gezogen hat ... Jaci: Und der ist dann der Sohn.

[00:23:30]  Shelly:Dann der Sohn, und der Sohn, und wann der nicht ist, dann die Frau.

[00:23:34]  Dann die Frau.

[00:23:35]  Das ist eben auch eine Frau zieht, und da sind alle so, "Hast du keinen Sohn, der für dich ziehen kann?"

[00:23:40]  Shelly: Ja, stimmt, das ist auch krass.

[00:23:41]  Da hat es mich auf, da haben wir auch gedacht, lass doch die Frau dann wenigsten selber ihr Glück herausfordern quasi.

[00:23:48]  Aber vielleicht bin ich zu...

[00:23:52]  Shelly:Emanzipiert.

[00:23:53]  Jaci [lacht]: So, völlig fertig von der Geschichte.

[00:23:56]  Ja.

[00:23:57]  Shelly:Ja.

[00:23:58]  Jaci: Man merkt, ich bin sehr... aufgebracht.

[00:24:00] Shelly: Zerrissen.

[00:24:02] Ich hab sie cool gefunden.

[00:24:03]  Ich hab sie echt cool gefunden, weil ich eben nicht weißt ...

[00:24:05]  Weil ich so viel nicht weiß.

[00:24:07]  Weil ich mir so viel selber zusammen spinnen muss ich in meinem Kopf.

[00:24:09]  Jaci: Ich mag solche Sachen, ich muss genau wissen, wie so was passiert.

[00:24:12]  Dann hinterfrage ich es viel zu viel, und dann lässt sie mich tagelang nicht los.

[00:24:16]  Also ich werde jetzt noch länger an diese Geschichte denken.

[00:24:19]  Shelly: Ja, aber das ist einfach Shirley Jackson.

[00:24:22]  In unserem Podcast haben ja Christina und Pia schon mal was für ein Shirley Jackson,

[00:24:26]  die in der letzten Staffel, und zwar "The Haunting of Hill House",

[00:24:29]  also "Spuk im Hill House", was auch Netflix verfilmt worden ist.

[00:24:33]  Und da ist es ja auch, dass du nicht genau weißt, okay, was passiert jetzt gerade.

[00:24:37]  Und das ist ein ganzer Roman, das war voll cool, ich hab den dann auch gelesen.

[00:24:40]  Jaci: Oh Gott, ja okay, vielleicht lese ich den auch.

[00:24:42] Aber okay, dann würde es mich auf aufregen. [beide lachen]

[00:24:44] Shelly: Ja, ist vielleicht eher nichts für dich.

[00:24:46]  Jaci: Ja.

[00:24:47]  Okay, auf jeden Fall, Christina und Pia, danke für diese Challenge.

[00:24:51]  Es war wirklich eine Challenge für mich. [lacht]

[00:24:54]  Geistig. [Shelly lacht]

[00:24:55]  Aber ein sehr gutes Buch.

[00:24:59]  Shelly: Und jetzt wollt ihr natürlich wissen, was ihr als nächstes lesen dürft.

[00:25:05]  Und da wir ja jetzt gerade die Halloween-Folge aufgenommen haben, - Jaci: Happy Halloween! -

[00:25:10] und es sehr gruselig war - ja, Happy Halloween, übrigens [lacht] -

[00:25:14]  oder wer die Nacht der Tausend Lichter feiert,

[00:25:17] fröhliches Lichter- [unverständlich]

[00:25:20] Jaci: Und auch bei den Hexen ist es jetzt - [unverständlich].

[00:25:22]  Shelly: Anyhow, auf jeden Fall, wollen wir es nur ein bisschen so gruselig halten.

[00:25:29]  Und deshalb werdet ihr eine Krimi lesen.

[00:25:33]  Und zwar von der Krimiautorin schlechthin, - [Jaci trommelt auf den Tisch]

[00:25:39]  und zwar Agatha Christie.

[00:25:42]  Und da werdet ihr sehr passend zu unserem Workplace lesen, [Jaci lacht]

[00:25:49]  und zwar "Die Tote in der Bibliothek". Jaci: Dum-dum-dum. [Shelly lacht]

[00:25:52]  Jaci: Und zwar die Neuauflage, die wir auch gerade eben druckfrisch,

[00:25:58]  sozusagen in die Bibliothek bekommen haben.

[00:26:01]  2024 jetzt neu erschienen, wo eben die Miss Marple,

[00:26:05]  eine der berühmtesten Detektivinnen von Christies Zeit,

[00:26:09]  und unserer Zeit wahrscheinlich auch eben einen Mordfall ermittelt.

[00:26:13]  Shelly: In einer Bibliothek.

[00:26:15]  Jaci: Mit dieser freudigen Lesechallenge lassen wir euch,

[00:26:19]  lieber Leser und Leserinnen,

[00:26:21]  und eben auch die Christina und die Pia in den Halloweenabend starten.

[00:26:26]  Und wir freuen uns auf die nächste Folge.

[00:26:29]  Shelly: Das tun wir. Viel Spaß beim Lesen.

[00:26:31]  Jaci: Danke fürs Zuhören.

[00:26:33]  [Outro-Musik]

[00:26:57]  [Pia spricht] S'Vorwort ist eine Produktion der Stadtbibliothek Innsbruck,

[00:27:01]  und Teil der Stadtstimmen, dem Audiokanal der Stadt Innsbruck. [Pia spricht]

[00:27:05]

Transkription

[00:00:00]  [Stimme moduliert] Vorsicht, der Genuss dieses Podcasts kann zu vermehrten Bibliotheksbesuchunen führen. [Stimme moduliert] [Intro-Musik]

[00:00:06]  Christina: Hallo und herzlich willkommen zurück zum Vorwort, dem Podcast der Stadtbibliothek Innsbruck.

[00:00:27]  Ich bin die Christina - Pia: und ich bin die Pia - und ein doppeltes Willkommen zurück in unserer ersten Folge des Herbstlesefests,

[00:00:35]  erstens, und zweitens der Pia, die jetzt wieder dabei ist. Hi Pia. Pia: Juchuu! [lacht]

[00:00:39]  Christina: Schön, dass du wieder da bist.

[00:00:42]  Was ist denn das Herbstlesefest? Die Hosts vom Vorwort stellen sich gegenseitig und wenn ihr wollt, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer,

[00:00:52]  dann ist auch euch eine Lese-Challenge. Wir haben dann zwei Wochen Zeit, das Buch zu lesen und mit euch in der Folge zu besprechen.

[00:01:00]  Vor zwei Wochen haben die Shelly und die Jacuqeline uns die Herausforderung gestellt, Pavillon 44, den neuen Roman von Thomas Sautner zu lesen.

[00:01:10]  Bevor wir jetzt aber zur Besprechung vom Sautner Roman kommen, möchte ich euch an unser Gewinnspieler erinnern.

[00:01:16]  Denn noch bis zum 28.10. könnt ihr eine signierte Ausgabe des neuen Romans gewinnen.

[00:01:23]  Schreibt uns dazu einfach entweder eure Eindrücke zum Roman oder auch, warum ihr ihn lesen möchtet,

[00:01:29]  vielleicht auf die heutige Folge hin, auf post.stadtbibliothek@innsbruck.gv.at

[00:01:37]  oder auch gern auf Instagram unter dem Handle stadtbibliothek.innsbruck.

[00:01:42]  Der Roman wird dann unter allen Einsendungen verlost und die Person, die gewonnen hatte, von uns kontaktiert.

[00:01:49]  Die Teilnahme ist auf 18 Jahre. Also das wäre doch auch ein schönes Geschenk für einen Sautner-Fan, oder Pia?

[00:01:54]  Pia: Auf jeden Fall. [lacht] Die freuen sich da sicher drüber.

[00:01:58]  Ja genau, bei uns geht es um Pavillon 44 von Thomas Sautner. Für alle, die ihn noch nicht kennen,

[00:02:04]  Thomas Sautner ist ein österreichischer Schriftsteller aus Niederösterreich, spezifisch dem Waldviertel.

[00:02:10]  Wir haben einige Titel von ihm in der Bib. Wir haben zum Beispiel "Fuchserde", das wäre sein erster Roman.

[00:02:15]  Da geht es um [unverständlich] im Waldviertel oder auch "Der Glücksmacher", "Das Mädchen an der Grenze", "Die Erfindung der Welt",

[00:02:22]  "Nur zwei alte Männer" und viele andere.

[00:02:25]  Bei den Sachbüchern haben wir "Waldviertel steinweich", das ist ein literarischer Reiseführer für die,

[00:02:29]  die das Waldviertel ein bisschen mehr kennenlernen möchten.

[00:02:32]  Das ist bei den Reiseführern und zusätzlich haben wir natürlich noch ebooks von vielen seinen Büchern in der Onleihe bei uns digital.

[00:02:39]  "Pavillon 44" ist jetzt eben sein neuester Roman und um den geht es heute.

[00:02:44]  Also ich habe uns eine kleine Zusammenfassung mitgebracht.

[00:02:47]  "Pavillon 44" spielt in einer psychiatrischen Anstalt am Rande von Wien.

[00:02:52]  Um genau zu sein, im "Pavillon 44". [lacht]

[00:02:54] Christina: Mhm. Namensgebend.

[00:02:56]  Pia: Dieser Anstalt eben, das ist der Titel.

[00:02:58]  Der leitende Arzt ist Siegfried Lobel? Lobell?

[00:03:02]  Christina: Ich sage immer "Lobell" [betont 2. Silbe]. [beide lachen]

[00:03:04]  Pia: Ein bisschen französisch angehaucht.

[00:03:06]  Christina: "Lubbell." [beide lachen]

[00:03:09]  Pia: Durch seine Patient*innen will er mehr über die Welt, das Leben und sich selber erfahren.

[00:03:14]  Und gleichzeitig besucht aber auch eine Schriftstellerin den Pavillon,

[00:03:17]  weil sie ein Buch über ihn schreiben will.

[00:03:19]  Dann, Plot Twist, verschwinden aber zwei Patienten.

[00:03:23]  Und Lobell macht sich auf in die Wiener Innenstadt, um sich dort auf die Suche zu machen.

[00:03:30]  Dort findet er viele Verrückte, aber nicht seine Patienten.

[00:03:34]  Also das ist jetzt nur eine kleine Zusammenfassung.

[00:03:37]  Nur ein Teaser, wir bleiben spoilerfrei.

[00:03:39]  Christina: Das ist wichtig zu erwähnen.

[00:03:41]  Das heißt, für alle diejenigen von euch, die sich, die jetzt noch keine Zeit hatten

[00:03:46]  oder sich dieser Lese-Challenge noch nicht angenommen haben,

[00:03:49]  die können auch die Folge beruhigt anhören und danach loslesen.

[00:03:53]  Pia: Genau.

[00:03:55]  Christina: So, Pia, wer von uns hat denn das Buch für heute gelesen?

[00:03:59]  Pia: [lacht] Ich nicht.

[00:04:01]  Aber das ist immer die Christina fleißig.

[00:04:03]  [beide lachen] Deswegen habe ich jetzt Fragen für sie mitgebracht.

[00:04:05]  Die erste Frage ist natürlich, wie hat es gefallen?

[00:04:07]  Christina: Kurz zusammengefasst:

[00:04:09]  Gut.

[00:04:10]  Nächste Frage. [beide lachen]

[00:04:12]  Also es geht, wie du schon gesagt hast, um die Psychiatrie in der Baumgartener Höhe in Wien.

[00:04:17]  Und dort gibt es diesen Sondertrakt, den Pavillon 44 und in dem der Primar Siegfried Lobell,

[00:04:23]  dieser sogenannte Experte aus seinem Gebiet -

[00:04:26]  - das ist die Art von Experte, die auch dann einmal TV-Interviews gibt

[00:04:30]  oder von großen österreichischen Tageszeitungen zitiert wird als Experte. -

[00:04:34]  Pia: Ah, der landet im ORF. [lacht]

[00:04:36]  Christina: [lacht] Genau.

[00:04:38]  Der behandelt nämlich nicht nur irgendwelche Verrückten,

[00:04:41]  sondern außergewöhnliche Verrückte.

[00:04:43]  Die sammelt er so ein bisschen wie kleine Trophäen.

[00:04:46]  Die müssen dann schon immer was Besonderes an sich haben,

[00:04:49]  damit er sie in seinem Trakt dann auch behandeln möchte.

[00:04:52]  Am Ende des Romans fragt man sich, wie du auch schon so angedeutet hast,

[00:04:56]  dass der Inhaltsangabe "Wer ist denn eigentlich noch normal?"

[00:05:00]  Ich muss sagen, das ganze Buch ist in einem sehr flotten Tempo geschrieben

[00:05:04]  und es dreht immer mehr ab, sozusagen.

[00:05:07]  Also es ist auch lustig, situationskomisch finde ich auch

[00:05:10]  und das hat so einen verschmitzten Unterton, so einen Wiener Schmäh hätte ich gesagt.

[00:05:15]  Neben der Hautfigur des Primars Lobell geht es außerdem um die Schriftstellerin Aliza Berg.

[00:05:22]  Die kommt ins Pavillon 44 um ein Buch über den Lobell zu schreiben

[00:05:27]  und dann gibt es noch eine regelrechte Ansammlung von lustig-tragischen Figuren,

[00:05:32]  die sind alle ganz und gar liebevoll gezeichnet habe ich gefunden.

[00:05:37]  Unter anderem wäre da z.B. der Herr Dimsch,

[00:05:39]  der ist gleich eingangs des Romans nackt auf dem Dach eines Mausoleums aufzufinden,

[00:05:46]  wo er nachdem er mit dem Leichnam seines toten Kindheitsfreundes angestoßen hat,

[00:05:52]  von der Feuerwehr runtergerettet werden muss.

[00:05:55]  Es gibt die Cecilie Weisz, die ist seine ü-80erin, die Meerschweinchen aus dem Fenster schmeißt.

[00:06:00]  Und es gibt einen ungefähr dreißigjährigen Mann namens Jesus

[00:06:05]  und der hält sich auch für den Besagten.

[00:06:07]  Und so geht es dann dahin mit den Figurenensemble.

[00:06:10]  So was ist mir noch immer sehr lieb.

[00:06:13]  Pia: Das klingt nach einer lustigen Truppe.

[00:06:15]  Christina: Genau, also, lustig-tragisch, muss man schon sagen,

[00:06:18]  aber es ist schon was, was so, wenn man diese Art von absurdem Humor auch mag,

[00:06:27]  sehr genießen kann.

[00:06:29]  Pia: Also ich habe ja, wo ich die Zusammenfassung gelesen habe,

[00:06:32]  habe ich sofort an "Alice im Wunderland" denken müssen

[00:06:35]  und an den Spruch "We're all mad here".

[00:06:37]  Also "Hier sind wir alle verrückt" von der Grinsekatze.

[00:06:40]  Gehe ich recht in der Annahme, dass das Hauptmotiv ist,

[00:06:46]  dass wir alle irgendwie unter Anführungszeichen verrückt sind.

[00:06:49]  Und was mit dem ja auch ein bisschen zu tun hat,

[00:06:53]  die Darstellung der Patient*innen in "Pavillon 44", hat die deine Sichtweise

[00:06:57]  auf die psychischen Krankungen beeinflusst oder geändert?

[00:07:00]  Christina: Also zuerst zur ersten Frage, das ist schon, hast du richtig erkannt.

[00:07:05]  Das ist eines der Motive von dem Roman, fand ich auch.

[00:07:10]  Wobei "Pavillon 44" sich auch auf fast einer Meta-Ebene mit der Idee spielt,

[00:07:19]  was ist eigentlich Realität?

[00:07:21]  Bis man, wir kommen da später noch mal zu,

[00:07:24]  aber bis man sich selber nicht mehr so ganz sicher ist,

[00:07:26]  was ist da jetzt real, sowohl auf dieser narrativen Erzählebene im Roman,

[00:07:32]  also das wird schon wieder mit gespielt und es geht fast noch ein bisschen tiefer

[00:07:36]  als diese "Wir sind ja eigentlich alle verrückt"-Motiv.

[00:07:39]  Also aber damit ... an dem arbeitet er sich auf jeden Fall ab.

[00:07:42]  Auf eine sehr spannende, amüsante Weise.

[00:07:45]  Und ich glaube, die zweite Frage war, ob der Roman die Darstellung

[00:07:52]  von ... meine Sichtweise auf psychische Erkrankungen beeinflusst hat.

[00:07:56]  Das hat uns eine liebe Zuhörerin zugeschickt per E-Mail.

[00:08:00]  Also vielen Dank für die Frage.

[00:08:02]  Da muss ich sagen, nein, ich habe auch schon davor eine sehr differenzierte Sichtweise

[00:08:08]  auf psychische Erkrankungen gehabt.

[00:08:10]  Ich hatte auch während es schon teilweise fast die Medikamente oder so ein Alltag

[00:08:17]  in der psychiatrischen Anstalt, gerade so am Anfang ist mir das so vorkommen,

[00:08:20]  sehr realistisch geschildert worden ist, ist glaube ich das Spiel mit der Verrücktheit

[00:08:29]  und auch immer ein literarisches, weil es sich ja um literarische Figuren handelt.

[00:08:33]  Die Prämisse vom Roman, die wir ja schon gesagt haben,

[00:08:37]  diesen Normalitätsbegriff so infrage stellt.

[00:08:40]  Was bedeutet es normal zu sein?

[00:08:42]  In seinem Interview mit dem Boris letzte Folge hat der Thomas Sautner

[00:08:47]  davon gesprochen, dass "verrückt" eben auch "herausgerückt" nämlich bedeutet.

[00:08:51]  Und für mich habe ich das so verstanden, dass es um das Herausgerücktsein,

[00:08:54]  aus der Gesellschaft geht in den Roman, also von außen irgendwo hineinschauen.

[00:08:59]  Und das ist was, was mir dann auch sehr gut gefällt.

[00:09:02]  Denn oft kann man von außen am besten beurteilen, was gerade so los ist.

[00:09:06]  Da herrscht auch immer dieses Spannungsfeld zwischen dem Angepasstsein und dem Anderssein,

[00:09:12]  weil die Verrückten wären ja nicht in der Baumgartner Höhe,

[00:09:15]  wenn sie nicht irgendwie zu einem Maß unangepasst wären, wie der Herr Dimsch zum Beispiel,

[00:09:22]  dass der da so nakedei-isch [beide lachen] auf dem Mausoleum sitzt.

[00:09:26]  Das geht dann natürlich auch zu weit.

[00:09:28]  Aber diese Herausforderung und dieser Spannungsfeld fängt der Roman wahnsinnig gut ein

[00:09:35]  und auch wahnsinnig amüsant ein.

[00:09:37]  Und Thomas Sautner hat selber gesagt -

[00:09:41]  es ist eine Paraphrase, aber - dass ich Literatur oft und nützlich am Außenseiter abarbeiten kann

[00:09:45]  und kam mir auch vor, dass ihn das auch so ein bisschen zum Schreiben des Romans bewegt hat.

[00:09:53]  Pia: Was für Erwartungen hattest du an das Buch? Hast du gewusst, was auf dich zukommt oder warst du überrascht?

[00:09:58]  Christina: Vielleicht ist schon rausgekommen im Podcast und das gilt ja für dich auch so ein bisschen,

[00:10:05]  wir sind ja nicht so verortet in der österreichischen Literaturlandschaft, das haben wir ja schon einmal gestanden.

[00:10:11]  Ich habe jetzt einmal begonnen, Österreicher*innen zu lesen und ich stelle fest, dass mir die Erzählstimme,

[00:10:19]  und ich habe vorhin von diesem Schmäh gesprochen und ich finde, das ist jetzt Thomas Sautner,

[00:10:26]  der ist auch in Wien verortet und der Roman spielt auch in Wien, aber das gilt auch für andere Österreicher*innen, die ich gelesen habe:

[00:10:32]  So ein Schalk im Unterton ist da immer dabei und wenn ich jetzt einen Österreicher*innen in die Hand nehme,

[00:10:38]  einen Roman von einem Österreicher, einer Österreicherin geschrieben, dann erwarte ich mir diesem, ja, fast dieses Verschmitzte,

[00:10:46]  das da irgendwie in jedem dieser Romane immer mitschwang.

[00:10:50]  Nincsdorf [red. Anm: "Nincshof"] ist ein Beispiel oder ich habe jetzt auch, das ist jetzt auf dem Spiegelbestseller gelandet,

[00:10:55]  "Kleine Monster" gelesen von Jessica Lindt und so hart der Tobak ist ...

[00:11:03]  Pia: Man kann es nicht zu ernst nehmen, man muss es so ein bisschen...

[00:11:06]  Christina: Ja, also bei "Kleinen Monster", das ist schon eigentlich tragisch, es ist halt nur sehr schnell erzählt,

[00:11:13]  aber da ist vielleicht noch ein bisschen was anderes, aber es ist immer, es ist so,

[00:11:18]  vielleicht ist es halt nur der Dialekt, der es so heimlig macht [Pia lacht], ich weiß es nicht.

[00:11:22]  Das hat es auf jeden Fall erfüllt und das konnte man in der kompletten in der Erzählstimme von "Pavillon 44" total gut mit hören immer.

[00:11:32]  Und auch wusste ich ja, dass es sich mit dieser Fragestellung: "Was heißt Verrücktsein?" auseinandersetzt,

[00:11:38]  das hat es auch für mich fast wie erwartet, muss ich sagen, abgearbeitet.

[00:11:42]  Also ich habe nicht gewusst, wohin der Roman gehen wird und wie er endet, er endet sehr [lacht leise] unerwartet

[00:11:49]  und es wird wirklich so ein bisschen wie bei "Alice im Wunderland", also es ist auch gesellschaftskritisch,

[00:11:56]  was eigentlich diese Romane auch gerne und oft sind und auch diese Erwartung hat er für mich erfüllt.

[00:12:03]  Pia: Und was ist das Schreibstil? Hat dir der gefallen?

[00:12:06]  Weil es war ja dein erster Thomas Sautner, oder?

[00:12:09]  Christina: Also der Schreibstil, und wir haben einen Zuhörer gehabt, der hat uns geschildert,

[00:12:14]  wie er ... was ihm besonders gut am Sautner gefallen hat und er hat geschrieben, dass er sehr leichtgängig und angenehm zu lesen war.

[00:12:20]  Und dem kann ich nur voll und ganz zustimmen.

[00:12:23]  Ich persönlich habe allerdings diesen Perspektivenwechsel, den der Thomas Sautner genutzt hat,

[00:12:31]  zwischen dem Primar Lobell in der dritten Person und der Aliza Berg in der ersten Person nicht so gut gefallen.

[00:12:39]  Und was mir total gefallen hat [lacht leise], waren diese Dialoge und dann die Situationskomik, die einfach aus der Absurdität

[00:12:46]  mancher Situationen entstanden ist, wenn die zum Beispiel in der Visite alle vor dem Bett standen

[00:12:51]  und sich das dieser Moment dann entfaltet hat, wenn dann Jesus anfängt mit dem Lobell zu reden

[00:12:57]  und die ganzen Pfleger und so und die Aliza quasi als Schriftstellerin dabei stehen und das war schon,

[00:13:03]  das hat er schon sehr schön und treffend eigentlich eingefangen, weil es schon realistisch auch irgendwie ist

[00:13:11]  und ja auch oft die realistischen Sachen, die lustigsten sind, weil man sie einmal dargestellt sieht.

[00:13:16]  Pia: Und das Wichtigste oder einer der wichtigsten Sachen, die Hauptfigur, und die geht es ja eigentlich sehr viel in dem Roman,

[00:13:24]  was du jetzt so angeschnitten hast, was hältst du von ihm,

[00:13:27]  vom Primar Lobell? Ist er sympathisch, ist er eher so eine neutraler Figur oder unsympathisch vielleicht auch, man weiß es ja nicht?

[00:13:35]  Christina: Ja, also der Primar Lobell. - Pia: Oje. - Ich fand es schwierig ihn zu mögen.

[00:13:41]  Er ist faszinierend genug als literarische Figur und auch genau das, was er sein soll, besonders auch dann für was er dann steht am Ende.

[00:13:52]  Pia: Aber beste Freunde werdet ihr nicht. - Christina: Nein. - Und jetzt mal bei der Frage, ob es bestimmte Szene oder einen Moment geben hat,

[00:14:00]  der dir besonders im Gedächtnis geblieben ist und warum?

[00:14:04]  Christna: Also das ist die Cecilie Weisz, die ist glaube ich auch die Lieblingspatientin vom Lobell.

[00:14:10]  Das ist diese 84-Jährige, die behauptet aber steif und fest und ist davon überzeugt, dass die 16.212 Jahre alt ist,

[00:14:19]  die leidet unter einer bipolaren Störung, also das ist ihre Diagnose und hat außerdem epileptische Anfälle.

[00:14:27]  Aber diese epileptischen Anfälle hinterlassen ihr Gehirn so, da feuern die Neuronen dann so schnell, dass sie besonders kreativ ist.

[00:14:34]  Und das ist dann auch was der Lobell an ihr wertzuschätzen weiß.

[00:14:37]  In dem Moment habe ich so erkannt, okay das ist wie vieles in dem Roman,

[00:14:42]  ist das auch so diese Hochzeichnung von dieser literarischen Figur und "Was ist denn Kreativität überhaupt?"

[00:14:48]  Sie ist aber sozusagen sehr poetisch veranlagt, wurde eingewiesen und das ist jetzt mal die Lieblingsmoment.

[00:14:53]  Und zwar: Sie hat mit ihren Meerschweinchen die Nachrichten geschaut und dann nach ihrer Ansicht,

[00:15:01]  also ihrer Aussage haben die Meerschweinchen es dann nicht mehr ertragen, die Nachrichten zu sehen und haben sich dann einer nach dem anderen aus dem Fenster geworfen. [beide lachen kurz]

[00:15:08]  Also sie wurde eingewiesen, weil sie Meerschweinchen aus dem Fenster geworfen hat.

[00:15:13]  Ja, genau und das habe ich lustig gefunden. [beide lachen leise]

[00:15:16]  Pia: Die arme Meerschweinchen.

[00:15:18]  Christina: Und aber, den Spoiler, am Ende lebt sie im Erdgeschoss zusammen mit neuen Meerschweinchen und es geht allen gut. [beide lachen leise]

[00:15:26]  Pia: Ja, dann, okay.

[00:15:27]  Dann ist sie alles in Ordnung.

[00:15:29]  Pia: Wenn wir schon vom Ende vom Romane reden.

[00:15:32]  Wie hat die das Ende gefallen und was für ein Eindruck hat es Ende vom Roman bei ihr hinterlassen?

[00:15:37]  Wir bleiben spoilerfrei, aber so allgemein.

[00:15:40]  Christina: Also es gibt immer auch hinter vielen Kapiteln ein Postskriptum.

[00:15:44]  Das führt dann immer mehr in eine Meta-Ebene auch hinein.

[00:15:49]  Das mag ich grundsätzlich sehr.

[00:15:53]  Der Roman an sich endet sehr surreal, abgedreht fast schon.

[00:16:01]  Das mag ich auch und die Handlung ist, wird halt auch immer aberwitziger.

[00:16:06]  Irgendwann, man fragt sich dann am Ende und das sei verraten, was ist eigentlich noch real?

[00:16:12]  Auch man selber als Leserin oder als Leser.

[00:16:15]  Danach ist es aber auch schön, sich wieder zu erden mit einem weniger hinterfragenden Text.

[00:16:22]  Weil es sicher ein Text ist der, der es - so ein bisschen spitzbübisch - hinterfragt:

[00:16:27]  Was ist denn Verrücktsein und so.

[00:16:29]  Pia: Klingt sehr spannend.

[00:16:31]  Jetzt habe ich die Lust drauf, das Buch zu lesen.

[00:16:33]  Christina: Also ich muss auch sagen, das Buch war super.

[00:16:35]  Danke, Shelly und Jacqueline für "Pavillon 44" und die Herausforderung, das in zwei Wochen zu lesen.

[00:16:40]  Danke, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, an alle, die Fragen oder Kommentare geschickt haben und für das fleißige Mitlesen.

[00:16:48]  Und jetzt dürfen wir mit einem Trommelwirbel verkünden, Shelly, Jacqueline, spitzt die Ohren:

[00:16:54]  Ihr leset für den 31.10. ... Pia, was lesen sie?

[00:16:57]  Pia: Ihr lest "Die Lotterie" von Shirley Jackson.

[00:17:00]  Christina: Das ist eine Kurzgeschichte aus den 60er Jahren. Shirley Jackson ist eine US-amerikanische Schrittstellerin gewesen,

[00:17:06]  die, möchte man sagen, so mondänen Horror geschrieben hat oder viel aus dem mondänen Leben heraus.

[00:17:14]  Pia: Ja, man kennt sie von "Hounting of Hill House".

[00:17:18]  Das haben wir ja auch schon mal besprochen.

[00:17:21]  Das kennt man von Netflix.

[00:17:24]  Und jetzt eben, diesmal geht es aber nur einmal eine Kurzgeschichte.

[00:17:27]  Wir haben die natürlich auch in der Bibliothek.

[00:17:30]  Als Sammelband mit anderen dunklen Erzählungen [lacht], die kann man sich dann auch gerne ausleihen.

[00:17:37]  Christina: Und auch diesmal seid ihr wieder herzlich eingeladen mitzulesen.

[00:17:42]  Uns eure Anmerkungen, Fragen, Meinungen bis zur nächsten Folge zu schicken.

[00:17:48]  Das geht wie immer auf post.stabbibliothek@innsbruck.gv.at oder auf Instagram unter dem Handle "stadtbibliothek.innsbruck".

[00:17:59]  Und wenn ihr nicht zum Lesen kommt, ist das auch überhaupt gar kein Problem.

[00:18:03]  Ihr wisst, die Besprechungen sind wie immer spoilerfrei.

[00:18:08]  Und dann könnt ihr euch einfach von Shelly und Jaci inspirieren lassen, ob ihr auch Lust habt, "Die Lotterie" zu lesen.

[00:18:13]  Entweder ... Sie zum Beispiel bei uns in der Bibliothek auszuleihen.

[00:18:17]  Und denkt dran, noch bis zum 28.10. könnt ihr uns schreiben, warum ihr "Pavillon 44" gerne lesen möchtet

[00:18:25]  oder auch, was euch daran gefallen hat. Und dann könnt ihr eine signierte Ausgabe des Romans gewinnen.

[00:18:32]  Pia: Danke fürs Zuhören, danke fürs Mitlesen, danke für die vielen Kommentare.

[00:18:37]  Wir freuen uns aufs nächste Mal bzw. [lacht] Shelly und Jaci freuen sich mit euch aufs nächste Mal. Tschüss!

[00:18:45]  Christina: Schönes Lesen!

[00:18:47]  [Outro-Musik]

[00:19:10]  [Pia spricht] S'Vorwort ist eine Produktion der Stadtbibliothek Innsbruck und Teil der Stadtstimmen, dem Audiokanal der Stadt Innsbruck. [Pia spricht]

Transkription

[00:00:00]  [Stimme moduliert] Vorsicht, der Genuss dieses Podcasts kann zu vermehrten Bibliotheksbesuchen führen. [Stimme moduliert]

[00:00:06]  [Intro-Musik] Boris: Herzlich willkommen Thomas Sautner.

[00:00:23]  Thomas, es freut mich, dass du nach Innsbruck gekommen bist.

[00:00:26]  Und wie ich jetzt vorher erfahren habe, dass du allererste Mal in Innsbruck lesen wirst.

[00:00:32]  Thomas Sautner: Danke Boris, du hast den Bann gebrochen. Ich freue mich da zu sein. Danke für die Einladung.

[00:00:36]  Boris: Ja, vielleicht wirst du dann in Zukunft Stammgast werden in Innsbruck. Thomas Sautner: Das würde mich freuen.

[00:00:40]  Boris: Mich auch. Vielleicht als erstes für die Hörerinnen und Hörer von uns, die dich noch nicht kennen.

[00:00:47]  Magst du kurz was über dich erzählen?

[00:00:49]  Thomas Sautner: Nein. Boris: Nein?

[00:00:50]  Thomas Sautner: Also, es gibt ja Autoren, die reden gern über sich. Ich rede nicht einmal gern über Bücher, ehrlich gesagt.

[00:00:56]  Am liebsten hätte ich die Leserinnen und Leser lesen einfach und man muss überhaupt nichts weiter reden.

[00:01:01]  Boris: Das heißt, du freust dich auf den Vorleseteileseil des heutigen Abends.

[00:01:05]  Thomas Sautner: Toll für den Podcast, ge? [beide lachen]

[00:01:06]  Boris: Dann mache ich das jetzt andersrum und werde dich ganz kurz vorstellen.

[00:01:15]  Also, Thomas Sautner kommst aus dem Waldviertel, lebst aber auch in Wien.

[00:01:19]  Hast du jetzt, glaube ich, den neunten Roman geschrieben?

[00:01:22]  Thomas Saunter: Der zehnte.

[00:01:23]  Boris: Der zehnte ist es. Also, mit dem bist du heute auch angereist.

[00:01:26]  Pavillon, 44. Genau.

[00:01:29]  Und spielt in einer psychiatrischen Einrichtung.

[00:01:33]  Aber da möchte ich jetzt auch gar nicht mehr weiter darauf eingehen.

[00:01:35]  Das kann man dann selber lesen, das Buch, würde ich vorschlagen.

[00:01:38]  Beziehungsweise, falls dieser Podcast dann in der Zukunft ausgestrahlt wird,

[00:01:42]  wart ihr ja vielleicht schon bei der Veranstaltung, die heute Abend stattfindet.

[00:01:47]  Jetzt meine allererste Frage, die jetzt ganz, um einfach eine gewisse Plastizität

[00:01:53]  vielleicht da reinzubringen:

[00:01:55]  Was trinkst du, wenn du schreibst?

[00:01:57]  Thomas Sautner: Kaffee.

[00:01:59]  Ich habe es schon mit allem probiert natürlich.

[00:02:02]  Allen Mittelchen.

[00:02:04]  Kaffee ist noch immer am besten.

[00:02:06]  Notizen mache ich mir auch mit allen anderen Getränken.

[00:02:11]  Aber wirklich schreiben, konzentriert schreiben,

[00:02:14]  ist der alte Kaffee immer noch am besten.

[00:02:17]  Boris: Und das ist der French Press, Filter oder Siebträger?

[00:02:21]  Thomas Sautner: Das ist furchtbar schwarz und furchtbar viel. [beide lachen]

[00:02:24]  Boris: Klingt nach einem stabilen Magen.

[00:02:29]  Thomas Sautner: Ja, noch funktioniert es.

[00:02:31]  Boris: Sehr gut.

[00:02:33]  Thomas Sautner: Es ist ja so bei mir, dass ich immer wieder nachts aufwache

[00:02:36]  und früher habe ich mich darüber geärgert, dass ich dann nicht weiter schlafen kann.

[00:02:39]  Mittlerweile habe ich es als großen Vorteil erkannt.

[00:02:42]  Also ich wache so um zwei Uhr in der Nacht auf, richte mich sofort auf,

[00:02:47]  schallte das Licht an, mein Laptop steht neben mir und dann geht es los.

[00:02:51]  Und dann ist der Geist wunderbar frisch.

[00:02:53]  Da brauche ich noch nicht einmal Kaffee.

[00:02:55]  Und dann geht es wirklich gut, das Schreiben, und nach ein, zwei Stunden,

[00:02:58]  wird man wieder müde.

[00:03:00]  Und nach drei, vier Stunden wacht man wieder auf

[00:03:02]  und dann beginnt der zweite, sozusagen der zweite Morgen,

[00:03:05]  um sechs, sieben, acht.

[00:03:07]  Großartig.

[00:03:09]  Ein doppelter Beginn.

[00:03:11]  Boris: Das ist natürlich, dann, denk ich, aber auch ein Vorteil des Schriftstellerseins,

[00:03:14]  dass man sich natürlich die Zeit weitestgehend frei einteilen kann.

[00:03:17]  Thomas Sautner: Natürlich, der Partner daneben war wieder ein bisschen genervt.

[00:03:21]  Boris: [lacht] Er erinnert mich an diese Szenen von älteren Filmen,

[00:03:27]  wo irgendwelche Kommissare im Bett liegen

[00:03:29]  und dann immer dieses Festnetztelefon neben ihnen im Bett steht,

[00:03:32]  das da nachts schellt.

[00:03:34]  Thomas Sautner:Das Kiloschwere damals noch.

[00:03:36]  Boris:Ich habe jetzt eine Frage, ich sage es ganz ehrlich,

[00:03:39]  die hat mir meine Kollegin aufgeschrieben,

[00:03:41]  weil die das so interessieren würde.

[00:03:43]  Und da es so ein Thema ist, das ja auch gerade

[00:03:45]  durch eigentlich alle kreativen Berufsbereiche durchmarschiert.

[00:03:48]  Hast du Sorge, dass die künstliche Intelligenz

[00:03:52]  dich als Schriftsteller irgendwann obsolet macht?

[00:03:56]  Thomas Sautner: [lacht leise] Nein, vielleicht ist das ein Grund,

[00:04:00]  mehr sich Sorgen zu machen, dass ich mir überhaupt keine Sorgen mache. [Boris lacht]

[00:04:04]  Wenn es wirklich so wäre, dass die KI bessere

[00:04:07]  Romane schreibt, ja, dann braucht es mich eh nicht.

[00:04:09]  Dann soll es so sein.

[00:04:13]  Ich weiß nicht. Vielleicht bin ich da zu naiv, aber ich kann mir nicht vorstellen,

[00:04:16]  dass KI spannendere Romane schreibt,

[00:04:19]  als der Mensch. Wir haben das heute diskutiert, ein bisschen anders:

[00:04:23]  Man müsste die KI so programmieren,

[00:04:25]  dass sie eben nicht der menschlichen Programmierung folgt,

[00:04:29]  sondern eingeladen wird, frei zu denken.

[00:04:32]  Das wäre spannend,

[00:04:34]  aber ob das möglich wäre.

[00:04:37]  Und dann ist ja die philosophische Frage,

[00:04:40]  es gibt ja ernstzunehmende Leute, die selbst sagen,

[00:04:45]  wir selbst sind KI, also ein Musk oder so.

[00:04:50]  Und es gibt ja auch die wunderbare Untersuchung,

[00:04:55]  dass unsere Entscheidungen hundertstel Sekunden fallen,

[00:04:58]  bevor wir sie treffen.

[00:05:00]  Aber ich lasse das einfach einmal so stehen

[00:05:03]  auf deine Frage, ob die KI besser in Romane schreiben wird. Wenn ja, dann werde ich sie

[00:05:07]  lesen, wenn es wirklich besser sind. Boris: Die Frage, die ich mir jetzt gerade gestellt habe, ist dann,

[00:05:11]  wie es dann sein wird, wenn ich an einem regnerischen Tag in Innsbruck die KI vom Hotel abhole

[00:05:16]  um sie zur Abendveranstaltung zu begleiten. Thomas Sautner: Sie wird das einfordern, wenn sie dann so tickt wie wir.

[00:05:21]  Boris: Jetzt eine Frage, die doch noch ein bisschen in der Thematik deines aktuellen Romans sich bewegt.

[00:05:29]  Und zwar, hast du das Gefühl, du hast öfters mit Verrückten zu tun? Thomas Sautner:Ja, natürlich, sobald du

[00:05:37]  in den Spiegel schaust, beginnt es damit. Du wirst das heute noch erleben, ich verrat das jetzt nicht.

[00:05:44]  Du wirst das heute noch erleben bei der Lesung, eine kleine Aktion. Ja, wir alle sind verrückt,

[00:05:49]  oder? Und das ist auch gut so, wenn wir herausgerückt sind, damit "ver-rückt" sind,

[00:05:55]  weil wenn wir immer nur dort bleiben, wo wir sind, werden wir nichts lernen. Und gerade in der

[00:06:00]  Literatur sind die Außenseiter, also die Hinausgerückten aus der Szene, die die die

[00:06:06]  Szene beobachten können, nur deshalb, weil sie eben herausgerückt - also "ver-rückt" - sind. Boris: Ja, ja, das stimmt,

[00:06:14]  das ist eine spannende Aufgabe auch, wobei ich mich ja selber als Veranstalter ja auch vielleicht

[00:06:18]  ein bisschen verrückt empfinden würde, weil sonst hätte ich ja auch nicht die selektive Wahrnehmung,

[00:06:23]  die ich dann habe. Thomas Sautner: Also, auch nicht verrückt geht es nicht. Das ist vielleicht auch das, was uns von

[00:06:26]  KI unterscheidet. Wenn die KI programmiert ist, soweit ich das verstanden habe, dann macht

[00:06:32]  sie exakt das, wie sie programmiert ist. Wir sind natürlich als Menschen auch programmiert,

[00:06:37]  durch Genetik, durch Erziehung, aber dann überraschen wir uns doch immer sogar selbst. Das wird

[00:06:45]  der KI nicht passieren. Sie wird erstens keine Überraschungen liefern und schon gar nicht

[00:06:50]  wird sie merken, dass sie sich selbst überrascht. Erst dann wird sie bessere Romane schreiben.

[00:06:54]  Boris: Ja- Thomas Sautner: Entschuldige, weil, gerade beim Schreiben überrasch ich mich. Wenn ich nur das schreiben

[00:07:01]  würde, was ich vor hätte, wäre es ein furchtbar langweiliges Buch, dann wäre es ein Sachbuch,

[00:07:06]  im besten Fall. Aber es ist immer eine Überraschung, das Schreiben. Ich kann das auch jedem empfehlen,

[00:07:12]  muss nicht unbedingt publizieren, das Schreiben an sich ist ein wunderbares Instrument, um sich

[00:07:17]  selbst zu entdecken, um die Welt neu zu entdecken und erst durch den Prozess des Schreibens entstehen

[00:07:22]  Gedanken, entstehen Gefühle, die ohne diesen Prozess des Schreibens nicht entstehen würden.

[00:07:27]  Das ist wie so ein Zaubertrick von dem der Zauberer, nämlich in dem Fall wir Schriftsteller,

[00:07:32]  selbst nicht wissen, wie es funktioniert, aber es funktioniert. Boris: Es ist ja auch, wenn ich da

[00:07:36]  jetzt einen Gedanken von mir ergänzen darf, es ist ja auch so, wenn man selber irgendwo nicht weiter

[00:07:40]  kommt und spricht mit jemandem über das - monologisch - plötzlich kommen Lösungen.

[00:07:45]  Thomas Sautner: Oder, gerade vorher haben wir Mikro-Probleme, Mikroständer-Probleme, du hast deine

[00:07:50]  liebe Kollegin gebeten, ob sie uns helfen kann, sie ist hergekommen und während des

[00:07:55]  Herkommens hat es schon funktioniert. Boris: Jetzt wenn du beim Schreiben selbst überrascht wirst,

[00:08:00]  von dir, wann hast du das Gefühl oder passiert es immer wieder, dass du was schreibst und dann

[00:08:06]  liest du es und denkst: Wow, das war jetzt aber ein toller Satz, oder ... ? Thomas Sautner: Natürlich passiert das und

[00:08:11]  man darf nur nicht den Fehler machen, dann Minuten vergehen zu lassen und das noch einmal zu

[00:08:15]  lesen. [beide lachen] Jede Schriftstellerin, jeder Schriftsteller ist immer manisch und depressiv, natürlich, manisch, wenn man

[00:08:24]  kurz einmal glaubt, man hat was großartig Geniales geschrieben und depressiv, wenn man, wenn man

[00:08:28]  am nächsten Tag liest und drum ist es immer ein Arbeiten und Überarbeiten und wieder und

[00:08:34]  wieder überarbeiten, aber tatsächlich sind die Passagen, die Sätze, die Sentenzen am besten,

[00:08:41]  wo man am wenigsten getan hat, wo eben dieser Überraschungseffekt, dieses zweite Ich schreibt,

[00:08:47]  dann ist es gut und dann bleibt es auch gut nach mehrmaligem Kontrollieren und Lesen.

[00:08:51]  Boris: Wir sind schon fast am Ende der Zeit unseres "Kurz und Schmerzlos", man kann es auch "Kurz und

[00:08:58]  Bündig" nennen. Ich habe jetzt als letzte Frage noch die Frage, kannst du unseren Hörerinnen und Hörern

[00:09:05]  ein Buch empfehlen? Thomas Sautner: Also ich kann eigentlich alles von Richard Powers empfehlen, aber im Besonderen

[00:09:11]  vielleicht den Roman "Erstaunen". Sehr berührend, philosophisch großartig, habe ich mit Vergnügen

[00:09:17]  und Gänsehaut und großer Demut und Freude gelesen, sehr gut. Boris: Vielen Dank, Thomas, fürs Gespräch und

[00:09:23]  ich freue mich schon auf den heutigen Abend. Thomas Sautner: Ich mich auch, und auf viele Leserinnen und Leser

[00:09:28]  hoffentlich. Boris: Dankeschön. Thomas Sautner: Alles Liebe. [Outro-Musik]

[00:09:31]  [Boris spricht] S'Vorwort ist eine Produktion der Stadtbibliothek Innsbruck und Teil der Stadtstimmen,

[00:09:59]  dem Audiokanal der Stadt Innsbruck. [Boris spricht]

Transkription

[00:00:00]  [moduliert] Vorsicht, der Genuss dieses Podcasts kann zu vermehrten Bibliotheksbesuchen führen. [moduliert]

[00:00:07]  [Intro-Musik] Christina: Hallo und herzlich willkommen zurück zum Vorwort, den Podcast der Stadtbibliothek Innsbruck.

[00:00:28]  Mein Name ist Christina und die Pia kann heute leider nicht dabei sein.

[00:00:34]  Pia, wenn du das hörst, ganz liebe Grüße an dich.

[00:00:37]  Aber meine lieben Zuhörerinnen und Zuhörer, während Pias Abwesenheit natürlich extrem schade ist,

[00:00:43]  können wir jetzt einmal so ganz unter uns mal etwas Abwechslung ins Vorwort bringen.

[00:00:48]  Ihr kennt ja bereits die Shelley und die Jaci.

[00:00:52]  Die beiden haben bereits einige Folgen vom Vorwort gehostet

[00:00:55]  und jetzt haben sie der Pia und mir eine Lesechallenge gestellt und uns dazu herausgefordert.

[00:01:01]  Da können wir natürlich nicht nein sagen.

[00:01:03]  Wir setzen sogar noch eines drauf und rufen hiermit ganz offiziell das erste Podcast-Herbstlesefest aus.

[00:01:10]  Nur hier bei uns im Vorwort.

[00:01:12]  Was bedeutet das jetzt genau?

[00:01:14]  Im Oktober und November geht es bei uns literarisch zu.

[00:01:18]  Wir setzen uns gegenseitig literarische Challenges und lesen für -

[00:01:23]  und wenn ihr möchtet mit - euch Romane und besprechen sie dann in der darauffolgenden Episode.

[00:01:30]  Also, wir kündigen einen Roman in der Folge an, die ihr gerade anhört

[00:01:36]  und haben dann zwei Wochen Zeit hineinzuschmökern.

[00:01:40]  Die Folge da drauf nutzen wir, um uns zu besprechen, reden über den Roman,

[00:01:46]  geben Hintergrundinfos und interessante Fakten

[00:01:49]  und wenn ihr Lust und Laune habt, lest doch einfach mit.

[00:01:53]  Und weil es so viel lustiger für uns ist, werden die Hosts des Podcasts sich gegenseitig Lesechallenges setzen.

[00:02:01]  Wir lassen uns also überraschen und wissen bis zur Aufnahme der jeweiligen Folge gar nicht,

[00:02:06]  was wir mit euch als nächstes lesen.

[00:02:10]  Hören wir uns doch mal gemeinsam die Sprachnachricht an, die Shelley und Jaci uns hinterlassen haben:

[00:02:16]  [Beginn Sprachnachricht] Jaci: Hallo, liebe Christina, hallo, liebe Pia. Wir melden uns aus dem Off mit eurer Lesechallenge.

[00:02:24]  Shelly: Und zwar haben wir uns gedacht, da ja am 3.10., das ist er Donnerstag um 19 Uhr bei uns im Veranstaltungssaal,

[00:02:33]  die Lesung mit Thomas Sautner und seinem neuen Roman "Pavillion 44" stattfindet,

[00:02:39]  dass ihr euch da optimal darauf vorbereiten könnt und deshalb das Buch lesen könnt.

[00:02:44]  Jaci: Genau. [lacht] Also wir wünschen viel Spaß bei der Lektüre und wir hören uns in zwei Wochen. Shelly: Genau, viel Spaß. [Ende Sprachnachricht]

[00:02:51]  Das ist natürlich eine sehr gute Idee für eine Veranstaltung, die auch heute im Haus stattfindet.

[00:02:57]  Das heißt, heute ist der Tag, an dem der Podcast online geht, das ist der 3.10.

[00:03:02]  Bedeutet für alle Kurzentschlossenen in ins Prokundunggebung.

[00:03:07]  Damit ihr abschätzen könnt, ob ihr das Buch mit uns lesen möchtet,

[00:03:11]  schaut doch einfach in den Shownotes vorbei, dort findet ihr alle interessanten Fakten zu dem Buch,

[00:03:16]  mit Inhaltsangaben und worum es geht.

[00:03:19]  Ich freue mich sehr, danke Shelly und Jacqueline für die tolle Challenge.

[00:03:23]  Wenn ihr jetzt Lust bekommen habt, lest doch den Roman mit uns.

[00:03:27]  In zwei Wochen hören wir uns dann wieder und besprechen das Buch, was uns gefallen hat, was nicht so,

[00:03:33]  was es mit dem Titel auf sich hat und dann noch viele weitere Fun Facts rund ums Buch.

[00:03:37]  Ihr kommt nicht zum Lesen? Das ist egal.

[00:03:40]  Ihr könnt die Folge trotzdem mit genießen und euch inspirieren lassen.

[00:03:43]  Und dann vielleicht für das Buch, dass wir als nächstes zusammen lesen

[00:03:47]  und dann am Ende der nächsten Folge ankündigen werden.

[00:03:50]  Ihr habt das Buch gelesen oder lest es gar mit uns? Teilt uns eure Meinung mit

[00:03:56]  und unter allen Einsendungen haben wir einen ganz tollen Preis,

[00:04:00]  verlosen wir nämlich ein signiertes Exemplar von "Pavillon 44".

[00:04:04]  Schreibt uns dazu einfach auf Instagram

[00:04:07]  unter dem Handle "stadtbibliothek.innsbruck"

[00:04:11]  oder unter post.stadtbibliothek@innsbruck.gv.at.

[00:04:16]  Also, teilt uns eure Meinung.

[00:04:19]  Wir nehmen die in den Podcast mit auf und in unsere Diskussion über das Buch

[00:04:23]  und ihr habt die Chance ein signiertes Exemplar von "Pavillon 44" zu gewinnen.

[00:04:28]  Und, ein Vögelchen hat mir geflüstert, dass der Thomas Sautner

[00:04:33]  für ein kurzes Interview im Podcast zu hören sein wird.

[00:04:36]  Darauf sind wir natürlich besonders gespannt.

[00:04:38]  Damit bleibt mir nur noch euch ein gutes Lesen zu wünschen.

[00:04:42]  Vergesst nicht uns zu schreiben, wie es läuft.

[00:04:45]  Und wir hören uns in der nächsten Folge, in der wir "Pavillon 44" dann zusammen mit der Pia besprechen.

[00:04:51]  Tschüss und bis zum nächsten Mal. Schönes Lesen!

[00:04:54]  [Outro-Musik]

[00:05:16]  [Boris spricht] S'Vorwort ist eine Produktion der Stadtbibliothek Innsbruck und Teil der Stadtstimmen,

[00:05:23]  dem Audiokanal der Stadt Innsbruck. [Boris spricht]

 

Transkription

[00:00:00]  [Stimme moduliert] Vorsicht, der Genuss dieses Podcasts kann zu vermehrten Bibliotheksbesuchung führen. [moduliert]

[00:00:07]  [Intro-Musik] Christina: Hallo und herzlich willkommen zurück zum Vorwort, dem Podcast der Stadtbibliothek

[00:00:25]  Innsbruck. Ich bin die Christina und die Pia ist zu diesem Zeitpunkt, oder dem Zeitpunkt dieser

[00:00:32]  Aufnahme bei einer wichtigen Fortbildung, nämlich zu den Neuerscheinungen, die rund um den Oktober

[00:00:38]  herauskommen für die im Oktober anstehende Frankfurter Buchmesse. In der letzten Folge haben

[00:00:45]  die Pia und ich unsere Sprachgeschichte mit euch geteilt und euch erzählt, warum wir beide

[00:00:49]  Englisch sprechen und dem ein oder anderen oder der ein oder der anderen hoffentlich ein paar

[00:00:56]  Inspirationen mitgegeben, wie man den Start in eine andere Sprache findet. In der heutigen Folge

[00:01:03]  wird es einmal mehr um das Thema Mehrsprachigkeit gehen, diesmal jedoch nicht nur aus persönlicher

[00:01:10]  Sicht, sondern aus kulturhistorischer und vor allen Dingen bibliothekspädagogischer Sicht. Wie

[00:01:17]  bereits angekündigt habe ich mir dafür extra Hilfe geholt, nämlich einer Expertin. Heute ist

[00:01:23]  unsere liebe Kollegin die Veronika bei uns. Veronika, herzlich willkommen im Podcast. - Veronika: Ja,

[00:01:29]  hallo. - Christina: Möchtest du dich unseren Zuhörer*innen vorstellen, wie vielleicht einmal sagen, was

[00:01:35]  deine Rolle bei uns im Haus ist? - Veronika: Ja, ich bin Bibliothekarin hier im Haus mit dem Schwerpunkt

[00:01:42]  Zielgruppenarbeit. Das ist für uns so ein ganz geläufiges Wort. Ich sage vielleicht ganz kurz,

[00:01:47]  was wir darunter verstehen. In der Bibliothek bieten wir ja nicht nur Medien zum Verleih an,

[00:01:54]  wir bieten auch alle möglichen Veranstaltungen und Angebote zum Mitmachen, zum Dabei sein,

[00:02:02]  zum Zuhören, zum Diskutieren, zum Lernen, zum Philosophieren für unser Publikum an,

[00:02:08]  zum Dabei sein für verschiedene Zielgruppen. Das sind einerseits Kinder und Jugendliche,

[00:02:14]  das sind aber auch Erwachsene, Menschen mit spezifischen Bedürfnissen, wie zum Beispiel Menschen

[00:02:19]  mit Deutsch als Zweitsprache, Senioren und Seniorinnen. Aber im Grunde gehört jeder und

[00:02:26]  jede zu irgendeiner unserer Zielgruppen. Und wir entwickeln da spezifische Angebote auf

[00:02:32]  verschiedenen Ebenen. Das ist eigentlich meine hauptsächliche Aufgabe hier im Haus. - Christina: Genau, und du machst

[00:02:40]  all diese schönen Sachen, zum Beispiel hat es, natürlich mit Hilfe von anderen Kolleg*innen,

[00:02:47]  die das auch fleißig organisiert haben, - den Viktor kennt ihr schon, der war ja schon bei uns im Podcast

[00:02:53]  auch - das "Sprachcafé" zum Beispiel gegeben. - Veronika: Ja, das ist eine Sache, die wir begonnen haben in

[00:03:02]  unserem Zielgruppen-Team vor, ich glaube, ja vor drei Jahren, der sogenannte Sprach-Aperitivo,

[00:03:10]  wo wir einmal im Jahr, immer im Herbst, im September dazu einladen, mit zu plaudern in einer

[00:03:19]  Sprache, die jedes Mal eine andere ist. Wir hatten bereits Italienisch zu Gast. Wir hatten letztes

[00:03:26]  Jahr eine englische Tea-Time und wir hatten jetzt diese Woche Eric Ginestet bei uns zu Gast,

[00:03:36]  der auf Französisch uns ganz genau erklärt hat, welchen Wein zu welchem Käse man trinken [Christina lacht leise]

[00:03:45]  sollte. Und das sind immer sehr nette Veranstaltungen, wo es einfach darum geht, die Scheu zu verlieren,

[00:03:52]  in einer anderen Sprache zu sprechen, sich einfach spielerisch darauf einzulassen. Und das wird

[00:03:58]  immer auch sehr gut angenommen. - Christina: Ja, für alle, die noch nicht dabei waren, es ist wirklich

[00:04:03]  eine ganz besondere Veranstaltung, die auch auf der Fläche stattfindet bei unserem Lesecafé. Es

[00:04:10]  gibt immer was Gutes zum Essen, zum Probieren, zum Verköstigen, weil Sprache geht ja auch durch

[00:04:15]  den Magen oder so ähnlich. - Vero: [amüsiert] Genau. - Und es ist eine herrliche Stimmung. Also haltet Ausschau nach dem nächsten

[00:04:21]  Sprach-Apero und das lohnt sich total. Es ist eine ganze gemütliche Angelegenheit, ja, jedes Mal so

[00:04:30]  bezaubernd, auch wenn wir im Dienst sind. Wir mögen diese Tage sehr, sehr gerne. Veronika,

[00:04:35]  du hast ja eine besondere Beziehung zur französischen Sprache. Ist das richtig? - Veronika: Ja, auch. Ich bin selber

[00:04:44]  in einer binationalen Familie aufgewachsen. Meine Mutter ist Belgerin und mein Vater war Österreicher.

[00:04:54]  Wir sind hier in Österreich, in Innsbruck aufgewachsen. Aber wir waren natürlich auch ganz oft in

[00:05:00]  Belgien bei meiner Großmutter und dort wurden immer mehrere Sprachen gesprochen. Einerseits

[00:05:07]  natürlich Flämisch. Flämisch ist die belgische Variante des Niederländischen und andererseits

[00:05:13]  auch Französisch und natürlich auch Deutsch. Meistens ist es ja so, dass niederländisch-sprachige

[00:05:19]  Menschen Deutsch sehr gut verstehen. Umgekehrt ist es nicht ganz so. Das hat was

[00:05:23]  mit dieser Lautverschiebung zu tun. Da könnten jetzt Sprachwissenschafter*innen,

[00:05:27]  könnten uns das jetzt ganz genau erklären, warum das so ist. Und diese Vielfalt der Sprachen,

[00:05:32]  das war eigentlich für uns Kinder, also mich und meine Schwestern, immer schon Normalität.

[00:05:39]  Auch die Situation, dass man am Esstisch sitzt mit der Verwandtschaft und nicht alles versteht.

[00:05:44]  Also meine Mutter und meine Tanten, die haben dann Niederländisch gesprochen am Tisch, das

[00:05:50]  haben wir so halb verstanden. Und immer, wenn es dann um etwas gehen sollte, was wir Kinder nicht

[00:05:56]  verstehen sollten, was nur für Erwachsene war, sind sie ganz plötzlich ins Französische

[00:06:01]  gewechselt. Das konnten wir damals als Kinder noch nicht. - Christina: Aha! -  Und immer, wenn er plötzlich Französisch

[00:06:06]  gesprochen wurde, dann wussten wir, okay, jetzt geht es um irgendwas ganz, ganz spannendes, [Christina lacht]

[00:06:11]  ganz was Interessantes, was wir nicht wissen dürfen. Und im Laufe der Zeit hat man doch das eine

[00:06:17]  oder andere verstanden. Aber diese Situation mehrerer Sprachen, die Situation einen Teil zu verstehen,

[00:06:27]  einen Teil nicht zu verstehen, das ist mir von Kindheit aus schon sehr vertraut. Ja. - Christina: Und ich

[00:06:33]  bin mir, ich kann mir vorstellen, dass das auch ein sehr nützliches Wissen ist, auch für deine Arbeit,

[00:06:39]  auch was die Arbeit an der Sprache und an den Sprachen betrifft. Die Pia und ich haben uns ja

[00:06:47]  letzte Folge darüber ausgetauscht, wie das ist eine Zweitsprache, wir haben es genannt,

[00:06:51]  zu "adoptieren". Und aus der sehr privilegierten Position heraus, das über den Bildungsweg

[00:06:56]  freiwillig zu machen in dem Land, wo wir eigentlich unsere Erstsprache sprechen,

[00:07:03]  wo unsere Erstsprache die Amtssprache ist und wo wir eigentlich eher suchen müssen,

[00:07:10]  um unsere "adoptierte Zweitsprache", also Englisch um uns zu haben, so ein bisschen. Deswegen,

[00:07:16]  was du gerade schilderst, ist ja dann eine ganz andere Situation. Wir haben ja sehr viele

[00:07:21]  Menschen, die in Österreich auch leben, die das nicht unbedingt freiwillig haben,

[00:07:27]  dass sie in diese Zweitsprache Deutsch eintauchen. Ja. - Veronika: Ja. Also ich glaube, generell mehrsprachig

[00:07:38]  aufzuwachsen oder im Laufe seines Lebens mit mehreren Sprachen zu leben, fördert auch

[00:07:47]  das Sprachbewusstsein ganz stark. Und ich glaube, man sieht das auch, wenn man jetzt die aktuelle

[00:07:54]  deutschsprachige Literatur nimmt, dann gibt es da ganz viele Autoren und Autorinnen, die Deutsch

[00:08:01]  als Zweitsprache haben und aber hervorragend auf Deutsch schreiben. Also wenn man jetzt zum Beispiel

[00:08:08]  den heurigen Bachmannpreisträger nimmt, Tijan Sila, übrigens ganz große Leseempfehlung.

[00:08:15]  Tijan Sila ist in Bosnien aufgewachsen und dann mit der Familie auch als Folge des

[00:08:22]  Bosnienkrieges nach Deutschland ausgewandert in seinen Jugendjahren und schreibt jetzt auf

[00:08:30]  Deutsch und im deutschen Sprachraum gibt es ja ganz viele Kulturschaffende, die Deutsch sich erst

[00:08:37]  sekundär, also als Zweitsprache angeeignet haben und jetzt sehr produktiv mit dieser Sprache umgehen.

[00:08:45]  Also Mehrsprachigkeit kann auch ein Kick sein quasi in die Kreativität und in einen sehr

[00:08:54]  bewussten, sehr reflektierten Umgang mit Sprache. - Christina: Du hast gesagt, es stärkt das Sprachverständnis und

[00:09:02]  ich finde, es stärkt auch die Empathie, weil Kommunikation verläuft ja auch nicht nur auf

[00:09:09]  sprachlicher Ebene natürlich und gerade wenn man in die Situation kommt, wo man sich vielleicht

[00:09:14]  sprachlich nicht versteht, lernt man umso besser andere Kommunikationsmodelle kennen.

[00:09:20]  Veronika: Absolut, ja und ich würde auch nur dazu sagen, jede Sprache hat ja auch eine andere, bringt eine

[00:09:31]  andere Kultur der Kommunikation mit sich. Man drückt sich anders aus. Es sind nicht nur andere

[00:09:38]  Wörter und eine andere Grammatik, es ist eine andere Art des sprachlichen Verhaltens. Also zum

[00:09:46]  Beispiel hat meine Mutter immer wieder erzählt, wie sie nach Österreich kam in den 60ern nach

[00:09:52]  Tirol in ein damals noch sehr traditionell geprägtes Tirol. Sie war wirklich eine Exotin quasi

[00:09:58]  als Ausländerin hier - war sie verwundert, wie wenig man eigentlich mit Kindern spricht. Also

[00:10:05]  wie sie war einen viel sprachlicheren Ausdruck, ein viel stärkeres Sprechen miteinander, ein

[00:10:16]  Einbetten in zärtliche Worte. Also wir wurden als Kinder wirklich eingepackt in ganz viel

[00:10:25]  sprachliche Liebkosung. Ich will jetzt mit sagen, dass man in Tirol nicht zärtlich mit Kindern ist!

[00:10:32]  Aber, es ist eine andere Art. Zum Beispiel im Flämischen gibt es diese sehr zärtlichen Verkleinerungsformen

[00:10:40]  von Namen. Also jeder Name wird irgendwie abgewandelt. Man ist nicht "Veronika", man ist

[00:10:49]  "Veronika-ke", oder "Veronique-kske" und so ist jeder wird so mit Zärtlichkeit benannt. Und das hat

[00:11:00]  ein ganz anderen Stellenwert. Und für sie war dieser eher rauer Ton bei uns, der ja auch eine

[00:11:06]  gewisse Ästhetik hat, das würde ich gar nicht absprechen, aber dieser eher raue Ton war für

[00:11:13]  sie sehr befremdlich am Anfang. Und so bringt jede Sprache, bringt ihre Kultur mit, des Miteinanders,

[00:11:19]  und da gibt es dieses wunderschöne Zitat von Walter Benjamin: "Jede Sprache teilt sich selbst mit."

[00:11:27]  Also jede Sprache ist nicht nur ein Medium, etwas zu transportieren, sondern jede Sprache hat auch

[00:11:33]  ihre eigene Botschaft, ihren eigenen Inhalt. Und ich glaube, egal ob man in einer Sprache

[00:11:42]  aufwächst, mehrsprachig aufwächst oder Sprache sich sekundär dann noch einmal aneignet,

[00:11:47]  einfach sich darauf einzulassen auf eine andere Sprache, birgt schon das Potenzial,

[00:11:55]  dass man die eigene Weltsicht ein bisschen vergrößert. Und deshalb ist es das Wert auf jeden Fall,

[00:12:02]  auch sich mit Sprachen auseinanderzusetzen. - Christna: Findest du das Sprache was mit Identität zu tun hat?

[00:12:09]  Veronika: Unbedingt. Unbedingt. Also es beginnt schon bei der Stimme. Man moduliert ja auch die Stimme anders,

[00:12:18]  wenn man es in einer anderen Sprache spricht. Sprache kommt ja auch, wenn man es mal ganz basal

[00:12:26]  sehen, aus dem Körper über unseren Stimmapparat. Sprache hat ganz viel damit zu tun, wer wir sind,

[00:12:34]  als wer wir auch gesehen werden wollen und was uns ausmacht. Und sehr viele Menschen, die migriert

[00:12:43]  sind und jetzt in einem anderen Ort, in einer anderen Sprache leben, beschreiben dann auch so diesen

[00:12:48]  Zeitpunkt, wenn sie beginnen, nach vielen Jahren in einer anderen Sprache, in einer neuen, erworbenen

[00:12:55]  Sprache zu träumen. Das ist dann auch oft so - zeigt dann so das tiefere Eintauchen in eine Sprache.

[00:13:05]  Und ein sehr schönes Beispiel, auch literarisch, wenn man sich das anschauen will, was Sprache mit

[00:13:11]  Identität zu tun hat, zum Beispiel Elias Canetti, der ja also ganz wichtiger, großer Autor des

[00:13:20]  20. Jahrhundert, der auf Deutsch geschrieben hat, der mit vier Sprachen aufgewachsen ist. Er ist ja in

[00:13:28]  Rustchuk [red. Anm.: heute Ruse] geboren. Das ist im heutigen Bulgarien in einer jüdischen Familie, einer sephardisch-jüdischen

[00:13:39]  Familie. Das heißt, die haben zu Hause Ladino gesprochen, die Sprache der sephardischen Juden

[00:13:45]  und Jüdinnen, waren dann aber auch von Bulgarisch umgeben, natürlich in der Umgebung, auch von

[00:13:52]  Türkisch, weil es noch durch das Osmanische Reich so geprägt war. Das war ja auch die Region,

[00:13:57]  war Teil des Osmanischen Reiches auch lange Zeit. Und seine Eltern haben aber miteinander nur

[00:14:04]  als Paar Deutsch gesprochen, ganz exklusiv. Die Kinder sollten es nicht verstehen. Und er hat dann

[00:14:12]  erst, wie sein Vater verstorben ist, von seiner Mutter Deutsch gelernt oder auf Deutsch geschrieben.

[00:14:17]  Und er hat dann aber später noch gesagt, dass zum Beispiel sein bulgarisches Kindermädchen,

[00:14:25]  hat ihm auf Bulgarisch Märchen erzählt. Und er hat dann später im Leben gesagt, er könnte jetzt

[00:14:30]  keinen Satz mehr

[00:14:32]  auf Bulgarisch sagen. Er würde die Sprache nicht mehr so herbringen, aber dieser Klang,

[00:14:37]  der Bulgarischen Märchen, die ihm sein Kindermädchen erzählt hat, dieser Klang, den hört er immer noch und

[00:14:47]  der beeinflusst auch sein literarisches Werk auf Deutsch. Also so lassen sich Sprachen auch nicht

[00:14:55]  wirklich so trennen. Jede Sprache, die in unser Leben tritt, beeinflusst auch unser Sprachgefühl,

[00:15:03]  unser Gefühl für Rhythmus, für Klangfarbe, für Sprachmelodie. Und ja, in der Literatur kann

[00:15:11]  man das sehr gut nachvollziehen. Aber es ist auch für uns alle, auch für die, die nicht schreiben,

[00:15:17]  etwas, was sehr wichtig ist in unserem Leben und dem wir auch mehr Aufmerksamkeit schenken sollten.

[00:15:23]  Christina: Mhm. Und vor allen Dingen auch die positive Aufmerksamkeit, die das eigentlich verdient. Im Vorgespräch oder

[00:15:31]  im Vorfeld unserer Aufnahme haben wir uns ja über ein paar Themen schon ausgetauscht und da hast

[00:15:39]  du auch gesagt, dass es kulturhistorisch eigentlich die Normalität war, mehrsprachig zu sein. Du hast

[00:15:47]  jetzt schon mehrere Beispiele genannt, also von -  wie viele Menschen, in dem Fall Literaten, du selber

[00:15:56]  eben auch mehrsprachig, also ganz selbstverständlich mehrsprachig aufgewachsen sind. Kannst du uns

[00:16:02]  da aus diesem kulturhistorischen Aspekt noch was sagen, weil heute hat man ja das Gefühl manchmal

[00:16:08]  im öffentlichen Diskurs, als wäre die Mehrsprachigkeit was Neues und eventuell sogar was Schlechtes,

[00:16:16]  was wir und ich glaube, dass du mir dazustimmen wirst, ja überhaupt nicht so sehen. Oder? - Veronika: Mhm, ja. - Und vielleicht

[00:16:24]  kannst du da was dazu sagen ... Veronika: Ja, also wenn man sich die Geschichte Europas jetzt genauer anschaut,

[00:16:30]  das Denken, das ein Staat eine Sprache hat, das ist ja eigentlich erst mit der Entstehung der

[00:16:42]  modernen Nationalstaaten, vor allem im 18. und 19. Jahrhundert entstanden. Wenn wir jetzt zum

[00:16:49]  Beispiel Frankreich als Beispiel nehmen. In Frankreich gab es viele Sprachen, viele regionale

[00:16:56]  Sprachen, Okzitanisch, Bretonisch, an der Grenze im Grenzraum zu den Niederlanden,

[00:17:04]  Flämisch, im Grenzraum zu Spanien, Katalanisch. Also da gab es viele Sprachen und es war auch

[00:17:14]  einfach dann irgendwann der politische Wille eine nationale einheitliche Sprache zu haben.

[00:17:20]  Und diese kleinen Sprachen, die regionalen Sprachen, die Minderheitensprachen,

[00:17:25]  wurden ja auch in einem, im weitesten Sinn, gewalttätigen Prozess eigentlich, ja, es wurde ihnen

[00:17:34]  einfach kein Platz mehr geboten. Und teilweise wurden solche Sprachen dann auch verboten in

[00:17:40]  dieser Entstehung der modernen Nationalstaaten. Und es gab einfach viele Regionen, die über die

[00:17:47]  Geschichte hinweg immer zweisprachig waren, wenn man zum Beispiel das Elsass nimmt, wo ja

[00:17:52]  Deutsch und Französisch immer präsent waren, aber auch wenn man Osteuropa nimmt,

[00:17:58]  wo viele Regionen mehrere Sprachen hatten. Und es natürlich auch immer politische Fragen waren

[00:18:03]  und auch das Ergebnis von kriegerischen Auseinandersetzungen war, welche Sprache sich wo durchsetzt.

[00:18:10]  Auch in Österreich haben wir ja Minderheitensprachen wie Kroatisch und Slowenisch und

[00:18:17]  denke mir moderne Demokratien heute zeichnen, kann man ja immer auch danach beurteilen,

[00:18:24]  wie gehen sie mit ihren Minderheitensprachen um. - Christina: Mhm. -  Es ist ja auch so ein Gradmesser für den Umgang

[00:18:32]  mit Vielfalt, wie viel Verschiedeneheit darf denn sein, darf denn auch normal sein? Und gerade in

[00:18:40]  Europa waren ja auch immer viele Leute insofern zweisprachig, zum Beispiel Latein war lange

[00:18:47]  Zeit die [betont] Sprache nicht nur der Religion, sondern auch der Wissenschaft. Bis ins 18. Jahrhundert wurde an

[00:18:54]  den Universitäten Latein als Sprache einfach auch gesprochen, später dann Französisch als Sprache

[00:19:00]  des Adels oder der Diplomatie, dann natürlich auch die Juden und Jüdinnen, die ja meistens auch eine

[00:19:07]  zweite Sprache, sei es Jiddisch, sei es Ladino mitgebracht haben und gepflegt haben. Also viel,

[00:19:15]  viel mehr Menschen waren mehrsprachig als wir das heute so glauben, dass früher alles so einheitlich

[00:19:23]  gewesen wäre. - Christina: Und unseren Zuhörerinnen ist vielleicht auch bereits aufgefallen, dass wir im

[00:19:30]  Podcast vor allem die Begriffe "Erst- und Zweitsprache" nutzen. Man nennt es ja aber doch noch

[00:19:38]  auch anders, gerade im Alltag. Wie stehst denn du zu den Begriffen "Fremdsprache" und "Muttersprache"?

[00:19:45]  Beziehungsweise: Warum entscheiden wir uns in Bibliothekskontext dafür, diese anderen Begriffe zu verwenden?

[00:19:56]  Ja, "Fremdsprache" ist natürlich mit diesem Wort "fremd" irgendwie behaftet mit so einer Bewertung,

[00:20:06]  mit die wir nicht so gerne verwenden. Deshalb sprechen wir eher von "Zweitsprache". Das Wort

[00:20:14]  "Muttersprache", ich finde, das gibt es viele verschiedene Ebenen. Einerseits hat es natürlich

[00:20:22]  auch was Schönes, die allermeisten von uns lernen ihre erste Sprache doch in der Kommunikation auch

[00:20:31]  mit ihrer Mutter oder mit jener Person, die diese Mutterrolle, ob das dann eine Frau oder ein Mann

[00:20:39]  ist, diese Mutterrolle auch einnimmt. Es zeigt auch, dass Sprache ja eingebettet ist in einer

[00:20:48]  soziale Beziehung, in dem Fall die erste, wichtigste kindliche Beziehung. Aber natürlich ist das Wort

[00:20:56]  "Muttersprache" auch irgendwo ideologisch aufgeladen, genauso wie das Wort "Heimat" ideologisch aufgeladen

[00:21:05]  ist. Ich glaube nicht, dass wir jetzt irgendwelche Wörter aus unserem Wortschatz komplett verbannen

[00:21:13]  müssen. Es geht darum, wie bewusst wie sie verwenden. - Christina: Es geht um achtsames Verwenden der Wörter. - Veronika: Genau. - Christina: Also

[00:21:20]  wir schließen die jetzt nicht unbedingt aus unserem Sprachgebrauch aus. Uns geht es darum,

[00:21:26]  achtsam mit all unseren Mitmenschen umzugehen. Und ich stimme dir da in allen zu, außer vielleicht

[00:21:32]  im Begriff "Muttersprache", weil für mich ist die, aber da hast du ja auch schon was dazu gesagt,

[00:21:38]  dass "Mutter" als Wort ideologisch aufgeladen ist, unabhängig von "Sprache". Aber ich glaube,

[00:21:45]  das wäre noch einmal ein eigener Podcast. - Veronika: Da könnten wir sehr viel darüber reden. Also das Thema

[00:21:51]  Mutter ist natürlich generell emotional, ideologisch, gesellschaftlich auch natürlich was Gender

[00:22:01]  betrifft unglaublich mit Bedeutungen aufgeladen. Aber das zeigt ja auch wieder das Interessante an

[00:22:06]  Sprache. Kein Wort steht für sich alleine, sondern bringt immer ganz viel Kontext mit sich. - Christina: Du hast

[00:22:15]  vorhin von einem, wie ich finde, plädiert für einen wertschätzenden Umgang mit verschiedenen

[00:22:22]  Sprachen, seien es die, ich nenn es jetzt mal grob "Amtsprachen" oder die "Hauptsprachen" in

[00:22:28]  einem Land oder die Minderheitensprachen. Und das ist auch etwas, das du in der Programmengestaltung

[00:22:36]  darzustellen versuchst. Und das erste woran ich da denke, ist das Bilderbuchkino. Das hat nämlich

[00:22:43]  eine Besonderheit. Welche ist das denn? - Veronika: Wir haben immer wieder für Kinder im Vorschulalter mit ihren

[00:22:52]  begleitenden Erwachsenen Veranstaltungen, die nennen sich dann Vorlesezeit oder Familienmatinee,

[00:23:00]  häufig mit einem Bilderbuchkino. Und die machen wir, nicht immer, aber doch in regelmäßigen

[00:23:08]  Abständen in mehreren Sprachen, zweisprachig, um auch die Situation zu schaffen, dass auf der Bühne

[00:23:16]  eine zweite Sprache gesprochen wird. Und das schafft noch einmal eine andere Ebene, also zu sehen,

[00:23:27]  auch für Menschen, die nicht Deutsch als Erstsprache haben. "Meine Sprache wird hier nicht nur akzeptiert",

[00:23:36]  irgendwie, oder respektiert, "sie wird auch auf die Bühne geholt." Das schafft noch einmal ein zusätzliches

[00:23:44]  Stück Wertschätzung für eine Sprache. Gleichzeitig gestalten wir das dann immer so, dass es in jeder,

[00:23:51]  auch für diejenigen, die diese Sprache dann nicht sprechen, auf Deutsch gut alles nachvollziehbar ist

[00:23:58]  und auch wenn man jetzt die andere Sprache nicht beherrscht, man alles versteht. Man ist dann aber

[00:24:05]  in der Situation, dass man nicht jeden einzelnen Satz, der auf der Bühne gesprochen wird, versteht.

[00:24:09]  Und diese Situation des Nichtverstehens einzelner Teile ist auch ganz wichtig im Hinblick auf das

[00:24:20]  Sprachbewusstsein. Wenn ich selber mal mich dieser Situation ausgesetzt habe, ich verstehe

[00:24:26]  irgendwas nicht, wie man es ja auch oft auf Reisen hat. Man ist umgeben vielleicht von Leuten und

[00:24:32]  man versteht einfach kein Wort. Das ist ja auch eine Situation der Unsicherheit. Aber sich dem

[00:24:38]  auszusetzen finde ich ganz wichtig. Weil es dann wieder eben, wie du vorhin auch erwähnt hast,

[00:24:45]  die Empathie stärkt, wie es anderen ergeht, wenn sie hier sind und vieles nicht verstehen. Und wir

[00:24:52]  wollen damit auch, dass was unser Credo ist in unserem Zielgruppenarbeits-Team ist, wir wollen ein

[00:24:59]  sprachenfreundliches Umfeld schaffen. Zu zeigen: "Ihr, die ihr zu uns in die Bibliothek kommt, ihr seid mit

[00:25:11]  all euren Sprachen hier willkommen." - Christina: Und dazu haben wir neben den Lesezeiten für die Kinder auch andere

[00:25:21]  Angebote, zum Beispiel die "Lesezeit in einfachem Deutsch", die von einer lieben Kollegin organisiert

[00:25:28]  wird. Das ist ohne Anmeldung für jeden, der seine Deutschkenntnisse verbessern will. Man kann

[00:25:34]  einfach vorbeikommen ab dem Niveau A2 bis zu, also A2/B1 grob. Aber wenn man sich nicht sicher ist,

[00:25:44]  einfach vorbeischauen und das Ganze auf sich wirken lassen. Wir haben natürlich dann noch Medien

[00:25:51]  zu Deutscher als Zweitsprache im Haus und zwar von der Vorschule weg, wirklich über alle Altersgruppen

[00:25:57]  hinweg bis zu den Erwachsenen hin. Auch da kann man einfach vorbeikommen und sich von uns helfen

[00:26:06]  lassen oder beraten lassen oder einfach nur was ausleihen. Und natürlich stehen auch alle anderen

[00:26:12]  Angebote in der Stadtbibliothek zur Verfügung. Und wir haben, wenn man dann dann mal vielleicht in einer

[00:26:18]  Erstsprache lesen will, durchaus auch Erstsprachebücher da auf verschiedenen Sprachen, sei es - wir haben

[00:26:25]  jetzt gesprochen über Französisch, äh Französisch, Spanisch, Englisch sowieso, haben wir ja letzte

[00:26:30]  Woche schon geklärt, aber auch Arabisch, Türkisch und Russisch. - Veronika: Ja, was ich auch noch betonen möchte

[00:26:40]  ist, dass in unserem Team, wir machen ja sehr viel Beratung auch für die Leute, die zu uns in die

[00:26:47]  Bibliothek kommen und wir bemühen uns - wir können natürlich nicht alle Sprachen abdecken, aber wir

[00:26:54]  haben doch einige Kolleginnen und Kollegen im Team, die in verschiedenen Sprachen beraten können,

[00:27:00]  auf Englisch natürlich, auf Französisch, auf Spanisch, wir haben einen Kollegen, der Arabisch spricht.

[00:27:06]  Also wir bemühen uns auch da - Christina: Italienisch. - Veronika: Italienisch, haben wir auch eine Kollegin natürlich, die Italienisch

[00:27:13]  als Erstsprache hat. Also wir bemühen uns auf vielen Ebenen, den Leuten da entgegenzukommen und auch

[00:27:20]  zu zeigen, dass wir da offen sind und auch wenn jemand kommt, wo wir die Sprache, also wo wir jetzt

[00:27:28]  niemanden im Team haben, der das sprachlich abdecken kann. Ja, wir haben immer noch Wege gefunden,

[00:27:36]  auch Leute zu unterstützen, dass sie das finden, was sie bei uns suchen und bei uns brauchen,

[00:27:43]  auch wenn es sprachliche Barrieren gibt, dass man da versucht entgegenzukommen. - Christina: Und mit diesem

[00:27:51]  schönen Schlusswort, Veronika, ich möchte mich ganz herzlich bedanken für deine Zeit, für deine

[00:27:57]  Expertise und für dieses sehr angenehme und informative Gespräch. - Veronika: Danke schön. - Christina: Dann verabschieden

[00:28:04]  wir uns heute vom Vorwort. Ihr schaltet einfach das nächste Mal wieder ein. Es geht spannend weiter

[00:28:10]  im Oktober. Schreibt uns, teilt uns doch mal eure Erstsprache mit, sollte die nicht Deutsch sein.

[00:28:17]  Ihr könnt das machen auf post.stadtbibliothek@innsbruck.gv.at oder auch gerne auf Instagram oder auf

[00:28:26]  Facebook. Bis dahin, alles Gute! [Outro-Musik]

[00:28:29]  [Pia spricht] Das Vorwort ist eine Produktion der Stadtbibliothek

[00:28:58]  Innsbruck und Teil der Stadtstimmen, dem Audiokanal der Stadt Innsbruck. [Pia spricht]

Transkription

[00:00:00]  [Stimme moduliert] Vorsicht, der Genuss dieses Podcasts kann zu vermehrten Bibliotheksbesuchen führen. [Stimme moduliert]

[00:00:06]  [Intro-Musik] Christina: Hallo und herzlich willkommen zurück zum Vorwort, dem Podcast der Stadtbibliothek Innsbruck.

[00:00:27]  Mein Name ist Christina - Pia: und ich bin die Pia -

[00:00:30]  Christina: Und nach einer kurzen krankheitsbedingten Pause sind wir jetzt wieder da

[00:00:35]  mit der nächsten Folge. Dieses Mal haben wir die nächsten zwei Folgen, also sowohl diese als auch die nächste, unter das Motto "Sprachen" gestellt. Gell Pia?

[00:00:46]  Pia: Ja genau.

[00:00:47]  Christina: Nachdem der September nämlich in der ganzen Stadtbibliothek im Zeichen des Themas "Sprache" steht,

[00:00:53]  befassen wir uns jetzt in den nächsten zwei Folgen damit. In der heutigen Folge weihen Pia und ich euch in unsere eigene Sprachgeschichte ein.

[00:01:03]  Und wir möchten euch auffordern, eure Erfahrungen mit Zwei- oder Mehrsprachigkeit auch sehr gerne mit uns zu teilen.

[00:01:11]  Wie immer könnt ihr uns dazu unter dem Hashtag #GemeinsamBesser auf Instagram unter dem Handle "stadtbibliothek.innsbruck" schreiben

[00:01:19]  oder aber auch sehr gerne eine Mail an post.stadtbibliothek@innsbruck.gv.at.

[00:01:28]  Schildert uns eure Erfahrungen und wir teilen sie dann miteinander und mit unseren anderen Zuhörerinnen und Zuhörern im Podcast.

[00:01:37]  In der nächsten Folge wird uns dann unsere liebe Kollegin Veronika besuchen.

[00:01:42]  Sie wird sich zwar dann selber natürlich noch vorstellen, aber so viel sei verraten:

[00:01:47]  Sie ist für viele Veranstaltungen und Projekte bei uns im Haus verantwortlich, ist selber zweisprachig aufgewachsen

[00:01:54]  und wird uns dann aus sowohl persönlicher sowie auch aus bibliothekspädagogischer Sicht Einblicke in die Vorteile von Mehrsprachigkeit geben.

[00:02:06]  Weil Pia, du bist ja nächste Woche auf Fortbildung, gell? Was machst du denn da Schönes?

[00:02:12]  Pia: Ja, ich bin am Wolfgangsee. Da geht es dann um Neuerscheinungen, spezifisch um die Frankfurter Buchmesse.

[00:02:21]  Was ist denn alles für neue Bücher gibt, nicht nur Romane, sondern auch Sachbücher und Kinder- und Jugendbücher.

[00:02:27]  Ich bin schon ganz gespannt.

[00:02:29]  Christina: Das glaube ich dir.

[00:02:30]  Ja, und jetzt wollen wir euch nicht länger auf die Folter spannen und wollen wir gleich auf unser heutiges Thema zu sprechen kommen, nämlich unsere Sprachgeschichte.

[00:02:37]  Wir glauben nämlich, dass die Sprachgeschichte von ganz vielen Menschen widerspiegelt und insbesondere wahrscheinlich auch einfach unserer Generation.

[00:02:46]  Wir haben uns ja irgendwann in der Vergangenheit schon geoutet. Pia, wir sind beide Millennials.

[00:02:51]  Ich so in der Mitte, du am unteren Rand.

[00:02:54]  Und ja, da gibt es natürlich gewisse Globalisierungstendenzen, wo man dann- ich kann's ja schon mal spoilern, verraten, Englisch lernt.

[00:03:06]  Pia: Ja, das geht glaube ich jedem und jeder so.

[00:03:09]  Christina: Vielen.

[00:03:10]  Pia: Ja, vielen.

[00:03:11]  In Österreich zumindest.

[00:03:14]  Christina: Und wir wissen ja, dass sehr, sehr viele von euch, lieben Zuhörerinnen und Zuhörern da draußen, auch mehrsprachig seid.

[00:03:21]  Und das hat vermutlich ganz verschiedene Gründe:

[00:03:25]  In eurer Familie werden mehrere Sprachen gesprochen oder ihr hattet eine Sprache in der Schule, die es euch besonders angetan hat.

[00:03:33]  Oder vielleicht habt ihr auch einfach beschlossen, euch ein neues Hobby zuzulegen und euch für einen Sprachkurs eingeschrieben,

[00:03:40]  vielleicht am Wifi oder online per App.

[00:03:43]  Bei mir war es in jedem Fall eine Mischung aus Bildungsweg und Interesse.

[00:03:50]  Meine Zweitsprache ist Englisch.

[00:03:55]  Also inzwischen kann ich auch sagen, dass ich Englisch fließend spreche, schreibe und auch verstehe.

[00:04:02]  Auch - oder [verfällt in starken Tiroler Dialekt] a wenn man beim Reden no die Tirolerin durchmerkt. [lacht]

[00:04:07]  Besonders, wenn wir uns unten mit internationalen Gästen unterhalten und man gerade aus einer deutschsprachigen Beratung kommt,

[00:04:18]  ist es immer ein bisschen schwierig, um zu switchen, oder?

[00:04:20]  Pia: Ja, ich finde auch, also ich kann eigentlich gut Englisch reden, aber in dem Moment bin ich dann immer so,

[00:04:25]  ich bin jetzt gerade nicht drauf eingestellt, Englisch zu reden.

[00:04:27]  Das ist manchmal zu schnell, dieser Switch.

[00:04:29]  Christina: [schmunzelnd] Und dann hör ich so den plattesten Dialekt in meinem Englisch.

[00:04:33]  Also eigens dafür studiert in "British English",

[00:04:36]  wo es ja extra Kurse und Seminare und Tests gab, ob man ja "British English" genug spricht.

[00:04:44]  [seufzt] Aber dann schaut man eine Staffel Bridgerton und dann geht es wieder. [beide lachen]

[00:04:50]  Bei mir ist es so, ich habe zwar auch noch ganz viele andere Sprachen gelernt,

[00:04:55]  bzw. angefangen zu lernen und lerne sie auch noch.

[00:04:59]  Aber Englisch ist die Sprache, bei der ich sagen würde, dass ich da so ziemlich auf dem Erstsprachenniveau bin inzwischen.

[00:05:06]  Und wie bei sehr vielen anderen und wie es sicher bei vielen von euch auch der Fall ist, gehört sie

[00:05:14]  und ganz unabhängig vom Sprachniveau, ganz selbstverständlich zu meinem Alltag.

[00:05:20]  Pia, wie ist es bei dir? Welche Sprache sprichst du, als, was ist denn deine Zweitsprache?

[00:05:29]  Pia: Also ich bin einsprachig aufgewachsen, wie du.

[00:05:33]  Aber das Lesen in anderen Sprachen war für mich auch immer Teil vom Lernprozess.

[00:05:38]  Ich finde, das hilft auch, dass man mehr in die Sprache hineinkommt, dass es Normalität wird.

[00:05:43]  Bei mir war es auch Englisch, wie eben so vielen anderen auch gegangen ist und geht.

[00:05:49]  Und bei mir waren es vor allem am Anfang Kinderbücher, die mir geholfen haben, dass ich reinkomme,

[00:05:54]  eben Harry Potter, die Percy Jackson, weil da einfach die Sprache doch ein bisschen, jetzt nicht simpler,

[00:06:02]  aber halt doch ein bisschen einfacher, ein bisschen kindergerechter ist und dann kommt man besser rein in das Ganze.

[00:06:07]  Ich habe es dann auch ein bisschen Französisch und Italienisch gelernt, aber das war gleich einmal vorbei.

[00:06:13]  Da habe ich auch ein bisschen in die Sprachen lesen angefangen, Der kleine Prinz zum Beispiel auf Französisch,

[00:06:18]  aber das war eher sehr zurückhaltend, sagen wir es mal so.

[00:06:23]  Und was ich auch ansprechen wollte ist, dass ich nicht nur die Sachen gelesen habe, um eben die Sprache zu lernen,

[00:06:29]  sondern auch angeschaut habe. Also für mich waren generell Medien auf Englisch dann sehr wichtig.

[00:06:34]  Ich habe zum Beispiel dann auch sehr, sehr viele Kinderfilme auf Englisch geschaut,

[00:06:38]  weil auch wieder das Gleiche, Kinderfilme halt einfacher als Erwachsenenfilme.

[00:06:42]  Vor allem die Disneyfilme, das wird halt alles in einem Studio aufgenommen und dann ist es halt nur einfacher zu konsumieren.

[00:06:48]  Das hat mir zum Beispiel total geholfen.

[00:06:50]  Christina: Das ist interessant, stimmt eigentlich, der Punkt mit: Alles, was im Studio aufgenommen wird, ist natürlich einfacher zu verstehen.

[00:06:57]  Pia: Genau, und da wollte ich auch nochmal darauf hinweisen, weil wir haben ja auch DVDs und Filme in der Bücherei,

[00:07:03]  sowohl vor Ort als DVD, aber auch digital zum Streamen auf Filmfriend.

[00:07:09]  Und Filmfriend hat sogar extra eine Collection zusammengestellt, wo es nur um Originalversionen geht,

[00:07:17]  was vielleicht auch recht interessant ist für unsere Zuhörer*innen.

[00:07:20]  Christina: Und bei Filmfriend kann man, Pia, glaube ich, auch die Sprache verstellen, ist das richtig?

[00:07:25]  Christina: Genau, also es gibt Originalversionen, es gibt auch Originalversionen mit Untertiteln,

[00:07:29]  aber man kann auch zwischen den Sprachen hin und her wechseln.

[00:07:32]  Bei uns bei DVDs vor Ort geht das natürlich auch.

[00:07:35]  Christina: Und es ist toll, dass wir einen riesigen Auswahl an Filmen für verschiedene Altersgruppen haben.

[00:07:41]  Das heißt, es gibt sowohl jetzt bei Filmfriend als auch vor Ort Kinderfilme, Jugendfilme und Filme für Erwachsene.

[00:07:51]  Und das ist dann eigentlich super.

[00:07:55]  Also wenn mich jemand fragt, wie soll - "Ich lernen gerade X/Y-Sprache, was soll ich machen?"

[00:08:00]  und dann sage ich auch immer auf jeden Fall auch Medien, also Konsum von, egal was in der Zielsprache.

[00:08:09]  Pia: Ja, weil das hilft einfach, man kommt dann einfach mehr in das Ganze rein.

[00:08:13]  Und in Englisch bin ich inzwischen auch soweit, dass es einfach zu meinem Alltag gehört,

[00:08:17]  und egal ob das jetzt ein YouTube-Video ist oder ein Film oder ein Buch, das ist egal,

[00:08:22]  aber da ist man einfach viel mehr reingekommen und es ist einfach Normalität geworden,

[00:08:26]  dass ich das einfach auch auf Englisch hören, lesen, schauen kann.

[00:08:29]  Christina: Und es gibt ja verschiedene Formen des Spracherwerbs und wir sind jetzt beide keine Expertinnen dafür,

[00:08:35]  aber aus eigener Erfahrung kann ich sagen, also einmal gibt es natürlich dieses recht verschulte Spracherwerbssystem,

[00:08:42]  besonders wenn man es dann in der Freizeit beim Sprachenlernen gar nicht mehr so eine große Rolle spielt.

[00:08:48]  Wir haben natürlich auch Sprachkurse da für verschiedene Sprachen, also ganz unterschiedliche Sprachen,

[00:08:54]  kann man bei uns dann auch aus sich ausleihen und lernen.

[00:08:57]  Das ist noch ganz klassisch dann didaktisch aufgebaut, mit verschiedenen Büchern auf verschiedenen Sprachniveau

[00:09:03]  und sogar noch mit CDs.

[00:09:06]  Aber wir alle kennen es ja auch, die die von uns sprachaffin sind und das auch einfach gerne mögen.

[00:09:12]  Da gibt es auch dann Apps und das ist dann was auch viel mit der sogenannten Gamification arbeitet.

[00:09:18]  Und dann ist es viel auch gar nicht mehr so verschult, sondern arbeitet sehr viel über das Belohnungssystem

[00:09:25]  und über diesen Spaß dran zu bleiben, weil es das Einzige, was man machen muss, ist ja nur üben, üben, üben.

[00:09:31]  Und das, was wir gerade beschrieben haben, die Methode, die gibt es eben auch und dass man sich einfach umgibt

[00:09:39]  mit der Sprache, so viel es nur geht.

[00:09:42]  Deswegen lernt man natürlich, wenn man ohne Sprachkenntnisse in irgendein anderes Land geht und dann ein halbes Jahr da ist,

[00:09:49]  dann kann man irgendwann die Sprache, vorausgesetzt, man hat niemanden da, der mit einem die Erstsprache spricht.

[00:09:56]  Pia: Man kommt nicht mehr aus, man muss es irgendwann noch mal ein bisschen, zumindest, mitkriegen.

[00:10:00]  Christina: Genau, und dann lernt man das irgendwie so durch, teilweise kommt es mir vor wie Osmose. [lacht]

[00:10:06]  Also ich sitze zum Beispiel, ich weiß nicht wie es dir geht, aber ich sitze gar nicht mehr da und lerne so listenweise Vokabeln.

[00:10:13]  Da grauts mich richtig. Weil, ch habe dafür eine gamification-, also eine App, mit der spiele ich dann ein bisschen und dann macht es noch Spaß.

[00:10:20]  Pia: Ja, man holt sich das dann einfach so locker in den Alltag, das ist wie Candy Crush [lacht] aber halt für Sprachen.

[00:10:26]  Christina: Ja, genau. [Gelächter]

[00:10:28]  Pia, was ich dich noch fragen wollte, in welchem Alter hast du angefangen Englisch zu lernen?

[00:10:33]  Pia: Gute Frage, in der Volksschule, glaube ich, haben wir mit einem ganz einfachen Kurs angefangen, aber das war wirklich nur das aller Simpelste ...

[00:10:41]  Christina: Wie war das bei euch auch in der dritten Klasse?

[00:10:43]  Pia: Es kann sein, aber ich kann mir da ehrlich gesagt sehr schwer daran erinnern. [lacht]

[00:10:47]  Christina: Weil ich bin ja ein paar Jahre älter als du, bei mir war es auch in der Volksschulzeit.

[00:10:51]  Und ich weiß noch, dass es so in unserer Schule so ein in Anführungsstrichen "Pilotprojekt" gab für Kinder, die sich dafür interessieren,

[00:10:58]  dass man schon in der dritten Klasse anfing zu lernen.

[00:11:00]  Ich bin sicher, dass ist inzwischen Standard oder an vielen Schulen schon immer normal gewesen,

[00:11:05]  aber ich weiß noch, wie ich da gefragt worden bin, ob mich das interessieren würde.

[00:11:10]  Und das werde ich nie vergessen, wie dann plötzlich die Lehrerin statt "Apfel" "apple" draufgeschrieben hat.

[00:11:20]  Aber das Bild war es gleiche, nämlich das von einem Apfel.

[00:11:23]  Und ich habe dann so diese Idee, dass es für eine Sache an anderen Begriff gibt.

[00:11:30]  Pia, gleichzeitig: Begriff gibt. [beide lachen]

[00:11:31]  Christina: Ja, und da war schon so der erste Funke da, dass mir Sprachen Spaß machen,

[00:11:36]  weil es so der erste, winzige kleine Blick hinter den Vorhang von einer anderen Welt, so ein bisschen, oder?

[00:11:43]  Pia: Ja, es ist mir auch so gegangen. Aber ich kann mich nicht mehr drin, nicht genau dran erinnern, wann das war.

[00:11:50]  Ich weiß nur, wo ich das erste Mal Harry Potter auf Englisch gelesen habe,

[00:11:54]  da habe ich noch sehr, sehr viele Wörter googlen müssen.

[00:11:57]  Oder halt nicht googeln.

[00:11:59]  Nachschauen im Internet. [lacht]

[00:12:00]  Christina: Ich wollte gerade sagen, ich glaube nicht, dass es da ... Pia: ... oder Duden ... [beide lachen]

[00:12:03]  Pia: Aber... und eben, da habe ich mir halt auch Listen gemacht, weil ich die ganzen Sachen halt nicht gewusst habe.

[00:12:10]  Aber ich habe trotzdem teilweise einfach drüber gelesen oder weiter gelesen, weil irgendwann wird es sonst auch frustrierend.

[00:12:14]  Christina: Es gibt so, ich glaube, ich habe jetzt mal gelesen, wie gesagt, alles für den privaten Gebrauch,

[00:12:19]  aber, im besten Fall versteht man, ich glaube, es waren irgendwas zwischen 80 und 90 Prozent der Vokabeln, die auf einer Seite sind.

[00:12:27]  Und dann kann man anfangen, das Buch zu lesen.

[00:12:29]  Ist übrigens auch ein Rat, den ich komplett missachte, sondern ich fang auch einfach an das zu lesen und hoffe dann aufs Beste.

[00:12:36]  Pia: [lacht] Eben, mir ist es auch so gegangen. Und das war aber fasziniert, weil ich dann gelesen,

[00:12:39]  und ich weiß, dass es schon anstrengend war, das zu lesen, aber es hat mich einfach interessiert.

[00:12:42]  Das Buch und das Thema und daher habe ich weiter gelesen.

[00:12:46]  Und dann, Jahre später, habe ich es wieder gelesen und auf einmal habe ich gemerkt, wie einfach es ist. - Christina: Ja, genau.

[00:12:51]  Pia: Und das war der Moment, wo ich gecheckt habe, ach, okay, es geht auch.

[00:12:55]  Ich kann es ohne Probleme auf Englisch lesen.

[00:12:57]  Das ist super. Da hat man richtig seinen eigenen... also, man merkt, wie weit man vorankommen ist in der Sprache.

[00:13:03]  Christina: Ja, das ist so, so, so toll, weil es dauert, gefühlt ewig.

[00:13:07]  Und gerade wenn man da ein Buch liest und dann überhaupt sehr wenig versteht und es so anstrengend ist, kann es manchmal frustrierend sein.

[00:13:15]  Und dann zu sehen, dass wirklich es einfach ist, dranbleiben und es Interesse dazu führt, dass man es dann irgendwann kann.

[00:13:21]  Ich weiß nicht, war das bei dir auch so?

[00:13:23]  Ich habe auch, ein Grund, warum es bei mir auch Englisch war, abgesehen davon, dass ich mich recht früh in meinem Leben sehr schwer in diese Sprache verliebt habe,

[00:13:31] aus Gründen die ich gar nicht verstehe, ehrlich gesagt, war, dass bei mir damals Harry Potter noch geschrieben wurde.

[00:13:40]  Und das heißt, das nächste Buch bei mir war es, das vierte, ist zuerst auf Englisch herausgekommen -

[00:13:48]  - das ist das Fünfte, Entschuldigung -

[00:13:49]  das Fünfte ist erst auf Englisch herausgekommen und da kann ich doch jetzt nicht ein Dreivierteljahr warten ...

[00:13:54]  Das war noch bevor so ein Hit-Welterfolg wurde, dass es - das letzte Buch ist ja dann weltweit gleichzeitig veröffentlicht worden und all diese Sachen...

[00:14:02]  Also ich konnte das nicht abwarten und da hat es gar keine Wahl gegeben und das war eines der dickeren Bücher und genau das Gleiche, wie du gerade geschildert hast.

[00:14:10]  Pia: Mir ist es da genau gleich gegangen.

[00:14:12]  Das war auch ein Grund, warum ich dann gerne in Originalversion gelesen habe und darauf hingefiebert habe, weil ich einfach nicht warten wollte. [schmunzelt]

[00:14:19]  Ich glaube, das ist auch heute noch so, weil nun natürlich, außer du es sind so Mega-Bestseller-Welterfolge, kommen ja viele Medien erst später in den deutschen Sprachraum, logischerweise,

[00:14:30]  weil Übersetzer und Übersetzerinnen - Pia: Brauchen Zeit. - brauchen Zeit und es ist ja auch eine kreativ-literarische anspruchsvolle Arbeit, die dann ihre eigene Qualität mit sich bringt.

[00:14:42]  Aber nichtsdestotrotz ist es eine große Herausforderung, fremdsprachige Texte zu übersetzen und gerade Englisch ist so - ich glaub das könnt ihr auch alle nachvollziehen - ein riesiger Kulturraum, der auch so prägend ist für uns in Europa und auch in Österreich.

[00:15:02]  Pia: Und inzwischen auch im Internet. Die Sprache des Internets ist einfach Englisch, also zumindest [unverständlich] ...

[00:15:07]  in Europa, sagen wir es mal so. Christina: Aus unserer westliche Sicht ist es, ist es Englisch.

[00:15:12]  Stimmt, das war total der Vorteil, weil die Grenzen sich dann natürlich, also es gibt für das Englischsprachige Internet keine Grenzen und ich glaube, dass doch ganz viele, viele junge Leute heute deswegen einfach Englisch können,

[00:15:29]  weil sie sonst  aus ganz vielen Bereichen des Internets auch da gar keinen Zugriff hätten. Wobei es gibt natürlich, jetzt gibt es so langsam so die ganzen Übersetzungstools und so, aber es ist irgendwie trotzdem was anderes.

[00:15:44]  Pia: Es ist trotzdem was anderes. Aber da hast du jetzt eh etwas Interessantes angesprochen, weil börsenblatt.net hat letztens Jahr gerade ein Artikel rausgebracht,

[00:15:53]  der sagt, dass Englischsprachige Bücher in Deutschland immer beliebter werden, besonders bei jüngeren Generationen.

[00:16:01]  Und es liegt vor allem daran eben das, die Englischkenntnisse bei Jugendlichen immer besser sind, vor allem wegen diesen Online-Plattformen.

[00:16:08]  TikTok, Booktok, haben wir eh schon mal geredet. Und diese Plattformen fördern halt auch den Trend.

[00:16:15]  Und deswegen ist die Nachfrage nach englischen Originalausgaben immer gestiegen in den letzten Jahren und es führt zum Beispiel auch dazu, dass die auch auf den Beststellerlisten landen, [Christina, erstaunt: Ah!] also auch die englische Version landet bei uns auf die deutschsprachigen Bestsellerlisten,

[00:16:29]  zum Beispiel Prinz Harry, die Biografie oder von der Michelle Obama die Bücher.

[00:16:33]  Christina: Ah, das ist ja interessant. Also ich finde auch, dass, also jetzt merkt man es, den Buchhandel total an, dass der auf den Markt reagiert und dass es - also die Auswahl an Englischsprachiger Literatur ist so explodiert, in unserem Beispiel in Innsbruck.

[00:16:49]  Ich weiß noch, das weiß ich, dass es dir auch so gegangen ist, weil wir ab und zu zusammen durch die Buchhandlungen stöbern,

[00:16:58]  wir wissen immer genau, in welcher Ecke die Englischsprachigen Bücher sind und früher waren es halt wirklich die Ecken. Und das ist anders jetzt.

[00:17:04]  Pia: Das war ganz hinten in der Buchhandlung, wo wir immer hingang sind und das war nur ein Regal. [lacht]

[00:17:11]  Und ich muss noch zu meiner Schande gestehen, dass ich ganz lange bzw. einfach aus einem Müssen heraus, auch aus dem Bedürfnis heraus, relativ schnell die Sachen dann zu lesen, dass bei einem großen Online-Versandhandel -

[00:17:27] buuuuh - [Pia, lachend]: der namenlos bleiben soll. - Christina: [lacht] Der namenlos bleiben soll, weil er keine Werbung braucht - die Bücher bestellt hab. Aber weil es einfach keine, also ich habe nie irgendwo spontan gut reingehen können und da war genau das Buch da, auf das ich gerade Lust gehabt habe,

[00:17:41]  wenn ich das schnell haben wollte, dann habe ich es halt dort bestellt wegen den kurzen Lieferzeiten.

[00:17:47]  Ist mir auch genau gleich gegangen, in Buchhandlungen hast du nur die Klassiker bekommen.

[00:17:51]  Was auch interessant ist, aber das will man halt auch nicht immer lesen. [lacht]

[00:17:55]  Christina: Ja, man möchte einfach so "am Markt sein" sozusagen und es ist auch was wir definitiv merken in der Bibliothek, dass da die Nachfrage steigt oder die Selbstverständlichkeit, dass die Leute zu den Englischsprachigen Medien gehen.

[00:18:11]  Es ist jetzt, wir haben jetzt über Englisch geredet, natürlich, weil wir zwei unsere "auserkorene" anerlernte Zweitsprache ist einfach Englisch.

[00:18:21]  Es gibt ganz viele andere Zweitsprachen, die Veronika zum Beispiel, die nächste Woche zu Gast ist, hat Französisch, also ist Billingual aufgewachsen mit Französisch als zweite Sprache.

[00:18:35]  Und natürlich haben wir auch zum Beispiel französische Bücher oder italienische Bücher klar, also da würde ich etwas fehlen, weil wir keine italienischen hätten.

[00:18:49]  Pia: Oder Spanisch oder Russisch.

[00:18:51]  Ja, wir haben ganz, wir haben auch türkische und arabische Bücher.

[00:18:57]  Nur, bei manchen Sprachen ist es schwer, die zu beziehen, also dann tatsächlich Bücher in der Sprache zu erhalten, als egal ob Buchhändler oder Bibliothekare oder Buchhändlerinnen oder Bibliothekarinnen.

[00:19:13]  Und andere Sprachen sind einfach, da braucht es nicht so viele, weil da ist halt Englisch die Sprache.

[00:19:21]  Und dann ist es vielleicht noch als interessantes Pub-Quiz-Info zum guten Schluss.

[00:19:28]  Ca. 373 Millionen Menschen auf der Welt sprechen Englisch als Erstsprache.

[00:19:33]  Englisch, die Zahl erhöht sich, wenn man die Zweitsprache auch noch mit dazu nimmt, auf 1,5 Milliarden Leute.

[00:19:45]  Aber als Erstsprache ist es die drittgrößte Sprache auf der Welt nach Spanisch, also nach Mandarin und Spanisch.

[00:19:53]  Pia: Also das sagt schon einiges aus, oder? Das sind schon massive Zahlen.

[00:19:57]  Und wir haben halt immer die englischen Shows bekommen, nicht die Spanischen.

[00:20:00]  Pia: Ja.

[00:20:01]  Ich glaube, da merkt man halt schon den Einfluss der USA auf unsere Kultur.

[00:20:08]  Pia: Ja. Extrem.

[00:20:10]  Christina: Pia, als Schlusswort, gibt es denn Nachteile des Sprachenlernens?

[00:20:18]  Pia: Den gleichen Nachteil hast du auch aufgeschrieben, das weiß ich [lacht], wenn man da schon drüber geredet haben.

[00:20:23]  Das ist mir manchmal Wörter nicht einfallen in meiner eigenen Sprache, weil ich dann denke,

[00:20:27]  "Ah, dieses englische Wort ist einfach perfekt, ich würde das gern sagen."

[00:20:30]  Und vielleicht gibt es nicht ganz ein Äquivalent auf Deutsch.

[00:20:32]  Oder im Moment ist einfach das Deutsche ganz weg von meinem Gehirn.

[00:20:35]  Ich weiß nicht, was da passiert, aber das kann schnell mal sein. [lacht]

[00:20:39]  Christina: Das habe ich auch. Und am meisten stört mich das, wenn ich habe manche Gedankengänge oder Konzepte,

[00:20:45]  die ich habe, ich habe das auch so aus der Uni-Zeit.

[00:20:48]  Alles, was ich auf Englisch gelernt habe, kann ich mit dir besprechen auf Englisch.

[00:20:53]  Aber müsste ich es auf Deutsch übersetzen, fehlt mir auch vollkommen das Fachvokabular und solche Geschichten. [schmunzelt]

[00:20:57]  Das ist natürlich ein absolutes Luxusproblem.

[00:21:00]  Pia: [lachend] Viele andere negativ Sachen fallen mir jetzt nicht ein, muss ich sagen.

[00:21:03]  Christina: [lachend] Nein, das gibt es natürlich keine.

[00:21:05]  Sprachenlernen ist, finden wir, wunderschön.

[00:21:09]  Es ist ein tolles Hobby, es trainiert das Gehirn.

[00:21:12]  Und man kann jederzeit einsteigen.

[00:21:15]  Ich persönlich habe jetzt wieder entdeckt, für mich Französisch ein bisschen weiter zu machen.

[00:21:19]  Das lass sich dann immer mal liegen, dann hol ich es mir wieder her.

[00:21:22]  Hast du gerade irgendeine Sprache, die dich immer mal wieder so anlacht, berührt?

[00:21:27]  Außer Englisch muss ich sagen, also Französisch und Italienisch habe ich eine Schule gehabt,

[00:21:31]  aber das habe ich extrem vernachlässigt.

[00:21:33]  Also da müsste ich glaub ich ganz vorne anfangen. [lacht]

[00:21:36]  Christina: Genau, aber wenn ihr Englisch oder auch eine andere Sprache als Zweitsprache adoptieren wollt,

[00:21:44]  sozusagen, dann könnt ihr das machen.

[00:21:46]  Es gibt extrem viele Ressourcen, auch kostenlose Ressourcen, die ihr online finden könnt.

[00:21:51]  Sobald man sich in das Thema einarbeitet, weiß man recht schnell Bescheid.

[00:21:56]  Wenn ihr Hilfe braucht, dann kommt auch einfach bei uns in der Bibliothek vorbei.

[00:22:00]  Wir geben euch Tipps und Tricks mit an die Hand, wie man gut welche Kurse,

[00:22:04]  welche Sprachkurse man dann nehmen kann, mit welchen Büchern man anfangen sollte,

[00:22:08]  auf welchen Niveau man welche Bücher lesen kann.

[00:22:11]  Sowas wissen wir, da können wir euch gut helfen.

[00:22:14]  Pia, verabschiedest du den Podcast und fragst, stellst noch irgendeine Frage?

[00:22:20]  Pia: [Gelächter] Ja, danke fürs Zuhören.

[00:22:22]  Hat uns wie immer sehr gefreut.

[00:22:24]  Wir freuen uns auf die nächste Folge und auf die Veronika.

[00:22:28]  Wenn ihr uns eure Meinung zu Sprachen und eure eigene Sprachgeschichte erzählen wollt,

[00:22:36]  dann könnt ihr das gerne machen auf post.stadtbibliothek@innsbruck.gv.at

[00:22:42]  oder auf Instagram und Facebook.

[00:22:44]  Danke fürs Zuhören und bis zum nächsten Mal. Tschüss.

[00:22:48]  Tschüss.

[00:22:49]  Oder - äh - goodbye. [Gelächter]

[00:22:51]  [Outro-Musik]

[00:23:16]  [Pia spricht] S'Vorwort ist eine Produktion der Stadtbibliothek Innsbruck

[00:23:20]  und Teil der Stadtstimmen, dem Audiokanal der Stadt Innsbruck. [Pia spricht]

Transkription

[00:00:00]  Ja, hallo und herzlich willkommen zurück zum Vorwort, dem Podcast der Stadtbibliothek Innsbruck.

[00:00:20]  Mein Name ist Christina und heute sagt nicht die Pia hallo, sondern meine liebe Kolleginnen, die

[00:00:26]  Jaqueline, hallo. Hi Jaqueline, schön, dass du bei uns bist. Danke für die Einladung. Wir freuen uns

[00:00:32]  sehr und wir zwei stellen uns heute die Frage, warum mögen wir eigentlich Tropes, aber nicht

[00:00:39]  irgendwelche Tropes, sondern ganz speziell oder spezifisch -  welches Trope ... Über welches Trop sprechen

[00:00:45]  wir, die Zuhörer*innen wissen es eh schon - Enemies-to-Lovers. - Ja, also es wird eine sehr spannende Folge.

[00:00:52]  Und bevor wir einsteigen, Jaqueline, würde ich gerade noch kurz für unsere Zuhörer*innen,

[00:01:00]  die sich jetzt vielleicht fragen, "Trope", was ist jetzt ein "Trope", welche "Enemies", was für "Lovers",

[00:01:04]  erklären, was ein Trope allgemein überhaupt ist. Und zwar, der Begriff stammt ursprünglich aus der

[00:01:12]  Rhetorik. Da wird er als Überbegriff für bestimmte Klassen von rhetorischen Figuren

[00:01:18]  verwendet. So eine rhetorische Figur, das kennt man, das ist zum Beispiel eine Metapher. In der

[00:01:24]  moderne Literaturwissenschaft, aber auch in der Literaturkritik, als auch und vor allen Dingen

[00:01:31]  im englischsprachigen Raum, aber eben auch in anderen sprachlichen und kulturellen Kontexten

[00:01:36]  bezieht sich ein Trope auf wiederkehrende Motive, Themen, Handlungsmuster, Figurtypen oder Stilmittel,

[00:01:44]  die dann in vielen literarischen Werken vorkommen und eine bestimmte Bedeutung oder

[00:01:50]  Assotiation tragen. Ein paar gängige Beispiele für Tropes in der Literatur sind zum Beispiel der

[00:01:57]  Auserwählte auf Englisch "The Chosen One". Das ist eine Figur, die für eine besondere Aufgabe

[00:02:04]  oder ein Schicksal auserwählt ist. Harry Potter wäre zum Beispiel so einer. Der alte "weiße" Mentor,

[00:02:10]  der alte WEISE Mentor - wichtiger Unterschied. Ich bin's so gewohnt dieses "alte weiße Männer".

[00:02:17]  Aber es stimmt auch, also meistens sind sie auch weiß. Er, außer Yoda, der ist grün. Das wäre dann

[00:02:26]  eine, genau, ein erfahrener, weiser Charakter bzw. Figur, der dem Helden Ratschläge und Unterstützung

[00:02:34]  bietet. Yoda, haben wir schon genannt, Albus Dumbledore wäre auch einer. Der Klassiker. Oder

[00:02:42]  ein Antagonist, zum Beispiel Lord Voldemort. Genau, es ist nicht nur auf Literatur beschränkt,

[00:02:47]  es gibt es auch in Filmen, Fernsehserien, Theaterstücken und vielen anderen Erzählformen. Wozu dienen Tropes?

[00:02:53]  Die sind dafür da, Geschichten zu strukturieren, auch den Erzählfluss zu erleichtern. Sie verwenden

[00:03:00]  also immer bekannte Muster und Erwartungen. Deswegen sind sie auch recht beliebt in der

[00:03:04]  Kinder- und Jugendliteratur. Es gibt jetzt auch, vielleicht so ein Marketingbegriff, das sagt

[00:03:12]  dir bestimmt was Jacqueline , das New Adult, wo ich finde, dass das so ein bisschen verschwommen

[00:03:20]  ist von der Jugendliteratur in die Erwachsenen-Literatur und wie so ein Zwischenstadium ist oder wo

[00:03:26]  es so Elemente von der Jugendliteratur mit der Erwachsenen-Literatur verschmelzt. Also New Adult

[00:03:33]  zeichnet aus, dass es da viele Tropes gibt. Findest du das auch? Ja, also ich lese hauptsächlich

[00:03:42]  selbst "Young Adult", also das ist mein Lieblingsgenre zum Lesen, weil es eben für mich noch nicht ganz dieses

[00:03:49]  Erwachsene und meist Trockene irgendwie ist für mich. Und ich glaube, dass die, also das sind vor

[00:03:56]  allem ganz ganz ganz viele Tropes und dadurch kommuniziert die Community aber auch. Also auf

[00:04:02]  Instagram liest man nur Tropes. Wenn jemand ein Buch, ein Review schreibt oder bewirbt oder bewertet,

[00:04:08]  das sind immer Tropes in dem Kommentar und das wird dann immer diskutiert. Ja ist das jetzt

[00:04:14]  mehr "Slow Burn", ist das "Chosen Family" oder was auch immer dann eben der Trope ist. Also der kommt

[00:04:19]  dann sehr häufig vor und ist dann eben eigentlich in die Kommunikation über die Bücher übergegangen

[00:04:25]  und weiß auch nicht, ob es dann von daher jetzt kommt, dass die so aktuell und so beliebt

[00:04:30]  geworden sind hauptsächlich eben durch Social Media auch. Aber würde dir auf jeden Fall zustimmen,

[00:04:34]  dass in "Young Adult" das sehr verbreitet ist. Meine Theorie ist ja, dass das so aus der

[00:04:40]  Fanfiction-Kultur kommt, dass sich, wir haben ja schon mal über Fanfiction gesprochen und wer

[00:04:49]  sich da genauer dafür interessiert, kann sich die Folge gerne noch einmal anhören. Aber das ist

[00:04:58]  so mit dem Aufkommen von Fanfiction und das hat sich vor Social Media, würde ich schätzen,

[00:05:07]  hat sich vor Social Media an sich etabliert und dann ist es in Social Media übergeschwappt oder?

[00:05:14]  Ja auf jeden Fall, es habe ich gar nicht daran gedacht, stimmt bei den Fanfictions, wenn man die

[00:05:20]  ja googelt oder eingibt oder auf Archive of Our Own oder so was sucht, dann sind immer die Schlagwörter,

[00:05:26]  was sie dann eigentlich Tropes sind, stimmt und das habe ich noch gar nicht gedacht.

[00:05:29]  Ja, ans Archive habe ich auch gedacht, wenn man dann nur auf die Seite geht, Archive of Our Own

[00:05:34]  ist eine Fanfiction-Seite, inzwischen die größte Fanfiction-Seite im Internet, englischsprachig,

[00:05:41]  auf jeden Fall, ich würde sogar sagen überhaupt und dann hast du sofort die ganzen Tags und die

[00:05:47]  sind halt - das sind immer Tropes und dann kannst du dir sozusagen so wie eine Restaurantbestellung

[00:05:53]  das so zusammensetzen, was möchte ich denn jetzt? Ich hätte gerne das "Enemies-to-Lovers" mit einem

[00:05:59]  "Chosen One" als Protagonist, mit der mit dem und mit jener und so weiter zusammenkommt und dann

[00:06:05]  kannst du genau lesen, wenn es das denn gibt, was du lesen willst in dem Moment.

[00:06:11]  Genau, ja. Und das ist auf Social Media auch so, das habe ich zum Beispiel nicht gewusst.

[00:06:15]  Also ich bin recht aktiv auf Booktok und da ist eben immer, also ich glaube, man kommt fast

[00:06:22]  bei keinem Book Review jetzt vorbei, der nicht eben in Tropes spricht und auch, das heißt dann immer,

[00:06:29]  ja, das hat mir so gut gefallen, "Enemies-to-Lovers" und "Slowburn", das ist einem super gemacht

[00:06:34]  und hervorragend und das kategorisiert eigentlich schon alle Bücher. Also es gibt dann ganze

[00:06:40]  Bookstagram-Seiten, die sich dann spezialisieren auf "Romance Novels" zum Beispiel und dann wirklich

[00:06:45]  auch noch diesen Tropes dann Bücher bewerten. Also ich kenne das hauptsächlich eben von Social Media

[00:06:50]  und das dann eben auch jeder fragt, okay, aber hat das auch diesen und jenen Trope oder so was?

[00:06:55]  Also das ist für viele schon eine Voraussetzung, die Tropes zu wissen, bevor sie überhaupt ein

[00:07:00]  Buch lesen anfangen dann. Also das würdest du sagen, dass sich junge Leser*innern oder die,

[00:07:05]  die dann auch Booktok und so weiter benutzen, also auf diesen Plattformen am Weg sind,

[00:07:09]  dass die ein Buch nicht lesen würden, wenn es nicht ihrem Trope entspricht? Also ist es das so,

[00:07:18]  muss es so genau sein? Also ich glaube schon, also ich merk das bei mir selber auch schon. Ich bin zum

[00:07:23]  Beispiel kein großer Fan von "Enemies-to-Lovers", Spoiler. Ich finde, das ist ganz oft ganz schlecht

[00:07:30]  gemacht, dass der Hass mir einfach nicht bewusst ist, wieso die jetzt "Enemies" sind und ich mir einfach

[00:07:35]  denke, Leute, redet's einfach, dann ist jedem auf 10 Meilen klar, dass ihr "Lovers" sein solltet.

[00:07:39]  Das ist zum Beispiel bei mir ganz oft, dass ich mir denke, würde ich jetzt vermeiden, wenn jemand sagt,

[00:07:45]  oh, "Enemies-to-Lovers", und ganz, ganz toll, bin ich öfter skeptisch dann gegenüber dem Buch. Also ich

[00:07:50]  glaube schon, dass viele da die Tropes nutzen für Leserentscheidungen und wenn der Trope ist,

[00:07:55]  den sie nicht mögen, dass schon dann Auswirkungen hat aufs Leseverhalten, ganz eindeutig, ja.

[00:07:59]  Das ist wahrscheinlich auch eine Neue aus der Internetkultur herausgekommene

[00:08:09] Art zu lesen. Ich glaube nämlich, dass auch ganz viele Leute, zumindest ist das meine

[00:08:18]  Erfahrung, dass ich Bücher oft, ich meine, klar, wenn man eine Autorin oder ein Autor hat, den man mag,

[00:08:24]  Stephen King ist bei mir das Beispiel, dann liest man halt was da veröffentlicht wird, ich krieg genau das -

[00:08:28]  das ist zuverlässig. Und ich kann mir vorstellen, dass es da ähnlich ist. Aber abseits

[00:08:33]  der Genreliteratur, ist es bei mir oft so, dass dann schau ich einen Film und dann frage ich mich

[00:08:39]  ach, das basiert auf einem Buch oder ich frage, oder dann bin ich plötzlich im Paris des 20. Jahrhunderts

[00:08:45]  verhaftet oder interessiere mich plötzlich für die Autoren der Beat-Generation und will dann

[00:08:49]  das wissen. Also das sind dann wie so "Interessensblasen", wo ich dann die Literatur da drin lese. Und im

[00:08:59]  Grunde genommen ist es nur eine andere Art der Kategorisierung. Bevor wir jetzt ... Also zu den

[00:09:05]  Tropes an sich gibt es sich an sich, geht es noch viel zu fragen, äh zu sagen, aber was ist denn "Enemies-

[00:09:12]  to-Lovers" überhaupt? "Enemies-to-Lovers" beschreibt eben, ich nenne es jetzt einfach

[00:09:17]  den Vorgang, wenn sich zwei Menschen kennenlernen oder schon kennen und sich einfach nicht mögen.

[00:09:24]  Also sie können sich nicht leiden, sind dann oft, es gibt dann auch oft im Highschool-Kontext,

[00:09:28]  dass sie dann eben "Enemies" sind, weil beide gute Noten haben und beide wollen die Besten sein,

[00:09:32]  aber das ist dann eben dieses "Enemies" dann eben auf dem Konkurrenz miteinander, sie mögen sich

[00:09:37]  absolut nicht und sie hassen sich und können nicht im selben Raum sein. Und im Laufe des Buches

[00:09:41]  schwingt es dann um eben in diese "Lovers"-Perspektive oder, ja, Handlungsweise, dass sie dann auf

[00:09:49]  einmal eben von diesem Hass umschweifen zu "Ja eigentlich liebe ich dich halt und deswegen hasse

[00:09:53]  ich dich so sehr". Und dann auf einmal sind sie eben ein Paar oder haben vor allem zumindest irgendwas an

[00:09:58]  oder keine Ahnung, was ist denn dann der komplette Umbruch eben vom anfänglichen Verhalten und

[00:10:04]  oft schwingt dann schon auch auch dieser Hass mit, dass beide sich wehren gegen das irgendwie und

[00:10:09]  dann entsteht da irgendwie so eine Spannung und ich glaub, das ist was ganz viele dann mögen,

[00:10:13]  diese Spannung was da entsteht, genau, aber es wandelt sich einfach im Roman oder im Buch

[00:10:19]  dann komplett um alles. Also dies wird dann entsprechend bei Liebesgeschichten angewandt. Also ich

[00:10:28]  kenne es von vielen Romanen, aber es ist auch im Fantasy-Bereich sehr beliebt. Und auch im

[00:10:33]  FanFiction-Bereich. Ja, okay, verstehe, also ein Beispiel für die "Enemies-to-Lovers" als

[00:10:43]  Trope, wäre die "Twisted"-Reihe von Ana Huang, das haben wir jetzt, die Jacqueline schaut mich

[00:10:50]  fragend an, ich habe es gerade katalogisiert, das bedeutet wir haben es gerad ... wir habens

[00:10:54]  auf Englisch da, wir haben es auch auf Deutsch jetzt, der Rest folgt, in der Bibliothek.

[00:10:59]  Und was wir tatsächlich auch gemacht haben, weil Tropes in dem Sinne, wir verwenden ja auch

[00:11:04]  den Englischsprachigen Begriff, wenn wir früher hätten wir über, also ich glaube,

[00:11:09]  wir hätten als Bibliothekarinnen über Genre gesprochen, wir hätten das gar nicht mehr so

[00:11:14]  genau unterteilt. Das ist aber natürlich für uns als Bibliothekarinnen nützlich, wir haben

[00:11:21]  jetzt auch das Schlagwort erstellt, weil es ein spürbarer Umschwung ist, einfach.

[00:11:31]  Ja, sehr praktisch für uns dann. Und du merkst es, die Leute, da fragen, also natürlich ist es

[00:11:37]  eine gewisse Generation erst, die einfach in der Lesekultur groß geworden sind, die das kennen,

[00:11:45]  die wissen von Haus aus, was Tropes sind. Ja, und deswegen haben wir das gemacht, weil wenn die

[00:11:51]  Lesegewohnheiten haben sich einfach irgendwo geändert und wenn mich die Leute dann an der

[00:11:56]  Information fragen, "Enemies-to-Lovers" dann ist es natürlich recht nützlich, wenn du dann einfach

[00:12:00]  den Schlagwort eingibst, dann weiß man es. So wie bei Archive of our Own halt. Ja, hast du

[00:12:09]  einen, du hast gesagt, du magst es nicht so, das Trope? Für mich ist es einfach eben oft schlecht

[00:12:17]  ausgeführt, dass eben viele Leute, mir kommt vor viele Autor- und Autorinnen, steigen da irgendwie

[00:12:23]  auf diesen Trend ein und versuchen, dann eben "Enemies-to-Lovers" zu schaffen, aber für mich ist

[00:12:29]  der Hass dann oft nicht begründet genug, dass man sich dann denkt, die hassen sich und

[00:12:35]  auf einmal lieben sich, diese Verwunderung, was dieses Trope eigentlich braucht. Und

[00:12:40]  dieser Hass ist dann einfach nur manchmal: "Er hat einmal nicht in meine Richtung geschaut und

[00:12:43]  jetzt hasse ihn." Und das ist für mich ganz oft ganz

[00:12:45]  umbegründet und deswegen kann ich mit dem oft nichts anfangen. Aber dann, also dann lese

[00:12:51]  ich die Bücher da, entweder nicht fertig oder ein Beispiel bei mir ist und das ist eine sehr

[00:12:56]  gehypte Jugendbuchreihe ist "The Cruel Prince" von Holly Black und das haben halt alle geliebt und

[00:13:02]  - "hach, Enemies-to-Lovers" - und ich hab das gelesen und ich hab mir gedacht, na, ich weiß, ich seh

[00:13:06]  den Hass nicht. Also ich versteh nicht, wieso sich die jetzt auf einmal hassen, nur weil sie halt

[00:13:09]  gegensätzlich irgendwie ein bisschen sind, aber also das war für mich ganz unbegründet und dann

[00:13:15]  auch weiter in dieser Spannung, war für mich keine Spannung, das war einfach für mich schlecht

[00:13:18]  exekutiert. Hast du eins, das du besonders gerne magst? Ja, das ist sogar meine Lieblingsbuchreihe.

[00:13:26]  Deswegen widerspricht sich das eben so, das ich das Trope nicht mag, aber meine Lieblingsbuchreihe, "Das Reich

[00:13:33]  der Sieben Höfe" oder "A Court of Thorns and Roses" von Sarah J. Maas. Absolute Lieblingsbuchreihe und

[00:13:38]  da ist eben zweimal sogar der "Enemies-to-Lovers"-Prozess drin in diesen Romanen und der ist

[00:13:44]  halt einfach wirklich so gut gemacht, also sie wollen sich im Anfang wirklich umbringen eigentlich

[00:13:49]  und das ist wirklich auf Sachen begründet und macht einfach Sinn und da hab ich's einfach,

[00:13:54]  da find ich's toll, aber das Buch ist für mich viel mehr als dieses Trope und ich glaube,

[00:13:59]  das ist es auch ein bisschen, dass, es muss für mich ein Plot noch rundherum geben, um dieses

[00:14:05]  "Enemies-to-Lovers", damit das wirklich ein Buch, das ich lesen möchte und nicht nur auf

[00:14:09]  diese Feindschaft passiert ist, so irgendwie. Ja, bei so reinen Liebesromanen oder ist es ja

[00:14:19]  oft eine Nabelschau und ich kann mir auch vorstellen, dass das dann halt auch irgendwann langweilig wird.

[00:14:23]  Genau, ja. Wenn es sich so über einen ganzen Roman zieht bin ich so: jetzt kommt's. Seht ihr's ein?

[00:14:28]  Ja, genau. Wann kommen sie zusammen, jeder Sitcome aller Zeiten.

[00:14:34]  Jeder weiß es, aber sie wissen's nicht. Ja, das ist ja wirklich ein uraltes Trope eigentlich,

[00:14:39]  es gibt ja im Fernsehen und so auch schon. Ich finde auch, was du hast ja gesagt,

[00:14:43]  dass die Bücher, die dir nicht gefallen, da hast du das Gefühl, das führt die Autoren und

[00:14:47]  Autorinnen, wahrscheinlich ehrlich gesagt, sind's mehr Autorinnen und die paar Autoren,

[00:14:53]  machen das irgendwie, damit es halt drin ist. Warum muss es drin sein? Naja, damit die Leute es lesen.

[00:15:06]  Also, erst einmal brauchst du ja einen Verlag, der es herausbringt und dann auch entsprechend

[00:15:11]  bewirbt. Und wenn das jetzt gerade in ist, wie zum Beispiel so ein Trope "Enemies-to-Lovers"

[00:15:15]  gerade auf dem Buchmarkt ist, der neue heiße "Kaffee", wenn es gerade in ist, dann hast du

[00:15:24]  halt auf einmal, wenn eine Sache funktioniert, dann hast du dann auf einmal diese ganze Trittbrettfahrer*innen,

[00:15:30]  die das einfach so versuchen nachzubilden, als wäre es irgendwie Malen nach Zahlen oder was,

[00:15:34]  wobei es ja um eigentlich viel mehr geht. Also ich glaube, wenn du aus dem "Trope" heraus schreibst,

[00:15:41]  ich kann mir nicht vorstellen, dass das funktionieren kann und ich glaube, dass man das auch merkt.

[00:15:46]  Eben, für mich ist dann die Motivation einfach eine falsche. Also wenn man anfängt und man hat keine

[00:15:52]  Idee für ein Buch, sondern man möchte nur ein "Trope" schreiben und dann kommt mir eben genauso vor,

[00:15:57]  okay, die haben nur die Idee gehabt "Enemies-to-Lovers", aber da war keine Geschichte,

[00:16:01]  da war kein Plot, da war kein Hintergrund von dieser Story und dann merkt man das einfach.

[00:16:06]  Ja, ich meine, es ist ja auch kein neues Phänomen, das hat ja 2008, die Vampir-Hochphase,

[00:16:12]  da haben dann auch auf einmal alle Vampir-Romane rausgebracht, also das hat es ja schon immer

[00:16:17]  gegeben, aber jetzt ist es eben nicht mehr nur ... Weil ich finde Vampir ist jetzt ein weiteres "Trope",

[00:16:22]  also das kann man viel weiter aufbauen und die Welten viel weiter gestalten und "Enemies-to-Lovers" ist

[00:16:26]  dann glaube ich das Problem, dass das zu eng ist, also dass es wirklich nur dieses eine "Trope" ist

[00:16:32]  und auf dem kann man halt keinen ganzen Roman aufbauen, oder sollte man nicht.

[00:16:35]  Also es ist ja in jedem Fall auch Ausdruck des heutigen Buchmarkts, dass man sich auch so,

[00:16:41]  die werden ja teilweise auch so vermarktet inzwischen, da werden ehemalige Geschichten von

[00:16:46]  Wattpad ein bisschen umgeschrieben oder auch einfach grundsätzlich Romane verfasst mit dem

[00:16:55]  Hintergedanken, das wird sich auf dem Markt gut verkaufen. Aber wie du, was du gesagt hast,

[00:17:02]  mit das "Enemies-to-Lovers" oder "Tropes" ist ja sehr, ist so eng und das empfinde ich auch so und

[00:17:09]  da habe ich oft den Eindruck, dass in Bubbles, wie Booktok eine sein kann, Algorithmus lässt

[00:17:17]  grüßen, dass man da oft in einer Lesegewohnheits-Bubble bleibt, weil wenn man sich nur noch auf

[00:17:26]  diese super kleinen Detail-Feinheiten eines Buches konzentriert, weil man sagt, das ist das,

[00:17:34]  was mir das letzte mal gefallen hat, also muss es mir die nächsten zehn Male auch gefallen,

[00:17:38]  faßt man sich die eigene Lesewelt so eng. Ist das auch dein Eindruck? Auf jeden Fall.

[00:17:45]  Aber ich merke es ja bei mir selbst eben auch, wenn man halt merkt, okay, keine Ahnung ... "Chosen Families"

[00:17:51]  finde ich ganz toll, finde ich ganz nett, wenn das passiert, unterstütze ich immer, finde ich

[00:17:55]  immer gut gemacht und wenn dann am Buch sagt, ja also wenn jemand dann über ein Buch sagt,

[00:18:00]  das dieses Buch hat dann eben diesen "Trope", dann bin ich viel eher bereit, da ist eben zu lesen,

[00:18:05]  dann bin ich okay, das hat mir gefallen und ich glaube, dass dann viele obsessiver damit umgehen

[00:18:11]  und halt dann wirklich nur noch ihre zwei, drei "Tropes" haben und die sie immer lesen wollen und dann

[00:18:15]  alles in diesen "Trope", in dieser Bubble, wie du gesagt hast, dann eben verschlingen, so irgendwie,

[00:18:21]  worunter ganz viele Bücher dann leiden, weil irgendwann wird's dann halt langweilig. Und es ist auch so

[00:18:27]  ein Convenience-Culture, finde ich, so zufüttern von Stoff, ich will gar nicht Literatur sagen,

[00:18:35]  weil es irgendwie, das ist ja was bei FanFiction sinnhaft ist, weil der Pool so groß ist und weil

[00:18:41]  deine Zeit so begrenzt ist und weil du das meistens liest, weil du was Spezielles, weil dich was

[00:18:45]  Spezielles gestört hat an einer Serie oder an einem Buch oder was auch immer, dann greift man dazu und

[00:18:51]  da macht es Sinn. In der Literatur habe ich dann oft das Gefühl, natürlich braucht der Buchmarkt

[00:18:58]  Einteilungen, aber wenn ... und als Leser ist es ja gut zu wissen, was man mag, aber je kleinteiliger

[00:19:06]  die Einteilungen, so zum Beispiel früher war es, also man hat dann gesagt, okay, es gibt die, es gibt

[00:19:12]  grobe Genre Spannungsliteratur, du weißt es, du hast auch Literatur studiert und dann gibt es

[00:19:18]  die kleineren Genres, das wären dann zum Beispiel Krimi und Thriller und ich persönlich bin ja

[00:19:26]  sehr verhaftet in diesem Genre und weißt er deswegen, und das kleinere, die nächste kleinere

[00:19:34]  Einheit ist dann irgendwie Dark Academia und das ist schon wieder so, dann habe ich versucht,

[00:19:39]  ein paar "Dark Academia"-Bücher zu lesen und dann habe ich gemerkt, eigentlich,

[00:19:43]  keins davon hat mich so mitgerissen als das Originalbuch, "Die geheime Geschichte", weil das

[00:19:51]  eigentlich nie Genre war. Das war einfach das, was es war und fertig und wenn ich das nochmal will,

[00:19:58]  dann muss ich es halt nochmal lesen und andere Bücher, die gar nicht Dark Academia sind, haben

[00:20:03]  dann aber unerwartet einen komplett ähnlichen Vibe in mir erzeugen und wo ich mir dann gedacht habe, ach, das ist das,

[00:20:09]  was ich wollte von diesen Büchern, aber wenn ich die ganze Zeit nur geschaut hätte, ich will

[00:20:14]  jetzt Dark Academia lesen, als nächstes wäre ich auf das nie gekommen. Also ich glaube auf jeden

[00:20:19]  Fall, dass es ein großes Problem ist, dass man sich zu sehr auf diese Tropes konzentriert und

[00:20:23]  generell auf Social Media die Leute gar nicht mehr die Buch-, also die hinten am Buchrücken,

[00:20:29]  wie heißt das? Auf Englisch sagt man Blurb. Ja, die Klappentexte oder so. Ja, die Klappentexte,

[00:20:36]  das Problem sind die Leute, die lesen die Klappentexte gar nicht mehr oder so, was sie konzentrieren sich so auf

[00:20:42]  die Empfehlungen von Leuten online oder auf die Trupes, dass sie nur hören, der und der Titel

[00:20:47]  hat den und den Trope und dann lesen sie es und dann sagen sie, das hat mir gar nicht gefallen,

[00:20:51]  weil das und das, was halt schlecht gemacht oder irgendwas, weil sie gar nicht mehr für sich

[00:20:55]  schauen, gefällt mir das, interessiert mich die Geschichte, das merke ich total oft bei Leuten

[00:21:00]  online und eben ich denke mal auch, man muss manchmal auch ein bisschen ohne Vorurteile in

[00:21:06]  ein Buch eintauchen, weil dann überrascht es einen vielleicht und das ist schon was Tropes für

[00:21:11]  mich dann oft wegnehmen oder stören oder wieso ich Tropes nicht mag, ist der Grund, dass sie eben

[00:21:17]  so viel vorweg nehmen eben, weil wenn ich von Anfang an eben weiß, okay, die "Enemies" werden

[00:21:22]  zu "Lovern", dann fällt dir die ganze Spannung eben weg, also das ist dann das oft was mich dann oft

[00:21:27]  stört oder in "Arranged Marriages" oder sowas, das endet auch immer gleich oder sowas und das

[00:21:33]  sind dann oft, wenn ich denke, dann nimmt das sehr viel für mich weg von meinem Leseerlebnis, weil

[00:21:38]  ich mir dann gar nichts mehr, also es ist keine Spannung mehr da, weil ich schon genau weiß,

[00:21:42]  was passiert durch die Tropes, also das war jetzt manchmal gut, aber oft schlecht. Du hast den

[00:21:47]  Spoiler schon im Marketing, so wie es oft bei Filmtrailern ist, Hauptsache die Leute schalten

[00:21:53]  ein, aber es ist halt ja Aufmerksamkeitsökonomie, es ist halt schwierig inzwischen, schwierig inzwischen

[00:21:59]  die Leute dazu zu bringen, dass sie -  Auf jeden Fall. - Um das mit einer positiven Note abzuschließen,

[00:22:06]  weil ich glaube, wir haben jetzt viele Facetten davon besprochen, was schon aber zu sagen ist,

[00:22:13]  und das merke ich am ganzen Booktok-Trend, die Leute lesen extrem viel, also konsumieren schon

[00:22:20]  sehr viele Bücher und machen im Grunde ein Refresh für den gesamten Buchmarkt, das merkst du

[00:22:29]  einfach und das ist cool. Ich finde die Booktok- oder Bookstagram-Community,

[00:22:34]  je nachdem, welches Plattforme ist, eigentlich nicht wirklich eng, also man muss halt selber schauen,

[00:22:40]  was ist meine Bubble und wo bewege ich mich, aber man findet, also wenn man sich eine halbe Stunde

[00:22:45]  hinsetzt, findet man gerade wie hunderttausende verschiedene Bookstagrammer*innen und die andere,

[00:22:51]  alle unterschiedlichen Kontext bieten und das ist aber eben so vielseitig, finde ich teilweise,

[00:22:56]  und die haben jetzt so drei, vier, denen ich halt folge und die lesen aber auch sehr breit gefächert,

[00:23:01]  was auch ich eben, ich les auch eigentlich alles, außer Thriller und Horror, da kriege ich immer Angst,

[00:23:07]  aber sonst les ich eben alles und wenn die dann auch alles lesen, ist das, bleibt das irgendwie ein breites Spektrum

[00:23:13]  und ich bin total gerne in der Community, ich finde es gibt total viel her und eben wie du sagst,

[00:23:18]  es bringt so viele junge Leute einfach wieder zum Lesen, die sonst keinen Kontakt mit dem haben

[00:23:23]  und auch, das ist jetzt ein bisschen egoistisch, aber ich finde es auch toll, dass die Bücher jetzt

[00:23:28]  wieder hübscher werden, weil sie jetzt online neu präsentiert werden, da ist die mehr Wert und wie,

[00:23:32]  okay wie vermarktet man ein Buch, wie gestaltet man das Buch und ich finde, die Community eigentlich toll,

[00:23:39]  also aber vielleicht bin ich da in meinem, das glaube ich nicht, in meiner Bubble.

[00:23:46]  Es ist bestimmt auch toll, also das glaube ich schon und inspiriert

[00:23:50]  ja, die Leute. Das ist auch schön, wenn man mit den gleichen Leuten, die das, also die gleichen Leute

[00:23:57]  mit denen man Hobbys teilen, auch im Kontakt sein kann, sich so gegenseitig inspirieren und das ist

[00:24:02]  eigentlich das, wofür Social Media mal gedacht war, also eigentlich voll schön.

[00:24:06]  Also mit dem "Wort zum Sonntag" würde ich sagen, schließe wir die Folge für heute ab.

[00:24:10]  Vielen Dank, dass du heute da warst.

[00:24:12]  Ja danke auch, es war sehr schön.

[00:24:14]  Ja, fand ich auch, sehr kurzweilig. Es gibt ja noch sehr, sehr viele Tropes,

[00:24:18]  also vielleicht können wir das ja in der Zukunft noch einmal wiederholen, wenn du möchtest. - Ja, gerne. -

[00:24:22]  Dann, wir verabschieden uns von euch, aber nicht ohne die Frage: Was ist denn euer Lieblingsbuch

[00:24:29]  in dem Trope "Enemies-to-Lovers"?

[00:24:32]  Schreibt uns das doch einfach auf post.stadtbibliothek@innsbruck.gv.at

[00:24:38]  oder auf Instagram unter dem Handle "stadtbibliothek.innsbruck" oder auf Facebook,

[00:24:46]  wobei ich mich bei der Tropes-Folge gar nicht traue zu erwähnen.

[00:24:51]  Ihr könnt uns aber auf Facebook schreiben, so richtig oldschool.

[00:24:54]  Ja, danke fürs Zuhören und wir wünschen euch noch ein schönes Lesen.

[00:24:58]  Tschüss.

[00:24:59]  [Musik]

[00:25:23]  Das Vorwort ist eine Produktion der Stadtbibliothek Innsbruck und Teil der Stadtstimmen,

[00:25:28]  dem Audiokanal der Stadt Innsbruck.

Transkription

Christina: Ja, hallo und willkommen zurück zum S'Vorwort, dem Podcast der Stadtbibliothek Innsbruck. Mein Name ist Christina - und ich bin die Pia -  und wir möchten euch herzlich zu dieser Folge begrüßen. Heute starten wir die Folge ein bisschen anders. Dazu muss ich was erklären, nämlich könnt ihr ja über den #gemeinsambesser auf Instagram beispielsweise unter dem Händel „stadtbibliothek.innsbruck“ euch in den Bibliotheksalltag mit einbringen. Ein bisserl „bibliotheken“ sozusagen, sodass wir gemeinsam mit euch die Stadtbibliothek eurer Wünsche gestalten können. Jetzt haben wir schon Anfang des Jahres einen Themenwunsch erhalten. Und genau um den geht es in der heutigen Folge. Nämlich: Das Thema war „faszinierende oder lustige Entstehungsgeschichten von Büchern“. Denn bevor das eigentliche Buch auf den Markt kommt und dann bei uns in den Regalen landet oder auch bei euch daheim in den Regalen, steckt ja oft ein eine jahrelange Entstehungsgeschichte dahinter. Und die kann dann manchmal vielleicht bizarr sein, manchmal komisch und manchmal vielleicht einfach nur ein bisschen verwunderlich. Und wir möchten in dieser Folge zwei dieser Entstehungsgeschichten miteinander und mit euch teilen. Und da haben wir, und zwar unabhängig voneinander, eine Entstehungsgeschichte für einen Roman oder ein Buch oder ein Werk vorbereitet. Wir wissen es halt einfach nicht so genau und wir werden sie uns gegenseitig erzählen. Wir sind schon sehr gespannt, was wir da jeweils die andere sich hat einfallen lassen. Ich muss sagen, ich freue mich schon die ganze Zeit auf die Folge. Ich habe was richtig Schnulziges aufgeschrieben: „Zieht euch die Schwimmflügerln an und lasst uns in den Literaturbetrieb eintauchen. (...) Okay. Eintauchen. Eintauchen. Geht es bei dir um Schwimmen? - Überhaupt nicht eigentlich. Bei dir. - Was für was für ein Vergleich. Okay, ja, wir haben wirklich äußerste Geheimhaltung betrieben, gell? Also, ich glaube, du weißt, das Geschlecht der Autorin. 

 

Pia: Da habe ich mich verredet. Aber sonst weiß man eigentlich gar nichts. 

 

Christina: Ich kann ja nicht sagen, was für Autorin oder Autor genau. Ich weiß gar nichts. Und du? Hast du was spitz gekriegt? 

 

Pia: Nein. Okay. Ja, Christina, Dann legen wir mal los. Fängst du am besten mit deiner Geschichte mal an?

 

Christina: Okay, los geht's. Okay, Ich habe mitgebracht. Trommelwirbel. Die Geschichte von William Burroughs‘ Roman „„Naked Lunch““. Kennst du den? Kennst du Burroughs? Ah, okay. 

 

Pia: Dann wird es jetzt interessant. 

 

Christina: Das ist ein Werk der sogenannten Beat-Generation. Dieses Werk haben dann auch viele als unlesbar oder gar obszön empfunden. Und die Entstehungsgeschichte ist parallel dazu genauso chaotisch und faszinierend wie der Roman selber. Ähm, bevor wir loslegen. Die Beat-Generation ist eine literarische und künstlerische Bewegung, und zwar des Nachkriegsamerikas der 40er und 50er Jahre. Zu den wichtigsten Vertretern zählen neben Burroughs, Jack Kerouac, den man kennt, von „On the Road“, dass er 1957 veröffentlicht hat und Allen Ginsberg mit seinem epischen Gedicht „Howl“ vor allen Dingen. Das hat er 1956 er veröffentlicht. Und zwar diese sogenannten „Beats“ oder „Beatniks“ lehnten die konservativen Werte und die materialistische Kultur der Nachkriegszeit in Amerika ab. Es war also eine Gegenbewegung, und sie strebten dann nach einem alternativen Lebensstil der Freiheit, persönliche Authentizität und eine Abkehr von den gesellschaftlichen Normen betonte. Weitere Motive in den Werken, die man unter anderem auch in „„Naked Lunch““ findet, sind zum Beispiel Spiritualität, besonders die östlichen Religionen. Buddhismus hat eine große Rolle gespielt, Drogen und Bewusstseinserweiterung, das eins der Themen, die man im Roman eine große Rolle spielt. Sexuelle Freiheit, Reisen und Bewegung, urbanes, aber auch ländliches Amerika und die existenzielle Suche und Sinnfindung. Also es geht um radikale Ablehnung des Mainstreams und der Mainstreamkultur. Neue Wege zu finden für wie drückt man sich aus und welche Erfahrungen hat man im Leben? Und unsere Geschichte beginnt in den 1950 er Jahren in einer Zeit, in der Burroughs eine persönliche und kreative Krise erlebte. Und zwar, nachdem er bereits als Schriftsteller und Drogensüchtiger bekannt war, entschloss er sich, nach Tanger, Marokko zu ziehen. Tanger ist bekannt für seine liberale Drogenpolitik und seine exotische Atmosphäre und wurde deshalb zum Zufluchtsort für viele Künstler und Schriftsteller. Burroughs hat das für sich genutzt oder zu nutzen gewusst und ist da tief in die Drogenszene eingetaucht und hat dann begonnen, an seinem bisher ambitioniertesten Werk zu arbeiten, nämlich „„Naked Lunch““. Er war, während er das Buch geschrieben hat, unter dem ständigen Einfluss von Heroin. 

 

Pia: Okay. 

 

Christina: Seine Sucht und die psychedelischen Erfahrungen haben den Schreibprozess entsprechend erheblich beeinflusst. Der Roman sollte nicht linear sein, sondern die zerstückelten, fragmentarischen Gedanken und Visionen eines Drogensüchtigen widerspiegeln. Und das ist dem Roman auch sehr gut gelungen. Burroughs experimentierte mit der sogenannten Cut-up-Methode, bei der er Texte zerschnitt und sie neu zusammen fügte. Diese Technik, die er gemeinsam mit dem Künstler Brion Geysen entwickelte, verlieh „„Naked Lunch““ diesen sehr einzigartigen und einen gewissen kaleidoskopischen Stil. Es ist ein Buch wie ein Kaleidoskop. Es war aber nicht einfach für ihn, in dem Zustand zu arbeiten. Er war in Tanger ständig auf der Flucht vor der Polizei, und der Grund war, weil er immer wieder in Drogendelikte verwickelt war. Deswegen musste er sich sehr oft in irgendwelchen schäbigen Hotelzimmern verstecken. Und da hat er dann in fiebrigen, drogenberauschten Sitzungen geschrieben. Und das merkt man auch an dem Ton des Romans. Der ist nämlich sehr paranoid und oft surreal. Plot sucht man vergeblich. Ein entscheidender Wendepunkt war dann in der Entstehungsgeschichte, dass er ins „Beat Hotel“ in Paris gezogen ist. Das ist ein sogenanntes „Beat Hotel“, denn hier trafen die Größen der Beatgeneration aufeinander. Also da hat er Allen Ginsberg getroffen und Gregory Corso, den wir jetzt noch nicht erwähnt hatten. Und in dieser kreativen Gemeinschaft fand Burroughs dann die Unterstützung und die Anregung, die er gebraucht hat, um sein Werk zu vollenden. Ginsberg war dann derjenige, der ihm half, das sehr chaotische Manuskript zu strukturieren und es für die Veröffentlichung vorzubereiten. Veröffentlicht wurde es dann schlussendlich 1959. Wir reden Nachkriegsamerika. Kernfamilie. Mama, Papa, Kind, weißer Gartenzaun. Golden Retriever. 

 

Pia: Das Klischee schlechthin.

 

Christina: In den USA und in Großbritannien wurde das Buch wegen des expliziten Inhalts und der Darstellung vom Drogenkonsum zensiert. Aber trotz, oder gerade deswegen, diesem ganzen Skandal entwickelte sich „„Naked Lunch““ zu einem Kultklassiker. Wenn Kult davorsteht, dann weißt du, das ist irgendwie so, hat was mit Drogen und Pornographie und so zu tun. So wie „Der blutige Pfad Gottes 1 und 2“. So ein schlechter Film. Es wurde zum Symbol für die nonkonformistische Haltung der Beat-Generation und ihre radikale Ablehnung gesellschaftlicher Normen. Für Burroughs selbst war das Buch wie eine Art Exorzismus. Er konnte so ein bisschen mit seinen Dämonen ringen. Das hat er so gesehen und aber auch Erfahrungen der Sucht und der Paranoia, die er erlebt hat, er hat ja so im Endeffekt eine sehr schwere Suchtkrankheit, wir wollen das hier jetzt nicht romantisieren, konnte er damit verarbeiten in gewisser Weise. Es spiegelt sich auch im Roman wieder, wie zerrissen die Psyche vom Autor ist und zieht den Leser und die Leserin - und das ist es faszinierend - in eine Welt, in der die Grenzen zwischen Realität und Halluzination verschwimmen. Heute gilt „Naked Lunch“ als Meisterwerk der modernen Literatur. 

 

Pia: Ist ja oft so, dass Sachen, die verboten sind, Teil von Literatur werden und dann, dass gerade das so spannend macht, wenn es verboten ist. Ich denke gerade an „Lady Chatterley‘s Lover“, wo diese Sexszenen so außergewöhnlich für die damalige Zeit waren und das so verboten und verpönt war. Und dann ist es ein Bestseller geworden. 

 

Christina: Also was vielleicht auch so ein kollektives, was kollektives ausspricht, was man zu der Zeit nicht aussprechen darf. 

 

Pia: Dann kommt man irgendwie um diese Regel herum. 

 

Christina: Ja, und das ist ja interessant an der Literaturgeschichte, dass man  sieht, wogegen rebellieren diese. 

 

Pia: Grenzen. 

 

Christina: Genau und welche Grenzen werden überschritten? Und sind es Grenzen, die wir im Jahr 2024 noch teilen? Oder weil sich ja auch Werte verschieben und verändern und der der soziale Diskurs anders wird und so? Ja, und deswegen gilt „Naked Lunch“ als Vorfahre oder hat sehr zur Entwicklung von postmoderner Literatur beigetragen. Besonders diese Cut-up-Technik, eben aber auch die Art, wie er so schonungslos auf die menschliche Existenz geschaut hat. Und entsprechend wurde „Naked Lunch“ dann trotz seiner unglaublich steinigen Geschichte zu einem unverzichtbaren Bestandteil der literarischen Geschichte. Ich habe versucht, es zu lesen, ich bin, glaube ich, auf Seite 30 bisher. Ich habe jetzt schon eine 10-jährige Pause gemacht. 

 

Pia: Worum geht’s denn? Also von der Story her. 

 

Christina: Wie gut, dass du fragst.

 

Pia: Ich kann mich da jetzt nicht wirklich was drunter vorstellen mit Kaleidoskop, das man vom System her verstehst, aber ich denke okay, was genau lese ich dann, wenn ich das Buch lese? 

 

Christina: Also der Titel sagt ja auch irgendwie nichts. 

 

Pia: Na eben. 

 

Christina: Und zwar folgt das Buch dem Protagonisten namens William Lee. Und der ist im Endeffekt nicht mehr als eine fiktive Version von Burroughs und dieser William Lee der Protagonist ist. Auf der Reise durch verschiedene dystopische und surrealistische Orte, liest auch ein Junkie und flieht vor der Polizei und begegnet einer Vielzahl von bizarren Figuren und Szenarien. Also der Roman beginnt in den Straßen von New York City, führt dann in die fiktive Interzone. Das ist eine Stadt, die irgendwie so eine Mischung darstellt aus Tanger, New York und anderen Städten. Die Handlung ist auch sehr episodisch, sehr sprunghaft wegen dieser Cut-up-Technik. Ähm, das gibt vermittelt den Eindruck, oder das gibt diesen chaotischen und halluzinatorischen Zustand von dem Protagonisten dann entsprechend wieder und spiegelt das wieder. Die Themen sind Drogenabhängigkeit, sexuelle Perversion, Kontrolle und Freiheit. Wie gesagt, es gibt nichts insofern so einen Plot, sondern es macht sich eher an den Themen fest und an der, wie so oft in postmoderner Literatur typisch ist, an dem Spiel mit der literarischen Form und letztendlich mit der Leseerfahrung, die da auf den Kopf gestellt wird. Also es ist nicht die nullachtfünfzehn Genreliteratur. 

 

Pia: Mittelpunkt, Höhepunkt, Ende. Genau. 

 

Christina: Es ist auch eine Erfahrung, das zu lesen und auf jeden Fall und was was super wert ist, gelesen zu werden, wenn man sich für literarische Spielarten interessiert. Wobei, wie gesagt, ich habe es ja nicht wirklich gelesen, aber ich plane es fest, aber das stelle ich mir schon sehr herausfordernd vor, auch von den Thematiken her. Ja, und das war meine Geschichte. Wie fandest du meine Geschichte? 

 

Pia: Ich fand es interessant. Es ist sicher was anderes. Nicht die typische Autorengeschichte, die man sonst kennt. Man denkt ja immer so an J.K. Rowling, die beschrieben hat, wie sie die Idee für Harry Potter im Zug gehabt hat oder so, das ist irgendwie so, ja, es passiert irgendwas, man lebt irgendwas und dann denkt man sich, da schreibe ich jetzt was drüber. Das ist sicher ein anderer Zugang. 

 

Christina: Ja, also das war auch ganz intentioneller künstlerischer Ausdruck. Also die, die haben gesucht nach einem Ausdruck, die wollten.

 

Pia: Deren Erfahrungen.

 

Christina: Genau, in die Welt bringen. Übrigens, bevor wir jetzt deinen Part gleich übergehen, kann ich den Film „Kill Your Darlings“ sehr empfehlen. Ich habe jetzt nicht nachgeschaut, von wann der ist, der ist jetzt aber auch schon ein bisschen älter. Das war kurz nachdem Harry Potter vorbei war. Da hat Daniel Radcliffe den Film gedreht, glaube ich. So um den Dreh. Und da geht es um die Beat-Generation. Daniel Radcliffe spielt.

 

Pia: Ginsberg. 

 

Christina: Ja, genau. Und William Burroughs kommt auch vor. Und der Wilhelm Tell Apfel, um zu wissen, was ich damit meine: Einfach mal schauen. Und es ist ein sehr romantisierter Film. Natürlich. Aber es ist, wer Literaturverfilmung oder Literaturfilme mag oder Filme über Literatur wird „Kill Your Darlings“ entweder schon kennen oder lieben lernen. Okay, Pia, jetzt bin ich total gespannt. Was hast du mitgebracht?

 

Pia: Also ich habe eigentlich keine Entstehungsgeschichte von nur einem Buch, sondern im Grunde ein ganzes Oeuvre, ein ganzes Gesamtwerk.

 

Christina: Du hast wieder die Extraarbeit gemacht.

 

Pia: Von einer Autorin und jetzt würde mich interessieren, weil du magst Krimis und Thriller und Horror gern.

 

Christina: Agatha Christie. Jane Austen.

 

Pia: Jane Austen? Genau. Nein, mich würde interessieren, ob du sie kennst? Anne Perry.

 

Christina: Ja, es ist die aus der UK. Ja. Mir sagt der Name.

 

Pia: Was der sagt. Ein Name. Was? Wir haben sie auch im Bestand. Also, ich habe auch nachgeschaut. Wir haben es im Bestand.

 

Christina: Ich glaube, ich habe noch nichts von ihr gelesen. Jetzt bin ich gespannt.

 

Pia: Okay, also Anne Perry ist eine englische Schriftstellerin, war eine englische Schriftstellerin, 1938 geboren, letztes Jahr 2023 verstorben. Sie ist bekannt durch ihre Krimireihen, wie ich schon gesagt habe, vor allem ihre historischen Krimis, die im viktorianischen England spielen. -  Deswegen kenne ich sie nicht. - Kein Fan von historischen Krimis. Sie hat über 120 Bücher verfasst, über 26 Millionen Exemplare wurden weltweit verkauft, und ihre Bücher landeten regelmäßig auf der New York Times Bestsellerliste. Also sehr erfolgreich, kann man sagen. Die meisten Bücher von ihr befassen sich mit Fragen von Moral, Sünde, Reue und Vergebung. Und das wird dann auch noch wichtig. Das war eigentlich mein.

 

Christina: Oh, hat sie jemanden umgebracht?

 

Pia: Die Christina ist meiner Geschichte schon Meilen voraus geloppiert.

 

Christina: War das die mit der Kindheitsfreundin?

 

Pia: Ja, genau.

 

Christina: Nein, Das ist eine sehr coole Geschichte. Leute, ihr seid in for a treat. Das ist eine meiner liebsten True-Crime literarischen Geschichten überhaupt. Pia, take it away!

 

Pia: Also, wir wissen das jetzt ja noch nicht. Also das war alles, was die Öffentlichkeit zu dem Zeitpunkt von ihr wusste. Das hat sich alles 1994 geändert. Da kommt nämlich der Film „Heavenly Creatures“, heißt auf Deutsch übrigens auch so, und ist auf Filmfriend verfügbar, habe ich nachgeschaut. Also bei uns gibt es einen Streamingdienst, das heißt, wenn man Mitglied bei uns in der Bücherei ist, kann man diesen Film online bei unserer Webseite streamen. Regie führte Peter Jackson. Und der Film handelt von einer intensiven Freundschaft zwischen zwei Teenagermädchen in den 50er Jahren in Neuseeland. Die Freundschaft endet in einer Tragödie, als sie gemeinsam den Mord an der Mutter einer der beiden planen und ausführen. Jetzt denkt ihr okay, was hat das jetzt mit unserer Autorin zu tun? Der Film basiert nämlich auf wahren Begebenheiten. Die beiden Teenager sind real und mussten anschließend eine 5-jährige Freiheitsstrafe Strafe verbüßen, aber keiner wusste, wer die sind. Im Zuge dieses Films wo der rausgekommen ist hat die Presse recherchiert und dann rausgefunden, dass eine der beiden Mörderinnen, Anne Perry, unsere Autorin ist. Das ist schon krass. Sie hat damals mit 15 gemeinsam mit ihrer besten Freundin die Mutter der Freundin erschlagen. Grund war angeblich, dass die Freundin hätte wegziehen müssen und die beiden wollten nicht voneinander getrennt sein. Zurück zur Literatur: Ihr Fokus auf Reue und Vergebung in ihren Krimis macht natürlich jetzt Sinn. Sie hat selber auch gesagt, dass sie damit danach, nach diesem Mord, damit gerungen hat. Für die Presse war das natürlich ein gefundenes Fressen. Und sie selber war natürlich überhaupt nicht begeistert davon, dass ihre Identität veröffentlicht wurde. Sie hat selber dann gesagt „es schien so unfair. Alles, was ich als anständiges Mitglied der Gesellschaft erreicht hatte, wurde bedroht und erneut wurde mein Leben von jemand anderem interpretiert. Es war im Gericht geschehen, als ich minderjährig, als Minderjährige nicht sprechen durfte und all diese Lügen hörte. Und jetzt gab es einen Film, aber niemand hatte sich die Mühe gemacht, mit mir zu sprechen. Ich wusste mich bis zu dem Tag vor der Veröffentlichung nichts davon. Alles, woran ich denken konnte, war, dass mein Leben auseinanderfallen würde.“ Sie hat aber anschließend immer noch weiter geschrieben und sie hat sehr viele Bücher veröffentlicht, auch erfolgreich veröffentlicht und auch einige Interviews dazu gegeben über den damaligen Mord und ihre Literatur. Und sie hat im Guardian zum Beispiel hat sie gesagt über ihre Literatur: „Es ist für mich von entscheidender Bedeutung, moralische Fragen weiterhin zu erforschen. Ich wollte erforschen, was Menschen tun, wenn sie mit Erfahrungen und inneren Konflikten konfrontiert werden, die sie bis an ihre Grenzen bringen.“ Also für sie war das irgendwie ihre Literatur, eine Verarbeitung davon, was passiert ist. 

 

Christina: Es wurden beide für diesen Mord verurteilt, sowohl die Kindheitsfreundin als auch die Autorin? - Genau. - Ich erinnere ich da recht, dass die Anne Perry immer bestritten hat, dass sie den Mord begangen hat?

 

Pia: Also sie hat selber immer gesagt, in allen Interviews, die ich gesehen und gelesen habe, hat sie selber gesagt, sie weiß absolut, dass sie schuldig ist und dass es ihr Recht geschieht, dass sie im Gefängnis gelandet ist. Und sie hat gesagt, sie war froh, dass ihr diese Gefängnisstrafe auferlegt wurde und dass sie sie verbüßen hat müssen. Mhm.

 

Christina: Ja. Okay. Harter Tobak.

 

Pia: Aber ich hab's irgendwie interessant. Es ist natürlich überall, wo sie dann letztes Jahr gestorben ist. War das überall in die Schlagzeilen. „Krimiautorin, die eigentlich Mörderin ist.“

 

Christina: Ich erinnere mich. Natürlich. Clickbait. Schlagzeile, wenn du jemals eine gefunden hast. Das ist wieder so ein Fall von Da ist die Realität. Äh, wenn du das im Buch schreibst, dann glaubt das keiner. Ja, es liest sich wie wie ein Plot von einem Roman

 

Pia: Ich habe sie auch nicht gekannt als Autorin und letztes Jahr eben ist dann sie verstorben und dadurch hab ich erst rausgefunden, wer sie eigentlich ist und diese ganze Geschichte. Aber ich habe es interessant gefunden, weil es ist wirklich bizarr ist.

 

Christina: Also da stellen sich ja total viele Fragen, oder?, von Moral und ist jemand - Das ist ja ein Mord, also dass kann nicht verjähren und gleichzeitig sind es Minderjährige gewesen. Und was bedeutet das für die Person, wenn sie erwachsen ist? Man weiß ja, da gibt es noch physiologische Änderungen im Gehirn und irgendwie ist das dann, muss man das dann ruhen lassen oder haben die Leute ein Recht, das zu erfahren und so? Und dann die Art auch, wie sie es erfahren und wie Medien damit umgehen.

 

Pia: Weil das war ja dann auch so in diesem Film. „Heavenly Creatures“ ist ja das auch so ein bisschen in die Richtung angedeutet worden, dass das entweder eventuell eine lesbische Beziehung gewesen hat sein können und das hat sie zum Beispiel immer abgestritten, dass das nie der Fall war. Also, dass ist natürlich auch die Frage: Was mache ich mit dieser Person, wenn ich sie so darstelle, ist interessant. Ähm, ja, genau. Und wir haben Krimis von ihr in der Bücherei. Wir haben einen Haufen eBooks von ihr zum Lesen digital, aber auch zwei Krimis in Printausgabe. „Wer auf Rache sinnt“ und „Das Spiel des Verräters“, also wer sich interessiert, kann bei uns gerne mal Krimis von ihr lesen.

 

Christina: Ja und jetzt liegt es an euch und ihr könnt jetzt abstimmen, welche der Entstehungsgeschichten euch besser gefallen hat. Welche war bizarrer, welche war interessanter? Und zwar geht das auf Instagram unter stadtbibliothek.innsbruck. Kennt ihr denn eine bizarre Entstehungsgeschichte von einem Roman, oder wir sind auch offen für Filme, oder? Wir sind sogar offen für Games, hätte ich jetzt gesagt, Gibt es ja auch so einiges, von dem ihr wollt, dass wir mal im Podcast darüber reden. Dann schreibt uns auf post.stadtbibliothek@innsbruck.gv.at. Und damit verabschieden wir uns von dieser Folge heute. Pia, hat mir total Spaß gemacht.

 

Pia: Es war interessant, spannend, ja.

 

Christina: Total spannend und vielleicht können wir das ja mal wieder wiederholen.

 

Pia: Würde mich freuen.

 

Christina: Also sendet uns eure Themen und wir sagen bis dahin: Tschüss. Tschüss.

 

Person 3: (...) S‘Vorwort ist eine Produktion der Stadtbibliothek Innsbruck und Teil der Stadtstimmen, dem Audiokanal der Stadt Innsbruck.

Transkription

[00:00:00]  Vorsicht, der Genuss dieses Podcasts kann zu vermehrten Bibliotheksbesuchen führen.

[00:00:07]  Also hallo und herzlich willkommen zurück zum Vorwort dem Podcast der Stadt Bibliothek Innsbruck.

[00:00:28]  Ich bin die Christina und ich bin  die Pia und wir sind wieder da.

[00:00:33]  Wir freuen uns sehr, dass nach der letzten Folge, wo unsere lieben Kolleginnen,

[00:00:37]  Die Shelly und die Jacky für uns übernommen haben und ein bisschen über das Reisen und über Reiseführer gesprochen haben,

[00:00:43]  dass wir heute uns die Frage stellen können, warum mögen wir eigentlich STEM Literatur?

[00:00:49]  Dazu geben wir erstmal a Definition. Was ist denn eigentlich STEM Literatur jetzt ganz genau?

[00:00:56]  Gehen dann in weiterer Folge auf die Geschichte der STEM Literatur ein.

[00:01:01]  Schauen uns dann die sogenannte neuere STEM Literatur an.

[00:01:05]  Mit vor allem eben weiblichen Hauptfiguren, kleiner Spoiler, Ali Haisalwood kommt darin auch vor.

[00:01:12]  Zu guter Letzt stellen wir uns wirklich die Frage, warum mögen wir eigentlich die STEM Literatur

[00:01:18]  und geben euch unsere Meinung zu diesem Phänomen und diesem Trend.

[00:01:24]  Und wir fangen an mit STEM Literatur kommt aus dem Englischen, das um fast Bücher und Texte,

[00:01:30]  die sich den Themen Wissenschaft, Technologie, Ingenieurwesen und Mathematik verschreiben und sich damit beschäftigen.

[00:01:39]  Diese Literatur zielt darauf ab, das Verständnis und Interesse für diese Fachgebiete zu fördern,

[00:01:45]  indem sie komplexe Konzepte zugänglich und spannend darstellt.

[00:01:48]  STEM steht in diesem Fall für Science, Technology, Engineering und Mathematics,

[00:01:55]  also Wissenschaft, Technologie, Ingenieurwesen und Mathematik.

[00:02:00]  Das gibt es jetzt natürlich nicht nur im Englischen.

[00:02:04]  Es gibt auch ein deutsches Pendant dazu, das wäre dann MINT, das kennt man vielleicht,

[00:02:08]  das wäre Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik.

[00:02:12]  Da bezieht man sich natürlich sowohl auf Schul- und Studienfächer, aber auch zum Beispiel auch auf Berufe in diesem Bereich.

[00:02:19]  Das ist auch oft ein Bereich, wo man Kinder fördern will.

[00:04:36]  Genau. Und bevor wir auf die STEM Literatur zu sprechen kommen, die jetzt in aller Munde ist,

[00:04:44]  nämlich die die vor allen Dingen Mädchen und Frauen zur Zielgruppe hat,

[00:04:49]  möchten wir euch noch etwas über die Geschichte der STEM Literatur erzählen.

[00:04:53]  Denn im belletristischen Sinne ist das ja genremäßig auch schon ein etwas älteres Thema.

[00:05:00]  Stem Literatur im Spezifischen sind also einfach auch Romane und Erzählungen,

[00:05:06]  die sich mit diesen von uns eben genannten Themen beschäftigen.

[00:05:10]  Diese Literatur hat eine durchaus längere Tradition, die geht bis ins 19. Jahrhundert zurück.

[00:05:17]  Ein frühes Beispiel für was man vielleicht heute als STEM Literatur bezeichnen könnte,

[00:05:24]  wäre Mary Shelley‘s Frankenstein.

[00:05:27]  Das ist 1818 rausgekommen und in Frankenstein wird Wissenschaft

[00:05:34]  und auch die Folgen von technologischem Fortschritt thematisiert.

[00:05:41]  Auch für uns eigentlich ein hochaktuelles Buch von der Thematik her.

[00:05:48]  Dann gibt es natürlich Größen wie Jules Verne oder H. G. Wells,

[00:05:54]  die so die Begründer mitunter der Science-Fiction sind

[00:05:59]  und als Begründer der Science-Fiction gelten

[00:06:02]  und sich ganz intensiv mit technologischen und wissenschaftlichen Themen auseinandersetzen.

[00:06:08]  Im 20. Jahrhundert hat das Science-Fiction-Genre dann noch mehr Aufmerksamkeit bekommen,

[00:06:14]  insbesondere durch bekannte Autoren wie Isaac Asimov oder auch Arthur C. Clarke,

[00:06:20]  die auch wiederum wissenschaftliche und technologische Konzepte in den Geschichten erforscht haben.

[00:06:26]  Der Begriff STEM Literatur hat sich aber für belletristische Werke erst in den letzten Jahrzehnten verbreitet,

[00:06:34]  eben wie du schon beschrieben hast Pia, parallel zu dieser wachsenden Bedeutung der Stemmbildung,

[00:06:42]  also der im deutschen Sprachgebrauch "Mintfächer"

[00:06:49]  und auch besonders die Aufmerksamkeit auf den Aspekt,

[00:06:55]  dass auch Mädchen und Frauen in dem Bereich gefördert werden wollen und sollen.

[00:07:03]  Genau, ich finde du hast das jetzt recht gut zusammengefasst, die Geschichte von die früheren Werke,

[00:07:07]  von dieser STEM Literatur. Es hat dann aber in den letzten Jahren so einen ganz neuen Trend in diese Richtung geben.

[00:07:14]  Das hat so um circa 2017 angefangen. Die Person, die das wirklich losgetreten hat, war Ali Hazelwood,

[00:07:21]  aber zu der kommen wir ja noch. Es war eine Trilogie, die sie damals angefangen hat,

[00:07:26]  eben ein Liebesroman-Trilogie. Der erste Teil heißt "The Love Hypothesis",

[00:07:31]  aber da reden wir auch noch ein bisschen darüber. Sie hat eben dann zum ersten Mal "steministische" Literatur geschrieben.

[00:07:38]  Wow, die Wortschöpfung.

[00:07:40]  Steminist oder Steminismus bezieht sich auf eine spezifische Strömung von Feminismus.

[00:07:46]  Und schließt zusammen STEM und Feminismus, nehme ich an , oder?

[00:07:50]  Ja, natürlich. Die sich also für erhöhte Präsenz von Frauen in diesen Mintbereichen einsetzt

[00:07:56]  und in Bezug auf die Belletristik , also die Schöne Literatur bedeutet das Romane,

[00:08:02]  die Helden aus diesem Bereich darstellen und feiern. Wobei es eben meistens Liebesromane sind.

[00:08:07]  Und eben typisches Beispiel als Autorin, die im Bereich arbeitet, ist eben die Frau Hazelwood.

[00:08:12]  Sie ist US-Autorin und hat ein Ph.D. in Neurowissenschaften.

[00:08:16]  Das heißt, es macht auch irgendwie Sinn, dass sie Bücher über das schreiben will,

[00:08:20]  weil sie natürlich aus diesem Bereich kommt.

[00:08:22]  Sie hat selber mit Fanfiction angefangen von Star Trek und Star Wars

[00:08:26]  und hat dann aber selber angefangen zu schreiben, also in größeren Verlagen,

[00:08:31]  und hat eben mit dieser Trilogie einen absoluten Erfolg gefeiert.

[00:08:35]  Und bis 2023 war sie selber Professorin, hat als Professorin gearbeitet

[00:08:39]  und hat sie dann aber pausiert, weil sie sich auf ihre Autorinnenkarriere fokussieren wollte.

[00:08:46]  Ja, genau. Und ich glaube, du hast ein paar Beispiele mitgebracht, unter anderem auch ihr Buch.

[00:08:51]  Das habe ich genau. Wir haben insgesamt drei Romane dabei, die wir empfehlen können,

[00:09:00]  die Spaß machen zum Lesen. So "Ali Hazelwood" finde ich, das so bemerkenswert, dass sie dann aufgehört hat.

[00:09:06]  In dem Bereich selber zu arbeiten.

[00:09:08]  Ja, genau. Aber es ist also bei der "Ali Hazelwood", die hat eben, wie du schon gesagt hast,

[00:09:14]  The Love Hypothesis geschrieben, das ist 2021 rausgekommen.

[00:09:18]  Wer es noch nicht kennt, die Hauptfigur ist eine Doktorandin in Biologie

[00:09:25]  und sie findet sich in einer vorgetäuschten Beziehung mit einem Professor wieder,

[00:09:32]  während sie ihre wissenschaftliche Karriere verfolgt.

[00:09:36]  Also so klassisch ist ein Literatur, die Figur arbeitet in dem Bereich

[00:09:41]  und der potenzielle Liebhaber kommt auch aus dem Bereich.

[00:09:46]  Ich hab auch noch ein anderes Beispiel, das wäre "Honey Girl" von Morgan Rogers aus dem Jahr 2022.

[00:09:53]  Da hat die Protagonistin ihr Astronomie-Studium mit Bestnoten bestanden

[00:09:58]  und kann ein One-Night-Stand mit einer anderen Frau in Las Vegas nicht vergessen.

[00:10:02]  einen LGBT-Roman, weil es eben zwei Frauen sind, die sich ineinander verlieben.

[00:10:08]  Einer der wenigen in dem Genre im Moment, gell? Genau. Also vorzugsweise sind es eher heterosexuelle

[00:10:15]  Beziehungen, die da dargestellt werden. Ein weiterer Roman zum Jahr 2022 ist

[00:10:21]  "Lessons in Chemistry" von der Bonnie Garmus. Spricht man das so aus? Lasst es mich wissen auf post.stadtbibliothek@innsbruck.gv.at

[00:10:37]  Bonnie Garmus oder Bonnie Garmin. In dem Roman ist die Protagonistin eine Chemikerin in den 1960er

[00:10:46]  Jahren, die sich in einer von Männern dominierten Wissenschaftswelt behaupten muss und unerwartet

[00:10:52]  zur Fernsehköchin wird. Und da teilt sie dann aber dem Publikum ihre wissenschaftliche Expertise.

[00:11:00]  Und ich habe jetzt vor kurzem erst, ich weiß das Buch ist schon zwei Jahre alt, aber ich habe

[00:11:05]  jetzt vor kurzem erst einen Trailer zum Film gesehen, zum gleichnamigen. Nein, es gibt einen Film.

[00:11:08]  Ich weiß jetzt auch nicht 100%ig, ob der 23 oder 24 rausgekommen ist,

[00:11:15]  ich habe den Trailer gesehen. Werde ich mir auf jeden Fall anschauen, ich finde das so witzig und

[00:11:21]  alleine der Trailer oder der kurze Blurp mit der Zusammenfassung dieses Kommentar,

[00:11:27]  dass die Frau natürlich dann kochen muss und, dass er auch dieses Fleisch stellen wird. Aber dann bricht

[00:11:31]  sie da irgendwie darüber das Klischee. Das ist so cool, ich glaube das ist ein richtig guter Film.

[00:11:36]  Es ist so witzig halt. Ja, viel gut. Das sind diese Romane glaub ich generell. Es ist so viel

[00:11:43]  Sommer Roman, den man so schnell einmal nebenher lesen kann. Aber gleichzeitig irgendwie so

[00:11:48]  erfrischend Vorbildcharakter irgendwo. Ich finde es total inspirieren, diese Idee,

[00:11:54]  dass dir als Frau vorgelegt wird, die Dinge, die du vielleicht irgendwie gelernt hast im

[00:12:04]  Laufe deines Lebens, dass du die vielleicht nicht gut kannst. Und selbst wenn du theoretisch weißt,

[00:12:08]  dass das nicht stimmen mag, aber so Sachen sind ja dann teilweise so tief.

[00:12:11]  Intrinsisch in dir drinnen, ich bin ja immer näher. Genau. Und du kommst nicht aus.

[00:12:15]  Aber wir haben noch einen Roman. Und zwar haben wir noch einen Roman mitgebracht. Das wäre der von

[00:12:20]  der Alice Oseman. Der ist schon 2016 rausgekommen und ist heißt Radio Silence, ist ein YA Roman,

[00:12:29]  also ein young adult Roman oder sogar eher ein Jugend Roman. Da geht es um die Protagonistin

[00:12:33]  Frances, die eine leistungsorientierte Schülerin ist und ein starkes Interesse an der Wissenschaft

[00:12:38]  hat und auch an der Mathematik. Sie setzt sich mit ihrer Identität und ihren Zielen auseinander.

[00:12:44]  Und dann entdeckt sie einen beliebten Podcast und dessen Schöpfer war. Ich gehe davon aus,

[00:12:48]  dass ist so ein... Punkt, Punkt, Punkt. Genau. Wir haben noch eins, zwei weitere Empfehlungen und

[00:12:57]  werden die wie immer alle in die Shownotes packen. Und wenn wir die Bücher und großen Teil

[00:13:03]  davon, das weiß ich, also einen großen Teil davon haben wir in der Stadtbibliothek. Wenn wir die

[00:13:07]  Bücher in der Stadtbibliothek haben, dann ist es auch immer auf unseren Online-Katalog verlinkt.

[00:13:13]  Dann könnt ihr euch das anschauen, schauen ob sie gerade verfügbar sind und die dann einfach

[00:13:18]  mit eurer Bibliothekskarte bei uns ausleihen. So, aber jetzt stellen wir uns zu guter Letzt noch die

[00:13:24]  Frage, warum mögen wir eigentlich STEM Literatur? Da sind wir, die Pia und ich, so ein bisschen in uns

[00:13:30]  gegangen und haben uns überlegt, was wir daran gut finden oder was da vielleicht die Nachteile sind.

[00:13:35]  Pia, möchtest du anfangen? Ja, ich bin ein bisschen zwiegespalten, was das angeht. Ich finde es einerseits

[00:13:42]  so, wie du sagst super, dass Frauen sich dann in diesen Bereichen auch sehen können, vor allem,

[00:13:46]  wenn das wirklich teilweise im echten Leben noch nicht so ist, dass man eben da einfach noch nicht

[00:13:50]  so gut repräsentiert ist und dann ist es ja super, gerade in dieser Literatur, dass man sich da auch

[00:13:55]  selber sehen kann und Vorbilder hat. Gleichzeitig bin ich dann wieder so, ich weiß nicht, das ist

[00:14:02]  halt dann doch schon wieder sehr Klischee, dass es dann immer um Liebe und Ehe und Beziehungen

[00:14:06]  gehen muss und eben so, wie wir auch schon angemerkt haben, es sind meistens heterosexuelle

[00:14:11]  Beziehungen, das heißt, man ist doch ein bisschen heteronormativ am Weg. Also ich bin ein bisschen

[00:14:17]  zwiegespalten, was es angeht. Diese Genremischung, wiederum, finde ich, ich verstehe das,

[00:14:23]  es ist schon sehr klischeehaft auf der einen Seite und ich kann dich da total verstehen. Ich glaube aber,

[00:14:30]  also diese Kombination von STEM-Themen oder MINT-Themen mit populären Genres, wie eben Romantik

[00:14:37]  oder auch Thriller und Science Fiction, die machen diese Bücher grundsätzlich zugänglicher und

[00:14:44]  wahrscheinlich attraktiver für breite Leserschaft. Und also in Science Fiction kennt man das ja schon

[00:14:49]  und da ist ja meistens so klischeehaft nicht, also ich möchte nicht, dass ihr mich falsch versteht

[00:14:56]  und dass nur Männer Science Fiction lesen, aber in den tradierten Gender-Rollen.

[00:15:02]  Hast du e schon erwähnt Jules Verne und H. G. Well.

 

[00:15:06]  Genau, sind das eher die Autoren, die von, also die Helden, genau das sind männliche Autoren,

[00:15:12]  aber das sind auch die große Ausnahme, da war Mary Shelley, aber sie ist so im Stereotypenbild ist,

[00:15:18]  das was, was mehr Männer lesen und das sind auch einfach von den Themen her,

[00:15:23]  oft Themen, die sich nicht mit Frauen oder Frau sein oder der Rolle der Frau in der Gesellschaft

[00:15:30]  beschäftigen, sondern mit der Rolle des Mannes in der Gesellschaft. Oder wo dann die Protagonisten

[00:15:38]  auch immer Männer sind und so. Und ich glaube, dass gerade dieses Genre der Romantik und aber auch

[00:15:46]  der weiblichen Protagonistin, also Frauen auch einfach abholt da, wo es einen interessiert und das ist

[00:15:54]  dann ja, dann eröffnet es gleichzeitig eine neue Perspektive, wenn man eh gern Romance novels liest.

[00:16:02]  Und da muss man ja auch sagen, meistens schreiben das ja auch Frauen, also im Grunde

[00:16:07]  ein Genre, dass Frauen schreiben für Frauen, wobei natürlich...

[00:16:11]  Also, es ist immer so, wir sind immer ganz vorsichtig, wenn wir von Büchern für eine

[00:16:18]  Zielgruppe sprechen, weil wenn wir das sagen, dann machen wir das halt aus dem Wissen heraus,

[00:16:24]  dass der Verlag das so vermarktet. Da darf man sich nicht davon abbringen lassen, die Bücher

[00:16:28]  trotzdem zu lesen, ob das jetzt der Love Hypothesis ist und das können Frauen genauso wie Männer

[00:16:37]  lesen, genauso wie jeden Science-Fiction-Roman. Das ist nicht das, was wir sagen wollen, oder?

[00:16:42]  Es ist aber so, dass die Verlage natürlich das schon so vermarktet. Ja, und das auch gewisse und

[00:16:51]  das mag auch sozial antrainierte Interessengebiete da sind, die dann oder auch einfach so Interessengebiete

[00:17:01]  da sind, die man dann halt vielleicht eher abholt. Aber das ist so ein bisschen schwierig,

[00:17:07]  das Thema ist einfach Gender und was ist, was war da, das Huhn oder das Ei und so was ist

[00:17:12]  das. Genau, aber du hast… Und es ist ja auch, was ich eben dem Genre dann absolut positiv

[00:17:18]  abgewinnen kann, ist, dass man mal dieses, weil normalerweise, wenn man Romane über

[00:17:22]  Wissenschaftlerinnen oder so liest, dann sind das ja eher ernstere und das ist ja auch schön,

[00:17:27]  wenn man unter Anführungszeichen Trivialliteratur liest, wo das auch angesprochen wird, weil ich meine

[00:17:32]  dann bricht man ja auch aus dem Klischee aus und sagt, okay, ich will nicht diesen typischen  

[00:17:36]  Liebesroman, wo es keine Ahnung ja nur um Buchhandlungen oder das Café in den Highlands oder was auch immer

[00:17:41]  geht, sondern nein ich breche aus und probiere mal was anderes und das spielt in Harvard oder was auch immer.

[00:17:47]  Und es ist dann einfach eine frische Sache, ich weiß auch noch bei Gilmore Girls, das ist so eine

[00:17:51]   intrinsisch weibliche Serie. Aber Rory ist super ehrgeizig und möchte super erfolgreich

[00:18:00]  sein und ist ein Vorbild für eine Generation von Schülerinnen gewesen und das hat schon

[00:18:06]  auch was Inspirierendes und ja, da geht halt der Buch, in dem Falle von diesem neuen Angebot,

[00:18:14]  geht einfach, ist es doch schön auch, dass der Buchmarkt darauf reagiert, dass es eine

[00:18:18]  vielfältige Literatur gibt, im Endeffekt profitiert man dann ja auch irgendwo davon.

[00:18:23]  Und die Leser sind ja begeistert, die Leserinnen sind ja begeistert.

[00:18:28]  Es gibt ja auch immer mehr Romane, muss man wirklich sagen. Das ist ja immer, das finde ich ja total nett,

[00:18:35]  eben, dass es auch ja Vorbildwirkung hat und Frauen sich dann auch in diesen Berufen selber sehen.

[00:18:40]  Es steigt eben vielleicht auch das Selbstvertrauen von gewissen Frauen, die das lesen und sich denken,

[00:18:46]  ah, ich kann das nicht machen und dann liest man das und dann denkt man sich vielleicht schaffe

[00:18:49]   ich das schon, vielleicht ist das doch was für mich. Es könnte eben also wirklich auch Leserinnen dazu

[00:18:54]  ermutigen, in diese Bereiche zu gehen. Also ist vielleicht nicht nur negativ.

[00:18:59]  Ja, mit dem schönen Abschluss möchten wir euch fragen, warum mögt ihr denn Stem-Literatur?

[00:19:07]  Was zieht euch da zu dieser Literatur hin, last? Und was ist euer Lieblingsbuch. Lasst

[00:19:12] es uns wissen auf post.stadtbibliothek@innsbruck.gv.at oder auch gerne auf Instagram,

[00:19:20]  unter dem Handle stadtbibliothek.innsbruck oder auch auf Facebook und wir sagen schönes Lesen.

[00:19:28]  Bis zur nächsten Folge. Tschüss!

[00:19:31]  S‘Vorwort ist eine Produktion der Stadtbibliothek Innsbruck

[00:20:00]  und Teil der Stadt Stimmen, dem Audiokanal der Stadt Innsbruck.

Transkription

[00:00:00]  Vorsicht, der Genuss dieses Podcasts kann zu vermehrten Bibliotheksbesuchen führen.

[00:00:06]  Live.

[00:00:08]  Glaube ich.

[00:00:09]  Ja, ich glaube, wir nehmen auf. Nimmt es auf? Es leuchtet. Ok.

[00:00:12]  Wie geht des? Was sagt ihr?

[00:00:15]  Was sagt ihr?

[00:00:16]  Was sagt ihr?

[00:00:17]  Super, jetzt haben wir uns alles angeschaut, aber jetzt will ich nicht mehr anfangen.

[00:00:20]  Warte, warte.

[00:00:21]  Okay.

[00:00:22]  Hallo und herzlich willkommen zum Vorwort, dem Podcast der Stadtbibliothek Innsbruck.

[00:00:43]  Mein Name ist nicht Christina und neben mir sitzt auch nicht die Pia.

[00:00:47]  Ich bin die Shelly und gegenüber von mir sitzt die Jacky und wir sind die Gen-Z, Kollegen, die heute übernehmen.

[00:00:54]  Genau, wir haben heute eine freundliche Übernahme geplant.

[00:00:58]  Wir freuen uns hier zu sein.

[00:01:00]  Also schauen wir mal was wird.

[00:01:02]  Warum geht es denn heute Jackie?

[00:01:04]  Genau, also heute geht es ums Reisen.

[00:01:06]  Also wir unterhalten uns über Reisegewohnheiten, alles rund ums Reisen und auch Reiseführer oder bzw. wo man Reiseinformationen herbekommt.

[00:01:15]  Und da lautet meine erste Frage.

[00:01:18]  Shelly, warst du dieses Jahr schon mal im Urlaub?

[00:01:21]  Ja, ich war heuer schon zweimal im Urlaub tatsächlich.

[00:01:25]  Einmal bin ich geflogen und einmal bin ich mit dem Zug gefahren.

[00:01:29]  Und im Februar war ich in Valencia, das ist in Spanien.

[00:01:32]  Da habe ich eine Freundin von mir besucht.

[00:01:34]  Und im, wann war das? Mai, Anfang Juni, ich glaube Ende Mai, Anfang Juni.

[00:01:40]  Schon wieder so lang aus. Busy Schedule.

[00:01:42]  Busy Schedule.

[00:01:44]  Ich war in Rom, die ewig Stadt.

[00:01:47]  Also der Süden zieht dich an, man merkt es. Ja, es war schon fein warm

[00:01:51]  Und dann bin ich heimgekommen und es lag Schnee auf den Bergen, das ist halt ein bisschen ein Downer, aber mei.

[00:01:55]  Aber in Tirol kann man manchmal nichts anderes erwarten

[00:01:58]  Wie hast du dich denn vorbereitet auf diese Reisen?

[00:02:01]  Also wie hast du informiert was du jetzt in Valencia und Rom machen kannst?

[00:02:05]  Also das Ding war Valencia habe ich eben meine Freundin besucht, die da Auslandssemester macht.

[00:02:09]  Und sie war mein Reiseführer.

[00:02:12]  Da bin ich nur um den Flug und ums Hotel kümmern müssen.

[00:02:16]  Das Programm hat sie gestaltet.

[00:02:18]  Und in Rom waren wir sehr vorbereitet.

[00:02:22]  Wir haben alles im Voraus gebucht, damit wir keine Schlangen haben, uns nicht anstehen müssen.

[00:02:27]  Was ja gerne einmal passieren kann in Rom.

[00:02:30]  Und ich habe mich tatsächlich mit Reiseführern vorbereitet.

[00:02:33]  Mit Reiseführern?

[00:02:35]  In unserem Alter noch Reiseführer?

[00:02:37]  Ja, man mag es kaum glauben.

[00:02:39]  Und wo kriegst du diese Reiseführer her?

[00:02:43]  Die kriege ich aus der Stadtbibliothek Innsbruck.

[00:02:45]  Da haben wir eine riesige Reiseabteilung, musst du wissen.

[00:02:48]  Ja, das merkt man bei uns immer im Sommer.

[00:02:51]  Also kaum kommt das Sommer.

[00:02:52]  Sind alle Reiseführerregale leer, weil eben alle Leute bei uns noch Reiseführer ausleihen.

[00:02:57]  Ja, genau. Also man merkt, die Regale sind leer.

[00:03:00]  Und das Zusammenräumen gestaltet sich als sehr entspannt.

[00:03:03]  Und das Alphabetisieren, vor allem Italien und Kroatien, hätte ich gesagt, ist gerade sehr…nüchtern.

[00:03:10]  Aber hättest du, bevor du in der Bib (Bibliothek) angefangen hast zu arbeiten, die Reiseführer gekauft?

[00:03:18]  Oder war das überhaupt auf deinem Schirm, so dass es auch Reiseführer gibt zum Vorbereiten?

[00:03:23]  Also man weiß es natürlich, aber es waren irgendwie immer so was, was meine Eltern benutzt haben.

[00:03:27]  So früher, wo es noch kein Internet gegeben hat.

[00:03:30]  Da waren sie halt immer in Neuseeland und haben sich halt drei Reiseführer gekauft, damit sie halt wissen, wo sie hin müssen, was da gibt und alles.

[00:03:37]  Aber für mich persönlich war das eigentlich nie eine Option, das war immer zu teuer,

[00:03:42]  dass ich mir gedacht hab, für eine Woche Urlaub kauf ich mir jetzt keinen Reiseführer oder?

[00:03:46]  vor allem dann hat man das in zwei Jahren und dann ist das immer aktuell, das war von meinen Denken immer.

[00:03:51]  Naja, und vielleicht, wenn du dir den Reiseführer extra gekauft hast,

[00:03:55]  vielleicht fährst du dann noch mal hin, damit sich des auszahlt.

[00:03:57]  Stimmt, ja, vielleicht, ja. Obwohl, nein, eigentlich nicht, weil du heiratest ja auch nicht zweimal,

[00:04:01]  nur weil du einmal ein Brautkleid gekauft hast.

[00:04:04]  Cooler Vergleich. Na, eben, seit ich in der Bib arbeit, man hat die Reiseführer da und ich weiß auch,

[00:04:10]  dass ich im Sommer gedacht habe, ja, wo fahre ich denn hin?

[00:04:13]  Und dann bin ich natürlich die Regale, dann habe ich gedacht, was spricht mich denn an?

[00:04:16]  Was gibt es denn überhaupt? Was ist gerade ausgestellt?

[00:04:18]  Also ausgestellt, kleine Hintergrundinformation, ausgestellt auf den Ausstellern zwischen den Regalen,

[00:04:24]  sind meistens die neueren Sachen, also die sind dann vielleicht maximal zwei Jahre alt,

[00:04:30]  normalerweise, manchmal steht da auch was Älteres, aber wir schauen, dass wir das sehr aktuell halten.

[00:04:35]  Genau, ja eben und deswegen find ich die Reiseführer dann schon praktisch, wenn man sie nämlich nicht kaufen muss

[00:04:40]  und man darf ja unsere Reiseführer dann auch zwei Monate lang haben oder drei Monate fast

[00:04:45]  und dann kann man sie auch mitnehmen. Also Grundausleitzeit, sind vier Wochen, genau,

[00:04:49]  zwei mal verlängern, also sind es dann 12 Wochen.

[00:04:52]  Genau, und dann kann man sie auch mitnehmen aufs Reisen, man muss natürlich bitte aufpassen,

[00:04:56]  dass man nichts verliert und nicht die Reiseführer beschädigt.

[00:04:58]  Und vielleicht nicht mit den Reiseführern baden gehen, weil wir haben gerade eine Häufung

[00:05:02]  an Wasserschäden bei unseren Medien.

[00:05:04]  Ja, genau, da bitte lieber auf die Luftmatratze zurückgreifen, nicht auf unsere Reiseführer.

[00:05:10]  Genau, aber prinzipiell ist es sehr praktisch, aber das stellt sich jetzt natürlich vielleicht für viele Zuhörer*innen

[00:05:16]  die Frage, was gibt es denn für Alternativen zum Reiseführer?

[00:05:19]  Also da hat man halt alles auf einem Platz, also alle Informationen gleichzeitig

[00:05:23]  und das ist halt total cool, man kann es mitnehmen, es ist handlich

[00:05:27]  und man hat auch eine Landkarte drin, also man kommt super rum.

[00:05:30]  Ja, aber wie handlich ist es wirklich?

[00:05:32]  Schleppst du im Urlaub in deinem Rucksack, in deiner Tasche immer drei, vier Bücher mit dir rum?

[00:05:38]  Ja, aber ich studier Literatur, also Berufskrankheit bei mir.

[00:05:42]  Also ohne Bücher kann ich gar nicht reisen.

[00:05:45]  Und ohne Reiseführer jetzt eben durch meine Arbeit hier auch nicht mehr, aber was gibt es denn für Alternativen, Shelly?

[00:05:50]  Wo kann man sonst noch die Informationen herkriegen?

[00:05:53]  Also ich persönlich schaue ganz gern auf Social Media.

[00:05:57]  Es gibt ja immer so hidden Spots und hidden Gems auf Instagram bei den Reels oder auf TikTok.

[00:06:06]  Nur die Frage stellt sich halt dann, also eben war eben in Rom.

[00:06:09]  Da hat meine Reisebegleitung dann so gesagt, wie man an seinem kleinen Foodstore vorbeikommen sein,

[00:06:15]  wo du so etwas zum Essen kaufen hast können, das war normal, sicher eine Schlange von einem Kilometer in Stadt zurück reingegangen.

[00:06:25]  Und er hat so gemeint, das ist sicher wieder irgendein TikTok-Schmarrn.

[00:06:30]  Also wie hidden sind diese Gems dann noch?

[00:06:34]  Genau, also man hat natürlich den Vorteil, dass man das dann auch alles sieht.

[00:06:38]  Also im Reiseführer sind die Sachen dann oft nur beschrieben und dann muss man sich das halt wirklich anschauen

[00:06:42]  oder vorstellen, wie das dann halt ist.

[00:06:44]  Und auf TikTok und Instagram hat man natürlich diesen Vorteil, dass da dann immer das Video ist

[00:06:49]  und man genau weiß, wo muss man hin, weil die Leute dann oft den Weg auch zeigen, wie man hinkommt.

[00:06:54]  Das ist dann oft sehr praktisch.

[00:06:55]  Und man sieht dann genau, wie schaut's aus, auf was lass ich mich da ein, was gibt's da wirklich.

[00:07:00]  Und das Essen wird dir dann auch wirklich gezeigt, also von dem her hat's viele Vorteile, aber wie du dann sagst,

[00:07:05]  es wird dann halt auch genauso überlaufen sein, wie alle anderen Touristenspots.

[00:07:09]  Und ich finde, es nimmt da so ein bisschen den Reiz vom Reisen, weil wenn ich das jetzt so im Reiseführer lese,

[00:07:14]  und es wird so beschrieben und dann stell ich mir das so vor und dann will ich das wirklich sehen.

[00:07:18]  Aber wenn ich jetzt da mein TikTok offen habe oder mein Reel, keine Ahnung, dann sehe ich ja genau, wie es auch schaut.

[00:07:24]  Dann brauch ich ja quasi nicht mehr hinfahren.

[00:07:26]  Ja genau, ja.

[00:07:27]  Jacky, warst du heuer schon einmal im Urlaub?

[00:07:29]  Genau, also ich war dieses Jahr auch schon mal im Urlaub, ich war in London im März

[00:07:34]  und hab mich da eben zum ersten Mal beim Reisen wirklich sehr auf diese TikTok und Instagram-Spots verlassen,

[00:07:41]  weil ich war mit zwei meiner besten Freundinnen im Weg und wir haben halt so eine gemeinsame Gruppe auf Instagram

[00:07:47]  und da haben wir uns immer gegenseitig geschickt, wo wir hinwollen.

[00:07:49]  Also wir haben genau diese Videos eben gesehen und wir haben gesagt, oh, das schaut cool aus, ich will unbedingt

[00:07:52]  in dieses Museum und in dieses Restaurant und wir haben natürlich die Hälfte nicht geschafft, weil wir so viel dann gefunden haben.

[00:07:58]  Aber das ist dann schon cool, dass man jetzt dann eben so teilen kann auch und halt, dass man weiß, okay, wo will der andere hin, was für Interessen hat man.

[00:08:04]  Und dann auch in London, wenn wir mal nicht gewusst haben, wohin geht's jetzt, dann haben wir in die Gruppe geschaut, da haben wir irgend ein Video angeschaut

[00:08:09]  und waren so, okay, cool, das wär eh in der Nähe, das können wir jetzt machen.

[00:08:12]  Und das war dann schon sehr praktisch und von dem her haben wir jetzt in London, weil es einfach so eine hippe, coole Stadt ist,

[00:08:18]  wo eben so viel dann noch so viel auf Social Media ist, sehr auf so Social Media verlassen.

[00:08:22]  Und ich fahre dann jetzt zum Beispiel nach Neapel im Sommer und da haben wir jetzt eine komische Weise ein Reiseführer bei uns ausgeliehen.

[00:08:30]  Also das war dann irgendwie für mich so, okay, Italien ist jetzt irgendwie schon, natürlich gibt es auch online ganze Sachen zu Italien,

[00:08:36]  aber zu Neapel haben wir jetzt nichts vorgeschlagen gekriegt, auf Instagram und deswegen muss ich mir das dann halt selber suchen,

[00:08:41]  weil ich es nicht vorgeschlagen bekommen und das ist dann wieder halt so ein Nachteil, weil man kann nicht beeinflussen, was man auf Social Media immer vorgeschlagen bekommt.

[00:08:46]  Das stimmt ja, du kannst nicht beeinflussen, was Trend ist und du kannst auch nicht immer in die Trendländer fahren.

[00:08:51]  Auf jeden Fall, sonst würden wir jetzt alle im Bali sitzen.

[00:08:54]  Ja, stimmt.

[00:08:55]  In Tokyo und generell Japan ist gerade auch so.

[00:08:58]  Ja, stimmt, ja.

[00:08:59]  Ich war gerade auch auf ZiB (Zeit im Bild), da hab ich gerade gesehen, da waren gerade mehr Touristen als jemals vor Corona.

[00:09:04]  Ehrlich?

[00:09:05]  Beitrag, ja.

[00:09:06]  Boah zach.

[00:09:07]  Ich war auch beeindruckt.

[00:09:08]  Vor allem eine Freundin von mir fährt auch nach Japan.

[00:09:09]  Und ich war so viel Spaß mit den anderen 7 Millionen Menschen, die jetzt in Japan sind.

[00:09:12]  Ja, that’s gonna be interesting,da hat sie dann was zum Erzählen.

[00:09:16]  Ja, entspannt, ja.

[00:09:18]  Ja, und stellst du einen großen Unterschied fest, jetzt wo du alleine reist, weil wir jungen Erwachsenen,

[00:09:27]  wir reisen nicht mehr mit den Eltern, einen Unterschied zu früher, wo wir mit den Eltern in den Urlaub gefahren sind?

[00:09:33]  Ja, also man hat sich amal um nichts kümmern müssen, das ist natürlich schon fein.

[00:09:37]  Und es war eben auch, ich glaube früher einfach auch viel entspannter, man hat weniger Druck gehabt, dass man alles machen muss,

[00:09:43]  weil man eben nicht immer gewusst hat, was es alles gibt.

[00:09:46]  Und das ist mir schon, wenn wir früh im Urlaub waren und dann sind wir durch die Stadt gegangen

[00:09:50]  und wenn wir ein Museum gefunden haben, sind wir halt reingegangen.

[00:09:52]  Oder wenn es halt nicht im Reiseführer gestanden ist, haben wir es sonst auch nicht gefunden.

[00:09:55]  Und dann war es so eine Überraschung und es war einfach viel entspannteres Reisen, glaube ich, früher.

[00:10:02]  Es war mehr ein Entdecken und nicht so ein Abhaken von...

[00:10:04]  Genau, genau, ja.

[00:10:05]  ...Punkten und die man auf seiner Liste hat.

[00:10:07]  Das hast du jetzt schön gesagt, ja.

[00:10:08]  Danke.

[00:10:09]  Weil eben dieses Entdecken, dieses du kennst den Ort eigentlich nicht,

[00:10:13]  und gehst einfach mal durch die Straßen, schlenderst so umher und schaust einfach, was du findest,

[00:10:16]  das macht man eigentlich heute nicht mehr.

[00:10:18]  Also man hat halt ganz viel Zeit an dem Ort.

[00:10:20]  Aber wenn ich weiß okay, ich hab nur vier, fünf Tage, dann plan ich da eigentlich genau, okay,

[00:10:24]  es gibt das Museum und dann in der nächsten Straße ist gleich das Café,

[00:10:28]  was irgendwie cool ausgeschaut hat und man will irgendwie viel mehr erreichen jetzt im Urlaub.

[00:10:32]  Und ich glaube schon, dass das auch, dass Social Media da ganz viel da eben da anflusst.

[00:10:35]  Ja, vor allem, wenn man selber auch dokumentiert und ständig in die Stories postet und Beiträge postet, wo man eben gerade ist

[00:10:40]  Genau.

[00:10:41]  Und dann muss man so beweisen, wie toll des gemacht ist.

[00:10:44]  Stimmt, aber es ist eigentlich total dumm.

[00:10:47]  Also dumm, was heißt dumm?

[00:10:48]  Es nimmt einem die ganze Freude irgendwie so, oder?

[00:10:50]  Es ist halt so... (Gong läutet im Hintergrund) der Gong.

[00:10:54]  Haben Sie den Gong jetzt gehört?

[00:10:56]  Es ist gerade Elf und alle müssen zusammenräumen, wie nicht,

[00:10:59]  weil wir sitzen im Kammerle und nehmen auf.

[00:11:01]  Nein, genau, eben früher war's...

[00:11:05]  Ich weiß nicht, obs früher entspannt war,

[00:11:07]  nur weil die Eltern halt dabei waren und man sich um nichts kümmern hat müssen.

[00:11:09]  Das kann natürlich auch sein.

[00:11:11]  Aber eben die ganzen Fotospots und alles, was es in den Städten gibt,

[00:11:14]  man will halt immer genau das Foto, was dann alle anderen haben.

[00:11:17]  Das war in London auch ganz wild.

[00:11:19]  Big Ben und sowas.

[00:11:21]  Eben oder London Bridge.

[00:11:23]  Big Ben eben, da wollten alle dieselben Fotos haben.

[00:11:25]  Mit diesem Guards immer vorm Buckingham Palace und so was.

[00:11:27]  Ich war auch dieses Change of the Guards.

[00:11:29]  Und das war so überlaufen, weil halt alle diese Guards sehen wollten.

[00:11:33]  Was ich prinzipiell verstehe, aber nur weil sie jetzt eben auf TikTok und so riesig geworden ist...

[00:11:36]  Ja, das ist eben dieser Massentourismus.

[00:11:38]  Und das war halt richtig erschreckend eigentlich zu sehen,

[00:11:41]  dass die Leute da eben so eben auf dieses „Abhaken“ fokussiert sind.

[00:11:45]  Dieses "Ich muss jetzt eben beweisen, dass ich gut gereist bin,

[00:11:48]  dass ich alles gesehen habe und dass ich ja viel erlebt habe“

[00:11:50]  und nicht mehr dieses "Ich schlender mal, durch eine Stadt und schau, was passiert".

[00:11:54]  Das ist schon... das ist schon zach.

[00:11:57]  Und eben, das machen dann eigentlich nur die TikToker, die dann eben das entdecken

[00:12:00]  und die schlendern durch die Stadt für dich.

[00:12:02]  Und du musst dann ihnen nachlaufen sozusagen.

[00:12:04]  Das ist ja dann irgendwie so das Kontroverse dran.

[00:12:07]  Du wirst richtig gebrainwashed eigentlich.

[00:12:09]  Also man ist eigentlich kaum fähig, irgendwie alleine zu reisen,

[00:12:12]  ohne dass man siebentausend Eindrücke von einer anderen Person bekommt,

[00:12:15]  wo man hingehen könnte.

[00:12:17]  Also das ist schon...

[00:12:19]  Und du gehst ja auch mit einer gewissen Voreingenommenheit dahin.

[00:12:22]  Genau. Und wenn dann an dem Tag mehr los ist, und du nicht genau das siehst,

[00:12:25]  was die Person auf TikTok sehen hat, dann ist es ein verlorener Tag.

[00:12:28]  Genau. Dann bist du ein bisschen enttäuscht.

[00:12:30]  Und vielleicht war das Wetter auch nicht so schön, oder die haben irgendwelche einen Filter drauf gehabt.

[00:12:33]  Und dann war es halt extra schön oder irgendwas.

[00:12:35]  Ja, das ist da natürlich immer ein bisschen enttäuschend.

[00:12:38]  So gesehen, fährt man mit den Reiseführern besser.

[00:12:41]  Genau. Also ich meine, es gibt schon einen klaren Nachteil beim Reiseführer,

[00:12:45]  und dass sie einfach alle paar Jahre aktualisiert werden müssen.

[00:12:48]  Und eben, es schwierig ist, nur die aktuelleren Versionen zu haben.

[00:12:53]  Oder eben, gerade finanziell oder so als Privatperson

[00:12:56]  glaube ich, extrem schwierig ist immer den neuesten Reiseführer für das Land zu haben, wo man hin will.

[00:13:00]  Wenn man jetzt jedes Jahr nach Italien fährt oder so was,

[00:13:02]  muss man sich dann alle drei, vier Jahre einen neuen Reiseführer kaufen oder so was.

[00:13:06]  Gut, ich glaube, irgendwann bist du selber der Reiseführer,

[00:13:08]  wenn du jedes Jahr an denselben Ort fährst.

[00:13:10]  Na, nicht an denselben Ort.

[00:13:12]  Einmal Norditalien, Süditalien.

[00:13:14]  Italien ist, by the way, glaube ich, unsere größte Abteilung bei den Reiseführern.

[00:13:20]  Also da haben wir die meisten, glaube ich, von Gardasee.

[00:13:24]  Garda, Garda, Garda.

[00:13:26]  Stimmt, der Gardasee ist immer ein großer Favorit bei allen.

[00:13:30]  Genau, also es gibt eben auch ganz viele Nachteile eigentlich eben auch auf beiden Seiten.

[00:13:34]  Also Social Media, sowohl auch die Reiseführer, Social Media ist zwar immer aktuell,

[00:13:39]  aber eben dadurch, dass es immer aktueller wird, muss man halt immer aktueller mitreisen sozusagen.

[00:13:44]  Da hat man bei den Reiseführern wieder auch mehr Spielraum, sagen ich jetzt amal.

[00:13:47]  Ist vielleicht nicht ganz so schnelllebig.

[00:13:49]  Na eben, ja, das ist eben, du musst dich hinsetzen, du musst da Zeit nehmen, du musst durchlesen,

[00:13:53]  dann musst du dir überlegen, okay, wo ist das, wie komme ich dahin?

[00:13:55]  Also das ist irgendwie wieder, es ist nicht ganz dieses Erleben, wie wir gesagt haben,

[00:13:59]  durch die Stadt schlendern, aber ungezwungener, irgendwie ein bisschen.

[00:14:02]  Weil ich meine, eben, sie sind vielleicht ein bisschen klobig zu mitnehmen manchmal

[00:14:05]  und ein bisschen schwer und so was, aber das nimmt man dann irgendwie in Kauf,

[00:14:08]  wenn man einen Reiseführer mitnimmt.

[00:14:10]  Vorallem, du kannst da ja, es gibt ja so viele Arten von Reiseführern,

[00:14:13]  wir haben ganz viele verschiedene Verlage, die einen sind ganz ganz dick,

[00:14:18]  die anderen sind ganz ganz dünn, City Trips zum Beispiel sind ganz dünn,

[00:14:21]  dann die Dumont-Dinger sind richtige Schmöker, teilweise.

[00:14:25]  Da kannst du dich ja auch für die Reise vorbereiten, kannst du dir die dicken einlesen und dann zum Mitnehmen

[00:14:30]  halt die Kleinen, die Dünnen.

[00:14:32]  Aber was ich immer noch lustig finde, ist, dass es immer noch Landkarten gibt,

[00:14:35]  wirklich in den Reiseführern. Das finde ich schon cool.

[00:14:37]  Das finde ich so süß.

[00:14:39]  Ich habe noch nie in meinem Leben wirklich eine Landkarte verwendet.

[00:14:41]  Nein, ich meine, ich finde das voll retro.

[00:14:43]  Ich bin halt aufwachsen mit Google Maps und da gibst du halt ein, dann kriegst die Route aber bei so einer Landkarte

[00:14:47]  Da muss man wirklich schauen, wo bin ich gerade, was für Straße bin ich gerade.

[00:14:50]  Ich kann keine Karten nicht lesen,

[00:14:52]  meine Mama kann das. Meine Mama ist auch so stolz auf sich selbst, dass sie es kann.

[00:14:57]  Und darum packt sie immer extra die Landkarten rein, wenn wir irgendwo hinfahren.

[00:15:01]  Weil sie sagt, na, das schaffe ich mit der Karten und mit der Beschilderung.

[00:15:05]  Wie halt ich denn die Karte, das ist ja...

[00:15:09]  Ja, Gen-Z Problems.

[00:15:11]  Das ist echt Wahnsinn. Also ihr überhaupt kein Bezug mehr zum Karten lesen.

[00:15:15]  Also wenn ich Google Maps nicht hab, dann bin ich eigentlich vollkommen aufgeschmissen beim Reisen.

[00:15:20]  Also da braucht es dann schon die Hilfe vom Handy, trotz Reiseführer,

[00:15:24]  weil sonst würde ich verloren werden.

[00:15:26]  Da sind dann eben praktisch die TikToks, wo wir gesagt haben, wo sie den Weg hinzeigen.

[00:15:30]  Aber das ist trotzdem, du musst halt genau an dem Punkt starten,

[00:15:34]  Eh, Eh.

[00:15:36]  Aber es ist dann meistens so, wenn es die hidden Gems sind,

[00:15:38]  es ist dann meistens so, wenn du beim Trevi-Brunnen in Rom

startest,

[00:15:41]  dann zeigen sie genau diese Gassen, den Trevi-Brunnen findest du irgendwie, dann laufen sie alle hin.

[00:15:45]  Und dann muss man nur diese Gassen nehmen, wo die TikToker das eben zeigen.

[00:15:48]  Und dann folgt man denen eben so und hat eben Vor- und Nachteile alles.

[00:15:53]  Aber es hat halt was, wenn man, das ist halt wie beim Buch lesen generell,

[00:15:57]  dass man eben nicht selber was erleben muss,

[00:15:59]  sondern man erlebt‘s durch eine andere Person.

[00:16:01]  Man folgt der eben durch ihre Reise.

[00:16:04]  Und wenn man jetzt eben gerade nicht viel Zeit oder Geld hat und man sich denkt,

[00:16:07]  "Barcelona wär cool", dann schaut man sich eben die ganzen TikToks dazu an.

[00:16:11]  Kannst du dich noch erinnern früher, wie YouTube noch a thing war?

[00:16:15]  Schaust du noch YouTube?

[00:16:16]  Ja schon, ein paar mal ja.

[00:16:17]  Ja, schon.

[00:16:18]  Ich hab so zwei, drei die ich noch schau ja

[00:16:19]  Echt, ich gar nicht.

[00:16:20]  Jedenfalls, da hats doch früher, da hast du so, deine Lieblings-YouTuber gehabt.

[00:16:24]  Und die sind immer in diese geilen Urlaube gefahren, so Malediven und ich weiß nicht.

[00:16:28]  Dubai, waren es dann auf einmal ganz viel.

[00:16:30]  Ja, das war ganz groß im Trend, vor zwölf Jahren oder so.

[00:16:32]  Ja, und da hat sie immer diese Follow-Me-Arounds geben.

[00:16:35]  Ja, die waren so cool.

[00:16:37]  Das waren meistens die längsten Videos immer.

[00:16:39]  Die sind sicher immer so eine halbe, dreiviertel Stunde gegangen.

[00:16:42]  Und da bist du halt echt davor gesessen.

[00:16:44]  Du in deinem kleinen Zimmer, ich weiß nicht, in Innsbruck tut man das noch

[00:16:49]  Ja, und hast nachher dir gedacht, boah, das war schon cool.

[00:16:53]  Das hast du richtig miterlebt irgendwie.

[00:16:54]  Ja, das war schon cool.

[00:16:55]  Das war fast schon wie ein Reisebericht.

[00:16:57]  Ja, das war so aus deren Perspektive auch ein bisschen durch diese Straßen auch gegangen.

[00:17:01]  Und dann hat man gesehen, wo gehen sie essen, was machen sie.

[00:17:03]  Und das war schon echt cool früher.

[00:17:06]  Und dann noch hat man es eigentlich echt auch erholt gefühlt, irgendwie.

[00:17:09]  Das war nicht so eine kleiner Urlaub aus dem Haus.

[00:17:11]  Ja, die waren auch echt cool.

[00:17:14]  Die habe ich vergessen, dass es die nicht mehr...

[00:17:16]  Jetzt gibt es halt die Daily Vlogs, wo sie den einen Tag zeigen,

[00:17:19]  aber das ist nicht dasselbe.

[00:17:21]  Nein, das ist mittlerweile auch nicht so aufgesetzt.

[00:17:24]  Die haken da ja auch ab, was die anderen jetzt gemacht haben.

[00:17:28]  Aber früher war das eben...

[00:17:30]  Du hast halt schon noch diese, wo es die im Urlaub mitnehmen, was sie gerade so machen.

[00:17:35]  Aber die sind dann halt komprimiert auf so zwei, drei Minuten für TikTok und Reels.

[00:17:39]  Kann ich jetzt nicht so abschalten dabei.

[00:17:42]  Da kommt gleich das nächste.

[00:17:43]  Es wäre total interessant zu wissen, ob diese ganzen Reiseinfluencer selber Reiseführer benutzen.

[00:17:48]  Sollen wir da mal schreiben?

[00:17:50]  Das wäre schon cool, das zu wissen, ob die dann halt...

[00:17:53]  ...diese Spots sich raussuchen

[00:17:55]  ...planen mit Reiseführer.

 [00:17:59] Die so im VW-Bus reisen

[00:18:01]  Ich glaube die rufen einfach ihre Influencer-Freunde an und fragen so, was habt ihr gemacht, wie ihr dort warts

[00:18:06]  letztes Jahr, wir fahren heuer hin.

[00:18:08]  Das kann auch sein, ganz fest ist meine romantische Vorstellung, dass man mit Reiseführern aktiv reist.

[00:18:15]  Na ja, also ich glaube, die Reiseabteilung ist bei uns ein ziemlicher Bestleiher, oder?

[00:18:21]  Ja, also vor allem in der Sachbuch, glaube ich, schon.

[00:18:25]  Die leeren Regale sprechen für sich?

[00:18:27]  Schon, ja.

[00:18:28]  Und man sieht, dass sehr viele junge Menschen immer zwischen den Regalen herum wuseln und suchen.

[00:18:33]  Und es lassen sich immer noch sehr gern

[00:18:35]  Menschen auch bei uns an der Information beraten.

[00:18:37]  Kommen sie her: ja haben, sie einen Reiseführer zu da und da?

[00:18:40]  Und man muss den Reiseführern ja auch zu gut halten, dass sie auch immer aktualisiert werden.

[00:18:45]  Und auch viele Reiseführer, also ich habe jetzt einen einmal gehabt von Neapel, der hat dann schon auch so Fotospots und so gemarkt.

[00:18:51]  Wo dann eben gesagt geworden ist "Okay, das ist cool.“ Spricht das da dann nicht auch dafür?

[00:18:55]  Also das orientieren sie ja auch...

[00:18:57]  Genau, die gehen schon mit.

[00:18:58]  Die gehen schon mit.

[00:18:59]  Die sind ja nicht blöd.

[00:19:01]  Also rein theoretisch ist der Reiseführer dann vielleicht doch wieder besser, weil er doch alles zusammenführt, wieder.

[00:19:06]  Stimmt.

[00:19:07]  Das ist schwierig.

[00:19:08]  Ich mag ihn gern den Reiseführer.

[00:19:12]  Man hat es einfach gerne auch in der Hand, das ist ein bisschen ein Nostalgie-Feeling dann auch.

[00:19:16]  Weil es ist halt einfach ein Buch und wir lieben Bücher, sonst würde man nicht da sitzen.

[00:19:20]  Stimmt auch wieder.

[00:19:21]  Reisen ist schon schön, oder?

[00:19:24]  Nein, ich freu mich auch auf den Sommer.

[00:19:25]  Ganz egal, ob mit Reiseführer, ob mit Internet oder ob ich einfach nur in meiner Reisebegleitung hinten nach schwanzelt.

[00:19:31]  Ja genau, das gibt es ja auch noch, die was gar nichts haben und einfach mitfahren.

[00:19:34]  Ja, mitfahren ist immer toll.

[00:19:36]  Jetzt würdest du uns natürlich interessieren, wie ihr so reist.

[00:19:40]  Also wir haben jetzt eigentlich von unseren Reisegewohnheiten erzählt.

[00:19:44]  Wart ihr heuer schon mal im Urlaub oder fahrt ihr noch und wo ging es hin oder wo geht es hin?

[00:19:51]  Und natürlich interessiert uns auch, wie ihr euch auf diese Reisen vorbereitet.

[00:19:55]  Und dazu könnt ihr gerne bei uns auf Instagram vorbeischauen unter @stadtbibliothek.insbruck.

[00:20:03]  Da kommt jetzt zeitgleich mit dieser Podcast-Folge, nämlich eine Umfrage online, da könnt ihr mit abstimmen.

[00:20:10]  Und da könnt ihr auch abstimmen, was ihr glaubt, wie viele Reiseführer wir in der Bibliothek haben

[00:20:16]  und ihr dürft Vorschläge machen, von welchen Ländern ihr euch mehr Reiseführer wünschen würdet.

[00:20:22]  Unter dem Hashtag #gemeinsambesser.

[00:20:24]  Genau, und in diesem Zuge wollen wir uns auch gerne von der Christina...

[00:20:30]  Na, was für ein Verabschiedung, bedanken wollen wir uns.

[00:20:33]  Gott, bitte rausschneiden.

[00:20:35]  Alles ist drin

[00:20:37]  Gegen Ende hin kann ich nicht mehr reden.

[00:20:40]  Okay, Fokus.

[00:20:42]  Im Zuge, na, was für ein Zug, wie so reden wir von Zug?

[00:20:46]  Genau, zum Schluss wollten wir uns jetzt nochmal bedanken, eben bei der Christina und der Pia, dass sie diese freundliche Übernahme erlaubt haben.

[00:20:54]  Es hat uns sehr viel Spaß gemacht.

[00:20:56]  Und genau, ich möchte noch darauf hinweisen, dass ihr gerne Vorschläge für weitere Podcastfolgen auf post.stadtbibliothek@insbruck.gv.at geschrieben werden können.

[00:21:05]  Und wir freuen uns immer auf Feedback und das könnt ihr eben auch über Instagram oder eben Facebook oder eben über die E-Mail machen.

[00:21:14]  Dann ist es nur noch an uns zu sagen, Danke fürs zu hören.

[00:21:19]  Wir freuen uns auf das nächste Mal und fröhliches Reisen im Sommer.

[00:21:24]  [Musik]

[00:21:49]  S‘Vorwort ist eine Produktion der Stadtbibliothek Innsbruck und Teil der Stadtstimmen, dem Audiokanal der Stadt Innsbruck.

Transkription

[00:00:00]  Vorsicht, der Genuss dieses Podcasts kann zu vermehrten Bibliotheksbesuchen führen.

[00:00:07]  Hallo und willkommen zum Vorwort dem Podcast der Stadtbibliothek Innsbruck.

[00:00:26]  Ich bin die Pia und ich bin die Christina.

[00:00:28]  Und mein Name ist Markus.

[00:00:29]  Genau, wir haben heute einen speziellen Gast, der uns heute unterstützt.

[00:00:33]  Es geht um Sensitivity-Reader und wir wiegen hier das Pro und Kontra ab.

[00:00:39]  Wir probieren heute mal ein neues Format aus.

[00:00:41]  Das heißt, weil das Thema umstritten ist, nimmt die Christina die Pro-Seite der Debatte ein.

[00:00:46]  Und dann Markus die Kontra-Seite.

[00:00:48]  Das heißt natürlich nicht, dass man nicht auch anderer Meinung ist.

[00:00:52]  Aber für das Format haben wir uns das so überlegt.

[00:00:55]  Wir führen also keine Diskussion im herkömmlichen Sinn, sondern wollen die zwei Ansichtsweisen einfach gegenüberstellen.

[00:01:02]  Und ihr Zuhörer*innen dürft dann natürlich für euch selbst entscheiden.

[00:01:06]  Und das könnts euch uns gerne auch kundtun unter dem Hashtag #GemeinsamBesser.

[00:01:11]  Aber das erklären wir noch mal am Schluss.

[00:01:15]  Zuerst einmal die Frage, was sind überhaupt Sensitivity-Reader?

[00:01:19]  Ich habe mal eine neutrale Definition vom Merriam-Webster-Wörterbuch rausgesucht.

[00:01:24]  Ein Sensitivity-Reader ist jemand, der Dokumente, Bücher und so weiter liest, um zu überprüfen,

[00:01:30]  dass sie nichts enthalten, dass die Leser*innen aufregen oder beleidigen könnte.

[00:01:35]  Insbesondere bevor sie veröffentlicht werden.

[00:01:37]  Und da kommt dann schon meine erste Frage.

[00:01:40]  Wann seid ihr zum ersten Mal auf das Thema gestoßen und wie war eure erste Reaktion drauf?

[00:01:44]  Christina, leg mal los.

[00:01:46]  Ich kann mich gar nicht mehr so genau daran erinnern,

[00:01:50]  wann ich auf das Thema gestoßen bin.

[00:01:52]  Ehrlich gesagt, das ist so im Laufe der letzten, ich würd sagen, sieben Jahre ungefähr.

[00:01:59]  Als es ja auch den internetbedingten Cultural Shift gab.

[00:02:04]  So dann auch im Verlagswesen irgendwann angekommen und dann irgendwann fiel das Wort.

[00:02:10]  Und ich bin auch nicht sehr eng vertraut damit,

[00:02:17]  weil es einfach was ist, was viel hinter die Kulissen nämlich auch stattfindet.

[00:02:23]  Und was ist was dann außer in den Medien, wo es halt sehr viel besprochen wird,

[00:02:30]  eigentlich ja mich erst einmal gar nicht so betrifft?

[00:02:34]  Ich würde auch sagen sieben, acht Jahre, vielleicht ein bisschen vorher,

[00:02:40]  habe ich im Zusammenhang mit der Jugendliteratur in Amerika,

[00:02:47]  ich das erste Mal diese Begriffe gehört, Sensitivity Reading oder auch Triggerwarnungen.

[00:02:53]  Und habe mir damals schon gedacht, das ist wahrscheinlich ein neuer Trend, der hier losgeht.

[00:03:02]  Und ich habe damals schon die, sage ich mal, skeptische Rektion reingenommen,

[00:03:10]  weil ich mir gedacht habe Trends, die in Amerika geboren werden, die werden auch bei uns landen.

[00:03:18]  Das hat damit zu tun, dass wir meistens eine gewisse kollektiv-psychologisch-devote Haltung

[00:03:25]  Amerika gegenüber haben, was Trends betrifft, damit wir auch zu diesem Trend dazu gehören können,

[00:03:31]  damit wir uns zugehörig fühlen können, weil wir augenscheinlich selbst kaum eine,

[00:03:40]  wie soll ich sagen, kollektiv-psychologische Identität haben, die hier selbstbewusst entscheidet.

[00:03:49]  Und habe mir damals schon gedacht, es ist, wie du gesagt hast, es hat begonnen im üblichen Social-Media-Diskurs

[00:03:59]  mit all den abgeschotteten Bubbles und Hashtags und so.

[00:04:04]  Aber ich habe mir gedacht, das klingt dann auch, als würde das sich entfalten zu etwas,

[00:04:10]  was ich jetzt persönlich als nicht sehr positiv empfinde.

[00:04:15]  Also von der Timeline her, habt ihr absolut recht.

[00:04:18]  Der Trend hat um 2015 herum begonnen und young adult.

[00:04:24]  Wo der Trend zu mehr Diversität auch gerade beim Aufkommen war.

[00:04:28]  Damit man ein Gefühl dafür kriegt, was für Bücher da abgeändert werden,

[00:04:32]  wollte ich ein Beispiel bringen.

[00:04:34]  Das Beispiel, was ich ausgesucht habe, ist Blood Air zu Deutsch, Herz aus Blut und Asche von Amélie Wen Zhao.

[00:04:42]  Die Geschichte spielt in einem fiktiven Reich mit einer versklavten Unterschicht, namens Affenites.

[00:04:48]  Die Protagonistin ist eine Prinzessin und lebt im Verborgenen, weil sie eben eine Ähnlichkeit mit diesen Affenites hat.

[00:04:54]  Und von dort aus geht dann die Handlung halt los.

[00:04:57]  Und hier kam die Kritik von Frühen Leser*innen, die in dem Buch eine anstößige Ähnlichkeit

[00:05:03]  mit der amerikanischen Sklaverei und der Unterdrückung von Schwarzen gesehen haben.

[00:05:08]  Wen Zhao ist selber in Peking aufgewachsen und sagte damals,

[00:05:13]  dass sie sich eigentlich auf Schuld bzw. Vertragsknechtschaft und Menschenhandel in Asien zu beziehen versucht hat.

[00:05:22]  Und die Autorin hat die Veröffentlichung dann trotzdem gestoppt.

[00:05:26]  Und dann haben sich eben Sensitivity Reader diesen Buch angenommen und erst dann wurde das Buch veröffentlicht.

[00:05:33]  Wir haben das Buch übrigens auch in der Bücherei als Buch und als E-Book, für die die daran interessiert sind.

[00:05:39]  Also in diesem Fall waren sie ja die Leser*innen, die selbst ausschlaggebend für den Einsatz von Sensitivity Reader waren.

[00:05:45]  Und daher meine erste Frage, meine erste große Frage.

[00:05:48]  Was für Vor- und Nachteile haben Sensitivity Reader aus der Leser*innen-Sicht?

[00:05:53]  Markus, vielleicht fängst du diesmal an?

[00:05:55]  Ich glaube, dass es hier ja immer auch um eine grundlegende Prämisse geht,

[00:06:04]  diese gerechte Gesellschaft, die bunte, diverse Gesellschaft.

[00:06:08]  Und dabei sollen ja mögliche Verletzungen und möglicher Kummer von marginalisierten Gruppen verhindert werden.

[00:06:19]  Jetzt kann ich persönlich auch nicht nur als Leser, aber auch als Leser da ein wenig mitreden.

[00:06:27]  Ich bin ein homosexueller Mann mit 47 Jahren Lebenserfahrung und was mir missfällt an dieser Entwicklung ist,

[00:06:37]  die Stigmatisierung von Menschen in marginalisierten Gruppen als einzementierte Opfer, als schwach.

[00:06:45]  Wenn ich als Leser, wie du jetzt gefragt hast, wenn ich als Leser jetzt als schwuler Leser gerne eine Romangeschichte über eine,

[00:06:54]  keine Ahnung, schwule Liebesgeschichte oder eine Coming-Out-Geschichte lesen möchte

[00:06:59]  und wissen will, wie der Autor oder die Autorin das in seiner oder ihrer kreativen Vision umsetzt,

[00:07:06]  dann kommt ein Sensitivity Reader als Zwischeninstanz einher,

[00:07:11]  will das aufgrund seiner Homosexualität, nicht seiner Literaturkompetenzen,

[00:07:21]  sondern vor allem seiner Homosexualität abklopfen, ob hier Stereotypisierungen sind,

[00:07:27]  ob hier mögliche Verletzungen sind, und was damit passiert, ist, dass er mir abspricht,

[00:07:34]  meine eigene Intelligenz abspricht, selbst entscheiden zu können, ob ich etwas als Stereotypisierung empfinde oder nicht.

[00:07:43]  Und das ist für mich schon einmal als Leser eine Verhöhnung meiner Intelligenz und demgemäß auch ein persönlicher Angriff.

[00:07:51]  Christina?

[00:07:53]  Also aus Leserinnen Sicht finde ich, da gibt es insbesondere, also um das nochmal abzugrenzen,

[00:08:03]  wir reden ja von Sensitivity Readern, in dem Kontext denke ich von denen, die, in dem Fall das Beispiel,

[00:08:11]  das du jetzt genannt hast, nach der Veröffentlichung noch einmal zugezogen worden sind aus PR Gründen.

[00:08:18]  Also es war schon vor der Veröffentlichung, das waren früher Leser, die das testgelesen haben und dann ist dieser Backlash gekommen.

[00:08:25]  Ähnlich wie beim Film, da hat es so Tests gegeben, da sieht man, das ist natürlich immer ein Markt und der Markt neigt sich den Regeln.

[00:08:34]  Aber für mich, wie ich Sensitivity Reader im positiven Sinne verstehe, ist vor dem Schaffen des Werks.

[00:08:43]  Und zwar, Markus, du hast das Beispiel genannt, dass ein schwuler Autor seine Erfahrungen einwebt in seinen Roman,

[00:08:51]  was oft wahrscheinlich nicht der Moment ist, wo jemand als Autor oder als Autorin das Gefühl hat,

[00:09:00]  ein Sensitivity Reader oder ein/e Reader*in zu benötigen vielleicht, das ist dann natürlich ein negativ konnotiertes Wort oder haben zu wollen.

[00:09:11]  Da geht es so, also ein Beispiel, das für mich sehr gut greift, wäre zum Beispiel, als weiße Frau,

[00:09:19]  kenne ich mich nicht mit schwarzer Habpflege aus. Allerdings ist es einfach ein Prozess, du brauchst andere Kämme,

[00:09:27]  du brauchst andere Produkte, wenn ich mir jetzt vorstelle, dass ich als Autorin, ich weiß, wir reden aus Leser*innensicht, ich komm gleich drauf,

[00:09:35]  über eine schwarze Frau schreiben will, aber ich weiß das einfach nicht, dann sehe ich das so als Teil der Recherche,

[00:09:43]  wenn ich das dann als weiße Leserin lese, lerne ich da was dazu, auch wenn egal welche Hautfarbe jetzt der/die Autor*in hat,

[00:09:56]  wenn die ist in dem Fall kulturell sensibel, in Anführungszeichen Kleinigkeit umgegangen,

[00:10:03]  das weiß ich als weiße Leserin zu schätzen und jetzt aus meiner Erfahrung als Frau heraus.

[00:10:07]  Ich bin sozialisiert mit Büchern, die von männlichen Autoren geschrieben sind.

[00:10:13]  In meiner Lesesozialisation ist weibliche Autorenschaft erst viel später dazugekommen

[00:10:20]  und ich erkenne mich jetzt viel mehr in diesen Themen wieder und es gibt männliche Autoren, die unglaublich sensibel und gut Frauen schreiben.

[00:10:32]  Mir ist dann als Leserin egal, ob jemand ein Sensitivity-Reader verwendet hat oder nicht,

[00:10:37]  aber ich weiß es immer zu schätzen, wenn mit Respekt umgegangen wird

[00:10:42]  und ich weiß es zu schätzen, wenn jemand diesen Extraschritt geht, um sicherzustellen, wenn man sichs selber nicht zutraut.

[00:10:49]  Also dir geht es ein bisschen um die Realität und dadurch, dass es wirklich akkurat dargestellt wird.

[00:10:54]  Zum Teil ja.

[00:10:55]  Okay, da haben wir schon mal sehr interessante unterschiedliche Meinungen.

[00:10:59]  Natürlich werden aber nicht nur neuere Bücher von Sensitivity-Readern gesichtet, sondern auch ältere.

[00:11:05]  Die James Bond Reihe von Ian Fleming zum Beispiel wurde 2023 neu herausgegeben.

[00:11:11]  Hier wurden rassistische Beleidigungen und Herabwürdigungen von Frauen und Homosexualität aus den Texten gestrichen.

[00:11:18]  Am Anfang irgendwann steht dann die Info, dass der Text abgeändert wurde und dass man sich bemüht hat, so nah wie möglich im Original zu bleiben.

[00:11:25]  Ähnlich wurde das vom Verleger Puffin Books,

[00:11:28]  Das ist eine Untergruppe von Penguin Books bei Roald Dahls Kinderbüchern gemacht.

[00:11:33]  Sie wurden aber sehr heftig deswegen kritisiert wegen der Abänderung der Texte

[00:11:37]  und zwar so heftig, dass sie jetzt beide Varianten veröffentlichen, also mehr Geld für den Verlag.

[00:11:43]  Jetzt werden die Original-Texte und die abgeänderten Texte veröffentlicht.

[00:11:48]  Die Originaltexte wurden dann unter der Reihe „The Roald Dahl Classic Collection“ neu verkauft.

[00:11:53]  Das Gleiche ist auch bei den neuen Agatha Christie Auflagen passiert.

[00:11:59]  Da wurden vor allem rassistische Ausdrücke entfernt.

[00:12:03]  Hier habe ich auch ein konkretes Beispiel aus der „Tod auf dem Nil“, „Death on the Nile“, wo sich eine Figur über Kinder beschwert.

[00:12:11]  Da sagt sie: „Sie kommen zurück und starren und starren.

[00:12:15]  Und ihre Augen sind einfach widerlich und auch ihre Nasen.

[00:12:19]  Und ich glaube nicht, dass ich Kinder wirklich mag.“

[00:12:22]  In der neuen Ausgabe wurde dies dann reduziert.

[00:12:25]  Hier sagt sie nur: „Sie kommen zurück und starren und starren.

[00:12:29]  Und ich glaube nicht, dass ich Kinder wirklich mag.“

[00:12:32]  Und hinter solchen Änderungen steckt dann natürlich der Verlag, der Sensitivity-Reader beschäftigt und der die Bücher neu veröffentlichen will.

[00:12:39]  Daher jetzt meine Frage, was für Vor- und Nachteile haben Sensitivity-Reader für die Verlage?

[00:12:45]  Christina.

[00:12:47]  Ja, also Verlage sind ja immer beides.

[00:12:51]  Und es ist ja auch das Paradox am Buch.

[00:12:54]  Literatur ist so viel Kunst und Kreativität, aber es ist auch ein Verkaufsobjekt.

[00:13:02]  Verlage leben von dem, was sie verkaufen.

[00:13:07]  Kulturell ist es im Moment, also wir sprechen von Wokeism,

[00:13:11]  wir sprechen davon, dass es da diesen links-liberalen Shift,

[00:13:18]  Markus, du hast es ja schon angesprochen, aus Amerika gekommen ist,

[00:13:21]  dass der mittlerweile wirklich ins Extrem tendiert und der eine neue Zensur ist.

[00:13:31]  Und als verantwortlicher Lektor, als verantwortliche Lektorin muss ich mir meinem sozialen, kulturellen Umfeld bewusst sein.

[00:13:41]  Und wenn mir die Kunst wichtig ist, dann werde ich mir überlegen, wie ich damit umgehe.

[00:13:50]  Zum Beispiel könnte ja auch ein Sensitivity-Reader kritisieren,

[00:13:57]  wenn sie Rassismen entdecken, also ein anderes Beispiel ist jetzt von Mark Twain, das ist 19. Jahrhundert gewesen.

[00:14:08]  Man könnte das ja auch in einem Vor- oder Nachwort oder in einem Glossar arbeiten

[00:14:13]  oder sogar eine annotierte Ausgabe, das ist ja durchaus üblich in der Literatur mit Fußnoten herausbringen.

[00:14:19]  Allerdings, und das ist dann die Kunstseite dieser Sache, die Marketing- und Geldseite der Sache ist natürlich,

[00:14:29]  wie du schon gesagt hast, Pia in der Einleitung, dass je massentauglicher ein Produkt ist, desto besser.

[00:14:37]  Und da muss man stark abgrenzen. Also ich verstehe Sensitivity-Reader als Werkzeug,

[00:14:46]  in der Werkzeugbox, wenn ich Steven King zitieren darf, des Autors, der Autorin.

[00:14:53]  Und ich verstehe aber auch das große Gruppen, die einfach gesellschaftlich marginalisiert werden und worden sind in der Vergangenheit.

[00:15:05]  Wir leben einfach im Zeitalter des Turbo-Kapitalismus und Teilhabe in unserer Gesellschaftsform bedeutet,

[00:15:18]  diese Dinge auch kaufen zu können und sich darin zu sehen.

[00:15:22]  Und aus dem Aspekt her kann ich das nachvollziehen, aber in dem besonderen Fall stehe ich dem auch als Literaturwissenschaftlerin

[00:15:31]  einfach sehr vorsichtig gegenüber. Ich finde es gut, beide Varianten zu haben.

[00:15:37]  Es bringt ein Verlag, der kann dann noch einmal was anderes rausbringen und du kannst ja aussuchen, was du möchtest.

[00:15:44]  Ja, da sind wir schon bei einer wichtigen Dimension, warum ich so eine Abwehrhaltung bei diesem Thema eingenommen habe.

[00:15:54]  Ich sage das auch als Schriftsteller. Ich habe mehrere Bücher veröffentlicht darunter, auch einige Romane.

[00:16:05]  Das heißt, ich habe einen gewissen Einblick eben auch hinter die Kulissen bei der Geschichte.

[00:16:09]  Ich glaube so, wie du das vorhin gesagt hast, dass es hinter den Kulissen begonnen hat und sich vor die Kulissen drängt.

[00:16:19]  Wie du jetzt vorhin gesagt hast, eben auch Pia mit den Verlagen und dem Profit oder wie du gesagt hast Christina,

[00:16:25]  mit dem Turbo-Kapitalismus, das Ideal, das uns alle hier da antreibt bei dieser Debatte,

[00:16:34]  ob vonseiten der Sensitivity-Reader oder vonseiten der Verlage, muss sich eine Frage der Glaubwürdigkeit stellen.

[00:16:45]  Wenn mir jemand sagt, ein Verlag macht das, all diese Dinge, weil er eine gerechte Gesellschaft will,

[00:16:54]  dem sage ich ganz unverhohlen, das ist eine fulminante Naivität, das zu glauben.

[00:17:01]  Ich glaube auch, dass man nicht unterschätzen sollte, auch vonseiten von Sensitivity-Readern,

[00:17:08]  eine Facette, die meines Erachtens in der Debatte selbst verdrängt wird, und zwar nazistische Zufuhr.

[00:17:18]  Es ist dieser Einsatz, den wir da alle haben für diese inklusive Gesellschaft, diverse Gesellschaft,

[00:17:25]  bunte Gesellschaft, ist auch eine nazistische Zufuhr.

[00:17:28]  Das sieht man auch in der Bubble-Mentalität der sozialen Medien, wo man dann Bestätigung,

[00:17:35]  ganz viel Bestätigung bekommt, wie toll du setzt dich für eine gerechte Gesellschaft ein.

[00:17:40]  Ich glaube, dass dieser Faktor stärker ist, als wir glauben.

[00:17:45]  Und ich habe vor allem mit diesem Punkt, wie du gesagt hast, Bücher in der Vergangenheit, die abgeändert werden sollen,

[00:17:54]  weil eben auch der Profit passen soll für die Verlage.

[00:17:57]  Es ist hier eine Grundhaltung im Werken, die bedeutet

[00:18:12]  dass die böse Vergangenheit ein Abbild sein soll,

[00:18:10]  unserer tollen Gegenwart.

[00:18:12]  Wir sollen sozusagen eine Art Schablone kreieren, indem wir eben Bücher der Vergangenheit

[00:18:20]  abändern, nach der Vorstellung, wie wir eben eine perfekte Utopie sehen.

[00:18:27]  Und ich persönlich als halbwegs erwachsener Mündiger, auch politisch bewusster Mensch,

[00:18:33]  sehe nicht, wo die Gegenwart so perfekt ist.

[00:18:37]  Und das ist eine grundarrogante Haltung, der ich absolut nichts abgewinnen kann.

[00:18:44]  Und deswegen scheidet meines Erachtens auch die sogenannte Glaubwürdigkeit hinter diesem Trend.

[00:18:53]  Dann möchte ich darauf noch antworten.

[00:18:57]  Was neu ist, das hat es früher in dem Ausmaß aber nicht gegeben, ist die Tatsache,

[00:19:05]  dass wir alte Werke reproduzieren können für die Masse, dass die lebendig bleiben,

[00:19:11]  weil wir Mittel haben, die reproduzieren zu lassen.

[00:19:16]  Also wir haben Mittel, die aufzubewahren und die wurden verschriftlicht, verfilmt.

[00:19:22]  Das gibt Archive aus dem Grund.

[00:19:25]  Und das hat es vor, ich bin da jetzt keine Expertin, aber vor 200, 300 Jahren.

[00:19:33]  Also wenn du als Mittelalter denkst, dann kann dir ein kleiner Teil der Bevölkerung überhaupt lesen,

[00:19:39]  so meine ich das.

[00:19:41]  Und das war Gatekeeping, waren die Mönche.

[00:19:44]  Jetzt stehen uns so viele Informationen wie noch nie zur Verfügung.

[00:19:49]  Und die strömen wie auf so einer achtspurigen Autobahn auf uns ein.

[00:19:53]  Und ich glaube, ein Teil von dieser Sensitivity-Reader-Debatte ist auch der Versuch zu filtern.

[00:20:02]  Aber auch, und das glaube ich aus tiefster Überzeugung, Worte machen die Realität.

[00:20:12]  Und wenn ich als sehr junges Kind ein Buch von wem auch immer, und wenn es ein Kinderbuch ist, lese.

[00:20:18]  Und ich da dezidiert, diskriminiert und ausgeschlossen werde, dann, sagen vielleicht meine Eltern,

[00:20:25]  dann liest du das gar nicht, aber dann bin ich ja weiterhin von unserer Kultur, also von der Kultur und der Gesellschaft,

[00:20:32]  die ja eigentlich auch meine ist, ausgeschlossen.

[00:20:34]  Also diesen Antrieb, gerade weil es ja immer reproduziert wird.

[00:20:38]  Und weil wir Sachen, die nicht für heute gedacht waren, in die heutige Zeit mitziehen.

[00:20:43]  Wie geht man damit um?

[00:20:46]  Aber ich, wie gesagt, dieser Sensitivity-Reader im Nachhinein ist das nochmal eine ganz andere Debatte, finde ich.

[00:20:53]  Ich denke, dass ich sehe diese Gefahr, die du da beschreibst, durchaus auch.

[00:21:00]  Aber ich sehe da eine zusätzliche Dimension, die das Ganze erschwert.

[00:21:05]  Indem wir uns auf das stürzen, ignorieren wir auch jene Stimmen in der Literatur, die genau aufgrund ihrer literarischen Fähigkeit das auch schon erreicht haben.

[00:21:22]  Mir fällt es immer auf beim Thema POC Literatur.

[00:21:27]  Menschen mit anderer Hautfarbe, Thema Rassismus.

[00:21:30]  Ich habe in amerikanischer Literatur und Kulturwissenschaft promoviert und habe die ganze amerikanische Literaturgeschichte quasi durchgelesen,

[00:21:40]  teils aus Pflicht, um eine Prüfung zu schaffen, teils aus großer Freude.

[00:21:45]  Und wenn wir hernehmen, dass beispielsweise, ich glaube dieses Jahr, war 250 Jahre Phillis Wheatley, ein Lyrik Band von einer Sklavin.

[00:21:58]  Das war noch vor der Unabhängigkeitserklärung.

[00:22:01]  Ist dieser Lyrik Band veröffentlicht worden.

[00:22:04]  Und ist auch weltweit rezipiert worden.

[00:22:06]  Das ist jetzt 250 Jahre her.

[00:22:09]  Im 19. Jahrhundert die ersten Romane von African-American-Literatinnen und Literaten,

[00:22:16]  W. E. B. Du Bois, Soziologe, der Ende des 19. Jahrhunderts Bücher verfasst hat,

[00:22:22]  die später eine Grundlage für die Bürgerrechtsbewegung wurden.

[00:22:27]  Das war von mir wahnsinnig verehrte James Baldwin in den 1950er Jahren.

[00:22:32]  Als schwuler, schwarzer Autor hat er einen Roman geschrieben, wie zum Beispiel „Giovanni's Zimmer“,

[00:22:38]  und da hat er über einen übrigens weißen Schwulen geschrieben.

[00:22:42]  Die von ihm inspirierte Toni Morrison, die den Nobelpreis bekommen hat,

[00:22:47]  eine der wohl verdientesten Nobelpreise in der Geschichte des Nobelpreises,

[00:22:51]  die von Toni Morrison inspirierte Jasmine Ward, eine jüngere Generation.

[00:22:57]  Es wird für mich immer ein wenig getan, als gäbe es das alles nicht.

[00:23:01]  Das selbe in der LGBT-Literatur.

[00:23:03]  Aber Markus, ich muss da jetzt einmal einhaken.

[00:23:05]  Das hat jetzt mit dem Thema Sensitivity-Reader, in dem Sinn nichts zu tun.

[00:23:08]  Das ist noch, also ich finde, findest du das nicht auch,

[00:23:11]  ein anderer Thematik oder das Wiederaufleben lassen von marginalisierten Stimmen,

[00:23:17]  die zu ihrer Zeit in der Literatur nicht so die Stimme gehabt haben oder nicht reproduziert wurden.

[00:23:22]  Aber wenn man davon ausgeht, dass es solche Stimmen nicht gibt, dann ignoriert man- Aber man geht davon aus.

[00:23:27]  Aber das ist in dieser Debatte sehr oft der Fall.

[00:23:32]  Würde ich sagen, Pia, dass du, weil ich glaub, da kommen wir nicht mehr auf die Reihen, das wollen wir ja nicht.

[00:23:40]  Aber wir sind dann schon bei den Autoren, weil du ja schon auch einige Autoren genannt.

[00:23:45]  Jetzt fehlen uns nach den Leser*innen und den Verlagen noch die Autorinnen,

[00:23:49]  die sind, was dieses Thema angeht, sehr gespalten.

[00:23:53]  Manche sind dafür, manche dagegen.

[00:23:55]  The Guardian hat da einige Standpunkte nach der Roald Dahl-Kontroverse versammelt

[00:24:00]  und das stelle ich jetzt aber einfach vor.

[00:24:03]  Da haben wir zum Beispiel Philip Pullman, den kennt man zum Beispiel von der Goldenen Kompass-Reihe.

[00:24:08]  Der sagt, wenn es uns beleidigt, lassen sie ihn aus dem Book nehmen.

[00:24:12]  Was wollen sie dagegen tun? All diese Worte sind noch da.

[00:24:15]  Wollen sie alle Bücher einzusammeln und sie mit einem dicken, schwarzen Stift durchstreichen?

[00:24:20]  Lesen Sie Phil Earle, SF Said, Frances Hardinge, Michael Morpurgo,

[00:24:26]  Malorie Blackman, lesen Sie Mini Grey, Helen Cooper, Jacqueline Wilson, Beverley Naidoo.

[00:24:31]  Lesen sie all diese wunderbaren Autorinnen, die heute schreiben und nicht so viel Beachtung finden,

[00:24:35]  weil die massive, kommerzielle Anziehungskraft von Leuten wie Roald Dahl so groß ist.

[00:24:40]  Dann haben wir Margaret Atwood, die kennen viele von dem „Report der Magd“ zum Beispiel.

[00:24:45]  Wunderbares Buch.

[00:24:47]  „Viel Glück mit Roald Dahl, sie werden das ganze Buch ersetzen müssen, wenn sie wollen, dass alles nett ist.

[00:24:52]  Aber das hat schon vor langer Zeit begonnen, es war die Disnifizierung von Märchen.

[00:24:56]  Was halte ich davon? Ich stehe auf der Seite von Chance, der sagt, wenn dir diese Geschichte nicht gefällt,

[00:25:03]  schlag um und lies etwas anderes.“

[00:25:05]  Dann haben wir Irvine Welsh, den kennt man vom Kultklassiker Trainspotting.

[00:25:12]  Der schreibt 2022 The Long Knives, wo es unter anderem auch um Transgender-Themen geht.

[00:25:18]  Und er schrieb auf Twitter über Sensitivity Reader, „ich war anfangs sehr ablehnend und betrachtete dieses Zensur.

[00:25:24]  Allerdings war meine Erfahrung mit dem Transreader ein äußerst positiv.

[00:25:28]  Der Reader unterstützte das, was ich versuchte zu tun, sehr ausgewogen, nachdenklich und informativ.

[00:25:33]  Und das Buch ist dadurch unendlich besser geworden.

[00:25:36]  Ich fand es eine positive Erfahrung.

[00:25:37]  Sicherlich gab es keinerlei verrückte Gehässigkeiten, wie man sie von allen Seiten auf der Debatte hier steht.“

[00:25:45]  Und dann zum Schluss noch Salman Rushdie, den kennt man von den satanischen Versen.

[00:25:49]  Der nenn Dahl keinen Engel und sagt über ihn, er sei ein selbsterkennender Antisemit mit ausgeprägten rassistischen Neigungen.

[00:25:57]  Allerdings schrieb Rushdie über die Bearbeitung von Dahls Büchern, also er beschrieb das als absurde Zensur.

[00:26:04]  Und auf Twitter schrieb er, dass Puffin und der Nachlass des verstorbenen Autos sich schämen sollten.

[00:26:10]  Also eher dann wieder negative Sicht des Ganzen.

[00:26:13]  Genau, also dann sind wir schon bei den AutorInnen und was für Vor- und Nachteile haben diese Sensitivity Reader aus AutorInnensicht?

[00:26:20]  Markus, weil du hier selber Autor bist, vielleicht fängst du an?

[00:26:23]  Ich habe mit meinem Verleger konferiert, kurz auch zu dieser Thematik.

[00:26:30]  Und er ist der Meinung, dass grundsätzlich konstruktive Kritik immer was wichtiges ist.

[00:26:37]  Und das ist auch ein bisschen so in deiner Linie der Argumentation.

[00:26:41]  Er hat allerdings auch eine gewisse Skepsis, wenn ein grundlegender moralischer Imperativ die Literatur übernimmt.

[00:26:50]  Weil Literatur soll berühren und berührt werden wir im Leben oft auch negativ.

[00:26:59]  Margaret Atwood mit ihren Zitat kann ich unterschreiben, wenn mich etwas negativ berührt, wenn mich etwas verärgert,

[00:27:11]  dann sage ich, okay das gefällt mir nicht, lege es zur Seite und lese etwas anderes.

[00:27:17]  Und so kann ich aufgrund meiner Entscheidung meinen Literaturkonsum,

[00:27:26]  um den kapitalistischen Begriff zu verenden, selbst bestimmen.

[00:27:31]  Die grundlegende Problematik für mich, und das kommt bei einigen dieser Standpunkte zur Geltung,

[00:27:38]  ist, es soll die Literatur die Welt so erzählen, wie sie zu sein hat, wie sie sein soll

[00:27:46]  und nicht wie sie ist.

[00:27:48]  Und da wird es bei allen Idealen irgendwann einmal schwierig, nicht von einer Zensur zu sprechen.

[00:27:56]  Das ist ein gewisser Reinlichtkeitsfetisch, der hier immer Ärger überhand nimmt,

[00:28:02]  nicht nur mehr hinter den Kulissen, sondern auch vor den Kulissen, der Literatur mehr und mehr zu schablonisieren droht.

[00:28:11]  Und da würde ich sagen, als Literaturwissenschaftler, als Literaturvermittler und auch als Literat sage ich,

[00:28:20]  das ist dann nicht mehr Literatur, wie ich sie erlebe oder erleben möchte.

[00:28:25]  Und vor allem ist es ein Ausdruck von einer Unterminierung der Freiheit der Kunst.

[00:28:32]  Und das ist eine quintessenzielle Grundsäule der Demokratie.

[00:28:37]  Und dem gemäß ist für mich auch in letzter Instanz die Gefahr in der demokratiezersetzenden Entwicklung,

[00:28:43]  eines demokratiezersetzenden Trends.

[00:28:46]  Christina?

[00:28:48]  Mein Eindruck ist, dass das Wort Sensitivity Reader in den Medien inflationär benutzt wird,

[00:28:56]  wie das Flugzeugphänomen.

[00:28:58]  Das kennt man, wenn es einen Flugzeugabsturz gab, dann berichten die Medien.

[00:29:03]  Das ist ein menschliches, psychologisches Phänomen über ganz viele weitere Flugzeugabstürze.

[00:29:09]  Und man bekommt das Gefühl, das ist überall und das nimmt überhand.

[00:29:12]  Die Debatte zu Sensitivity Readers hat für mich, wie gesagt, zwei Seiten.

[00:29:18]  Wir haben jetzt besonders die Seite nach, das Buch ist draußen, es ist in der Welt.

[00:29:25]  Und danach wird es zensiert.

[00:29:28]  Und das ist eine Zensur, und da stimme ich dir vollkommen recht, Markus,

[00:29:32]  ist nichts, was wir uns in den Medien wünschen oder in der Kunst wünschen, was Sensitivity Reader sind.

[00:29:38]  Und deswegen finde ich, dass Sensitivity Reader genauso wie Lektor*innen in einem Verlag ihre Berechtigung haben.

[00:29:46]  Sie nehmen sich auf Anfrage einen Text an.

[00:29:52]  Und wir dürfen bitte nicht vergessen, dass der Literaturbetrieb weiß ist.

[00:29:59]  Die Verlage sind über vorwiegend weiß und das sind weiße privilegierte Menschen.

[00:30:05]  Es früher waren es weiße privilegierte Männer, jetzt sind es mehr Frauen,

[00:30:10]  aber es ist einfach, diese Stimmen sind immer noch die größten Stimmen.

[00:30:15]  Wenn People of Color, das ist auch im Moment ein Phänomen, heute Bücher schreiben,

[00:30:21]  dann werden sie vor allen Dingen dann verlegt, wenn sie aus ihrer eigenen Erfahrung herausschreiben.

[00:30:28]  Weiße Menschen können theoretisch, das gilt halt vor allen Dingen für Männer, schreiben, worüber sie wollen.

[00:30:35]  Die Debatte, die in den letzten sieben Jahren aufgekommen ist, ist ein Gegenstrom, einer der zum Teil zu weit ausgeartet ist,

[00:30:48]  eine Gegenströmung zu dieser Tatsache, dass es einfach Stimmen gibt, die nicht gehört werden.

[00:30:55]  Und wenn man als weißer Autor oder als weiße Autorin aufgrund dessen versucht,

[00:31:03]  seine Bücher mit anderen Stimmen zu bevölkern, aber Unsicherheiten spürt,

[00:31:11]  weil man nichts von der Kultur weiß, dann ist es eine sehr ehrenwerte und meiner Meinung nach grundsätzlich sehr bescheidene Haltung zu sagen, ich kenne das nicht.

[00:31:24]  Ich mache meine Recherche, du kannst als Autor, du sollst als Autorin über alles schreiben,

[00:31:30]  sei frech und sei schockierend und schreib gegen den kulturellen Trend,

[00:31:38]  das ist warum Literatur und die große Weltliteratur hat das immer gemacht, hat immer gegen den Trend geschrieben.

[00:31:43]  Madame Bovary war undenkbar und so weiter.

[00:31:47]  Aber vielleicht ist es eine gute Sache, wenn du dir bewusst bist, dass du Privilegien hast, dass deine Stimme gehört wird,

[00:31:55]  und dass du dann versuchst, respektvoll umzugehen mit den Figuren, die du entwirfst, um die möglichst realistisch darzustellen.

[00:32:07]  Und wenn dann in deinem Buch ein Absatz steht, wie sich deine schwarze Protagonistin die Haare macht,

[00:32:17]  dann ist es für mich als Leserin ein Zeichen des Respekts und als Autorin ein Zeichen des "I did my due diligence".

[00:32:25]  Ich habe meine Recherche gemacht, Sensitivity Reader sind ein Werkzeug von vielen,

[00:32:31]  und dein Lektor schaut noch einmal drüber und dann als letzten Punkt, den ich noch anbringen will, warum ich das verstehe aus der Autorensicht.

[00:32:42]  Das ist ja wahrscheinlich dein intimes Baby, du bringst das aufs Papier und dann bringst du es raus in die Welt.

[00:32:53]  Wenn es draußen ist, gehört es nicht mehr dir, dann gehört es uns und den Leser*innen.

[00:33:04]  Und wir können dann mit dem Text machen, was wir wollen. Das soll aber nichts, im besten Falle nichts daran ändern.

[00:33:11]  Dass du weiterhin die Freiheit hast als Autor/als Autorin, darfst du schreiben was du willst.

[00:33:18]  Wenn du dann ein Backlash kriegst, bist du halt selber- Das trägst du dann.

[00:33:24]  Mein Verlag hat ebenfalls gesagt, dass es immer nur in Rücksprache mit Autorinnen und Autoren entschieden wird, ob Sensitivity Reader hinzugezogen werden.

[00:33:36]  Ich habe einen Roman in der Arbeit, der bald fertig wird, und habe ihnen von vorneherein gesagt, ich werde definitiv nicht mit Sensitivity Reader arbeiten.

[00:33:45]  Und ganz kurz nun zu Roland Barthes, den kenne ich auch ein wenig, „und dann gehört es den anderen.

[00:33:52]  Und wenn dann der Backlash kommt“, ich glaube, dass es von beiden Seiten sowohl von der die Du argumentiert hast, oder wie auch ich,

[00:33:59]  vor allem ein Aspekt, ein wenig vernachlässigt wird, ist der Aspekt der Angst.

[00:34:06]  Und diese Angst, die der Verlag hat einen Shitstorm zu bekommen und den Profit zu verlieren.

[00:34:11]  Diese Angst, dass der Autor etwas schreibt, dass jemand einen anderen verletzt werden könnte.

[00:34:16]  Angst ist kein guter Ratgeber, ist meine Schlussfolgerung.

[00:34:21]  Auf jeden Fall haben wir jetzt zwar auch sehr unterschiedlich Perspektiven gesehen, was Sensitivity Reader angeht.

[00:34:27]  Aber der derzeitige Stand kann sich ja auch sehr schnell ändern.

[00:34:31]  Der Literaturbetrieb ist ja prinzipiell sehr schnell etwas Änderungen angeht.

[00:34:35]  Wir wissen nicht, wie sich es weiterentwickelt, Sensitivity Reader könnten ganz verschwinden oder es könnte mehr ausgebaut werden.

[00:34:43]  Das wissen wir ja alles nicht, das schauen wir dann nochmal.

[00:34:46]  In ein paar Jahren können wir diese Debatte nochmal führen.

[00:34:48]  Die Folge war für mich auf jeden Fall ein interessanter Blick in beide Richtungen.

[00:34:52]  Danke an Markus, dass du dir die Zeit genommen hast.

[00:34:55]  Danke für die Einladung.

[00:34:56]  Und danke an euch Zuhörer*innen für's Mithorchen.

[00:34:59]  Jetzt sind wir auf eure Reaktionen gespannt.

[00:35:02]  Haltet ihr von Sensitivity Readern?

[00:35:04]  Ist der Trend für euch etwas Positives oder Negatives?

[00:35:07]  Schreibt uns eure Meinungen per Mail an post.stadtbibliothek@insbruck.gv.at

[00:35:14]  oder auf Facebook oder Instagram über www.stadtbibliothek.insbruck

[00:35:18]  und gerne immer gemeinsam mit dem #GemeinsamBesser.

[00:35:21]  Danke fürs Zuhören und bis zum nächsten Mal.

[00:35:23]  Markus, es war mir eine Freude mit dir, die Meinungen auszutauschen.

[00:35:27]  Super interessant.

[00:35:28]  Right back at you.

[00:35:29]  Danke.

[00:35:30]  Tschüss.

[00:35:31]  [Musik]

[00:35:54]  S‘Vorwort ist eine Produktion der Stadtbibliothek Innsbruck und Teil der Stadtstimmen,

[00:36:00]  dem Audiokanal der Stadt Innsbruck.

Transkription

[00:00:00]  Vorsicht, der Genuss dieses Podcasts kann zu vermehrten Bibliotheksbesuchen führen.

[00:00:07]  Also der Philosoph Konrad Paul Liessmann hat dem sogenannten "runden Leder" schon eine gewisse Literaturunfähigkeit

[00:00:29]  unterstellt. Trotzdem stellen wir uns heute die Frage: "Warum mögen wir eigentlich Fußballliteratur?"

[00:00:36]  Und damit herzlich willkommen zum Vorwort, dem Podcast der Stadtbibliothek Innsbruck. Mein Name ist Christina -

[00:00:43]  und ich bin die Pia - und heute haben wir einen ganz besonderen Gast, nämlich ist das der Lukas, unser lieber Kollege.

[00:00:50]  Hallo Lukas. Hallo. Danke, dass du dir die Zeit nimmst, heute mit uns aufzunehmen. Lukas, im Gegensatz zu mir,

[00:00:57]  hast du schon mal Fußball geschaut, richtig? Ein oder zwei Mal. Lukas untertreibt massiv.

[00:01:05]  Und wir sind jetzt einfach froh, dass er da ist, weil Pia, wie steht es mit dir? Wie groß ist dein Fußball-Fan-Level?

[00:01:13]  Im Minus-Bereich. Ich habe halt nachgeschaut wegen verschiedener Fußballliteratur und eins davon ist der "Schwalbenkönig",

[00:01:21]  glaube ich, heißt und ich hab nochmal nachschauen müssen, was eine Schwalbe ist, weil ich keine Ahnung habe zum Fußball.

[00:01:26]  Lukas, was ist denn eine Schwalbe?

[00:01:28]  Ein Schwalbe ist, wenn ein Spieler ein Faul sozusagen schauspielert, also es hat keinen Faul gegeben, er lässt sich fallen.

[00:01:39]  Das liebe ich.

[00:01:41]  Es ist eins der tolle Dinge im Fußball, weil es ruft so viele Emotionen auf beide Seiten, meistens negative.

[00:01:48]  Ich habe ein bisschen was zu... Also erstens die Folge geht am 18.07. online, das ist der Donnerstag, wann ist in das EM-Finale?

[00:02:00]  Am 14. also es geht nach dem Finale online.

[00:02:03]  Okay, das heißt, dann wissen wir schon wer Welt... Wer was ist?

[00:02:08]  Europameister.

[00:02:14]  Das haben wir gewusst -  im Finale, ich habe mich nur besprochen.

[00:02:19]  Gut gerettet, ja.

[00:02:21]  Und wer spielt?

[00:02:26]  Spanien gegen England.

[00:02:28]  Okay, und trauen wir uns zu sagen, von wem wir glauben, wer gewinnt?

[00:02:33]  Das kann man sich immer trauen und nachher kann man immer gut eine Ausrede finden, warum das dann nicht passiert ist.

[00:02:41]  Genau, kann man es eh editieren, also zum Beispiel einer hat ein Schwalbe, die kann man dann einfach ... "England" und dann drüber reden.

[00:02:52]  Also es ist prinzipiell immer der Schiedsrichter Schuld, egal was passiert, es liegt nie an der fehlenden Expertise, es ist der Schiedsrichter, schlechter Rasen, egal was, das gibt immer eine Ausrede.

[00:03:04]  Gibt es so was wie schlechten Rasen im Fußball?

[00:03:08]  Ja, das war bei der EM auch Thema in Frankfurt glaube ich, dass da der Rasen sehr kritisiert worden ist, meistens von dem Team das verloren hat.

[00:03:18]  Weil er rutschig ist, oder ...? - Weil er "unrund" ist und der Ball deswegen springt, falsch springt.

[00:03:25]  Ja, aber das war ja schon ein Grund sich zu beschwerden nachher, also fände ich jetzt schon angebracht.

[00:03:30]  Ja, auf jeden Fall, also das findet dann die verlierende Mannschaft immer.

[00:03:35]  Eigenartigerweise.

[00:03:37]  Ja, aber stellt's euch doch mal vor, wenn euer Tor auf der Hanglage oben ist.

[00:03:46]  Wie stellst du dir Fußball vor?

[00:03:50]  Aber es gibt ja immer einen Seitenwechsel.

[00:03:52]  Ja, stimmt, dann ist es wieder gerecht.

[00:03:56]  Fußball hat ja auch eine Geschichte. In der Literatur ist es gar nicht so einfach, Informationen dazu zu finden,

[00:04:08]  bzw. Literaten haben sich lange Zeit nicht mit dem Thema befasst.

[00:04:13]  Zum Beispiel im 19. Jahrhunderts galt Fußball noch als, ich zitiere, "rüpelhafter Sport" und für Oberschichten war es völlig undenkbar, dass sie da gegen diesen Ball treten.

[00:04:24]  Also es hat, das ist von Anfang an so ein Klassending auch gewesen, wo die Arbeiterklasse das als Freisetbeschäftigung für sich vereinnahmt hat.

[00:04:36]  Wie wir wissen, schauen inzwischen durch alle Schichten hindurch.

[00:04:41]  Jeder kann Fußball schauen, jetzt ist sowieso noch mal anders, irgendwann ist das Radio gekommen,

[00:04:46]  dann hat man sich ums Radio gesetzt und hat es verfolgt und später mit dem Fernsehen.

[00:04:51]  Und das ist glaube ich Lukas auf 24 Stunden Livestream ums Fußball herumkommt, hier zumindest immer vor allem bei EMs und WMs.

[00:05:00]  Ja, es ist einfach der populärste Sport, glaube ich, wo alle oder fast alle eine gewisse Ahnung haben, weil die Regeln relativ leicht verständlich sind.

[00:05:12]  Und es gibt glaube ich keinen Sport, der auf der ganzen Welt so populär ist und wie dann Menschen auch zusammenbringt und das dann auch ein Gesprächsthema schafft, wie jetzt Großereignisse, wie die EM zum Beispiel.

[00:05:26]  Ich muss ja sagen, ich keine Ahnung, welche EM-Weltmeisterschaft das war.

[00:05:33]  Das muss vor zehn, zwölf Jahren gewesen sein, ich weiß es nicht, keine Ahnung.

[00:05:37]  Ich weiß nicht, wer gewonnen hat, ich weiß nicht, wer gespielt hat, aber ich weiß danach, wie sie in die Autos gefahren sind, wie nennt man das, weil sie mit den Autos durch die Straßen fahren.

[00:05:46]  Ein Autokorso, oder?

[00:05:47]  Ja, genau, wie dann die Autokorso durch die Innenstadt gefahren sind, alle waren voll gut drauf und dann war es irgendwie wie so ein Straßenfest und das hat man mir schon gut gefallen.

[00:05:58]  Das war die Stimmung war so gut und man kann echt, man hat mit jedem über etwas reden können, ja ja ja, hat da Deutschland einmal gewonnen?

[00:06:05]  Also dass sie gewonnen haben, war 2014 glaube ich, vielleicht 2006 war sie in Deutschland, wo dieses Sommermärchen stattgefunden hat, da haben sie aber nicht gewonnen.

[00:06:18]  Ja, das war irgendwann damals, genau, und auch damals.

[00:06:24]  Haben so die ersten, weil wir ja vom Fußball-Literatur reden, wir müssen ja auch - die Pia und ich, wir müssen ja auch darüber reden wovon wir eine Ahnung haben.

[00:06:37]  Haben so die ersten Literaten angefangen, sich ein bisschen mit dem Thema zu beschäftigen, also da war das schon mehr so ein Volkssport, eine Freizeitbeschäftigung für jederman - leider.

[00:06:50]  "Jederman" im Ausschluss von "jeder Frau" will ich damit sagen.

[00:06:53]  Da hat zum Beispiel Joachim Ringelnatz 1920 das Gedicht Fußball (nebst Abart und Ausartung) geschrieben, da war dann noch der Ansicht, dass Fußball nie so ein gutes, ein gutes Freizeitbeschäftigung ist.

[00:07:06]  Er schreibt nämlich: "Der Fußballwahn ist eine Krankheit, aber selten, Gott sei Dank, ich kenne wen, der litt akut an Fußballwahn und Fußballwut."

[00:07:15]  Er hat sich dann noch negativ über Fußballspiele geäußert.

[00:07:19]  Und Kafka, über den haben wir ja auch schon mal eine Folge gehabt, schreibt 1923, im Brief an seinen Schwager Josef David:

[00:07:26]  "Vielleicht hört der Fußball jetzt überhaupt mal auf."

[00:07:29]  Der Friedrich Torberg, 1935, lässt in seinem Buch "Die Mannschaft", den Protagonisten Harry Baumester, jeden Tag im Wiener Fürstenheimpark Fußball spielen.

[00:07:42]  Und sein Mutter, die Frau Doktor Baumester, ist es da auch strikt dagegen.

[00:07:48]  Und dann hat sie so eine Tirade, wo sie ihn erwischt wie er wieder Fußball spielt.

[00:07:52]  Und dann sagt sie: "Was für ein blödsinniges Herumgelaufen und Herumgerenne."

[00:07:56]  "Es ist ja widerlich und ordinär."

[00:07:58]  "Und der beim Spiel aufgewirbelte Staub verpestet die Luft im Park."

[00:08:03]  Und deswegen sei Fußball höchst gefährlich und bedrohe die Gesundheit der Lungen.

[00:08:09]  Das war die Mama in dem Roman.

[00:08:13]  Aber dann ist in dieser Zeit und innerhalb der nächsten 20 Jahre, wo es eben durchs Radio, wie ich es schon erwähnt habe, Fußball zur Massenphänomen.

[00:08:22]  Nicht nur sind die Leute besonders bei Endspielen, aber bei Spielen insgesamt, die Massenweise in die Stadien geströmt,

[00:08:30]  sondern sie haben sich eben auch daheim ums Radio versammelt, um mitzufiebern, so wie wir jetzt immer ins Public Viewing gehen.

[00:08:37]  Und wenn ich "wir" sage, dann meine ich jeden außer Pia und mir.

[00:08:41]  Pia, warst du dieses Jahr schon beim Public Viewing?

[00:08:43]  Ich gehe daran vorbei, weil ich gegenüber von der Bücherei, der große Public Viewing-Stand ist, aber sonst nicht wirklich.

[00:08:51]  Man hat es aber ein bisschen in die Bücherei reingehört, wo Österreich gegen - gegen wen haben wir da gespielt?

[00:08:56]  Österreich, Niederlande war das, glaube ich.

[00:08:58]  Ich glaube, es ist Österreich, Niederlande.

[00:09:00]  Das war während der Öffnungszeiten und das war so laut, dass man sowohl in der Belletristik als auch im Veranstaltungssaal gehört hat.

[00:09:09]  Aber das liegt daran, dass Public Viewing genau schräg gegenüber ist.

[00:09:14]  Also das war so um halb sieben oder so, da war die Bibliothek ja ausnahmsweise schon leer, weil wahrscheinlich alle beim Public Viewing waren.

[00:09:22]  Und dann geht es dann in die Ballettristik, in das Schiff runter, wo es dann vorne mit der Fensterfront ist.

[00:09:28]  Und da sind eigentlich Arbeitsplätze und da war eigentlich keiner mehr, also ein letzter, mutiger, der noch ein bisschen was gearbeitet hat an seinem Lethtop.

[00:09:35]  Und dann hörst du die Musik und das hat dann irgendwie schon so eine nette Sommerpartystimmung gehabt, oder?

[00:09:42]  Ja, ich glaube, das ist auch einfach was, was dann Menschen auch mitreißt, die jetzt vielleicht nicht österreichische Bundesliga schauen oder generell viel Fußball schauen.

[00:09:50]  Und dann ja, aber so große Ereignisse, da kommt man irgendwie nicht aus.

[00:09:55]  Also Freunde von mir, die nie Fußball schauen,

[00:09:59]  das erste Gesprächsthema in der Früh: "Und, gestern geschaut? Und, wie haben sie gespielt?"

[00:10:04]  Also es ist also ein kollektives Mitgerissensein irgendwie dann auch.

[00:10:09]  Und wir bemühen uns ja in der Bibliothek, wir haben ja - was haben wir gemacht?

[00:10:13]  Wir haben eine Ausstellung gemacht über Fußballbücher, aber über die verschiedensten Zugangsweisen dazu.

[00:10:20]  Also wir haben Biografien über Fußballer ausgestellt, wir haben aber auch Fußballbücher über Technik und was gut lernen kann, Fußballspiele.

[00:10:30]  Was ist eine Schwalbe?

[00:10:32]  Genau, was ist eine Schwalbe?

[00:10:34]  Kulturgeschichtliche Bücher über Fußball haben wir ausgestellt, Zeitschriften haben wir ausgestellt zum Thema, also alles Mögliche.

[00:10:42]  Gleichzeitig haben wir auch ein Gewinnspiel gemacht, eine Verlosung, da hat man in der Vorrunde, heißt das Vorrunde Lukas?

[00:10:51]  In der Gruppenphase.

[00:10:55]  In der Gruppenphase hat man da abstimmen können, wer denn der Endsieger wird.

[00:11:01]  Und am Schluss, wenn wir es dann ja wissen, wer gewonnen hat, verlosen wir Gratismitgliedschaften.

[00:11:09]  Genau, das sind wir ganz gespannt auf. Wollen wir denn vielleicht sagen, bei wem wir denken, der gewonnen hat? Keine Ahnung, aber ich sage für Spanien.

[00:11:19]  Warum weiß ich nicht mehr, ich habe kein einziges Spiel geschaut, aber ich bin aus irgendeinem Grund für Spanien, ich fühle es. Lukas?

[00:11:26]  Ja, ich hoffe es auch. Also das war die Mannschaft, die mich über das ganze Turnier als Einziger eigentlich wirklich überzeugt hat in jedem Spiel.

[00:11:35]  Perfekt.

[00:11:36]  Also das würde mich sehr wundern.

[00:11:37]  Ich glaube bei euch, weil ich habe keine Ahnung, das sage ich auch Spanien.

[00:11:40]  Aber Lukas hat sich halt tatsächlich, du hast da ja wirklich, also die meisten, oder hast du dir alle Spiele angeschaut?

[00:11:46]  Zwei habe ich nicht gesehen, während der Gruppenphase eben, wo sie 15 noch spielten, aber ansonsten habe ich eigentlich alle gesehen.

[00:11:54]  So.

[00:11:55]  Ja, es kommt wirklich was, so, man, das sind immerhin 90 Minuten, im besten Fall in der Endrunde dann oft 120 plus Elfmeterschießen.

[00:12:06]  Ja, das ist wie ein Hobby oder das ist wie Fernsehschauen.

[00:12:08]  Also ich habe "Kaulitz und Kaulitz" geschaut, und ich glaube, dass sich das nicht viel nimmt.

[00:12:14]  Obwohl ich mir gewünscht hätte, dassdas länger gegangen ist.

[00:12:17]  Das wünsche ich mir so ein Fußballspiel.

[00:12:21]  Aber es hat schon so etwas Gemeinschaftliches, wenn man so sieht, wie sich die Leute freuen und wie die Leute gejubelt haben, wo wir weiterkommen sind von der Gruppenphase, was ich jetzt erwarte.

[00:12:32]  Und für jemand den das genau null interessiert, ist das für mich immer ein bisschen amüsant, weil ich gehe dann halt meinem Leben nach,

[00:12:38]  in meiner Freizeit so nach in meiner Wohnung, dann höre ich immer in der Nachbarschaft, die Fenster sind ja offen im Sommer.

[00:12:43]  Entweder das Jubelgeschrei oder das enttäuschte Buhen von meinen Nachbarn, dann weiß ich immer ... Und von den entfernten Nachbarn, wir reden fünf, sechs Häuser weiter!

[00:12:53]  Bei mir ist es genau gleich, das sind auch, also wir sind in einem größeren Haus und man hat die Leute unter und über mir.

[00:12:59]  Und dann war es so lustig, wo wir das Spiel verloren haben leider.

[00:13:04]  Wir haben das Spiel nicht geschaut, aber ich habe genau gewusst, wo wir gerade stehen.

[00:13:08]  Weil er so deprimiert geklungenhat unser Nachbar, dass ich genau gewusst habe, was gerade los ist.

[00:13:15]  Am gemeinsten ist ja, wenn das TV-Signal bei einem selber so zwei, drei Sekunden hinterher hängt, und man schaut, ist voll gespannt und hört dann eben schon die Nachbarn schreien.

[00:13:25]  Und das ist dann immer sehr gemein, finde ich.

[00:13:28]  Ja, das finde ich auch.

[00:13:30]  Wir haben ja das erinnert mich so ein bisschen an Amerika, wie Sie so sieben Sekunden Verzögerung eingebaut haben nach "Nippelgate" in der Halftimeshow (des Superbowl),

[00:13:38]  damals mit Justin Timberlake und -  siehst du, das sind die Fakten, wo ich wirklich standfest bin -

[00:13:43]  Und Janet Jackson.

[00:13:45]  Das ist ja der Schwalbe, Fallrückzieher.

[00:13:49]  Was ich geschaut habe früher war viel "Tsubasa", "Captain Tsubasa".

[00:13:53]  Kennt das jemand? "Die Kickers".

[00:13:55]  Ja, genau.

[00:13:56]  Das waren zwei Fußball-Anime.

[00:13:58]  Aber zur Fußball-Anime habe ich nichts vorbereitet.

[00:14:03]  Jetzt machen wir weiter in unserer Fußball-Literaturstunde.

[00:14:06]  Wenn mich geht es dann weiter, im Jahr 1945 hat der jüdische Dichter Friedrich Torberg seinem Freund Matthias Sindelar -

[00:14:17]  Kennst du den zufällig?

[00:14:20]  Ich hoffe, das sind meine volle Glaubwürdigkeit verliere, aber nein.

[00:14:24]  Der hat gelebt zwischen 1903 und 1939. Dem hat er das Gedicht "Auf den Tod eines Fußballspielers" gewidmet nach dessen Ableben.

[00:14:36]  Und dieser Matthias Sindelar -  und ihr Fußball-Fans da draußen, die vielleicht auch ein bisschen was mit Fußballgeschichte zu tun haben,

[00:14:44]  Werden wissen, dass, also der gilt laut meinen Recherchen, ist einer der, also der

[00:14:51]  größte österreichische Fußballspieler.

[00:14:53]  Der dann auch, also der ist dann, das hat dahinter und zusammen mit dem Einmarsch von den

[00:15:02]  nationalsozialistischen Truppen aus Deutschland, das war 38 und 39 ist er dann gestorben, ist

[00:15:08]  bis heute noch nicht ganz geklärt bzw. ich habe gefunden, das ist halt eine

[00:15:14]  Kohlenmonoxidvergiftung war und die nach seinem Tod wollten die Nationalsozialisten,

[00:15:22]  denen als Held für sich als Figur vereinehmen, das ist ihnen aber nicht gelungen und das

[00:15:29]  hat, also die Geschichte allein fand ich irgendwie so interessant und spannend und bemerkenswert.

[00:15:33]  Da hat für mich so gezeigt, dass Fußball gesellschaftlich ein riesen großer Rolle spielt

[00:15:38]  und auch diese Mythenbildung anfängt mit den Fußballidolen, das man ja auch heute noch sieht.

[00:15:47]  Da gibt es ja aber Namen, die den Lukas alle kennt, aber mit Balenciaga, Gucci, genau.

[00:16:03]  Ich glaube, ich verstehe gerade den Gag mit.

[00:16:08]  Ja, ich habe die Namen, die die Christina sagt ...

[00:16:11]  Ja, ich habe  tatsächlich angestrengt nachgedacht, ob es diese Spieler wirklich gegeben hat.

[00:16:15]  Der Gag war, dass ich nicht weiß, dass der nicht Balenciaga heißt, sonder dass das irgendsoeine Schuhmarke ist ...

[00:16:25]  Ja, aber dann kurz überlegt, das kann durchaus sein, dass das ein italienischer Innenverteidiger war,

[00:16:31]  der in den 90er Jahren ganz toll gespielt hat.

[00:16:34]  Weil ich es so gut recherchiert habe, kannst du nicht mehr unterscheiden, was wirklich war ist ?

[00:16:39]  Und was für einen Blödsinn du erzählst.

[00:16:41]  Das ist echt eine Drucksituation.

[00:16:43]  Und das kennt ihr vielleicht, "Das Wunder von Bern", das sagt euch was.

[00:16:49]  Das ist ja auch ein Spiel, das verfilmt worden, diese ganze Geschichte, das war 1954,

[00:16:54]  wo die deutsche Fußballmannschaft in der Elfmeter, das noch einmal herrissen hat, das Spiel und dann gewonnen hat.

[00:17:03]  Das war in Nachkriegsdeutschland ganz wichtig.

[00:17:07]  Also wird heute gesagt, dass das so wichtig war für die Identitätsfindung vom Nachkriegsdeutschland.

[00:17:14]  Und da hat zum Beispiel der Ludwig Harig ein Sonett geschrieben, "Die Eckbälle von Wankdorf".

[00:17:20]  Übrigens haben sie 1954 gegen die Schweiz gespielt.

[00:17:23]  Das heißt das.

[00:17:25]  Also das nicht, das dürfte ich.

[00:17:26]  Im Finale, kann es sein dass das Ungarn war?

[00:17:31]  In der Schweiz gegen die...

[00:17:36]  3 für 2, glaube ich.

[00:17:38]  Wow, das stimmt.

[00:17:40]  Und nachdem sie in der Vorwunde gegen die selbe Mannschaft mit 3 zu 8 verloren hatten

[00:17:49]  und das war dann so bemerkenswert, dass ich echt bemerkenswert war.

[00:17:52]  Ja, Ungarn war damals eine der besten Mannschaften eigentlich in Europa.

[00:17:58]  Also es war wirklich eine Wunder.

[00:18:02]  In Bern.

[00:18:04]  Und da schreibt der Ludwig Harig: "Was einst in Bern geschah, es klingt wie eine Fabel,

[00:18:09]  geheimer Doppelsinn, die Kunst im reinen Zweckball,

[00:18:12]  entschied den Spielverlauf, der einstudierte Eckball,

[00:18:15]  verwirrte Ungarns Elf, mit kryptischer Parabel."

[00:18:19]  Ich könnte noch weiter, aber es wurde jedenfalls Literatur betrieben am Fußball.

[00:18:24]  1955 hat dann sogar der Günther Grass in jungen Jahren das Kurzgedicht "Nächtliches Stadion" verfasst:

[00:18:33]  "Langsam ging der Fußball am Himmel auf.

[00:18:36]  Nun sah man, dass die Tribüne besetzt war.

[00:18:39]  Einsam stand der Dichter im Tor, doch der Schiedsrichter pfiff abseits." Grass war Surrealist.

[00:18:47]  Der hat so ein bisschen versucht den Mythos von der nationalen Identität,

[00:18:51]  wieder zu dekonstruieren.

[00:18:53]  Aber hat irgendwie auch das Gefühl gehabt, als Kunstschaffender, dass das am Moment ist.

[00:19:00]  Insgesamt muss man sagen, dass bis in die 80er-Jahre,

[00:19:03]  und vielleicht noch so ein bisschen bis heute in ein Fußball als Thema in der Literatur,

[00:19:08]  als zu nieder angesehen worden war, um es zu verarbeiten.

[00:19:12]  Aber es wurde trotzdem immer wieder aufgegriffen.

[00:19:15]  Auch der Peter Handke, du kannst es uns noch mal noch erzählen,

[00:19:19]  hat 1976 die Erzählung gemacht, "Die Angst des Tormanns beim Elfmeter".

[00:19:24]  Und 1976, nachdem Uli Hoeneß beim Elfmeter im Europameisterschaftsspiel einen Fehlschuss sich geleistet hat.

[00:19:34]  Das hat dann die Annemarie Schimmel zu dem folgenden Limerick, den ich euch nicht vorhanden will, inspiriert.

[00:19:40]  "Immitten gewalt'gen Gestöhnes verschoss den Elfmeter der Hoeneß.

[00:19:47]  Das Spiel ist verloren mit hängenden Ohren, betrachtet der Trainer, Herr Schön, es."

[00:19:58]  Und dann auch 2001 gab's dann noch vom Albert Ostermaier, "Ode an Kahn", also der Oliver Kahn, so weiter."

[00:20:05]  Also was ich damit sagen will:

[00:20:07]  Es ist schon viel über ein Fußball geschrieben worden, und das wohl berühmteste

[00:20:11]  Gedicht - Pia, bist du darauf in deinen Recherchen auch gestoßen,

[00:20:15]  ist "Fever Pitch" von Nick Hornby.

[00:20:18]  Ah, Roman, ja genau.

[00:20:20]  Ja genau.

[00:20:21]  Ich habe das ein bisschen alles von der englischen Seite her angeschaut,

[00:20:24]  weil England ja irgendwie der Geburtsort vom modernen Fußball gesehen wird.

[00:20:28]  Das hat den Fußball schon in China viel früher gegeben, also eine Version von Fußball.

[00:20:33]  Lukas, stimmt das?

[00:20:35]  Ja schon, schon.

[00:20:37]  Drum gibt es auch diese Teilweise, dass wir in diese Fanhymne "It's Coming Home", die man jetzt überall hört,

[00:20:45]  eine Sitz in Grund England hat eine Weltmeisterschaft gehalten,

[00:20:49]  und das wäre in England, in Wimbledon, glaube ich, da bin ich mir jetzt nicht sicher.

[00:20:55]  Es war in England und das ist ein bisschen dadurch,

[00:20:59]  und eben weil England so als Geburtsort des modernen Fußballs, ja,

[00:21:04]  kann man schon so sagen, finde ich.

[00:21:06]  Das hat auch Privatunis und da hat das so seinen Anfang gehabt.

[00:21:11]  Und da hat es eben auch sehr wenig Texte früher gegeben,

[00:21:15]  vielleicht auch so Clubbücher und so, aber eher Handbücher, wann am Anfang hin?

[00:21:20]  Bis man das literarisch verarbeitet hat, hat es schon länger gedauert,

[00:21:23]  aber der Hornby ist so wirklich das, wo man dann gesagt hat,

[00:21:25]  "Okay, das hat jetzt alles verändert",

[00:21:27]  weil er das autobiografisch aufgearbeitet hat, seine eigene Lebensgeschichte,

[00:21:33]  aber gleichzeitig auch seine Beziehung zum FC Arsenal,

[00:21:36]  das ist irgendwie der Club, den er halt voll unterstützt und den er gerne mag,

[00:21:40]  und da hat er irgendwie die Begeisterung für den Fußball und spezifisch für diesen Club

[00:21:44]  hat er richtig ausgelebt in diesem autobiografischen Buch.

[00:21:48]  Und man muss ja auch sagen, in England war es auch so,

[00:21:50]  dass es auch eher ein Sport der Arbeiterklasse war.

[00:21:53]  Auch eben zu Hornbys Zeiten, die Tickets waren sehr, sehr günstig,

[00:21:57]  das hat sich im Grunde jeder leisten können, man hat spontan nochmal so am Fußballmatch gehen können.

[00:22:02]  Sind die Tickets immer noch so günstig?

[00:22:05]  Nein, was auch von vielen kritisiert wird,

[00:22:08]  dass eben der Sport mittlerweile so kommerzialisiert ist

[00:22:11]  und viele Oligarchen und große Firmen sich Clubanteile kaufen

[00:22:16]  und der normale Fan, die durchschnittle Zuschauerin in sich das teilweise gar nicht mehr leisten kann,

[00:22:23]  ins Stadium zu gehen oder auch auch zu kaufen, was früher halt für jeder Mann, jede Frau möglich war.

[00:22:31]  Und das wird mittlerweile viel kritisiert,

[00:22:34]  weil diese Menschen schon ein bisschen ausgeschlossen werden, auch mittlerweile,

[00:22:37]  gerade bei den Größe von Vereinen.

[00:22:39]  Und bei so große Ereignissen sind die Tickets mittlerweile auch mehr als teuer eigentlich.

[00:22:45]  Also das überlegt man so wirklich zweimal, wenn da ins Stadium geht.

[00:22:48]  Das ist ja doppelbitter, weil es ja aus der Arbeiterklasse kommt,

[00:22:53]  man sich vielleicht damit identifiziert und das sehr am Grunde dann auch durch so groß geworden ist.

[00:23:00]  Und dann sperrt man irgendwie große Teile des Publikums wieder aus.

[00:23:05]  Es nimmt dann ganz schon die Identität teilweise an, finde ich jetzt.

[00:23:10]  Hornby hat das auch kritisiert, weil man hat ihn dann im 2012,

[00:23:15]  ich glaube, das Interview, das wir gefunden haben, ich bin mir jetzt nicht mehr sicher,

[00:23:17]  aber ich glaube, es war 2012, da hat er auch darüber geredet

[00:23:20]  und hat gesagt, dass es schade ist, dass es diese Entwicklung geben hat

[00:23:23]  und dass es jetzt so ist, als ob das Fußball schauen gehen, wie Theater gehen ist.

[00:23:29]  Weil man sich das vielleicht ein, zwei Mal im Jahr leisten kann, wenn man das Geld hat,

[00:23:32]  aber sonst nicht wirklich.

[00:23:34]  Der Hornbys Roman ist 1992 herausgekommen.

[00:23:40]  Genau, das war gleichzeitig wo die Premier League in England, so den Anfang hatte.

[00:23:47]  Und das ist auch irgendwie so, wo es angefangen hat, dass es wirklich auch für Eliten in England interessant geworden ist,

[00:23:55]  weil auf einmal war es nicht etwas, was die Arbeiterschicht, sondern ich kann zu diesem Eliten-Club hören

[00:24:00]  und dann ist es was Besonderes.

[00:24:03]  Danke Lukas, dass du unsere Zuhörer*innen gerettet hast.

[00:24:06]  Das würde ich so nicht sagen, ihr wart top vorbereitet, ich war wirklich impressed.

[00:24:12]  Danke.

[00:24:14] Die Stapel an Ordnern liegen neben uns.

[00:24:20]  Hat noch jemand irgendwelche Kommentare zum Fußball?

[00:24:24]  Lukas hat uns ja schon ausreichend gelobt.

[00:24:28]  Ja, also ich kann es nur wiederholen.

[00:24:31] Ihr verkauft euch da unterm Wert.

[00:24:34]  Es ist sowieso ein Mythos, dass sich Menschen beim Fußball auskennen.

[00:24:38]  Am meisten vermittelt man den Eindruck, indem man eben beim Public Viewings so generische Sätze in den Raum schreit.

[00:24:45]  Das ist als Abschluss ein schöner Service für unsere Zuhörber*innen, die so wenig Fußball-Fans sind wie wir,

[00:24:51]  aber manchmal aus sozialen Gründen zu Public Viewings mitgehen wollen.

[00:24:55]  Kannst du uns vielleicht ein paar dieser Sätze nennen, damit wir, die Nicht-Fußball-Affinen, die in Zukunft verwenden können?

[00:25:03]  Es gibt ja unendlich viele.

[00:25:05]  Drei reichen.

[00:25:06]  Drei für den Anfang.

[00:25:07]  Ganz wichtig ist, dass es immer das Gegenteil von dem, was der Spieler macht.

[00:25:11]  Wenn der Spieler ein Pass spielt, dann hätte er schießen müssen.

[00:25:15]  Wenn er schießt, dann hätte er ein Pass spielen müssen.

[00:25:18]  Und das immer gut kannte ich.

[00:25:20]  "Spiel ihn tief, spiel ihn hoch." -  "Schieß!"

[00:25:23] "Spiel ihn tief, spiel ihn hoch!"

[00:25:26]  "Auf die andere Seite."

[00:25:28]  Genau. "Spiel mal links. Der steht frei."

[00:25:30]  "Seht ihr das nicht?"

[00:25:31]  "Der steht frei" kenn ich.

[00:25:33]  "Der verdient Millionen und trifft es da nicht."

[00:25:36]  Da kriegen die Fußballspieler*innen doch auch immer so wenig, oder?

[00:25:39]  Das drückt dann immer zur Diskussion um die Gender Pay Gap.

[00:25:43]  Ach ja, da sind wir ja nicht gar nicht darauf eingegangen.

[00:25:46]  Neues Thema für einen neuen Podcast.

[00:25:48]  "Warum mögen wir eigentlich den Gender Pay Gap nicht?"

[00:25:51]  Okay, die zweite.

[00:25:54]  Tipp Nummer zwei.

[00:25:55]  Tipp Nummer zwei: Man weiß es auch besser als ein Trainer.

[00:25:58]  Es wird eine neue Startaufstellung gewählt.

[00:26:00]  Wenn sie gewinnen, dann wird der Trainer schon gelobt,

[00:26:03]  Man hätte auch so aufgestellt, es war klar dass es für die heutige Begehung genau die richtige ist.

[00:26:08]  Wenn sie verlieren, hat man ehe recht gehabt, wie man so eine Startaufstellung aufstellen.

[00:26:14]  Man weiß es immer besser als der Trainer.

[00:26:16]  Also, Nummer drei.

[00:26:18] Der Schiedsrichter -

[00:26:20]  Er pfeift immer nur gegen uns.

[00:26:23]  Wenn er mal für uns pfeift, dann macht er das eigentlich ganz gut.

[00:26:28]  Er pfeift nicht für uns, er ist ehe unfair.

[00:26:30]  Man findet immer einen Grund, warum man gerade verloren hat.

[00:26:35]  Wenn man gewonnen hat, dann hat es das einzige Grund, dass das Team super ist.

[00:26:40]  Man muss möglichst beides sein.

[00:26:45]  Um zusammenzufassen, wenn man als Fußballzuschauer hat,

[00:26:50]  weiß man es immer besser als der Spieler.

[00:26:52]  Man weiß es immer besser als der Trainer.

[00:26:55]  Und der Schiri hat immer Unrecht, außer er gibt den eigenen Team recht.

[00:26:59]  Dann hat er natürlich Recht gehabt.

[00:27:01]  Und als Bonustip, wenn das eigene Team verloren hat, ist der Rasen schlecht gewesen.

[00:27:06]  Genau.

[00:27:07]  Und das allerwichtigste ist, man wäre selber Profi geworden, wenn man sich nicht verletzt hätte.

[00:27:12]  Der fünfte Tipp.

[00:27:14]  Megan Rapinoe und so.

[00:27:15]  Es gibt schon ein paar Fußballerinnen, die jetzt auch schon mehr an Bekanntheit erlangen.

[00:27:19]  Ich hätte eigentlich so gerne Männerfußball dazu -

[00:27:21]  Wir haben ja die Ausstellung, ich hätte gerne "Männerfußball" dazu geschrieben überall.

[00:27:25]  Das machen die bei "Ted Lasso".

[00:27:28]  Das machen wir mittlerweile auch in Medien.

[00:27:30]  Ich finde es auch ganz gut, dass das "Männer"-Team der Österreicher jetzt ausgeschieden ist,

[00:27:34]  Weil es gibt ein Frauenteam, und die schneiden tendenziell eigentlich immer besser ab bei Großereignissen.

[00:27:40]  Als das Herren-Team.

[00:27:42]  Cool, das ist echt stark.

[00:27:44]  Und wann spielen die das nächste Mal?

[00:27:46]  Die spielen glaub ich momentan eine Quali, ich weiß ich nicht, ob für die EM oder für die WM.

[00:27:54]  Die spielen momentan.

[00:27:56]  Cool.

[00:27:58]  Ja, dann Lukas.

[00:28:00]  Danke, dass du dabei warst.

[00:28:02]  Wie hast du die Folge heute gefunden?

[00:28:04]  Hast du Spaß gehabt?

[00:28:06]  Ja, aber ich war sehr nervös.

[00:28:08]  Ich bin immer noch nervös.

[00:28:10]  Obwohl es vorbei ist.

[00:28:12]  Aber danke für die Einladung, es war voll toll.

[00:28:14]  Ja, danke, dass du dir die Zeit genommen hast.

[00:28:16]  Danke, dass du uns korrektiv zur Seite gestanden hast.

[00:28:20]  Und unsere Fragen beantworten konntest.

[00:28:22]  Pia, wir haben es geschafft.

[00:28:24]  Die Fußball(-literaturfolge) ist zu Ende.

[00:28:28]  Schreibt uns welche Mannschaft eure Fanherzen höher schlagen lässt.

[00:28:32]  Auf post.stadtbibliothek@innsbruck.gv.at oder Instagram mit dem Handle "stadtbibliothek.innsbruck" oder auf Facebook.

[00:28:42]  Und bis dahin wünschen wir euch noch schönes Fußballspiel in dem Fall.

[00:28:48]  Und wir hören uns dann nächste Woche wieder. Tschüss.

[00:28:52]  Tschüss.

[00:28:53]  Tschau.

[00:29:18]  Das Vorwort ist eine Produktion der Stadtbibliothek Innsbruck und Teil der Stadtstimmen, dem Audiokanal der Stadt Innsbruck.

Transkription

[00:00:00]  Ja, hallo und herzlich willkommen zurück zum Vorwort, dem Podcast der Stadtbibliothek Innsbruck.

[00:00:20]  Mein Name ist Christina und heute sagt nicht die Pia hallo, sondern meine liebe Kolleginnen, die

[00:00:26]  Jaqueline, hallo. Hi Jaqueline, schön, dass du bei uns bist. Danke für die Einladung. Wir freuen uns

[00:00:32]  sehr und wir zwei stellen uns heute die Frage, warum mögen wir eigentlich Tropes, aber nicht

[00:00:39]  irgendwelche Tropes, sondern ganz speziell oder spezifisch -  welches Trope ... Über welches Trop sprechen

[00:00:45]  wir, die Zuhörer*innen wissen es eh schon - Enemies-to-Lovers. - Ja, also es wird eine sehr spannende Folge.

[00:00:52]  Und bevor wir einsteigen, Jaqueline, würde ich gerade noch kurz für unsere Zuhörer*innen,

[00:01:00]  die sich jetzt vielleicht fragen, "Trope", was ist jetzt ein "Trope", welche "Enemies", was für "Lovers",

[00:01:04]  erklären, was ein Trope allgemein überhaupt ist. Und zwar, der Begriff stammt ursprünglich aus der

[00:01:12]  Rhetorik. Da wird er als Überbegriff für bestimmte Klassen von rhetorischen Figuren

[00:01:18]  verwendet. So eine rhetorische Figur, das kennt man, das ist zum Beispiel eine Metapher. In der

[00:01:24]  moderne Literaturwissenschaft, aber auch in der Literaturkritik, als auch und vor allen Dingen

[00:01:31]  im englischsprachigen Raum, aber eben auch in anderen sprachlichen und kulturellen Kontexten

[00:01:36]  bezieht sich ein Trope auf wiederkehrende Motive, Themen, Handlungsmuster, Figurtypen oder Stilmittel,

[00:01:44]  die dann in vielen literarischen Werken vorkommen und eine bestimmte Bedeutung oder

[00:01:50]  Assotiation tragen. Ein paar gängige Beispiele für Tropes in der Literatur sind zum Beispiel der

[00:01:57]  Auserwählte auf Englisch "The Chosen One". Das ist eine Figur, die für eine besondere Aufgabe

[00:02:04]  oder ein Schicksal auserwählt ist. Harry Potter wäre zum Beispiel so einer. Der alte "weiße" Mentor,

[00:02:10]  der alte WEISE Mentor - wichtiger Unterschied. Ich bin's so gewohnt dieses "alte weiße Männer".

[00:02:17]  Aber es stimmt auch, also meistens sind sie auch weiß. Er, außer Yoda, der ist grün. Das wäre dann

[00:02:26]  eine, genau, ein erfahrener, weiser Charakter bzw. Figur, der dem Helden Ratschläge und Unterstützung

[00:02:34]  bietet. Yoda, haben wir schon genannt, Albus Dumbledore wäre auch einer. Der Klassiker. Oder

[00:02:42]  ein Antagonist, zum Beispiel Lord Voldemort. Genau, es ist nicht nur auf Literatur beschränkt,

[00:02:47]  es gibt es auch in Filmen, Fernsehserien, Theaterstücken und vielen anderen Erzählformen. Wozu dienen Tropes?

[00:02:53]  Die sind dafür da, Geschichten zu strukturieren, auch den Erzählfluss zu erleichtern. Sie verwenden

[00:03:00]  also immer bekannte Muster und Erwartungen. Deswegen sind sie auch recht beliebt in der

[00:03:04]  Kinder- und Jugendliteratur. Es gibt jetzt auch, vielleicht so ein Marketingbegriff, das sagt

[00:03:12]  dir bestimmt was Jacqueline , das New Adult, wo ich finde, dass das so ein bisschen verschwommen

[00:03:20]  ist von der Jugendliteratur in die Erwachsenen-Literatur und wie so ein Zwischenstadium ist oder wo

[00:03:26]  es so Elemente von der Jugendliteratur mit der Erwachsenen-Literatur verschmelzt. Also New Adult

[00:03:33]  zeichnet aus, dass es da viele Tropes gibt. Findest du das auch? Ja, also ich lese hauptsächlich

[00:03:42]  selbst "Young Adult", also das ist mein Lieblingsgenre zum Lesen, weil es eben für mich noch nicht ganz dieses

[00:03:49]  Erwachsene und meist Trockene irgendwie ist für mich. Und ich glaube, dass die, also das sind vor

[00:03:56]  allem ganz ganz ganz viele Tropes und dadurch kommuniziert die Community aber auch. Also auf

[00:04:02]  Instagram liest man nur Tropes. Wenn jemand ein Buch, ein Review schreibt oder bewirbt oder bewertet,

[00:04:08]  das sind immer Tropes in dem Kommentar und das wird dann immer diskutiert. Ja ist das jetzt

[00:04:14]  mehr "Slow Burn", ist das "Chosen Family" oder was auch immer dann eben der Trope ist. Also der kommt

[00:04:19]  dann sehr häufig vor und ist dann eben eigentlich in die Kommunikation über die Bücher übergegangen

[00:04:25]  und weiß auch nicht, ob es dann von daher jetzt kommt, dass die so aktuell und so beliebt

[00:04:30]  geworden sind hauptsächlich eben durch Social Media auch. Aber würde dir auf jeden Fall zustimmen,

[00:04:34]  dass in "Young Adult" das sehr verbreitet ist. Meine Theorie ist ja, dass das so aus der

[00:04:40]  Fanfiction-Kultur kommt, dass sich, wir haben ja schon mal über Fanfiction gesprochen und wer

[00:04:49]  sich da genauer dafür interessiert, kann sich die Folge gerne noch einmal anhören. Aber das ist

[00:04:58]  so mit dem Aufkommen von Fanfiction und das hat sich vor Social Media, würde ich schätzen,

[00:05:07]  hat sich vor Social Media an sich etabliert und dann ist es in Social Media übergeschwappt oder?

[00:05:14]  Ja auf jeden Fall, es habe ich gar nicht daran gedacht, stimmt bei den Fanfictions, wenn man die

[00:05:20]  ja googelt oder eingibt oder auf Archive of Our Own oder so was sucht, dann sind immer die Schlagwörter,

[00:05:26]  was sie dann eigentlich Tropes sind, stimmt und das habe ich noch gar nicht gedacht.

[00:05:29]  Ja, ans Archive habe ich auch gedacht, wenn man dann nur auf die Seite geht, Archive of Our Own

[00:05:34]  ist eine Fanfiction-Seite, inzwischen die größte Fanfiction-Seite im Internet, englischsprachig,

[00:05:41]  auf jeden Fall, ich würde sogar sagen überhaupt und dann hast du sofort die ganzen Tags und die

[00:05:47]  sind halt - das sind immer Tropes und dann kannst du dir sozusagen so wie eine Restaurantbestellung

[00:05:53]  das so zusammensetzen, was möchte ich denn jetzt? Ich hätte gerne das "Enemies-to-Lovers" mit einem

[00:05:59]  "Chosen One" als Protagonist, mit der mit dem und mit jener und so weiter zusammenkommt und dann

[00:06:05]  kannst du genau lesen, wenn es das denn gibt, was du lesen willst in dem Moment.

[00:06:11]  Genau, ja. Und das ist auf Social Media auch so, das habe ich zum Beispiel nicht gewusst.

[00:06:15]  Also ich bin recht aktiv auf Booktok und da ist eben immer, also ich glaube, man kommt fast

[00:06:22]  bei keinem Book Review jetzt vorbei, der nicht eben in Tropes spricht und auch, das heißt dann immer,

[00:06:29]  ja, das hat mir so gut gefallen, "Enemies-to-Lovers" und "Slowburn", das ist einem super gemacht

[00:06:34]  und hervorragend und das kategorisiert eigentlich schon alle Bücher. Also es gibt dann ganze

[00:06:40]  Bookstagram-Seiten, die sich dann spezialisieren auf "Romance Novels" zum Beispiel und dann wirklich

[00:06:45]  auch noch diesen Tropes dann Bücher bewerten. Also ich kenne das hauptsächlich eben von Social Media

[00:06:50]  und das dann eben auch jeder fragt, okay, aber hat das auch diesen und jenen Trope oder so was?

[00:06:55]  Also das ist für viele schon eine Voraussetzung, die Tropes zu wissen, bevor sie überhaupt ein

[00:07:00]  Buch lesen anfangen dann. Also das würdest du sagen, dass sich junge Leser*innern oder die,

[00:07:05]  die dann auch Booktok und so weiter benutzen, also auf diesen Plattformen am Weg sind,

[00:07:09]  dass die ein Buch nicht lesen würden, wenn es nicht ihrem Trope entspricht? Also ist es das so,

[00:07:18]  muss es so genau sein? Also ich glaube schon, also ich merk das bei mir selber auch schon. Ich bin zum

[00:07:23]  Beispiel kein großer Fan von "Enemies-to-Lovers", Spoiler. Ich finde, das ist ganz oft ganz schlecht

[00:07:30]  gemacht, dass der Hass mir einfach nicht bewusst ist, wieso die jetzt "Enemies" sind und ich mir einfach

[00:07:35]  denke, Leute, redet's einfach, dann ist jedem auf 10 Meilen klar, dass ihr "Lovers" sein solltet.

[00:07:39]  Das ist zum Beispiel bei mir ganz oft, dass ich mir denke, würde ich jetzt vermeiden, wenn jemand sagt,

[00:07:45]  oh, "Enemies-to-Lovers", und ganz, ganz toll, bin ich öfter skeptisch dann gegenüber dem Buch. Also ich

[00:07:50]  glaube schon, dass viele da die Tropes nutzen für Leserentscheidungen und wenn der Trope ist,

[00:07:55]  den sie nicht mögen, dass schon dann Auswirkungen hat aufs Leseverhalten, ganz eindeutig, ja.

[00:07:59]  Das ist wahrscheinlich auch eine Neue aus der Internetkultur herausgekommene

[00:08:09] Art zu lesen. Ich glaube nämlich, dass auch ganz viele Leute, zumindest ist das meine

[00:08:18]  Erfahrung, dass ich Bücher oft, ich meine, klar, wenn man eine Autorin oder ein Autor hat, den man mag,

[00:08:24]  Stephen King ist bei mir das Beispiel, dann liest man halt was da veröffentlicht wird, ich krieg genau das -

[00:08:28]  das ist zuverlässig. Und ich kann mir vorstellen, dass es da ähnlich ist. Aber abseits

[00:08:33]  der Genreliteratur, ist es bei mir oft so, dass dann schau ich einen Film und dann frage ich mich

[00:08:39]  ach, das basiert auf einem Buch oder ich frage, oder dann bin ich plötzlich im Paris des 20. Jahrhunderts

[00:08:45]  verhaftet oder interessiere mich plötzlich für die Autoren der Beat-Generation und will dann

[00:08:49]  das wissen. Also das sind dann wie so "Interessensblasen", wo ich dann die Literatur da drin lese. Und im

[00:08:59]  Grunde genommen ist es nur eine andere Art der Kategorisierung. Bevor wir jetzt ... Also zu den

[00:09:05]  Tropes an sich gibt es sich an sich, geht es noch viel zu fragen, äh zu sagen, aber was ist denn "Enemies-

[00:09:12]  to-Lovers" überhaupt? "Enemies-to-Lovers" beschreibt eben, ich nenne es jetzt einfach

[00:09:17]  den Vorgang, wenn sich zwei Menschen kennenlernen oder schon kennen und sich einfach nicht mögen.

[00:09:24]  Also sie können sich nicht leiden, sind dann oft, es gibt dann auch oft im Highschool-Kontext,

[00:09:28]  dass sie dann eben "Enemies" sind, weil beide gute Noten haben und beide wollen die Besten sein,

[00:09:32]  aber das ist dann eben dieses "Enemies" dann eben auf dem Konkurrenz miteinander, sie mögen sich

[00:09:37]  absolut nicht und sie hassen sich und können nicht im selben Raum sein. Und im Laufe des Buches

[00:09:41]  schwingt es dann um eben in diese "Lovers"-Perspektive oder, ja, Handlungsweise, dass sie dann auf

[00:09:49]  einmal eben von diesem Hass umschweifen zu "Ja eigentlich liebe ich dich halt und deswegen hasse

[00:09:53]  ich dich so sehr". Und dann auf einmal sind sie eben ein Paar oder haben vor allem zumindest irgendwas an

[00:09:58]  oder keine Ahnung, was ist denn dann der komplette Umbruch eben vom anfänglichen Verhalten und

[00:10:04]  oft schwingt dann schon auch auch dieser Hass mit, dass beide sich wehren gegen das irgendwie und

[00:10:09]  dann entsteht da irgendwie so eine Spannung und ich glaub, das ist was ganz viele dann mögen,

[00:10:13]  diese Spannung was da entsteht, genau, aber es wandelt sich einfach im Roman oder im Buch

[00:10:19]  dann komplett um alles. Also dies wird dann entsprechend bei Liebesgeschichten angewandt. Also ich

[00:10:28]  kenne es von vielen Romanen, aber es ist auch im Fantasy-Bereich sehr beliebt. Und auch im

[00:10:33]  FanFiction-Bereich. Ja, okay, verstehe, also ein Beispiel für die "Enemies-to-Lovers" als

[00:10:43]  Trope, wäre die "Twisted"-Reihe von Ana Huang, das haben wir jetzt, die Jacqueline schaut mich

[00:10:50]  fragend an, ich habe es gerade katalogisiert, das bedeutet wir haben es gerad ... wir habens

[00:10:54]  auf Englisch da, wir haben es auch auf Deutsch jetzt, der Rest folgt, in der Bibliothek.

[00:10:59]  Und was wir tatsächlich auch gemacht haben, weil Tropes in dem Sinne, wir verwenden ja auch

[00:11:04]  den Englischsprachigen Begriff, wenn wir früher hätten wir über, also ich glaube,

[00:11:09]  wir hätten als Bibliothekarinnen über Genre gesprochen, wir hätten das gar nicht mehr so

[00:11:14]  genau unterteilt. Das ist aber natürlich für uns als Bibliothekarinnen nützlich, wir haben

[00:11:21]  jetzt auch das Schlagwort erstellt, weil es ein spürbarer Umschwung ist, einfach.

[00:11:31]  Ja, sehr praktisch für uns dann. Und du merkst es, die Leute, da fragen, also natürlich ist es

[00:11:37]  eine gewisse Generation erst, die einfach in der Lesekultur groß geworden sind, die das kennen,

[00:11:45]  die wissen von Haus aus, was Tropes sind. Ja, und deswegen haben wir das gemacht, weil wenn die

[00:11:51]  Lesegewohnheiten haben sich einfach irgendwo geändert und wenn mich die Leute dann an der

[00:11:56]  Information fragen, "Enemies-to-Lovers" dann ist es natürlich recht nützlich, wenn du dann einfach

[00:12:00]  den Schlagwort eingibst, dann weiß man es. So wie bei Archive of our Own halt. Ja, hast du

[00:12:09]  einen, du hast gesagt, du magst es nicht so, das Trope? Für mich ist es einfach eben oft schlecht

[00:12:17]  ausgeführt, dass eben viele Leute, mir kommt vor viele Autor- und Autorinnen, steigen da irgendwie

[00:12:23]  auf diesen Trend ein und versuchen, dann eben "Enemies-to-Lovers" zu schaffen, aber für mich ist

[00:12:29]  der Hass dann oft nicht begründet genug, dass man sich dann denkt, die hassen sich und

[00:12:35]  auf einmal lieben sich, diese Verwunderung, was dieses Trope eigentlich braucht. Und

[00:12:40]  dieser Hass ist dann einfach nur manchmal: "Er hat einmal nicht in meine Richtung geschaut und

[00:12:43]  jetzt hasse ihn." Und das ist für mich ganz oft ganz

[00:12:45]  umbegründet und deswegen kann ich mit dem oft nichts anfangen. Aber dann, also dann lese

[00:12:51]  ich die Bücher da, entweder nicht fertig oder ein Beispiel bei mir ist und das ist eine sehr

[00:12:56]  gehypte Jugendbuchreihe ist "The Cruel Prince" von Holly Black und das haben halt alle geliebt und

[00:13:02]  - "hach, Enemies-to-Lovers" - und ich hab das gelesen und ich hab mir gedacht, na, ich weiß, ich seh

[00:13:06]  den Hass nicht. Also ich versteh nicht, wieso sich die jetzt auf einmal hassen, nur weil sie halt

[00:13:09]  gegensätzlich irgendwie ein bisschen sind, aber also das war für mich ganz unbegründet und dann

[00:13:15]  auch weiter in dieser Spannung, war für mich keine Spannung, das war einfach für mich schlecht

[00:13:18]  exekutiert. Hast du eins, das du besonders gerne magst? Ja, das ist sogar meine Lieblingsbuchreihe.

[00:13:26]  Deswegen widerspricht sich das eben so, das ich das Trope nicht mag, aber meine Lieblingsbuchreihe, "Das Reich

[00:13:33]  der Sieben Höfe" oder "A Court of Thorns and Roses" von Sarah J. Maas. Absolute Lieblingsbuchreihe und

[00:13:38]  da ist eben zweimal sogar der "Enemies-to-Lovers"-Prozess drin in diesen Romanen und der ist

[00:13:44]  halt einfach wirklich so gut gemacht, also sie wollen sich im Anfang wirklich umbringen eigentlich

[00:13:49]  und das ist wirklich auf Sachen begründet und macht einfach Sinn und da hab ich's einfach,

[00:13:54]  da find ich's toll, aber das Buch ist für mich viel mehr als dieses Trope und ich glaube,

[00:13:59]  das ist es auch ein bisschen, dass, es muss für mich ein Plot noch rundherum geben, um dieses

[00:14:05]  "Enemies-to-Lovers", damit das wirklich ein Buch, das ich lesen möchte und nicht nur auf

[00:14:09]  diese Feindschaft passiert ist, so irgendwie. Ja, bei so reinen Liebesromanen oder ist es ja

[00:14:19]  oft eine Nabelschau und ich kann mir auch vorstellen, dass das dann halt auch irgendwann langweilig wird.

[00:14:23]  Genau, ja. Wenn es sich so über einen ganzen Roman zieht bin ich so: jetzt kommt's. Seht ihr's ein?

[00:14:28]  Ja, genau. Wann kommen sie zusammen, jeder Sitcome aller Zeiten.

[00:14:34]  Jeder weiß es, aber sie wissen's nicht. Ja, das ist ja wirklich ein uraltes Trope eigentlich,

[00:14:39]  es gibt ja im Fernsehen und so auch schon. Ich finde auch, was du hast ja gesagt,

[00:14:43]  dass die Bücher, die dir nicht gefallen, da hast du das Gefühl, das führt die Autoren und

[00:14:47]  Autorinnen, wahrscheinlich ehrlich gesagt, sind's mehr Autorinnen und die paar Autoren,

[00:14:53]  machen das irgendwie, damit es halt drin ist. Warum muss es drin sein? Naja, damit die Leute es lesen.

[00:15:06]  Also, erst einmal brauchst du ja einen Verlag, der es herausbringt und dann auch entsprechend

[00:15:11]  bewirbt. Und wenn das jetzt gerade in ist, wie zum Beispiel so ein Trope "Enemies-to-Lovers"

[00:15:15]  gerade auf dem Buchmarkt ist, der neue heiße "Kaffee", wenn es gerade in ist, dann hast du

[00:15:24]  halt auf einmal, wenn eine Sache funktioniert, dann hast du dann auf einmal diese ganze Trittbrettfahrer*innen,

[00:15:30]  die das einfach so versuchen nachzubilden, als wäre es irgendwie Malen nach Zahlen oder was,

[00:15:34]  wobei es ja um eigentlich viel mehr geht. Also ich glaube, wenn du aus dem "Trope" heraus schreibst,

[00:15:41]  ich kann mir nicht vorstellen, dass das funktionieren kann und ich glaube, dass man das auch merkt.

[00:15:46]  Eben, für mich ist dann die Motivation einfach eine falsche. Also wenn man anfängt und man hat keine

[00:15:52]  Idee für ein Buch, sondern man möchte nur ein "Trope" schreiben und dann kommt mir eben genauso vor,

[00:15:57]  okay, die haben nur die Idee gehabt "Enemies-to-Lovers", aber da war keine Geschichte,

[00:16:01]  da war kein Plot, da war kein Hintergrund von dieser Story und dann merkt man das einfach.

[00:16:06]  Ja, ich meine, es ist ja auch kein neues Phänomen, das hat ja 2008, die Vampir-Hochphase,

[00:16:12]  da haben dann auch auf einmal alle Vampir-Romane rausgebracht, also das hat es ja schon immer

[00:16:17]  gegeben, aber jetzt ist es eben nicht mehr nur ... Weil ich finde Vampir ist jetzt ein weiteres "Trope",

[00:16:22]  also das kann man viel weiter aufbauen und die Welten viel weiter gestalten und "Enemies-to-Lovers" ist

[00:16:26]  dann glaube ich das Problem, dass das zu eng ist, also dass es wirklich nur dieses eine "Trope" ist

[00:16:32]  und auf dem kann man halt keinen ganzen Roman aufbauen, oder sollte man nicht.

[00:16:35]  Also es ist ja in jedem Fall auch Ausdruck des heutigen Buchmarkts, dass man sich auch so,

[00:16:41]  die werden ja teilweise auch so vermarktet inzwischen, da werden ehemalige Geschichten von

[00:16:46]  Wattpad ein bisschen umgeschrieben oder auch einfach grundsätzlich Romane verfasst mit dem

[00:16:55]  Hintergedanken, das wird sich auf dem Markt gut verkaufen. Aber wie du, was du gesagt hast,

[00:17:02]  mit das "Enemies-to-Lovers" oder "Tropes" ist ja sehr, ist so eng und das empfinde ich auch so und

[00:17:09]  da habe ich oft den Eindruck, dass in Bubbles, wie Booktok eine sein kann, Algorithmus lässt

[00:17:17]  grüßen, dass man da oft in einer Lesegewohnheits-Bubble bleibt, weil wenn man sich nur noch auf

[00:17:26]  diese super kleinen Detail-Feinheiten eines Buches konzentriert, weil man sagt, das ist das,

[00:17:34]  was mir das letzte mal gefallen hat, also muss es mir die nächsten zehn Male auch gefallen,

[00:17:38]  faßt man sich die eigene Lesewelt so eng. Ist das auch dein Eindruck? Auf jeden Fall.

[00:17:45]  Aber ich merke es ja bei mir selbst eben auch, wenn man halt merkt, okay, keine Ahnung ... "Chosen Families"

[00:17:51]  finde ich ganz toll, finde ich ganz nett, wenn das passiert, unterstütze ich immer, finde ich

[00:17:55]  immer gut gemacht und wenn dann am Buch sagt, ja also wenn jemand dann über ein Buch sagt,

[00:18:00]  das dieses Buch hat dann eben diesen "Trope", dann bin ich viel eher bereit, da ist eben zu lesen,

[00:18:05]  dann bin ich okay, das hat mir gefallen und ich glaube, dass dann viele obsessiver damit umgehen

[00:18:11]  und halt dann wirklich nur noch ihre zwei, drei "Tropes" haben und die sie immer lesen wollen und dann

[00:18:15]  alles in diesen "Trope", in dieser Bubble, wie du gesagt hast, dann eben verschlingen, so irgendwie,

[00:18:21]  worunter ganz viele Bücher dann leiden, weil irgendwann wird's dann halt langweilig. Und es ist auch so

[00:18:27]  ein Convenience-Culture, finde ich, so zufüttern von Stoff, ich will gar nicht Literatur sagen,

[00:18:35]  weil es irgendwie, das ist ja was bei FanFiction sinnhaft ist, weil der Pool so groß ist und weil

[00:18:41]  deine Zeit so begrenzt ist und weil du das meistens liest, weil du was Spezielles, weil dich was

[00:18:45]  Spezielles gestört hat an einer Serie oder an einem Buch oder was auch immer, dann greift man dazu und

[00:18:51]  da macht es Sinn. In der Literatur habe ich dann oft das Gefühl, natürlich braucht der Buchmarkt

[00:18:58]  Einteilungen, aber wenn ... und als Leser ist es ja gut zu wissen, was man mag, aber je kleinteiliger

[00:19:06]  die Einteilungen, so zum Beispiel früher war es, also man hat dann gesagt, okay, es gibt die, es gibt

[00:19:12]  grobe Genre Spannungsliteratur, du weißt es, du hast auch Literatur studiert und dann gibt es

[00:19:18]  die kleineren Genres, das wären dann zum Beispiel Krimi und Thriller und ich persönlich bin ja

[00:19:26]  sehr verhaftet in diesem Genre und weißt er deswegen, und das kleinere, die nächste kleinere

[00:19:34]  Einheit ist dann irgendwie Dark Academia und das ist schon wieder so, dann habe ich versucht,

[00:19:39]  ein paar "Dark Academia"-Bücher zu lesen und dann habe ich gemerkt, eigentlich,

[00:19:43]  keins davon hat mich so mitgerissen als das Originalbuch, "Die geheime Geschichte", weil das

[00:19:51]  eigentlich nie Genre war. Das war einfach das, was es war und fertig und wenn ich das nochmal will,

[00:19:58]  dann muss ich es halt nochmal lesen und andere Bücher, die gar nicht Dark Academia sind, haben

[00:20:03]  dann aber unerwartet einen komplett ähnlichen Vibe in mir erzeugen und wo ich mir dann gedacht habe, ach, das ist das,

[00:20:09]  was ich wollte von diesen Büchern, aber wenn ich die ganze Zeit nur geschaut hätte, ich will

[00:20:14]  jetzt Dark Academia lesen, als nächstes wäre ich auf das nie gekommen. Also ich glaube auf jeden

[00:20:19]  Fall, dass es ein großes Problem ist, dass man sich zu sehr auf diese Tropes konzentriert und

[00:20:23]  generell auf Social Media die Leute gar nicht mehr die Buch-, also die hinten am Buchrücken,

[00:20:29]  wie heißt das? Auf Englisch sagt man Blurb. Ja, die Klappentexte oder so. Ja, die Klappentexte,

[00:20:36]  das Problem sind die Leute, die lesen die Klappentexte gar nicht mehr oder so, was sie konzentrieren sich so auf

[00:20:42]  die Empfehlungen von Leuten online oder auf die Trupes, dass sie nur hören, der und der Titel

[00:20:47]  hat den und den Trope und dann lesen sie es und dann sagen sie, das hat mir gar nicht gefallen,

[00:20:51]  weil das und das, was halt schlecht gemacht oder irgendwas, weil sie gar nicht mehr für sich

[00:20:55]  schauen, gefällt mir das, interessiert mich die Geschichte, das merke ich total oft bei Leuten

[00:21:00]  online und eben ich denke mal auch, man muss manchmal auch ein bisschen ohne Vorurteile in

[00:21:06]  ein Buch eintauchen, weil dann überrascht es einen vielleicht und das ist schon was Tropes für

[00:21:11]  mich dann oft wegnehmen oder stören oder wieso ich Tropes nicht mag, ist der Grund, dass sie eben

[00:21:17]  so viel vorweg nehmen eben, weil wenn ich von Anfang an eben weiß, okay, die "Enemies" werden

[00:21:22]  zu "Lovern", dann fällt dir die ganze Spannung eben weg, also das ist dann das oft was mich dann oft

[00:21:27]  stört oder in "Arranged Marriages" oder sowas, das endet auch immer gleich oder sowas und das

[00:21:33]  sind dann oft, wenn ich denke, dann nimmt das sehr viel für mich weg von meinem Leseerlebnis, weil

[00:21:38]  ich mir dann gar nichts mehr, also es ist keine Spannung mehr da, weil ich schon genau weiß,

[00:21:42]  was passiert durch die Tropes, also das war jetzt manchmal gut, aber oft schlecht. Du hast den

[00:21:47]  Spoiler schon im Marketing, so wie es oft bei Filmtrailern ist, Hauptsache die Leute schalten

[00:21:53]  ein, aber es ist halt ja Aufmerksamkeitsökonomie, es ist halt schwierig inzwischen, schwierig inzwischen

[00:21:59]  die Leute dazu zu bringen, dass sie -  Auf jeden Fall. - Um das mit einer positiven Note abzuschließen,

[00:22:06]  weil ich glaube, wir haben jetzt viele Facetten davon besprochen, was schon aber zu sagen ist,

[00:22:13]  und das merke ich am ganzen Booktok-Trend, die Leute lesen extrem viel, also konsumieren schon

[00:22:20]  sehr viele Bücher und machen im Grunde ein Refresh für den gesamten Buchmarkt, das merkst du

[00:22:29]  einfach und das ist cool. Ich finde die Booktok- oder Bookstagram-Community,

[00:22:34]  je nachdem, welches Plattforme ist, eigentlich nicht wirklich eng, also man muss halt selber schauen,

[00:22:40]  was ist meine Bubble und wo bewege ich mich, aber man findet, also wenn man sich eine halbe Stunde

[00:22:45]  hinsetzt, findet man gerade wie hunderttausende verschiedene Bookstagrammer*innen und die andere,

[00:22:51]  alle unterschiedlichen Kontext bieten und das ist aber eben so vielseitig, finde ich teilweise,

[00:22:56]  und die haben jetzt so drei, vier, denen ich halt folge und die lesen aber auch sehr breit gefächert,

[00:23:01]  was auch ich eben, ich les auch eigentlich alles, außer Thriller und Horror, da kriege ich immer Angst,

[00:23:07]  aber sonst les ich eben alles und wenn die dann auch alles lesen, ist das, bleibt das irgendwie ein breites Spektrum

[00:23:13]  und ich bin total gerne in der Community, ich finde es gibt total viel her und eben wie du sagst,

[00:23:18]  es bringt so viele junge Leute einfach wieder zum Lesen, die sonst keinen Kontakt mit dem haben

[00:23:23]  und auch, das ist jetzt ein bisschen egoistisch, aber ich finde es auch toll, dass die Bücher jetzt

[00:23:28]  wieder hübscher werden, weil sie jetzt online neu präsentiert werden, da ist die mehr Wert und wie,

[00:23:32]  okay wie vermarktet man ein Buch, wie gestaltet man das Buch und ich finde, die Community eigentlich toll,

[00:23:39]  also aber vielleicht bin ich da in meinem, das glaube ich nicht, in meiner Bubble.

[00:23:46]  Es ist bestimmt auch toll, also das glaube ich schon und inspiriert

[00:23:50]  ja, die Leute. Das ist auch schön, wenn man mit den gleichen Leuten, die das, also die gleichen Leute

[00:23:57]  mit denen man Hobbys teilen, auch im Kontakt sein kann, sich so gegenseitig inspirieren und das ist

[00:24:02]  eigentlich das, wofür Social Media mal gedacht war, also eigentlich voll schön.

[00:24:06]  Also mit dem "Wort zum Sonntag" würde ich sagen, schließe wir die Folge für heute ab.

[00:24:10]  Vielen Dank, dass du heute da warst.

[00:24:12]  Ja danke auch, es war sehr schön.

[00:24:14]  Ja, fand ich auch, sehr kurzweilig. Es gibt ja noch sehr, sehr viele Tropes,

[00:24:18]  also vielleicht können wir das ja in der Zukunft noch einmal wiederholen, wenn du möchtest. - Ja, gerne. -

[00:24:22]  Dann, wir verabschieden uns von euch, aber nicht ohne die Frage: Was ist denn euer Lieblingsbuch

[00:24:29]  in dem Trope "Enemies-to-Lovers"?

[00:24:32]  Schreibt uns das doch einfach auf post.stadtbibliothek@innsbruck.gv.at

[00:24:38]  oder auf Instagram unter dem Handle "stadtbibliothek.innsbruck" oder auf Facebook,

[00:24:46]  wobei ich mich bei der Tropes-Folge gar nicht traue zu erwähnen.

[00:24:51]  Ihr könnt uns aber auf Facebook schreiben, so richtig oldschool.

[00:24:54]  Ja, danke fürs Zuhören und wir wünschen euch noch ein schönes Lesen.

[00:24:58]  Tschüss.

[00:24:59]  [Musik]

[00:25:23]  Das Vorwort ist eine Produktion der Stadtbibliothek Innsbruck und Teil der Stadtstimmen,

[00:25:28]  dem Audiokanal der Stadt Innsbruck.

Transkription

Christina: Ja, hallo und willkommen zurück zum S'Vorwort, dem Podcast der Stadtbibliothek Innsbruck. Mein Name ist Christina - und ich bin die Pia -  und wir möchten euch herzlich zu dieser Folge begrüßen. Heute starten wir die Folge ein bisschen anders. Dazu muss ich was erklären, nämlich könnt ihr ja über den #gemeinsambesser auf Instagram beispielsweise unter dem Händel „stadtbibliothek.innsbruck“ euch in den Bibliotheksalltag mit einbringen. Ein bisserl „bibliotheken“ sozusagen, sodass wir gemeinsam mit euch die Stadtbibliothek eurer Wünsche gestalten können. Jetzt haben wir schon Anfang des Jahres einen Themenwunsch erhalten. Und genau um den geht es in der heutigen Folge. Nämlich: Das Thema war „faszinierende oder lustige Entstehungsgeschichten von Büchern“. Denn bevor das eigentliche Buch auf den Markt kommt und dann bei uns in den Regalen landet oder auch bei euch daheim in den Regalen, steckt ja oft ein eine jahrelange Entstehungsgeschichte dahinter. Und die kann dann manchmal vielleicht bizarr sein, manchmal komisch und manchmal vielleicht einfach nur ein bisschen verwunderlich. Und wir möchten in dieser Folge zwei dieser Entstehungsgeschichten miteinander und mit euch teilen. Und da haben wir, und zwar unabhängig voneinander, eine Entstehungsgeschichte für einen Roman oder ein Buch oder ein Werk vorbereitet. Wir wissen es halt einfach nicht so genau und wir werden sie uns gegenseitig erzählen. Wir sind schon sehr gespannt, was wir da jeweils die andere sich hat einfallen lassen. Ich muss sagen, ich freue mich schon die ganze Zeit auf die Folge. Ich habe was richtig Schnulziges aufgeschrieben: „Zieht euch die Schwimmflügerln an und lasst uns in den Literaturbetrieb eintauchen. (...) Okay. Eintauchen. Eintauchen. Geht es bei dir um Schwimmen? - Überhaupt nicht eigentlich. Bei dir. - Was für was für ein Vergleich. Okay, ja, wir haben wirklich äußerste Geheimhaltung betrieben, gell? Also, ich glaube, du weißt, das Geschlecht der Autorin. #00:02:41‑9#

 

Pia: Da habe ich mich verredet. Aber sonst weiß man eigentlich gar nichts. #00:02:44‑9#

 

Christina: Ich kann ja nicht sagen, was für Autorin oder Autor genau. Ich weiß gar nichts. Und du? Hast du was spitz gekriegt? #00:02:53‑4#

 

Pia: Nein. Okay. Ja, Christina, Dann legen wir mal los. Fängst du am besten mit deiner Geschichte mal an? #00:03:00‑0#

 

Christina: Okay, los geht's. Okay, Ich habe mitgebracht. Trommelwirbel. Die Geschichte von William Burroughs‘ Roman „„Naked Lunch““. Kennst du den? Kennst du Burroughs? Ah, okay. #00:03:14‑8#

 

Pia: Dann wird es jetzt interessant. #00:03:16‑5#

 

Christina: Das ist ein Werk der sogenannten Beat-Generation. Dieses Werk haben dann auch viele als unlesbar oder gar obszön empfunden. Und die Entstehungsgeschichte ist parallel dazu genauso chaotisch und faszinierend wie der Roman selber. Ähm, bevor wir loslegen. Die Beat-Generation ist eine literarische und künstlerische Bewegung, und zwar des Nachkriegsamerikas der 40er und 50er Jahre. Zu den wichtigsten Vertretern zählen neben Burroughs, Jack Kerouac, den man kennt, von „On the Road“, dass er 1957 veröffentlicht hat und Allen Ginsberg mit seinem epischen Gedicht „Howl“ vor allen Dingen. Das hat er 1956 er veröffentlicht. Und zwar diese sogenannten „Beats“ oder „Beatniks“ lehnten die konservativen Werte und die materialistische Kultur der Nachkriegszeit in Amerika ab. Es war also eine Gegenbewegung, und sie strebten dann nach einem alternativen Lebensstil der Freiheit, persönliche Authentizität und eine Abkehr von den gesellschaftlichen Normen betonte. Weitere Motive in den Werken, die man unter anderem auch in „„Naked Lunch““ findet, sind zum Beispiel Spiritualität, besonders die östlichen Religionen. Buddhismus hat eine große Rolle gespielt, Drogen und Bewusstseinserweiterung, das eins der Themen, die man im Roman eine große Rolle spielt. Sexuelle Freiheit, Reisen und Bewegung, urbanes, aber auch ländliches Amerika und die existenzielle Suche und Sinnfindung. Also es geht um radikale Ablehnung des Mainstreams und der Mainstreamkultur. Neue Wege zu finden für wie drückt man sich aus und welche Erfahrungen hat man im Leben? Und unsere Geschichte beginnt in den 1950 er Jahren in einer Zeit, in der Burroughs eine persönliche und kreative Krise erlebte. Und zwar, nachdem er bereits als Schriftsteller und Drogensüchtiger bekannt war, entschloss er sich, nach Tanger, Marokko zu ziehen. Tanger ist bekannt für seine liberale Drogenpolitik und seine exotische Atmosphäre und wurde deshalb zum Zufluchtsort für viele Künstler und Schriftsteller. Burroughs hat das für sich genutzt oder zu nutzen gewusst und ist da tief in die Drogenszene eingetaucht und hat dann begonnen, an seinem bisher ambitioniertesten Werk zu arbeiten, nämlich „„Naked Lunch““. Er war, während er das Buch geschrieben hat, unter dem ständigen Einfluss von Heroin. #00:05:58‑2#

 

Pia: Okay. #00:05:59‑3#

 

Christina: Seine Sucht und die psychedelischen Erfahrungen haben den Schreibprozess entsprechend erheblich beeinflusst. Der Roman sollte nicht linear sein, sondern die zerstückelten, fragmentarischen Gedanken und Visionen eines Drogensüchtigen widerspiegeln. Und das ist dem Roman auch sehr gut gelungen. Burroughs experimentierte mit der sogenannten Cut-up-Methode, bei der er Texte zerschnitt und sie neu zusammen fügte. Diese Technik, die er gemeinsam mit dem Künstler Brion Geysen entwickelte, verlieh „„Naked Lunch““ diesen sehr einzigartigen und einen gewissen kaleidoskopischen Stil. Es ist ein Buch wie ein Kaleidoskop. Es war aber nicht einfach für ihn, in dem Zustand zu arbeiten. Er war in Tanger ständig auf der Flucht vor der Polizei, und der Grund war, weil er immer wieder in Drogendelikte verwickelt war. Deswegen musste er sich sehr oft in irgendwelchen schäbigen Hotelzimmern verstecken. Und da hat er dann in fiebrigen, drogenberauschten Sitzungen geschrieben. Und das merkt man auch an dem Ton des Romans. Der ist nämlich sehr paranoid und oft surreal. Plot sucht man vergeblich. Ein entscheidender Wendepunkt war dann in der Entstehungsgeschichte, dass er ins „Beat Hotel“ in Paris gezogen ist. Das ist ein sogenanntes „Beat Hotel“, denn hier trafen die Größen der Beatgeneration aufeinander. Also da hat er Allen Ginsberg getroffen und Gregory Corso, den wir jetzt noch nicht erwähnt hatten. Und in dieser kreativen Gemeinschaft fand Burroughs dann die Unterstützung und die Anregung, die er gebraucht hat, um sein Werk zu vollenden. Ginsberg war dann derjenige, der ihm half, das sehr chaotische Manuskript zu strukturieren und es für die Veröffentlichung vorzubereiten. Veröffentlicht wurde es dann schlussendlich 1959. Wir reden Nachkriegsamerika. Kernfamilie. Mama, Papa, Kind, weißer Gartenzaun. Golden Retriever. #00:08:07‑6#

 

Pia: Das Klischee schlechthin. #00:08:09‑0#

 

Christina: In den USA und in Großbritannien wurde das Buch wegen des expliziten Inhalts und der Darstellung vom Drogenkonsum zensiert. Aber trotz, oder gerade deswegen, diesem ganzen Skandal entwickelte sich „„Naked Lunch““ zu einem Kultklassiker. Wenn Kult davorsteht, dann weißt du, das ist irgendwie so, hat was mit Drogen und Pornographie und so zu tun. So wie „Der blutige Pfad Gottes 1 und 2“. So ein schlechter Film. Es wurde zum Symbol für die nonkonformistische Haltung der Beat-Generation und ihre radikale Ablehnung gesellschaftlicher Normen. Für Burroughs selbst war das Buch wie eine Art Exorzismus. Er konnte so ein bisschen mit seinen Dämonen ringen. Das hat er so gesehen und aber auch Erfahrungen der Sucht und der Paranoia, die er erlebt hat, er hat ja so im Endeffekt eine sehr schwere Suchtkrankheit, wir wollen das hier jetzt nicht romantisieren, konnte er damit verarbeiten in gewisser Weise. Es spiegelt sich auch im Roman wieder, wie zerrissen die Psyche vom Autor ist und zieht den Leser und die Leserin - und das ist es faszinierend - in eine Welt, in der die Grenzen zwischen Realität und Halluzination verschwimmen. Heute gilt „Naked Lunch“ als Meisterwerk der modernen Literatur. #00:09:34‑6#

 

Pia: Ist ja oft so, dass Sachen, die verboten sind, Teil von Literatur werden und dann, dass gerade das so spannend macht, wenn es verboten ist. Ich denke gerade an „Lady Chatterley‘s Lover“, wo diese Sexszenen so außergewöhnlich für die damalige Zeit waren und das so verboten und verpönt war. Und dann ist es ein Bestseller geworden. #00:09:51‑7#

 

Christina: Also was vielleicht auch so ein kollektives, was kollektives ausspricht, was man zu der Zeit nicht aussprechen darf. #00:10:00‑9#

 

Pia: Dann kommt man irgendwie um diese Regel herum. #00:10:03‑1#

 

Christina: Ja, und das ist ja interessant an der Literaturgeschichte, dass man  sieht, wogegen rebellieren diese. #00:10:17‑4#

 

Pia: Grenzen. #00:10:18‑3#

 

Christina: Genau und welche Grenzen werden überschritten? Und sind es Grenzen, die wir im Jahr 2024 noch teilen? Oder weil sich ja auch Werte verschieben und verändern und der der soziale Diskurs anders wird und so? Ja, und deswegen gilt „Naked Lunch“ als Vorfahre oder hat sehr zur Entwicklung von postmoderner Literatur beigetragen. Besonders diese Cut-up-Technik, eben aber auch die Art, wie er so schonungslos auf die menschliche Existenz geschaut hat. Und entsprechend wurde „Naked Lunch“ dann trotz seiner unglaublich steinigen Geschichte zu einem unverzichtbaren Bestandteil der literarischen Geschichte. Ich habe versucht, es zu lesen, ich bin, glaube ich, auf Seite 30 bisher. Ich habe jetzt schon eine 10-jährige Pause gemacht. #00:11:14‑2#

 

Pia: Worum geht’s denn? Also von der Story her. #00:11:16‑4#

 

Christina: Wie gut, dass du fragst. #00:11:18‑1#

 

Pia: Ich kann mich da jetzt nicht wirklich was drunter vorstellen mit Kaleidoskop, das man vom System her verstehst, aber ich denke okay, was genau lese ich dann, wenn ich das Buch lese? #00:11:29‑0#

 

Christina: Also der Titel sagt ja auch irgendwie nichts. #00:11:30‑9#

 

Pia: Na eben. #00:11:31‑4#

 

Christina: Und zwar folgt das Buch dem Protagonisten namens William Lee. Und der ist im Endeffekt nicht mehr als eine fiktive Version von Burroughs und dieser William Lee der Protagonist ist. Auf der Reise durch verschiedene dystopische und surrealistische Orte, liest auch ein Junkie und flieht vor der Polizei und begegnet einer Vielzahl von bizarren Figuren und Szenarien. Also der Roman beginnt in den Straßen von New York City, führt dann in die fiktive Interzone. Das ist eine Stadt, die irgendwie so eine Mischung darstellt aus Tanger, New York und anderen Städten. Die Handlung ist auch sehr episodisch, sehr sprunghaft wegen dieser Cut-up-Technik. Ähm, das gibt vermittelt den Eindruck, oder das gibt diesen chaotischen und halluzinatorischen Zustand von dem Protagonisten dann entsprechend wieder und spiegelt das wieder. Die Themen sind Drogenabhängigkeit, sexuelle Perversion, Kontrolle und Freiheit. Wie gesagt, es gibt nichts insofern so einen Plot, sondern es macht sich eher an den Themen fest und an der, wie so oft in postmoderner Literatur typisch ist, an dem Spiel mit der literarischen Form und letztendlich mit der Leseerfahrung, die da auf den Kopf gestellt wird. Also es ist nicht die nullachtfünfzehn Genreliteratur. #00:13:09‑7#

 

Pia: Mittelpunkt, Höhepunkt, Ende. Genau. #00:13:11‑8#

 

Christina: Es ist auch eine Erfahrung, das zu lesen und auf jeden Fall und was was super wert ist, gelesen zu werden, wenn man sich für literarische Spielarten interessiert. Wobei, wie gesagt, ich habe es ja nicht wirklich gelesen, aber ich plane es fest, aber das stelle ich mir schon sehr herausfordernd vor, auch von den Thematiken her. Ja, und das war meine Geschichte. Wie fandest du meine Geschichte? #00:13:52‑5#

 

Pia: Ich fand es interessant. Es ist sicher was anderes. Nicht die typische Autorengeschichte, die man sonst kennt. Man denkt ja immer so an J.K. Rowling, die beschrieben hat, wie sie die Idee für Harry Potter im Zug gehabt hat oder so, das ist irgendwie so, ja, es passiert irgendwas, man lebt irgendwas und dann denkt man sich, da schreibe ich jetzt was drüber. Das ist sicher ein anderer Zugang. #00:14:11‑9#

 

Christina: Ja, also das war auch ganz intentioneller künstlerischer Ausdruck. Also die, die haben gesucht nach einem Ausdruck, die wollten. #00:14:22‑8#

 

Pia: Deren Erfahrungen. #00:14:23‑7#

 

Christina: Genau, in die Welt bringen. Übrigens, bevor wir jetzt deinen Part gleich übergehen, kann ich den Film „Kill Your Darlings“ sehr empfehlen. Ich habe jetzt nicht nachgeschaut, von wann der ist, der ist jetzt aber auch schon ein bisschen älter. Das war kurz nachdem Harry Potter vorbei war. Da hat Daniel Radcliffe den Film gedreht, glaube ich. So um den Dreh. Und da geht es um die Beat-Generation. Daniel Radcliffe spielt. #00:14:49‑8#

 

Pia: Ginsberg. #00:14:50‑7#

 

Christina: Ja, genau. Und William Burroughs kommt auch vor. Und der Wilhelm Tell Apfel, um zu wissen, was ich damit meine: Einfach mal schauen. Und es ist ein sehr romantisierter Film. Natürlich. Aber es ist, wer Literaturverfilmung oder Literaturfilme mag oder Filme über Literatur wird „Kill Your Darlings“ entweder schon kennen oder lieben lernen. Okay, Pia, jetzt bin ich total gespannt. Was hast du mitgebracht? #00:15:18‑5#

 

Pia: Also ich habe eigentlich keine Entstehungsgeschichte von nur einem Buch, sondern im Grunde ein ganzes Oeuvre, ein ganzes Gesamtwerk. #00:15:27‑7#

 

Christina: Du hast wieder die Extraarbeit gemacht. #00:15:31‑4#

 

Pia: Von einer Autorin und jetzt würde mich interessieren, weil du magst Krimis und Thriller und Horror gern. #00:15:38‑8#

 

Christina: Agatha Christie. Jane Austen. #00:15:40‑6#

 

Pia: Jane Austen? Genau. Nein, mich würde interessieren, ob du sie kennst? Anne Perry. #00:15:48‑3#

 

Christina: Ja, es ist die aus der UK. Ja. Mir sagt der Name. #00:15:56‑5#

 

Pia: Was der sagt. Ein Name. Was? Wir haben sie auch im Bestand. Also, ich habe auch nachgeschaut. Wir haben es im Bestand. #00:16:02‑2#

 

Christina: Ich glaube, ich habe noch nichts von ihr gelesen. Jetzt bin ich gespannt. #00:16:02‑9#

 

Pia: Okay, also Anne Perry ist eine englische Schriftstellerin, war eine englische Schriftstellerin, 1938 geboren, letztes Jahr 2023 verstorben. Sie ist bekannt durch ihre Krimireihen, wie ich schon gesagt habe, vor allem ihre historischen Krimis, die im viktorianischen England spielen. -  Deswegen kenne ich sie nicht. - Kein Fan von historischen Krimis. Sie hat über 120 Bücher verfasst, über 26 Millionen Exemplare wurden weltweit verkauft, und ihre Bücher landeten regelmäßig auf der New York Times Bestsellerliste. Also sehr erfolgreich, kann man sagen. Die meisten Bücher von ihr befassen sich mit Fragen von Moral, Sünde, Reue und Vergebung. Und das wird dann auch noch wichtig. Das war eigentlich mein. #00:16:54‑7#

 

Christina: Oh, hat sie jemanden umgebracht? #00:16:56‑2#

 

Pia: Die Christina ist meiner Geschichte schon Meilen voraus geloppiert. #00:17:04‑9#

 

Christina: War das die mit der Kindheitsfreundin? #00:17:07‑9#

 

Pia: Ja, genau. #00:17:08‑6#

 

Christina: Nein, Das ist eine sehr coole Geschichte. Leute, ihr seid in for a treat. Das ist eine meiner liebsten True-Crime literarischen Geschichten überhaupt. Pia, take it away! #00:17:20‑1#

 

Pia: Also, wir wissen das jetzt ja noch nicht. Also das war alles, was die Öffentlichkeit zu dem Zeitpunkt von ihr wusste. Das hat sich alles 1994 geändert. Da kommt nämlich der Film „Heavenly Creatures“, heißt auf Deutsch übrigens auch so, und ist auf Filmfriend verfügbar, habe ich nachgeschaut. Also bei uns gibt es einen Streamingdienst, das heißt, wenn man Mitglied bei uns in der Bücherei ist, kann man diesen Film online bei unserer Webseite streamen. Regie führte Peter Jackson. Und der Film handelt von einer intensiven Freundschaft zwischen zwei Teenagermädchen in den 50er Jahren in Neuseeland. Die Freundschaft endet in einer Tragödie, als sie gemeinsam den Mord an der Mutter einer der beiden planen und ausführen. Jetzt denkt ihr okay, was hat das jetzt mit unserer Autorin zu tun? Der Film basiert nämlich auf wahren Begebenheiten. Die beiden Teenager sind real und mussten anschließend eine 5-jährige Freiheitsstrafe Strafe verbüßen, aber keiner wusste, wer die sind. Im Zuge dieses Films wo der rausgekommen ist hat die Presse recherchiert und dann rausgefunden, dass eine der beiden Mörderinnen, Anne Perry, unsere Autorin ist. Das ist schon krass. Sie hat damals mit 15 gemeinsam mit ihrer besten Freundin die Mutter der Freundin erschlagen. Grund war angeblich, dass die Freundin hätte wegziehen müssen und die beiden wollten nicht voneinander getrennt sein. Zurück zur Literatur: Ihr Fokus auf Reue und Vergebung in ihren Krimis macht natürlich jetzt Sinn. Sie hat selber auch gesagt, dass sie damit danach, nach diesem Mord, damit gerungen hat. Für die Presse war das natürlich ein gefundenes Fressen. Und sie selber war natürlich überhaupt nicht begeistert davon, dass ihre Identität veröffentlicht wurde. Sie hat selber dann gesagt „es schien so unfair. Alles, was ich als anständiges Mitglied der Gesellschaft erreicht hatte, wurde bedroht und erneut wurde mein Leben von jemand anderem interpretiert. Es war im Gericht geschehen, als ich minderjährig, als Minderjährige nicht sprechen durfte und all diese Lügen hörte. Und jetzt gab es einen Film, aber niemand hatte sich die Mühe gemacht, mit mir zu sprechen. Ich wusste mich bis zu dem Tag vor der Veröffentlichung nichts davon. Alles, woran ich denken konnte, war, dass mein Leben auseinanderfallen würde.“ Sie hat aber anschließend immer noch weiter geschrieben und sie hat sehr viele Bücher veröffentlicht, auch erfolgreich veröffentlicht und auch einige Interviews dazu gegeben über den damaligen Mord und ihre Literatur. Und sie hat im Guardian zum Beispiel hat sie gesagt über ihre Literatur: „Es ist für mich von entscheidender Bedeutung, moralische Fragen weiterhin zu erforschen. Ich wollte erforschen, was Menschen tun, wenn sie mit Erfahrungen und inneren Konflikten konfrontiert werden, die sie bis an ihre Grenzen bringen.“ Also für sie war das irgendwie ihre Literatur, eine Verarbeitung davon, was passiert ist. #00:20:10‑9#

 

Christina: Es wurden beide für diesen Mord verurteilt, sowohl die Kindheitsfreundin als auch die Autorin? - Genau. - Ich erinnere ich da recht, dass die Anne Perry immer bestritten hat, dass sie den Mord begangen hat? #00:20:33‑0#

 

Pia: Also sie hat selber immer gesagt, in allen Interviews, die ich gesehen und gelesen habe, hat sie selber gesagt, sie weiß absolut, dass sie schuldig ist und dass es ihr Recht geschieht, dass sie im Gefängnis gelandet ist. Und sie hat gesagt, sie war froh, dass ihr diese Gefängnisstrafe auferlegt wurde und dass sie sie verbüßen hat müssen. Mhm. #00:20:51‑8#

 

Christina: Ja. Okay. Harter Tobak. #00:20:55‑8#

 

Pia: Aber ich hab's irgendwie interessant. Es ist natürlich überall, wo sie dann letztes Jahr gestorben ist. War das überall in die Schlagzeilen. „Krimiautorin, die eigentlich Mörderin ist.“ #00:21:05‑0#

 

Christina: Ich erinnere mich. Natürlich. Clickbait. Schlagzeile, wenn du jemals eine gefunden hast. Das ist wieder so ein Fall von Da ist die Realität. Äh, wenn du das im Buch schreibst, dann glaubt das keiner. Ja, es liest sich wie wie ein Plot von einem Roman. #00:21:23‑8#

 

Pia: Ich habe sie auch nicht gekannt als Autorin und letztes Jahr eben ist dann sie verstorben und dadurch hab ich erst rausgefunden, wer sie eigentlich ist und diese ganze Geschichte. Aber ich habe es interessant gefunden, weil es ist wirklich bizarr ist. #00:21:36‑1#

 

Christina: Also da stellen sich ja total viele Fragen, oder?, von Moral und ist jemand - Das ist ja ein Mord, also dass kann nicht verjähren und gleichzeitig sind es Minderjährige gewesen. Und was bedeutet das für die Person, wenn sie erwachsen ist? Man weiß ja, da gibt es noch physiologische Änderungen im Gehirn und irgendwie ist das dann, muss man das dann ruhen lassen oder haben die Leute ein Recht, das zu erfahren und so? Und dann die Art auch, wie sie es erfahren und wie Medien damit umgehen. #00:22:08‑3#

 

Pia: Weil das war ja dann auch so in diesem Film. „Heavenly Creatures“ ist ja das auch so ein bisschen in die Richtung angedeutet worden, dass das entweder eventuell eine lesbische Beziehung gewesen hat sein können und das hat sie zum Beispiel immer abgestritten, dass das nie der Fall war. Also, dass ist natürlich auch die Frage: Was mache ich mit dieser Person, wenn ich sie so darstelle, ist interessant. Ähm, ja, genau. Und wir haben Krimis von ihr in der Bücherei. Wir haben einen Haufen eBooks von ihr zum Lesen digital, aber auch zwei Krimis in Printausgabe. „Wer auf Rache sinnt“ und „Das Spiel des Verräters“, also wer sich interessiert, kann bei uns gerne mal Krimis von ihr lesen. #00:22:47‑1#

 

Christina: Ja und jetzt liegt es an euch und ihr könnt jetzt abstimmen, welche der Entstehungsgeschichten euch besser gefallen hat. Welche war bizarrer, welche war interessanter? Und zwar geht das auf Instagram unter stadtbibliothek.innsbruck. Kennt ihr denn eine bizarre Entstehungsgeschichte von einem Roman, oder wir sind auch offen für Filme, oder? Wir sind sogar offen für Games, hätte ich jetzt gesagt, Gibt es ja auch so einiges, von dem ihr wollt, dass wir mal im Podcast darüber reden. Dann schreibt uns auf post.stadtbibliothek@innsbruck.gv.at. Und damit verabschieden wir uns von dieser Folge heute. Pia, hat mir total Spaß gemacht. #00:23:37‑0#

 

Pia: Es war interessant, spannend, ja. #00:23:39‑1#

 

Christina: Total spannend und vielleicht können wir das ja mal wieder wiederholen. #00:23:42‑0#

 

Pia: Würde mich freuen. #00:23:43‑2#

 

Christina: Also sendet uns eure Themen und wir sagen bis dahin: Tschüss. Tschüss. #00:23:47‑2#

 

Person 3: (...) S‘Vorwort ist eine Produktion der Stadtbibliothek Innsbruck und Teil der Stadtstimmen, dem Audiokanal der Stadt Innsbruck.

Transkription

[00:00:00]  [Musik]

[00:00:14]  Willkommen zum Vorwort, dem Podcast der Stabbibliothek Innsbruck.

[00:00:19]  Mein Name ist Christina.

[00:00:20]  Und ich bin die Pia.

[00:00:21]  Und heute haben wir ein ganz besonderes Thema, auch wenn ich das jedes Mal sage.

[00:00:25]  Aber ich finde, das ist wirklich ein besonderes Thema, nämlich wir reden über ...

[00:00:29]  Cosplay.

[00:00:30]  Und stellen uns die Frage, warum mögen wir eigentlich Cosplay?

[00:00:33]  Wir kommen dann noch zu einem sehr wichtigen Punkt, nämlich wir hatten letzte Folge in unserer

[00:00:38]  "Warum mögen wir eigentlich Manga"-Folge, das ist eine logische Fortsetzung, eine Abstimmung.

[00:00:43]  Und da haben wir unsere Zuhörerinnen und Zuhörer aufgefordert, über Instagram auf

[00:00:51]  stabbibliothek.innsbruck abzustimmen, welche von drei Manga-Reihen wir ankaufen sollen.

[00:00:58]  Alle drei sind in sich abgeschlossen.

[00:01:00]  Wir haben dann gesagt, wir machen die Abstimmung.

[00:01:03]  Das Ergebnis ist jetzt da, frisch heute Vormittag hereingeflattert.

[00:01:07]  Und das darf ich jetzt bekannt geben, falls ihr die Folge letzte Woche noch nicht gehört

[00:01:13]  habt.

[00:01:14]  Da haben wir darüber geredet und uns damit auseinandergesetzt, was sind Manga eigentlich,

[00:01:19]  obwohl viele von euch das wahrscheinlich schon wissen werden.

[00:01:21]  Und wir haben auch massig Gründe gefunden, warum man Manga lesen sollte und warum das als

[00:01:26]  Lesen zählt übrigens.

[00:01:28]  Wir haben aber auch ein bisschen kritisch uns geäußert zu dem Thema.

[00:01:33]  Also das hören lohnt sich.

[00:01:35]  Die Folge ist online und kann direkt nach dieser gehört werden.

[00:01:39]  Wir erweitern unseren Manga-Bestand.

[00:01:41]  Die Pia, du hast es schon in unsere Liste eingetragen, das wird am Montag bestellt.

[00:01:46]  Ich habe die Zahlen mitgebracht.

[00:01:48]  Auf Platz 3 mit 6 Prozent der Stimmen ist Bakuman gelandet.

[00:01:54]  Platz 2 mit 17 Prozent der Stimmen hat Noragami erreicht und damit gewinnt Death Note

[00:02:02]  mit der deutlichen Mehrheit von 77 Prozent der Stimmen die Abstimmung und wird angekauft.

[00:02:09]  Yes!

[00:02:10]  Warum ‚Yes‘?

[00:02:11]  Das war mein Lieblingsmanga deswegen.

[00:02:15]  Ja, wir freuen uns sehr, oder?

[00:02:17]  Ja, total.

[00:02:18]  Ist eine würdige Ergänzung in unserem Manga-Bestand.

[00:02:21]  Wie geht es jetzt weiter damit?

[00:02:22]  Was machen wir jetzt?

[00:02:23]  Ja, also ich habe sie schon in unsere Liste eingetragen.

[00:02:26]  Das heißt am Montag bestellen wir das.

[00:02:29]  Dann geht die Bestellung raus, dann kommt es an, arbeitet man es rein und dann stellen

[00:02:34]  wir es schön in unserer Manga-Abteilung bei uns im Belletristikbereich aus.

[00:02:39]  Genau, also bei den Graphic Novles, bei den anderen Mangas findet ihr dann auch Death Note

[00:02:44]  und für den Fall das, was dann inzwischen auch ganz gerne passiert,

[00:02:47]  die ersten 1-2 Bände schon ausgeliehen sind, haben

[00:02:49]  wir ja noch ganz viele andere Reihen, die sich auch zu lesen lohnen.

[00:02:54]  Genau.

[00:02:55]  Pia, warum mögen wir eigentlich Cosplay?

[00:02:58]  Ich habe bei der Recherche für dieses Thema unerwartet meine Nische gefunden.

[00:03:02]  Wir müssen den Podcast...

[00:03:04]  Bist du zu Cosplayern übergegangen?

[00:03:06]  Na, wie folgt.

[00:03:07]  Ich glaube, dass intertextuelle Interpretation von soziologischen Phänomenen genau meine

[00:03:13]  Nische ist und mein Vorschlag für den Podcast-Titel.

[00:03:15]  Es ist vielleicht nicht so knackig wie S‘Vorwort.

[00:03:20]  Na ja, aber genau, wir kommen jetzt direkt auch zum Thema und zum Einstieg

[00:03:26]  outen wir uns einmal, bist du Cosplayerin?

[00:03:30]  Na.Ich muss sagen ich auch nicht.

[00:03:32]  Also zu Halloween vielleicht mal was angezogen.

[00:03:34]  Ah, das muss man unterscheiden.

[00:03:36]  Halloween-Kostüme sind kein Cosplay.

[00:03:39]  Wir werden es dann definieren, was Cosplay genau ist für alle die Zuhörerinnen und

[00:03:43]  Zuhörer, die das vielleicht nicht wissen oder nicht genau wissen, weil sie es vielleicht

[00:03:46]  nur peripher mitbekommen haben.

[00:03:48]  Genau, aber detto, das letzte Mal, wo ich verkleidet war, war ich ein Musketier zu Fasching im

[00:04:01]  Kindergarten.

[00:04:02]  Aber warum?

[00:04:03]  Ich meine, nach der Manga-Folge haben wir halt auch was gesucht, was ein bisschen thematisch

[00:04:10]  passt, gerade zur Verkündung, das wir jetzt Death Note kaufen können.

[00:04:13]  Aber warum sprechen wir überhaupt über das Thema Cosplay?

[00:04:17]  Und da finde ich, wie ihr ja wisst, wir haben den #gemeinsambesser und wir haben

[00:04:25]  auch in unserer Folge, warum wir Bibliotheken mögen über das Konzept von dem ‚bibliotheken‘

[00:04:32]  im Sinne von einem Verb gesprochen.

[00:04:34]  Und ich finde, dass das als Thema total rein passt.

[00:04:38]  Warum werden wir dann im Laufe der Folge sicher noch sehen.

[00:04:43]  Ich finde jetzt einmal zusammengefasst, dass ähnlich wie Fanfiction ist Cosplay einfach

[00:04:48]  ein sehr kreatives Hobby und es passiert nämlich abseits vom passiven Medienkonsum.

[00:04:53]  Es ist aktiv und setzt sich aktiv mit Medien alle Art auseinander und vereinnahmt die

[00:05:01]  Inhalte dieser Medien für eigene Zwecke.

[00:05:05]  Also für mich ganz parallel zu Fanfiction, vielleicht auch Fanart.

[00:05:10]  Ja.

[00:05:11]  Fancontent einfach generell, da gibt es ja einen Haufen, da gibt es ja Fanmusik, so

[00:05:15]  Leute, die dann Musik über ihre, keine Ahnung, Lieblingsserie, Lieblingsbuchserie, was auch

[00:05:21]  immer schreiben.

[00:05:22]  Fanvideos, gibt Fanfilme und da ist halt auch ein Aspekt davon Cosplay.

[00:05:29]  Wir haben uns ja beide letzte Folge darüber unterhalten, dass wir auch Manga gelesen haben,

[00:05:33]  auch schon als Jugendliche, auch in dieser Zeit, wo es überhaupt nicht etabliert war,

[00:05:39]  gerade so in Tirol vielleicht, unseres subjektiven Eindrucks nach.

[00:05:44]  Bist du da in irgendeiner Form einmal auf den Begriff gestoßen oder hat dir das vor unserer

[00:05:52]  Folge heute was gesagt?

[00:05:54]  Cosplay, ich hab's halt aus der Fankultur gekannt, aus dem Internet.

[00:05:59]  Ich kann jetzt ehrlich gesagt nicht sagen, wann ich das erst einmal entdeckt hab.

[00:06:05]  Aber es werden halt immer wieder mal tolle Cosplays geteilt oder so, in den Gruppen,

[00:06:11]  in Reddit oder so.

[00:06:12]  Wenn man in Harry Potter Foren scrollt und mal schaut, dann wird

[00:06:18]  so was immer wieder mal geteilt und eben das hab ich dann halt einmal gesehen.

[00:06:21]  Aber eben nicht jetzt aktiv damit beschäftigt hab ich nicht wirklich.

[00:06:25]  Obwohl es da schon eine ziemlich große Gemeinschaft gibt, ich hab mal geschaut, ob es in welchen

[00:06:29]  Zahlen gibt.

[00:06:30]  Ich hab nicht wirklich offizielle Zahlen gefunden, wird auch wahrscheinlich schwierig sein,

[00:06:35]  das rauszufinden.

[00:06:36]  Aber es gibt ja ‚Cos_Now‘, das ist so eine Webseite, die sich speziell darauf spezialisiert hat.

[00:06:42]  Und die sagen, dass es in Deutschland um die 15.000 Menschen gibt, die diesem Hobby

[00:06:48]  aktiv nachgehen.

[00:06:50]  Also sind nicht wenige.

[00:06:52]  Und was interessant war, die haben auch Umfragen gemacht, um rauszufinden, so wie so der typische

[00:06:58]  Cosplayer, die typische Cosplayerin ausschaut.

[00:07:01]  Und das war dann schon interessant für mich, weil vom Alter her, waren die Leute, die dem

[00:07:09]  Hobby nachgehen zwischen 18 und 24 Jahre alt, ab 25 hat es dann stetig abgenommen.

[00:07:14]  Und auch vom Geschlecht, der hat einen definitiven Trend geben.

 [00:07:21]  Es war ein eindeutig mehr Frauenanteil, als Männeranteil.

[00:07:23]  Ich glaub, also zum Alter könnte ich mir vorstellen, da hab ich die Theorie, dass das

[00:07:30]  hat sich ja mehrere Gründe, aber dass einfach sich der Lebensmittelpunkt verlegt und mit

[00:07:40]  dem Vollzeitjob oder mit der Gründung von einer Familie bleibt einfach generell nicht

[00:07:48]  viel Zeit für Hobbys.

[00:07:50]  Und vor allem so aufwendige Hobbys, das muss man jetzt auch sagen.

[00:07:56]  Es ist zwar kreativ, aber es ist schon aufwendig, so ein ganzes Kostüm zu kreieren.

[00:08:00]  Man muss vielleicht auch neue Fähigkeiten lernen, Nähen, Stricken, was auch immer.

[00:08:04]  Also das nimmt wahrscheinlich schon um einiges mehr Arbeit in Anspruch.

[00:08:08]  Also jetzt vielleicht eben Fanfiction einfach einmal eine kleine Geschichte schreiben oder

[00:08:11]  so.

[00:08:12]  Ist vielleicht schon ja aufwendiger.

[00:08:14]  Und was den Frauenanteil angeht, das ist auch interessant und diskutierenswert.

[00:08:21]  Warum ist es eigentlich so?

[00:08:24]  Zum Cosplay selber, da kann man sich dann schon die Frage stellen, ist es, ich glaub, das

[00:08:31]  ist für mich, spiegeln sich da in Fandoms an sich in diesen Räumen, über die wir auch

[00:08:39]  schon geredet haben, die Möglichkeit von marginalisierten Gruppen oder in der Gesellschaft marginalisierten

[00:08:45]  Gruppen wieder, die dann andere Identitäten leben können.

[00:08:48]  Da käme man ein bisschen dazu.

[00:08:50]  Aber das würde für mich auch den Frauenanteil erheblich erklären, weil da einfach sehr

[00:08:56]  viel mit Identität im Cosplay auch gespielt wird.

[00:08:59]  Meines Eindrucks nach.

[00:09:01]  Und es ist eventuell auch so, dass diese Art von Kreativität, die wie du sagst beinhaltet,

[00:09:08]  zu basteln, zu nähen, zu schminken, sich mit anderen Kulturen in diesem Sinne zu befassen

[00:09:18]  und sich auf diese Weise auch auszutauschen, einfach eine sehr weiblich konnotierte Sache

[00:09:25]  ist.

[00:09:26]  Das haben sie bei der Umfrage eben auch gesagt, dass sie davon ausgehen, dass es vielleicht

[00:09:29]  auch damit zusammenhängt.

[00:09:30]  Und es ist vielleicht auch eher so, dass Männer das vielleicht auch eher nicht zugeben wollen,

[00:09:35]  auch vielleicht auch nicht an diese Umfrage teilgenommen haben aus diesen Gründen.

[00:09:39]  Aber bevor wir da weiter reden, vielleicht klären wir mal, was ist Cosplay und woher

[00:09:44]  kommt es eigentlich?

[00:09:45]  Beim Cosplay geht es um das Nachbilden von Figuren aus Medien.

[00:09:51]  Das können Manga sein oder von mir ist auch die Animeadaptionen, Filme, Games und auch

[00:09:57]  andere Medien wie zum Beispiel Literatur.

[00:09:58]  Ich meine, du hast jetzt gleich Harry Potter genannt.

[00:10:01]  Es geht darum, dass nicht nur das Aussehen dieser Figuren und ich weiß, dass man das

[00:10:06]  eben im Cosplay Charaktere nennt.

[00:10:10]  Ich kann das nicht Charaktere nennen, weil mein Literaturprofessor hat mir

[00:10:16]  eingetrichtert, dass das Figuren heißen und das werde ich für immer so sagen müssen.

[00:10:20]  Und dass man die Figuren möglichst genau nachstellt.

[00:10:23]  Das ist die eine Sache, aber es geht vor allen Dingen darum auch die Charaktereigenschaften

[00:10:27]  möglichst authentisch und genau wiederzugeben.

[00:10:31]  Wobei es oft nicht ums Schauspielen geht, also sich hineinversetzen, sondern da ist immer

[00:10:35]  so ein Spannungsverhältnis zwischen dir als Person, dann auf der anderen Seite der Figur

[00:10:42]  in zum Beispiel dem Anime und in der Mitte dein verkleidetes Selbst und dann geht es ums

[00:10:49]  Posieren für Fotos und dem Nachstellen von Szenen.

[00:10:54]  Und es ist also keine Schauspielerei in dem Sinne.

[00:10:58]  Aber es ist trotzdem, und da liegt die Betonung auch drauf, auf Spiel, auf dieses kreative

[00:11:06]  Ausleben, dieses Spannungsfeld, das möchte man fast sagen.

[00:11:10]  Und da bin ich dann auf diese soziologische Ader gestoßen, wo ich dann eine Abhandlung

[00:11:19]  gelesen habe zum Thema Cosplay, weil wie immer ist die Wissenschaft so ein bisschen geneigt

[00:11:27]  so popkulturelle Strömungen erst mal außer Acht zu lassen und fängt jetzt erst langsam

[00:11:31]  an sich damit zu befassen.

[00:11:32]  Und da wurde dann diese Performativität von Identität -

[00:11:37]  Darum geht es ja ganz viel bei Judith Butler,

[00:11:40]  da geht es um das Genderthema,

[00:11:41]  aber auch bei Irving Goffman: Identität ist nicht festgesetzt, sondern flexibel

[00:11:54]  und die performed man,

[00:11:59]  wenn ich das so laienhaft ausdrücken darf.

[00:12:01]  Das sieht man auch zum Beispiel ganz interessant bei Cosplayern.

[00:12:05]  Die nennt man dann, habe ich gelesen, ‚Crossplayer‘.

[00:12:08]  Zum Beispiel eine Frau, eine männliche Figur cosplayed oder ein Mann eine weibliche Figur.

[00:12:15]  Und da hast du automatisc h schon, vielleicht ohne irgendwelche politischen oder anderweitigen

[00:12:21]  Hintergedanken,

[00:12:22]  Grenzüberschreitungen, also von arbiträren Grenzen.

[00:12:28]  Ja, genau.

[00:12:30]  Dieses strikt binäre, das oft in unserer Gesellschaft so, das wird irgendwie aufgelöst.

[00:12:37]  Das habe ich wahnsinnig faszinierend gefunden.

[00:12:40]  Aber im Spiel.

[00:12:41]  Und es hat mich auch so Cosplay, also Spiel, die kindliche, bitte zu unterscheiden, kindisch,

[00:12:49]  sondern kindliche Art, sich mit am Thema zu befassen.

[00:12:52]  Das nämlich von Neugier und, also so getrieben ist von Neugier und von der Lust aus Spiel.

[00:12:59]  Und deswegen finde ich diese ganze Sache so unfassbar sympathisch.

[00:13:04]  Ich finde ja, wir sollten alle mehr spielen.

[00:13:07]  Auch die über 25-Jährigen, die dann oft keine Gelegenheit mehr haben, weil es das Leben

[00:13:13]  nicht mehr so zulässt, leider.

[00:13:15]  Wie ist es aber entstanden, um das noch abzuschließen?

[00:13:18]  Und zwar, in den 1980er Jahren in Japan wurde das dort groß.

[00:13:23]  Weil da das hängt, so ein bisschen zusammen mit der, da ist so die erste Generation von

[00:13:31]  Anime- und Manga-Fans in Japan erwachsen geworden.

[00:13:34]  Das heißt, da hatten die auf einmal die Mittel und Wege Fansein anders auszudrücken.

[00:13:41]  Und es gilt als Fanpraxis.

[00:13:43]  Die ist auch entstanden, weil der Urheberrechtsschutz in Japan, wurde strikt forciert.

[00:13:50]  Das hat dann verhindert, es Nachahmung verhindert in jeglicher Form.

[00:13:56]  Dieses Nachahmen galt aber eben nicht für das Gestalten von Kleidung, Accessoires, Waffen

[00:14:03]  von den Figuren in den Medien, die konsumiert worden sind.

[00:14:07]  Und deswegen wurde das so ein neuer Weg, sich kreativ auseinandersetzen, ohne solche Urheberrechtsverletzungen

[00:14:15]  zu begehen.

[00:14:16]  Wobei es in Japan nach wie vor sogenannte Doujinshi gibt.

[00:14:23]  Ich spreche es bestimmt falsch aus.

[00:14:25]  Kann man sich vorstellen wie ein Fanzine.

[00:14:27]  Wie ein Fan-Magazin oder quasi Fan-Fiction, aber halt von einem Manga als Manga, aber halt

[00:14:40]  selber herausgegeben und selber gezeichnet und so. Ja und so ist es ein bisschen entstanden und

[00:14:46]  ab den 90er Jahren war ja dann, da haben wir letztes Mal schon drüber geredet, der Manga und

[00:14:50]  Animeboom in den USA und in Europa und so ist es da auch groß geworden. Allerdings der Begriff

[00:14:57]  wurde geprägt von dem japanischen Autor Nobuyuki Takahashi und der hat nämlich sich in Los Angeles

[00:15:05]  auf der Science-Fiction Worldcon im Jahr 1984 die ganzen kostümierten Fans angesehen und hat

[00:15:13]  daraus dann einfach den Begriff abgeleitet und ist dann nach Japan getragen. Ist interessant,

[00:15:20]  weil ich hab nämlich bei den Ursprüngen des Cosplay gefunden, dass es schon in den 1960er Jahren in den

[00:15:25]  USA Cosplays gegeben hat auf Science-Fiction-Conventions. Genau auf das Gleiche bin ich auch

[00:15:31]  gestoßen, und dass es sogar so früh zurück geht bis zum Jahr 1939, wo es schon die ersten Sci-Fi-

[00:15:37]  Conventions oder Gatherings oder so gegeben hat. Ja, das ist interessant wie zwei ganz verschiedene

[00:15:44]  Kulturen ineinander verschmelzen. Genau, also wie es dann wieder und wie es jetzt sich so

[00:15:50]  anfühlt als wäre es etwas, dass das aus Japan zu uns gekommen ist, aber dabei ist es irgendwie in

[00:15:55]  den USA auch schon gewesen. Also für mich ist das irgendwie so ein Indiz dafür, dass Menschen da

[00:15:59]  einfach das Bedürfnis danach haben auf diese Weise zu spielen oder sich auszudrücken. Genau, und so

[00:16:08]  findet man halt die Begriffe. Genau. Und heutzutage hat man es überall gefühlt auf sehr vielen

[00:16:15]  Conventions, also es gibt ja die Comic-Cons oder die Frankfurter Buchmesse, also das ist jetzt nicht

[00:16:20]  mehr so begrenzt wie es vielleicht früher mal war. Also immer dann wenn es irgendwie um Fans geht,

[00:16:26]  um Fan-Kultur, tauchen auch Cosplayer auf. Was ich auch noch interessant gefunden habe, was ich

[00:16:33]  vorher noch sagen wollte, weil du ja gesagt hast, wenn man älter ist, nachher hat man und

[00:16:36]  eben vielleicht ein Job hat, Kinder hat, hat man vielleicht nicht mehr die Zeit sich damit mit

[00:16:40]  diesem Hobby zu beschäftigen. Interessanterweise bei dieser Umfrage von dieser Webseite, was so das

[00:16:46]  48 Prozent, das war der größte Teil, berufstätig waren sogar. Ich glaube schon, dass man einen Teil

[00:16:51]  dann auch die Mittel und Wege hat, Cosplay als Hobby zu betreiben und es war auch interessant, weil es waren vor

[00:16:58]  allem auch Leute aus der Kreativbranche und das macht schon Sinn, weil wenn du selber schon

[00:17:02]  Näherin bist oder im Make-up Artist oder so in irgendeinem kreativen Beruf arbeitest, wo du schon

[00:17:08]  gewisse Fähigkeiten mitbringst, ist das für die irgendwie eine logische Erweiterung. Oder es

[00:17:16]  ist umgekehrt und du suchst ja einfach beruflich eine Ausdrucksweise, die irgendwie dem nahe bleibt,

[00:17:25]  was du auch gern privat macht. Und das Cosplay einfach nur eine weitere erweiterte Form,

[00:17:33]  diese Ausdrucksweise ist so von diesem Wunsch nach Spiel oder nach Kreativität oder wie auch immer.

[00:17:39]  Genau, du hast ja schon gesagt, es gibt auch inzwischen im Deutschsprachengraum sehr,

[00:17:44]  sehr viele Messen. Regelmäßig hören auch wir als Bibliothekarinnen auch in den sowohl zur Leipziger

[00:17:49]  Buchmesse als auch zur Frankfurter Buchmesse. Wir gehen ja auch viel auf Fortbildungen und

[00:17:53]  auf Vorträge und entweder sind wir selber auch so eine Buchmesse mal präsent oder Leute kommen

[00:18:01]  danach und erzählen uns davon und dann irgendwie unabdingbar das Kommentar: ‚Ja und ganz viele

[00:18:07]  Verkleidete waren.‘ Und es ist inzwischen auch etabliert, also sowohl die Leipziger als auch die

[00:18:14]  Frankfurter Buchmesse nehmen sich dem an und erkennen das auch als Zielpublikum. Es gibt

[00:18:24]  außerdem die deutsche Cosplay-Meisterschaft, die wird zusammen in Zusammenarbeit mit der

[00:18:29]  Frankfurter Buchmesse gemacht und dem Verein "Animexx" heißt der. Das ist, meines Wissens

[00:18:38]  nach, die größte deutschsprachige Plattform. Das ist so eine Internetseite, wo man sich als

[00:18:46]  Community trifft. Im Endeffekt. Große Conventions in Deutschland wären noch die Dokomi, die sind

[00:18:54]  Düsseldorf, die Connichi in Kassel, die German-Comic-Con nach dem Vorbild von der in Los Angeles,

[00:19:00]  allerdings in Dortmund, Berlin und Frankfurt und die Comic-Con Germany in Stuttgart. Und dann

[00:19:06]  habe ich noch einmal geschaut, was gibt es denn in Österreich und gibt es in Österreich? Ja,

[00:19:10]  in Österreich gibt es ganz viel. Die ,Ani‘ - okay, ich weiß jetzt kriegen wir wahrscheinlich die ersten -

[00:19:16]  die AniNite oder die Ani’Nite‘. Seid’s nett zu mir, wenn ihr mich korrigiert. Die NipponNation,

[00:19:24]  die Vienna Comic-Con, die HanamiCon in Graz und in Tirol, die hat gerade erst stattgefunden, die

[00:19:31]  LoriCon, nämlich in Seefeld. Okay, habe ich auch noch nicht gewusst. Ja, die hat vom 8. bis 9. Juni

[00:19:38]  stattgefunden im Olympiasport- und Kongresszentrum in Seefeld. Und das war mir, also ich weiß,

[00:19:46]  ich war an dem Tag letztes Jahr im Sommer zufällig auch in Seefeld und bin dann da so langspaziert

[00:19:53]  und genau an dem Zentrum da vorbei. Und auf einmal kommen wir da Cosplayer entgegen. Was sehen

[00:20:01]  meine Augen da? In Tirol laufen einem nicht einfach so Cosplayer entgegen. Also entweder

[00:20:11]  du hast Skioutfit an oder eine Wanderhose. Und das kennt man vielleicht, wenn mein Frankfurt am

[00:20:20]  Weg ist um die Buchmesse rum und die Leipzig, aber nicht in Tirol. Und dann war da ganz zufällig

[00:20:25]  genau die LoriCon letztes Jahr. Das ist ganz witzig. Auf diesen Messen geht es ganz viel um

[00:20:31]  Kreativität und was wir noch nicht erwähnt haben, ist, wie gemeinschaftlich dieses ganze Hobby ist.

[00:20:38]  Also die allermeisten Cosplayer, wobei es Ausnahmen gibt, die allermeisten treiben das als Hobby und geben

[00:20:46]  mehr Geld raus als sie … Also da geht es nicht ums Geldverdienen. Das finde ich auch sehr bemerkenswert.

[00:20:51]  Auf diesen Messen gibt es dann Workshops, egal ob es ums Nähen oder ums Handwerkliche geht,

[00:20:58]  wie bastle ich meine Waffe. Man ist einfach Teil einer Community online, aber dann auch eben vor Ort.

[00:21:05]  Und das ist sicher was Schönes, dass wenn man sich dann auch gegenseitig austauschen kann,

[00:21:08]  Talente austauschen kann, Tipps austauschen kann, aber sich gegenseitig dann auch irgendwie

[00:21:13]  hyped und sagt, wie toll die Kostüme gegenseitig sind, ist sicher eine total nette Community.

[00:21:17]  Mir ist aufgefallen, also ich habe immer den Eindruck, das wird von außen so ein bisschen

[00:21:22]  belächelt. Siehst du das auch so? Aber ich glaube, dass es auch besser geworden.

[00:21:27]  Ich glaube am Anfang war das so ganz außen vor mit so: ‚Okay, das sind ein paar komische,

[00:21:35]  die das halt machen.‘ Und inzwischen, wie du schon gesagt hast, dass es auch größere

[00:21:40]  eben Buchmessen auch so angenommen haben und das auch so bewerben. Ich glaube nicht,

[00:21:45]  dass das so selbstverständlich ist. Vor ein paar, vor einem Jahrzehnt oder so wäre das wahrscheinlich

[00:21:49]  noch nicht der Fall gewesen. Viele von diesen Treffen sind dann auch ehrenamtlich organisiert.

[00:21:55]  Diese Vereine werden teilweise ehrenamtlich oder zum Großteil ehrenamtlich geführt. Also das

[00:22:00]  ganz viel Communitywork unsichtbar dahinter, um diese ganzen Vernetzungen überhaupt stattfinden

[00:22:09]  zu lassen. Und das voranzutreiben, ja. Genau. Und einfach diesen Raum auch so möglichen für den

[00:22:15]  Austausch. Und das ist so, ja eigentlich auch, wofür wir als Bibliothek stehen.

[00:22:21]  Ein Raum für alle. Ja, und was mir total gefällt, ist dieses Partizipative,

[00:22:26]  dieser Aspekt daran, dass man nicht passiver Konsument ist von etwas, sondern aktiv was

[00:22:36]  an sich nimmt. Das war ja auch bei der Fanfiction-Folge ein bisschen ein Thema. Aktiv was an sich nimmt und

[00:22:41]  das für sich selber gestaltet. Ich weiß nicht, ich habe das jetzt, wo ich so ChatGPT so viel

[00:22:45]  verwendet habe jetzt einmal. Da habe ich so das Gefühl gehabt und dann liest du halt - in der Früh liest du

[00:22:51]  halt die Nachrichten, dann brauchst du eine schnelle Info und googlest das halt. Und dafür ist

[00:22:55]  Google ja auch ausgerichtet, dass du dir nichts mehr merkst, sondern dass du einfach auf Google

[00:22:59]  gehst. Und dann tippst du noch schnell deinen .. ‚Ich brauche ein Essay für 200 Wörter für dieses

[00:23:05]  und jenes‘ ein. Und nichts mehr kommt so aus einer, also jedes -  aus einer kreativen Ader heraus von dir

[00:23:12]  selber - Ja, jedes, jedes Zünglein Neugier, das in dir entstehen könnte, weil du... Von irgendeiner

[00:23:20]  Maschine übernommen. Ja. Da hast du ja die Antwort. Aber das ist was, das kann keine

[00:23:26]  Maschine machen, das musst du nur selber. Aber hast du auch den Eindruck oder meinst du, dass das...

[00:23:32]  Ja, ich glaube eben, das ist doch schon so ein Hobby, das eben Kreativität auf jeden Fall fördert.

[00:23:36]  Und da hilft einmal aus dem Alltagstrott heraus zu kommen. Gerade jetzt sind wir so gewohnt,

[00:23:44]  einfach nur auf unsere Computer zu starren. Und wenn es nicht die Computer sind, dann sind es die

[00:23:49]  Handys oder die Fernseher. Und dann ist sowas kreatives, wo ich was auch machen muss mit bei den

[00:23:55]  Händen schon auch sicher angenehm und fein und eine Abwechslung. Ja, ich kann mir das schon vorstellen,

[00:24:04]  dass das ... Aber ich kann es jetzt nicht sagen, weil ich es natürlich selber noch nicht

[00:24:07]  ausprobiert habe. Das müsste ich ausprobieren. Aber ich glaube nicht, dass ich so gut nähen kann,

[00:24:11]  dass ich das hinkriege. Irgendwann müssen wir mal ein Cosplayer oder eine Cosplayerin einladen und die

[00:24:18]  sollen uns das dann genau erzählen, wie das dann funktioniert. Aber ich habe auch so ein

[00:24:23]  bisschen den Verdacht, dass die Leute sich auch fragen, was machen die denn da eigentlich? Weil es

[00:24:29]  hat ja keinen Sinn als den Selbstzweck. Ich sage, meine These ist...

[00:24:34]  - intrinsisch motiviert. - Ja, es ist Abseits vom Kapitalismus, [00:24:41]  Abseits von allen gesellschaftlichen Erwartungen. Und wie du ganz am Anfang der Folge gesagt hast,

[00:24:47]  übertritt sogar Grenzen teilweise -  wir haben von Gender geredet und von solchen

[00:24:55]  Geschichten, dass ich mir schon... Also, dass ich schon glaube, dass viele Leute das gar nicht

[00:25:02]  verstehen, wie viel Flexibilität das innerlich erfordert. Und wie viel Mut. Gerade so die ersten

[00:25:12]  paar Male kann ich mir vorstellen, dass er fordern dürfte, wenn du in vollem Kostüm...

[00:25:17]  - In die Öffentlichkeit gehst? - In die Öffentlichkeit gehst. Und die alle Blicke und oft sind

[00:25:24]  ja... wird ja beurteilt. Ich habe schon das Gefühl, dass das noch verurteilt wird oft. Oder zumindest

[00:25:32]  bestaunt im positiven Sinne, manchmal begafft im negativen Sinne. Und das wird, finde ich, zu wenig

[00:25:41]  in den Vordergrund gerückt. Wie erstaunlich... Wir nutzen die ganze Zeit das Wort "kreativ".

[00:25:52]  Sondern ich glaube, wir wollen eigentlich... Ich weiß ich eigentlich sage, wie erstaunlich...

[00:25:56]  auch nicht „mutig“, aber wie tief menschlich das eigentlich ist, immer dieses Spiel beizubehalten,

[00:26:03]  diesen Wunsch nach, das nicht zu verlieren. Weil ich glaube nicht, dass es... Wir reden ja auch von

[00:26:08]  der Realitätsflucht bei den Romanen und so. Das würde ich auch immer gern vorgeworfen. Ich glaube

[00:26:14]  auch nicht, dass das der größte Antrieb ist. Ich glaube, der größte Antrieb und da müsste

[00:26:19]  ihr, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, muss bitte eure Meinung dazu sagen, ist meine Meinung nach

[00:26:26]  Community, dieses Zusammenkommen. Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die sich unter anderem total

[00:26:37]  super versteht und genau weiß, was die anderen auch so denken, wie man selbst. Pia, ein Abschlusswort.

[00:26:44]  Danke fürs Zuhören. Vielleicht, da wir jetzt ja auch die Death Note haben, vielleicht marschiert mal

[00:26:50]  jemand von euch im Light-Kostüm oder im – so wie heißt er jetzt nochmal? Ich hab das alles schon vergessen.

[00:26:57]  L? L, genau. Aber L ist super easy, weil der hat... Warte, ich weiß, der ist gerade zufällig. Der hat

[00:27:02]  Jeans an und ein weißes Oberteil. Aber ich glaube, er ist immer barfuß. Also wenn ihr keine Schuhe

[00:27:12]  anhabt, dann wissen wir Bescheid. Wobei der Shinigami, ist das Shinigami? Ich weiß nicht, was

[00:27:16]  die ganzen Begriffe nicht mehr. Ja, es ist ein Shinigami. Genau. Es ist ein Shinigami. Todesgott, wie auch

[00:27:23]  immer. Da wäre ich dann impressed, wenn jemand in diesem Kostüm auftaucht. Auf jeden Fall,

[00:27:29]  würden wir uns freuen, wenn ihr auch im Kostüm bei uns mal vorbeischaut und unsere Mangaabteilung

[00:27:35]  begutachtet. - Aber das geht auch ohne Kostüm. - Das geht auch ohne Kostüm. Wir nehmen alle. Der Raum für

[00:27:40]  alle. - Und unsere Mangaabteilung begutachtet mit dann bald einmal den neuen „Death Note“. Danke

[00:27:47]  fürs Zuhören und bis zur nächsten Folge. Ihr könnt uns gerne eure Meinung auf post.stadtbibliothek@innsbruck.gv.at

[00:27:56]  oder auf Instagram oder Facebook. Teil... Was habe ich jetzt, wie habe ich den Satz angefangen?

[00:28:03] - ‚Sagen‘. – Sagen! Den Rest schneidest du heraus. - Mach ich immer. - Okay. Danke fürs Zuhören/Bis zum nächsten …. - Sag du‘s. –  Danke fürs Zuhören

[00:28:19]  und fröhliches Mangalesen. Tschüss.

[00:28:22]  Das Vorwort ist eine Produktion der Stadtbibliothek Innsbruck und Teil der „Stadtstimmen“,

[00:28:51]  dem Audiokanal der Stadt Innsbruck.

Transkription

[00:00:00]  [Musik]

[00:00:15]  Ja, dann legen wir einfach mal los zum Podcast. Herzlich Willkommen zum

[00:00:20]  „S’Vorwort“, dem Podcast der Stadtbibliothek Innsbruck. Mein Name ist Christina.

[00:00:24]  Und ich bin Pia. Und wir sprechen heute über ein ganz besonders spannendes Thema, zumindest

[00:00:30]  für mich, nämlich über historische Romane. Pia, auf einer Spannungsskala von eins bis zehn, wo bist du da?

[00:00:39]  Es kommt ganz aufs Thema drauf an. Das ist das, was ich mir auch da heraus gesucht habe dazu, weil

[00:00:44]  es ist jetzt nicht das Genre, wo ich sofort hingehe. Ich habe ein Paar gelesen, aber dann waren das Sachen,

[00:00:52]  wo mich spezifisch dieses Thema interessiert hat. Es ist jetzt nichts, wo ich in die Buchhandel

[00:00:57]  und die Bibliothek reingehe und sage, ach, gehen wir einfach einmal zu den historischen Romanen. Das mache ich nicht.

[00:01:02]  Das heißt, dass du tatsächlich historische Romane dann ganz konkret für so einen gewissen

[00:01:07]  „Bildungspurpose“, also um den Bildungsnutzen, gelesen im Sinne von, ach, mich interessiert jetzt die Zeit oder?

[00:01:15]  Oder die Personen. Ich habe mir zwei Beispiele aufgeschrieben, die mir auch noch eingefallen sind. In der Schule haben wir zum Beispiel etwas über

[00:01:23]  Sträflingskolonien gelernt und das hat mich dann interessiert. Und daher habe ich nachher die „Abby Lynn“-Saga

[00:01:29]  vom, wie heißt der jetzt, Rainer Schröder gelesen. Das hat mich dann einfach interessiert und deswegen

[00:01:36]  habe ich dann die Bücher gelesen. Und das andere, was mir auch noch eingefallen ist, ganz spezifisch war dann

[00:01:40]  „Raven Queen“ von Pauline Francis. Das ist über die Lady Jane Grey und da war ich damals in London und war im Tower

[00:01:48]  of London und habe über sie gelernt, also über sie erfahren, über das Audiobook dort und daher habe ich das

[00:01:54]  gelesen, weil es mich dann interessiert hat. Also ich bin so zu historischen Romane gekommen und es war

[00:02:00]  nicht: okay, ich gehe zu die historischen Romane und schau mal, was es gibt.

[00:02:02]  Und bevor wir jetzt weiter in das Thema einsteigen, um zu klären, warum mögen wir historische Romane

[00:02:11]  oder vielleicht auch nicht, habe ich eine Genre-Definition mitgebracht, um das einmal

[00:02:18]  abzustecken und zwar würde ich die jetzt hier einmal ausbreiten, wenn das okay ist. Der historische Romane

[00:02:26]  ist ein literarisches Genre, das sich durch seine Fokussierung auf vergangene Zeiten und historische

[00:02:32]  Ereignisse auszeichnet. So weit, so klar. In diesem Genre werden fiktive Geschichten oder Figuren in einem realen

[00:02:40]  historischen Kontext präsentiert. Dabei wird oft eine akkurate Darstellung der historischen

[00:02:46]  Periode angestrebt, wobei historische Ereignisse, Orte und Persönlichkeiten in die Handlung

[00:02:53]  integriert werden. Der historische Roman ermöglicht das Leser*innen in vergangene Epochen einzutauchen und

[00:03:00]  Geschichte auf eine lebendige und unterhaltsame Weise zu erleben. Während gleichzeitig Aspekte der

 

 

[00:03:06]  menschlichen Natur und universelle Themen erkundet werden, also wie in jedem Roman. Und es ist ja genau

[00:03:12]  dieser letzte Satz, dass man Geschichte auf eine lebendige und unterhaltsame Weise erleben möchte,

[00:03:19]  was du hier gerade auch geschildert hast. Du hast von einer geschichtlichen Periode einen Hintergrund

[00:03:25]  erfahren und wolltest dann mehr eintauchen. Und dann hast du da mehr gesucht, als nur was dir

[00:03:35]  ein Geschichtsbuch geben kann? Was hat dir das da gegeben? Eben, da kommt man gerade in diese Periode und

[00:03:41]  denkt, oder ist man gerade in dieser Periode, in dieser Zeit oder denkt an diese Person und denkt sich, wie hat sich die

[00:03:46]  sich damals gefühlt? Oder wie war das damals? Wir haben die Leute das damals erlebt und dann

[00:03:51]  interessiert einen das halt und dann will man vielleicht noch mehr machen, als nur reine Fakten lesen.

[00:03:56]  Ja, genau, also was für mich Literatur auch ausmacht ist dieses, sich hineinversetzen und beim

[00:04:05]  historischen Roman halt eben im konkreten Kontext der Zeit, der auch von Interesse ist,

[00:04:10]  aus dem einen oder anderen Grund. Bei mir ist es vor allen Dingen das englische Mittelalter gewesen,

[00:04:19]  das mich gepackt hat und entsprechend in die Kante historischer Roman habe ich geschlagen,

[00:04:26]  sozusagen. Da konnte ich dann eine Weile auch nicht genug bekommen. Ich habe auch tatsächlich

[00:04:33]  zwei Empfehlungen mitgebracht an historischen Romanen, die beide in das Genre fallen, aber beide

[00:04:41]  so bisschen, also sehr unterschiedlich sind. Das eine ist literarischer und das andere ist vielleicht

[00:04:46]  mehr, wie man sich so einen typischen Genre Roman vorstellt. Die würde ich dir jetzt einmal

[00:04:53]  kurz vorstellen und unseren Hörerinnen und Hörern.

[00:04:56]  Leg los!

[00:04:57]  Und zwar die erste Person, die ich mitgebracht

[00:04:59]  habe ist die Rebecca Gablé, die ja schon seit vielen Jahrzehnten inzwischen historische

[00:05:05]  Romane im deutschsprachigen Markt veröffentlicht. Sie ist eine deutsche Schriftstellerin und ihre

[00:05:10]  historischen Romane, die berühmteste ist die „Waringham Saga“. Ich würde es als Action-Abenteuer-Romane

[00:05:17]  bezeichnen. Die haben meistens auch einen männlichen Protagonisten, sind oft sehr

[00:05:23]  Stereotyp auch in ihrem Aufbau. Also wenn du einen Rebecca Gablé Roman kennst, dann hast du eine

[00:05:30]  Idee davon, wie sie es immer und immer wieder aufbaut mit verschiedenen, also schon Twists,

[00:05:37]  aber es ist vom Stereotyp her das Gleiche. Sie sind recht stereotype Geschlechterrollen auch,

[00:05:43]  muss ich sagen, aber es ist auch oft eine Underdog-Geschichte, was ich auch weiß, dass es viele

[00:05:51]  Leserinnen und Leser zu schätzen wissen. Und meine absolute Empfehlung dadrin ist der „König der

[00:05:57]  pupurnen Stadt“. Das ist schon 2002 rausgekommen. Da spielt vor allen Dingen die mittelalterliche

[00:06:03]  Stadt London eine zentrale Rolle und meines Erachtens nach ist das eigentlich ihr bestes Werk oder

[00:06:12]  das, was ich am liebsten gelesen habe. Und die zweite, die ich mitgebracht habe, ist die

 

 

[00:06:16]  Hilary Mantel, die ja vor kurzem leider verstorben ist und zwar mit ihrer Tudor-Trilogie über

[00:06:25]  Thomas Cromwell. Für alle, die es nicht wissen, Thomas Cromwell ist oder war eine bedeutende

[00:06:31]  Figur während der Herrschaft vom Heinrich VIII. König von England im 16. Jahrhundert.

[00:06:36]  Heinrich ist der mit den vielen Frauen, der ein paar davon auch zu Köpfen gemeint hat. Und Cromwell

[00:06:43]  war dann irgendwann Chefminister, der ist dann in seinen Diensten von Heinrich aufgestiegen, war

[00:06:49]  Chefminister, kontrollierte ganz viel von der Politik und der Verwaltung Englands.

[00:06:54]  Fiel letztlich aber in Ungnade und wurde dann angeklagt der Häresie und hingerichtet und

[00:07:01]  trotzdem hatte er und hat er nach wie vor einen sehr großen Einfluss in der Geschichte

[00:07:05]  Englands und spielt eine große Rolle. Diese Figur hat sich Hilary Mantel vorgenommen in einer

[00:07:11]  Trilogie, drei historische Romane: „Wölfe“, „Falken“, „Spiegel und Licht“ von 2009 bis 2020, wo sie eben

[00:07:19]  Aufstieg und Fall von Cromwell beschreibt. Ich würde es als wesentlich literarischer einstufen und

[00:07:26]  aufgrund seiner Detailliertheit, also der Detailliertheit des Textes, auch etwas anspruchsvoller

[00:07:32]  als jetzt vielleicht die Gablé-Romane. Und das fand ich dann sehr interessant. Beides Englisches

[00:07:37]  Mittelalter, sind beides historische Romane, aber es stellt eine gewisse Bandbreite dar,

[00:07:41]  was man sich, was man unter dem Genre verstehen kann und wie viel Platz da ist.

[00:07:48]  Hast du, ich weiß du liest es nicht so gerne, du hast es schon gesagt, aber hast du was mitgebracht

[00:07:55]  irgendeine Empfehlung oder? Ich habe es mir ein bisschen angeschaut, auch eben weil es darum

[00:08:00]  gegangen ist, okay, wie recherchiert man denn für historische Romane, wie schauen da die

[00:08:03]  AutorInnen selber nach, wo das ist, was da passiert ist.

[00:08:19]  Genau, ganz kurz, weil wir das vergessen

[00:08:12]  haben oder dazuzusagen, dass ein großer Teil neben den Empfehlungen und zu schauen, was ist denn jetzt

[00:08:17]  ein historischer Roman, ist genau das Pia, was du gesagt hast, dass die interessante Frage ist

[00:08:21]  ja eigentlich, wie recherchieren Autorinnen und Autoren für diese Bücher, weil das ist,

[00:08:26]  das kann man sich vielleicht ja gar nicht vorstellen, wie dieser Vorgang ist und darauf haben

[00:08:31]  wir uns ja auch vorbereitet für diese Folge, da haben wir uns ja auch einiges auch angeschaut.

[00:08:34]  Ich habe mir auch angeschaut, wie sich die Gablé und Mantel vorbereiten und jetzt bin ich gespannt,

[00:08:40]  was du rausgefunden hast. Ich habe ja mal die Outlandereihe angeschaut, die ist geschrieben

[00:08:46]  worden von Diana Gabaldon ich sage das immer falsch, also schreiben tut mir das „Gabaldon“, aber sagen tut

[00:08:54]  man "Gavaldon",

[00:08:55]  Na, echt?

[00:08:56]  also mit V, ich habe extra nachgeschaut, weil ich es nicht gewusst habe.

[00:08:58]  Das habe ich, glaube ich, 20 Jahre falsch gesagt.

[00:09:00]  Ich auch, ich habe immer "Gabaldon" gesagt, also

 

[00:09:02]  "Gavaldon" heißt es.

[00:09:04]  Okay, dann „Gavaldon“.

[00:09:06]  Genau, auch wieder was gelernt und da sind schon einige

[00:09:10]  Teile heraus, 9 von 10 sollen es werden, sind es im Moment, aber 10 sollen es werden und sie ist

[00:09:20]  ein interessanter Fall, die Reihe ist ja sehr, sehr bekannt, läuft auch sehr gut, landet ständig auf

[00:09:27]  den Bestsellerlisten, es gibt ja auch die Serie dazu von Starz, da sind jetzt da auch schon,

[00:09:33]  warte jetzt muss ich gerade nachschauen, 6 Staffeln haben wir glaube ich, genau, und 8 Staffeln werden es, also und die geht ja

[00:09:41]  auch extrem gut, diese Serie, also richtige Bestseller. Und das ist ein interessanter Fall,

[00:09:46]  weil das war ihr erstes Buch, das sie geschrieben hat. Sie hat vorher noch nie was geschrieben

[00:09:50]  gehabt und ihr erstes Buch war dann gleich ein historischer Roman.

[00:09:53]  Wobei darf ich da kurz eine Zwischenfrage stellen, die ist ja, aber das ist ja nicht rein historisch, oder?

[00:09:59]  Eben, das ist der interessante Fall, sie ihr wollte, einen historischen Roman schreiben, sie hat gesagt, ich will

[00:10:04]  so richtig klassischen, dicken, großen historischen Roman schreiben, dadurch, weil sie aus einem

[00:10:12]  wissenschaftlichen Hintergrund gekommen ist. Sie hat ein PhD gehabt in Verhaltensökologie und hat

[00:10:16]  deswegen natürlich auch wissenschaftlich halt viel recherchiert.

[00:10:19]  Übrigens auch sehr spannend,

[00:10:21]  weil die Hilary Mantel hat Rechtswissenschaft studiert und die Rebecca Gablé hat neben

[00:10:31]  Mediävistik, also Mittelalterkunde, auch verschiedenste Studien abgeschlossen, das ist so ein gewisses

[00:10:36]  Recherche-Fieber, muss man dann schon haben.

[00:10:39]  Genau, also das eint, jetzt alle drei Autorinnen,

[00:10:43]  über die wir heute schon geredet haben.

[00:10:45]  Ja, interessant. Ja, und sie hat eben, und daher hat sie gedacht,

[00:10:49]  das fällt mir sicher am einfachsten, weil sie sich gedacht hat, okay, wenn mir sonst nichts

[00:10:54]  einfällt, ich kann ja immer noch was dazu recherchieren und mir das klauen. Und daher hat sie

[00:11:00]  begonnen, das zu schreiben. Sie hat niemandem gesagt, dass sie schreibt. 18 Monate

[00:11:05]  hat sie dafür gebraucht für das erste Buch, das dann 1991 veröffentlicht worden ist, und sie hat

[00:11:11]  das eben als Übung angesehen. Sie wollte einfach einmal ausprobieren, wie das funktioniert. Und

[00:11:16]  das Problem war halt, sie schreibt über Schottland im 18. Jahrhundert und hat dann begonnen,

[00:11:22]  über diese Hauptfigur, die Claire zu schreiben. Und diese Figur ist ihr aber nicht so richtig

[00:11:27]  gelungen, die hat ständig irgendwie so freche, moderne Bemerkungen gemacht. Und das ist aber

[00:11:32]  erst im Schreiben passiert und dann hat sie sich ewig lang gedacht, was mache ich denn bloß? Und dann

[00:11:36]  ist eben dieses Zeitreise-Element dazu gekommen, weil sie sich gedacht hat, nein, ich will die nicht

[00:11:41]  so ändern. Ich möchte die so modern behalten, so frech und modern. Und daher wandele ich das Ganze um

[00:11:48]  und mache es in einen Zeitreise-Roman.

 

[00:11:50]  Das finde ich jetzt besonders interessant, weil genau

[00:11:53]  vor dieses Problem sah sich ja auch die Rebecca Gablé gestellt. Weil du hast ja, gerade im

[00:12:00]  historischen Roman, brauchst du ja eine Identifikationsmöglichkeit zwischen den Figuren

[00:12:08]  und besonders den Protagonisten und den Leser*innen. Und sie hat darüber auch gesprochen,

[00:12:16]  wie sie in ihrem Schreibprozess, dass sie immer, es ist immer ein Balanceakt ist zwischen der Modernität

[00:12:24]  der Figuren und die irgendwie relatable zu machen für uns als Publikum, aber dann auch eine

[00:12:30]  gewisse Authentizität beizubehalten, weil es im mittelalterlichen England zum Beispiel,

[00:12:36]  hat sie das Beispiel angeführt, dass es da komplett normal war, also Sexismus und sonstige,

[00:12:43]  Homophobie. Also das war natürlich da alles ganz anders, als wir es heute empfinden.

[00:12:49]  Andere Wertevorstellungen, andere kulturelle Vorstellungen.

[00:12:53]  Ich glaube, dass sie das, also das ist, dass diese Protagonisten, gerade also in dieser Zone des

[00:12:59]  historischen Romans sage ich einmal, wo man sich nicht so weit aus dem Fenster lehnt,

[00:13:03]  dass ja dann auch doch eher populäre Literatur ist.

[00:13:07]  dass man da zur Moderne hintendiert und deswegen für mich lesen sich auch ihre Protagonisten,

[00:13:14]  die meistens männlich sind, auch immer so gleich, und finde ich interessant, dass die Gabaldon da diesen Ansatz gewählt hat.

[00:13:22]  Das heißt, sie hat diesen Fantasy-Aspekt aus einem Schreibprozess heraus ist das so entstanden?

[00:13:28]  Genau. Also das war vorher null so geplant. Sie wollte einen klassischen historischen Roman machen.

[00:13:32]  Interessant.

[00:13:33]  Und nachher, eben dadurch, wie sie sie geschrieben hat, hat sie sich gedacht, das passt nicht rein,

[00:13:38]  ich muss doch was anderes machen und dann ist dieses Zeitreise-Element dazukommen.

[00:13:42]  Genau. Fand ich recht interessant, das so zu machen.

[00:13:47]  Und sie hat auch immer gesagt bei der Recherche, sie kombiniert die Recherche und das Schreiben.

[00:13:52]  Also es ist nicht so, dass sie vorher recherchiert und dann schreibt, sondern sie macht beides gleichzeitig.

[00:13:57]  Sie hat auch, also sie recherchiert sehr viel, sie hat 1500 Bände zu Hause,

[00:14:02]  nur für die Recherche darunter eben Bücher über Medizin über Heilmittelpflanzen,

[00:14:09]  weil die Hauptfigur ist auch Krankenschwester im zweiten Weltkrieg gewesen und reist dann eben nach Schottland,

[00:14:14]  in das 18. Jahrhundert.

[00:14:15]  Daher muss sie sich halt auch medizinisch auskennen.

[00:14:17]  Und dann natürlich auch so Sachen wie Lexika, Slangwörterbücher, Gälische Wörterbücher

[00:14:27]  und auch Bücher über die Traditionen in Schottland und die Highlandkultur.

[00:14:31]  Also da hat sie sehr, sehr viel recherchiert und sie recherchiert auch vorwiegend mit Büchern.

[00:14:36]  Sie sagt, sie verwendet das Internet, aber eher sporadisch.

[00:14:39]  Und auch nur zum Beispiel für Sachen, wenn sie sich nicht vorstellen kann, wie etwas ausschaut,

[00:14:43]  dafür hat sie es öfter verwendet.

 

 

[00:14:45]  Da würde mich, also wir sprechen, da ja von drei Autorinnen, die das schon sehr lange betreiben

[00:14:51]  und die natürlich ihre Methoden haben.

[00:14:56]  Und ich würde dann auch gerne noch mal erzählen, wie die Gablé und die Mantel,

[00:14:59]  was die dazu so sagen, wie sie recherchieren.

[00:15:03]  Mir ist nur gerade eingefallen, es ist sicher interessant, wie sich das in der Zukunft entwickelt.

[00:15:08]  Wenn du dann so Tools hast, wie zum Beispiel ChatGPT.

[00:15:14]  Du holst dir da ja, wenn die Infos denn dann auch stimmen,

[00:15:19]  kannst du dir die Infos per Internetanbindung dann ja direkt auch in deine GPT-Konsole holen.

[00:15:26]  Ich glaube, das wird dem einen oder anderen Schriftsteller und der ein oder anderen Schriftstellerin

[00:15:31]  die Arbeit sicher erleichtern.

[00:15:33]  Und gerade auch bei so rechercheintensiven Genres wie dem historischen Roman kann ich mir zumindest vorstellen.

[00:15:38]  Das kann ich mir schon vorstellen, dass es das einfacher macht.

[00:15:41]  Wobei Gabaldon, sie ist nicht so begeistert vom Internet.

[00:15:44]  Sie hat gesagt, das Internet geht halt nicht sehr tief in die Thematiken hinein.

[00:15:50]  Und dafür sind natürlich so spezifische Werke schon hilfreich.

[00:15:55]  Vor allem, wenn man so ausführlich über etwas schreibt.

[00:15:57]  Also für mich wirken ihre Bücher wirklich vorwiegend wie historische Romane und nicht wirklich wie Fantasy.

[00:16:05]  Fantasy, habe ich sehr viel gelesen.

[00:16:07]  Dieses Fantasy-Element ist nur ein bisschen da, aber der größte Teil ist wirklich in diesem Zeitalter, spielt in diesem Zeitalter.

[00:16:14]  Und da merkt man ihr auch die Recherche an.

[00:16:17]  Also gerade eben das, was mir aufgefallen ist, da habe ich auch noch nicht einmal gewusst, wie sie recherchiert.

[00:16:22]  Das mit den Heilmitteln, da hat man wirklich das Gefühl, die Frau kennt sich aus, obwohl man sich selber nicht auskennt.

[00:16:29]  Aber da merkt man ihr die Recherche auch an.

[00:16:32]  Und da denke ich mir, da hilft glaube ich das Internet auch nur begrenzt weiter.

[00:16:35]  Ja, das ist sicher ein guter Punkt, weil gerade mit historischen Materialien,

[00:16:42]  nur was im Internet auch wirklich dargestellt ist, kann dir irgendein Tool oder eine Suchmaschine oder was auch immer ein Algorithmus einspielen.

[00:16:52]  Ganz viele von den Recherche Materialien, das sind alte Texte, alte Briefe, teilweise Jahrhunderte alte Sachen,

[00:16:59]  sind vielleicht nicht oder nur in geschlossenen Datenbanken, wenn überhaupt digitalisiert verfügbar.

[00:17:07]  Sicher ist da ganz viel einfach nicht digitalisiert, noch, wo du dann gar nicht zugreifen kannst.

[00:17:12]  Abgesehen davon, dass Rebecca Gablé zum Beispiel sagt, dass sie sehr gerne vor Beginn eines Romanens Recherche-Reisen macht.

[00:17:23]  Also sie reist dann auch tatsächlich, wenn möglich, zu den Orten in ihrem Fall Großbritannien, über die sie dann was schreiben möchte.

[00:17:32]  Und das ist ein großer Teil von ihrem Prozess.

[00:17:34]  Aber sowohl bei Gablé als auch bei Mantel habe ich bei meiner Recherche, wie Sie recherchieren, für ihre Romane

[00:17:42]  schon so herausgelesen, dass sie sehr detailorientiert und strukturiert sind.

[00:17:47]  Also die Mantel zum Beispiel stellt sich von Anfang an eine Struktur auf.

[00:17:53]  Also die legt dann aus, worüber schreibt sie, wo ist der Anfang, Mitte, Ende und alles dazwischen, welche Figuren spielen da mit

 

[00:18:03]  und macht daraus dann Biografien.

[00:18:05]  Und natürlich, wenn das historische Figuren sind, dann geht sie da in die Texte rein.

[00:18:09]  Dann geht sie in verschiedenste Bibliotheken, kann ich nur annehmen.

[00:18:13]  Also man zieht sich halt das Material.

[00:18:15]  Schaut sich historische Dokumente an, manchmal muss man dafür dann Latein können.

[00:18:21]  Oder Mittelhochenglisch oder wie auch immer.

[00:18:25]  Oder wie bei der Gabaldon Gälisch.

[00:18:27]  Ja, die hat das auch. Die hat eben Gälisch-Wöterbücher, wobei sie gesagt hat, bei Gälisch hat sie auch Hilfe von einer Gälischen Sängerin,

[00:18:33]  die ihr fast mehr hilft als die Wörterbücher.

[00:18:35]  Es ist natürlich auch fein, wenn du eine Expertin hast, auf die du dich verlassen kannst.

[00:18:39]  Die Hilary Mantel zum Beispiel hat jahrelang umfangreiche Recherchen durchgeführt für ihre Cromwell-Trilogie, bevor sie überhaupt auch nur ein Wort geschrieben hat.

[00:18:49]  Und ihr ist es ganz, ganz wichtig, dass diese historischen Fakten stimmen.

[00:18:53]  Und sie möchte es so akkurat wie nur möglich darstellen.

[00:18:59]  Und ich glaube, der Grad der Wichtigkeit ist bei ihr noch mal so hochgeschraubt in ihren Romanen.

[00:19:07]  Also man merkt auch, wie detailverliebt die Romanen sind, wenn man es wirklich liest.

[00:19:13]  Ich habe alle drei gelesen.

[00:19:15]  Und ich sage jetzt mal, sie sind so schon rechercheaufwendig. Aber da hast du das Gefühl gehabt, du stehst neben dem Cromwell und siehst, welchen Stempel er verwendet.

[00:19:25]  So en détail war das.

[00:19:27]  Und auch bei der Gablé, hast du diese Struktur gemerkt.

[00:19:31]  Und sie hat ja auch Mediävistik studiert.

[00:19:35]  Das heißt auch da hat sie sich ja über viele, viele Jahre mit einer Thematik tiefgehend befasst, bevor sie überhaupt in den Schreibprozess gelangt ist.

[00:19:45]  Das heißt, ein tieferes, ich glaube, unsere drei Autorinnen eint ein tiefes Interesse und eine Leidenschaft für das Thema.

[00:19:51]  Eine strukturierte und detailverliebte Arbeitsweise.

[00:19:55]  Grundsätzlich nicht zu unterschätzen, gerade an Ausbildung in dem Thema.

[00:20:00]  Und dann in den Schreibprozess hinein eben auch diese Struktur mitbringen und dann auch immer weiter recherchieren.

[00:20:09]  Ich kann mir nur vorstellen, dass du dann halt schreibst und dann gehst du weg, um wieder was zu recherchieren.

[00:20:15]  Und dann kommst du wieder zurück und schreibst halt weiter.

[00:20:17]  Bis du irgendwann dann deine 700 bis 1000 Seiten hast.

[00:20:21]  Und da ist ja gerade dann, ist ja der historische Roman auch, so eine perfekte Sommerlektüre,

[00:20:27]  weil da hat man dann Zeit, solche dicken Wälzer so zu lesen.

[00:20:30]  Oh, ja.

[00:20:31]  Ja, und man sich so richtig reinfallen lassen kann.

[00:20:35]  Ich muss auch sagen, also ich habe die Gablé gelesen und dann lange keinen historischen Roman mehr.

[00:20:43]  Und dann war ich ganz, ganz beeindruckt, was das Genre alles noch vermag und was man mit dem Genre noch alles machen kann,

[00:20:53]  als ich dann die Hillary Mantel gelesen habe.

[00:20:55]  Aber es gibt ja auch durchaus historische Romane, die sind wesentlich kürzer,

[00:20:59]  als diese dicken Brocken, über die wir jetzt geredet haben.

 

[00:21:03]  Manche sind auch Einzelbände und gar nicht eine Trilogie oder so.

[00:21:07]  Und es gibt auf der ganzen Bandbreite ganz viel, dass man sich mitnehmen kann.

[00:21:13]  Und ich meine, wenn man einen E-Book-Reader hat, dann ist sowieso kein Problem.

[00:21:17]  Das ist das positive im Sommer, ja.

[00:21:20]  Das finde ich ja interessant, dass eben die Figuren, die auch so modern vorkommen,

[00:21:25]  auch bei der Gablé, die ja nicht so ein Zeitreise-Element einbaut, wo das Sinn machen würde dann,

[00:21:30]  das finde ich jetzt interessant.

[00:21:32]  Ich glaube, das ist auch der Grund, warum ich nicht so ein Fan von historischen Romanen bin, weil

[00:21:37]  Fan…

[00:21:38]  das kommt eben, wie gesagt, immer aufs Thema drauf an.

[00:21:39]  Aber mich stört es irgendwie so, dass diese Frauen dann immer so in dieser Zeit gefangen sind,

[00:21:46]  auch wenn sie sich versuchen zu wehren und rebellisch sind.

[00:21:48]  Da gibt es ja auch jede Menge Beispiele von rebellischen Frauen,

[00:21:52]  über die ein historischer Roman geschrieben wird.

[00:21:55]  Ich habe mir zum Beispiel aufgeschrieben, „Zuleika“ von der Bernardine Evaristo

[00:22:00]  ist jetzt zum Beispiel gerade herausgekommen über eine Frau im Römischen Reich,

[00:22:05]  die verheiratet werden soll und sich jetzt total dagegen wehrt.

[00:22:08]  Oder auch „Lil“ von Markus Gasser, die ist Unternehmerin in New York,

[00:22:13]  die damals gegen alle Regeln verstoßen hat.

[00:22:16]  Also diese Beispiele gibt es schon zu mass.

[00:22:20]  Aber es sind halt doch Frauen, die in der Zeit gefangen sind,

[00:22:24]  auch wenn sie verzweifeln versuchen, da was zu ändern.

[00:22:26]  Und das habe ich dann bei „Outlander“ irgendwie so gern mögen,

[00:22:29]  dass sie als Hauptfigur sehr wohl weiß, dass es anders zugehen könnte.

[00:22:32]  Okay, ja, verstehe.

[00:22:34]  Und auch dagegen hält gegen diese Struktur, die da vorhanden ist.

[00:22:39]  Also das habe ich dann so toll gefunden.

[00:22:41]  Ja, da hast du das Potenzial von historischen Roman und der Genregrenze

[00:22:47]  zur Fantasy, da ist das Potenzial ausgeschöpft.

[00:22:51]  Ich glaube nämlich, dass das der Grund ist, warum die Rebecca Gablé

[00:22:54]  immer männliche Protagonisten schreibt,

[00:22:57]  weil die natürlich wesentlich mehr Macht und Spielraum haben.

[00:23:00]  Und das sind da auch immer weiße, männliche Protagonisten,

[00:23:03]  weil sie dadurch…

[00:23:07]  …automatisch Vorteile mitbringen oder?

[00:23:09]  Ja, und durch diese Vorteile in der Geschichte selber,

[00:23:10]  sie sind zwar Underdogs, aber nicht so Underdog,

[00:23:13]  dass sie sich nicht hinaufarbeiten könnten

[00:23:15]  oder reich werden könnten oder erfolgreich Ritter sein könnten

[00:23:20]  oder was auch immer.

[00:23:22]  Und das ist, aber es ist einfacher, es so zu schreiben,

[00:23:27]  da bin ich mir sicher, weil es auch viel angenehmer,

[00:23:29]  viel leichter runter rutscht.

[00:23:31]  Zum Abschluss habe ich von Peter Prange noch etwas mitgebracht,

[00:23:34]  nämlich die „10 Thesen zum historischen Roman“,

 

[00:23:36]  die ich jetzt einmal kurz noch vorstellen wollen würde,

[00:23:39]  wenn das passt? Peter Prange ist ein deutscher Schriftsteller auch,

[00:23:42]  der schreibt auch historische Romane,

[00:23:44]  man kennt ihn vielleicht von der “Weltenbauer-Trilogie“.

[00:23:47]  Bist du bereit für zehn Thesen Pia?

[00:23:49]  Leg los.

[00:23:50]  These Nummer eins, ein historischer Roman ist kein Geschichtsbuch.

[00:23:54]  Ein historischer Roman ist keine popularisierte Wissenschaft.

[00:23:59]  Er meint damit, dass ein historischer Roman die Geschichte

[00:24:03]  nicht reduzieren will, aber für sich nutzen

[00:24:07]  und zwar für das Erzähl-Element und für das Spannungs-Element,

[00:24:10]  was du ja auch schon angesprochen hast.

[00:24:12]  Nummer drei: Ein historischer Roman handelt nicht von Geschichte,

[00:24:16]  sondern vom Leben.

[00:24:17]  Ein historischer Roman ist dramatisiertes Leben.

[00:24:20]  Ein historischer Roman ist ein realistischer Roman,

[00:24:23]  manchmal mit Fantasie-Elementen, wie wir heute gelernt haben.

[00:24:26]  Ein historischer Roman ist ein Entwicklungs-Roman,

[00:24:29]  ist ein Seelenspiegel, ist ein Gegenwarts-Roman,

[00:24:33]  nämlich der Roman als Medium der Selbstverständigung.

[00:24:36]  Damit meint er, man möchte sich ja immer irgendwie

[00:24:39]  dem Leser ausdrücken, der Leserin gegenüber ausdrücken

[00:24:42]  und den Spiegel auch vorhalten.

[00:24:44]  Ein historischer Roman ist kein Abbild, sondern ein Sinnbild.

[00:24:48]  Punkt Nummer zehn, ein historischer Roman ist zuerst und vor allem ein Roman.

[00:24:53]  Fand ich, das hat noch mal gut gepasst

[00:24:57]  und irgendwie ein bisschen schön zusammengefasst,

[00:24:59]  was wir in dieser Folge festgestellt haben.

[00:25:02]  Was meinst du?

[00:25:03]  Ja, finde ich auch.

[00:25:04]  Bist du zufrieden mit seinen Thesen?

[00:25:05]  Ich bin zufrieden mit seinen Thesen.

[00:25:07]  Ja, und wie steht es mit euch?

[00:25:10]  Mögt ihr historische Romane?

[00:25:11]  Welche historischen Romane habt ihr gelesen?

[00:25:13]  Welche gefallen euch besonders gut?

[00:25:16]  Habt ihr vor im Sommer jetzt welche zu lesen?

[00:25:19]  Was nehmt ihr denn in den Urlaub so mit?

[00:25:21]  Schreibt uns das unter post.stadtbibliothek@insbook.gv.at

[00:25:27]  oder gerne auch auf Instagram oder Facebook.

[00:25:30]  Bis zum nächsten Mal.

[00:25:34]  Bis zum nächsten Mal und alles Liebe, alles Gute, schönen Urlaub, schönen Sommer.

[00:25:40]  Bis dahin, Tschüss.

[00:25:41]  [Musik]

[00:26:05]  „S’Vorwort“ ist eine Produktion der Stadtbibliothek Innsbruck

[00:26:09]  und Teil der „Stadtstimmen“, dem Audiokanal der Stadt Innsbruck.

Transkription

[00:00:00]  Vorsicht, der Genuss dieses Podcasts kann zu vermehrten Bibliotheksbesuchen führen.

[00:00:06]  Da hast du mir voll meine Nervosität genommen, weil du einfach eine halbe Stunde vorher anfängst.

[00:00:22]  Einfach so wie es ausgemacht war.

[00:00:25]  Das ist eine Frechheit.

[00:00:28]  [Musik]

[00:00:42]  Ja, hallo und herzlich willkommen zum „S’Vorwort“, dem Podcast der Stadtbibliothek Innsbruck.

[00:00:47]  Mein Name ist Christina und heute habe ich einen ganz besonderen Gast, beziehungsweise eine Gästin,

[00:00:52]  nämlich meine liebe Kolleginnen, die Verena. Hallo Verena.

[00:00:55]  Hallo Christina.

[00:00:56]  Es freut mich sehr, dass du dich, darf ich es sagen, überwunden hast, heute bei uns zu sein.

[00:01:01]  Da haben wir ein bisschen darüber geredet, bevor du dich bereit erklärt hast, oder?

[00:01:05]  Ja, ich weiß auch nicht, wie mir das passiert ist , dass ich jetzt hier sitze.

[00:01:09]  Ja, das passiert, wenn man sich im Pausenraum über die Arbeit unterhaltet.

[00:01:16]  Und zu weit aus dem Fenster lehnt.

[00:02:17]  Ja.

[00:01:19]  Viel zu weit aus den Fenster lehnt.

[00:01:21]  Das ist auch der Grund, warum ich hier sitze.

[00:01:25]  Viele von uns haben diese Feuertaufe schon überstanden, die Pia und ich haben sie ja letztes Jahr schon gemacht

[00:01:30]  und waren fürchterlich nervös

[00:01:32]  am Anfang. Inzwischen geht es ein bisschen besser, wenn man es wöchentlich macht.

[00:01:36]  Umso froher bin ich, dass du jetzt da bist.

[00:01:39]  Und wir beschäftigen uns heute mit der folgenden Frage, nämlich: Warum mögen wir eigentlich Kafka?

[00:01:47]  Verena, wie sind wir denn jetzt auf das Thema gekommen?

[00:01:51]  Es gibt eine neue Fernsehserie im ORF „Kafka“, die der David Schalko gemacht hat, der ist Regisseur,

[00:01:58]  und der Daniel Kehlmann das Drehbuch geschrieben hat.

[00:02:00]  Und ich habe die Serie gesehen und irgendwie sind wir im Pausenraum darauf zu sprechen gekommen.

[00:02:05]  Und deshalb sitzen wir jetzt hier.

[00:02:07]  Und die Frage ist natürlich, warum macht man eine Serie über Kafka?

[00:02:12]  Naja, zum Ersten mal ist es der 100. Todestag.

[00:02:16]  Der Kafka ist, beziehungsweise der kommt, also dieses Jahr, er ist am 03.06.1924 gestorben,

[00:02:23]  ist jetzt 100 Jahre tot bald.

[00:02:26]  Und zu dem Anlass machen wir auch die Folge.

[00:02:29]  Zu dem Anlass gibt es die Serie.

[00:02:31]  Und irgendwie kann man sich ja ein bisschen fragen.

[00:02:35]  Ich habe immer das Gefühl, man nimmt diese Sachen zum Anlass, damit man halt irgendwas hat, worüber man reden kann.

[00:02:40]  Ja.

[00:02:43]  Und bei allem, was ich dann so gegoogelt habe über Kafka und über Interviews mit dem David Schalko und dem Daniel Kehlmann,

[00:02:51]  sie finden Kafka wirklich immer noch sehr toll.

[00:02:54]  Und sie sagen, er ist der Autor des 20. Jahrhunderts.

[00:03:02]  Er gilt ja als Klassiker der Weltliteratur.

[00:03:06]  Wir haben ja im Podcast schon öfter über den Begriff "Weltliteratur" geredet

[00:03:12]  und sind uns einig, dass es ein sehr westlicher Kanon ist.

[00:03:15]  Und stellen ja auch immer mal wieder den Kanonbegriff in Frage. Für die Folge heute

[00:03:20]  haben wir uns ein bisschen unterschiedlich vorbereitet.

[00:03:23]  Du hast dir die Serie angeschaut.

[00:03:25]  Ich habe nochmal zwei Erzählungen von Kafka gelesen.

[00:03:28]  Ja.

[00:03:29]  Ja, das erste Mal seit zehn Jahren.

[00:03:32]  Was hast du gelesen?

[00:03:34]  Dass du mir so inhaltlich tiefe Fragen stellst, damit habe ich jetzt nicht gerechnet.

[00:03:41]  Na, ich habe gelesen „Die Verwandlung“ und „Das Urteil“.

[00:03:45]  Also zwei sehr kurzweilige Sachen.

[00:03:49]  Ich muss auch sagen, also Kafka evoziert in mir immer erst einmal so „oh, bitte nicht“.

[00:03:55]  Und ich weiß nicht, ob dir das aufgefallen ist, aber wo wir im Pausenraum mit anderen Teammitgliedern dadrüber gesprochen haben,

[00:04:01]  hat es so 50/50 oder ich würde sogar sagen 80/20 Reaktionen gegeben von wegen:

[00:04:07]  „Boah, nicht der Kafka.“

[00:04:09]  Also ich habe das Gefühl, Kafka hat so einen verstaubten, also deprimierenden Anklang.

[00:04:14]  Wenn du „Kafka“ hörst, denkst du, „boah jetzt wird es deprimierend“.

[00:04:17]  Wie ist da die Serie?

[00:04:19]  Also, ich habe die Serie nicht als deprimierend empfunden.

[00:04:23]  Sie versuchen hier vor allem sein Leben mit seinen Werken zu verknüpfen.

[00:04:29]  Das heißt, sie finden in jeder Folge Anhaltspunkte, warum er wann was geschrieben hat.

[00:04:36]  Jede Folge steht unter einem anderen Blickwinkel, würde ich jetzt einmal sagen.

[00:04:42]  Eine Folge geht um die Familie, eine Folge geht ums Büro.

[00:04:47]  Ich meine er ist ja Versicherungsangestellter der staatlichen Unfallversicherung.

[00:04:52]  Was ich ja eigentlich sehr witzig finde, weil … sehr bürokratischer Mensch war.

[00:04:57]  Andere Folgen gehen eben um die drei wichtigsten Frauen in seinem Leben.

[00:05:02]  Eine natürlich um den Max Brod, dem wir es zu verdanken haben, dass wir Kafka kennen.

[00:05:06]  Der hat ja gegen Kafkas Willen, im Endeffekt postum, seine Werke veröffentlicht, die noch unveröffentlicht waren.

[00:05:15]  Ganz viel auch Tagebücher und so weiter.

[00:05:17]  Genau, genau, genau.

[00:05:19]  Und nach allem, was ich nachgelesen habe ist das, was Kafka so besonders macht,

[00:05:23]  abgesehen davon, dass er unfassbar tolle Texte verfasst hat,

[00:05:26]  auch, dass er so viel Tagebuch geschrieben hat.

[00:05:30]  Das heißt er ist der Autor, über den man am meisten weiß, weil er so akribisch Tagebuch geschrieben hat.

[00:05:37]  Und es gibt einen Kafka-Biografen, der auch für die Serie, bei der Serie mitgearbeitet hat,

[00:05:45]  beziehungsweise immer die Informationen geliefert hat.

[00:05:48]  Und das ist der Reiner Stach.

[00:05:50]  Der hat eine dreiteilige, unfassbare Biografie über Kafka geschrieben.

[00:05:54]  Und, glaube ich, macht sein Leben lang nichts anderes, als sich mit Kafka

[00:05:59]  zu beschäftigen, wie auch immer man das jetzt finden mag.

[00:06:03]  Das ist so die Art von Literaturwissenschaftler, der immer tiefer und tiefer in sein Rabbit Hole verschwindet.

[00:06:11]  Bis er dann eine dreiteilige Biografie macht und dann eine Serie beim ORF begleitet.

[00:06:18]  Und er hält Vorträge.

[00:06:21]  Also, ich glaube, er macht wirklich nichts anderes.

[00:06:24]  Und wir haben ihn da.

[00:06:26]  Natürlich.

[00:06:28]  Das ist ein Standardwerk, wie du sagst.

[00:06:30]  Haben wir den natürlich in der Bibliothek genauso wie die ganzen Werke von Kafka,

[00:06:34]  haben wir auch alle, finden sich auch alle.

[00:06:37]  Ich habe mir dann auch die Frage gestellt, wird Kafka wirklich noch so viel gelesen und was haben wir über Kafka da?

[00:06:45]  Und ich habe dann nachgeschaut.

[00:06:47]  Und wenn ich nur den Autor Kafka eingebe, dann haben wir 19 Datensätze da.

[00:06:54]  Für alle, die es jetzt nicht sehen, die Verena hat in typisch bibliothekarischer Manier…

[00:06:59]  Ist es die Excel-Tabelle? Ja?

[00:07:02]  Statistik.

[00:07:04]  Statistik, aus unserem Bibliotheksprogramm ausgedruckt.

[00:07:09]  Und hat sich angeschaut, wie viele verschiedene Sachen wir von Kafka insgesamt haben.

[00:07:14]  Und hast du auch Zahlen, wie gut die gehen?

[00:07:16]  Also, Kafka als Autor, nicht als Person.

[00:07:20]  Das ist noch ein Unterschied.

[00:07:22]  Haben wir 19 Sachen da. Hörbücher, Bücher.

[00:07:25]  Und ja, sie gehen alle.

[00:07:28]  Um die fünf, sechs Mal war mindestens jedes verliehen.

[00:07:32]  Und wir haben sie nicht schon seit 20 Jahren im Haus.

[00:07:35]  Also, es war in den letzten zwei, drei Jahren.

[00:07:38]  Ich zum Beispiel habe mir dieses Kurzgeschichtenbändchen, das ich mir da ausgeliehen habe.

[00:07:43]  Das ist eine Ausgabe von Fischer Taschenbuch.

[00:07:46]  Und das dürfte, wann ist das rauskommen, wahrscheinlich…

[00:07:50]  Wir haben es seit Februar 2023.

[00:07:52]  Ja.

[00:07:53]  Also, ganz ein modernes kleines Bändchen, total schön auch gestaltet, finde ich.

[00:07:57]  Man sieht es jetzt nicht, es wird aber in den Shownotes verlinkt, das kann man sich auch bei uns ausleihen.

[00:08:02]  In dem Kontext stellt sich ja die Frage, warum, also dieses erste Grausen, das mich ergriffen hat,

[00:08:10]  wo wir angefangen haben, darüber zu sprechen, dass wir mal eine Folge über Kafka machen könnten

[00:08:16]  bezieht sich auch so ein bisschen auf meine Erfahrung mit Kafka.

[00:08:21]  Also, erstens einmal meine ersten Berührungspunkte davon waren, da war ich noch weit weg von jedwedem Arbeitsfeld, von jedwedem Nine-to-Five-Job.

[00:08:32]  Sondern das war zuerst in der Schule und dann früh im Studium.

[00:08:37]  Und jetzt, wo ich „Die Verwandlung“ vor allen Dingen noch einmal gelesen habe. Kafka erzählt ja in der Moderne.

[00:08:44]  Kafka ist dem Expressionismus zuzuordnen, dem literarischen, der neuen Subjektivität, die er aber im Gegensatz zu vielen seiner Zeitgenossen mit einer sehr großen Sachlichkeit ausdrückt.

[00:08:55]  Da habe ich das erste Mal in meinem Leben seit ich Kafka gelesen habe und ich hätte nicht mehr zu Kafka gegriffen, wenn wir nicht heute die Folge gemacht hätten.

[00:09:05]  Gewisse Parallelen, ich würde es mal für mich, habe ich da auch durchaus kapitalismuskritische Züge darin gelesen, Leistungsgesellschaft, das Funktionieren. Er funktioniert irgendwann nicht mehr in der Erzählung,

[00:09:15]  also der Georg Samsa, weil er zum Käfer wird und sein erster Gedanke ist, er muss aber trotzdem weiter arbeiten gehen und so weiter und so fort.

[00:09:23]  Und dann löst sich dieses Familienkonstrukt so nach und nach auf.

[00:09:26]  Die ganze Familie ist abhängig von seiner Erwerbstätigkeit und so, da habe ich mir gedacht

[00:09:31]  vielleicht lesen wir Kafka auch einfach zu … weil da habe ich das erste Mal die Literatur so verstanden, wie ich finde, dass man sie am besten versteht, nämlich auf einer persönlichen Ebene und davor war es immer auf einer theoretischen, völlig abstrahierten Ebene. Also in der Schule und im Studium.

[00:09:48]  Ein anderer Autor, der Italo Calvino, hat auf die allgemeine Frage geantwortet, warum wir Klassiker lesen sollten.

[00:09:56]  Insgesamt hat er zwei Antworten gehabt.

[00:09:58]  Die erste Antwort ist: „Dein Klassiker“, also der Klassiker, den man selber vielleicht zu Hand nimmt, ist der, der dir nicht gleichgültig sein kann und der dir dazu dient, dich in Bezug oder im Gegensatz zu ihm zu definieren.

[00:10:14]  Und das hat mir besonders gefallen.

[00:10:17]  Weil das hat für mich aufgegriffen, dass ich mich immer im Gegensatz zu Kafka definiert habe, als Leserin und dass ich gemerkt habe, dass viele Leute sich oft im Gegensatz oder im Bezug zu einem Klassiker definieren.

[00:10:28]  „Ich mag Kafka.“

[00:10:30]  „Ich habe mir „kafkaesk“ auf die Hand tätowiert.“ Oder so.

[00:10:33]  Gibt es auch im Literaturstudium zumindest.

[00:10:36]  Okay.

[00:10:40]  Hättest du dich vor der Folge im Bezug auf Kafka definiert oder im Gegensatz zu Kafka?

[00:10:47]  Hast du seine Texte, war das was, das dir was gegeben hat oder hattest du dich da gar nicht damit beschäftigt?

[00:10:54]  Also wir haben die Verwandlungen in der Schule gelesen.

[00:10:58]  Und ich kann mich, ich habe es gerne gelesen und ich kann mich einfach an den Schluss erinnern,

[00:11:05]  dass die Familie glücklich Kutsche fahren geht, nachdem endlich der Käfer endlich gestorben ist.

[00:11:11]  Und das hat mich damals schon geschockt, ich meine da es doch ein Familienmitglied war.

[00:11:18]  Und ich denke, man kann Kafka ganz viel herauslesen.

[00:11:23]  Ja, ich habe mich auch nie wieder mit Kafka beschäftigt, bis eben zur Serie.

[00:11:27]  Und ich habe es ganz interessant gefunden, vielleicht auch mit meinem Hintergrund,

[00:11:31]  ich habe irgendwann einmal Geschichte studierte, dass es um sein Leben geht, um die Zeit, um den Zeitgeist.

[00:11:40]  Es geht darum, wie er gelebt hat, was er getan hat, welche Ängste er gehabt hat.

[00:11:49]  Alles aus seinem Tagebuch heraus. Es sind ganz viele Zitate von ihm drinnen.

[00:11:53]  Und man versteht es ein bisschen besser.

[00:11:57]  Ich meine die Frage bleibt immer noch, warum über Kafka, okay, 100 Jahre, alles in allem,

[00:12:03]  ist das ein interessantes Bild über die Zeit.

[00:12:06]  Bevor ich jetzt auf den zweiten Grund, warum man Klassiker lesen soll, von Calvino zu sprechen komme,

[00:12:14]  dazu, das ist genau das, was Literatur allgemein und Klassiker der Weltliteratur,

[00:12:22]  die im Kanon verhaftet sind, insbesondere so interessant macht,

[00:12:26]  weil man sie ja aus großem zeitlichen Abstand oft liest und dann im Kontext ihrer Zeit lesen sollte oder fast muss.

[00:12:35]  Kafka ist ja…, er hat expressionistisch geschrieben, und er hat im Epochenbegriff von einer Literatur,

[00:12:45]  die man ja auch erst immer im Nachhinein definieren kann.

[00:12:49]  Es ist die literarische Moderne und die zeichnet sich halt insbesondere durch das Aufkommen von…,

[00:12:54]  also die Industrialisierung hat da Fuß gefasst.

[00:12:58]  Die Leute haben in der Stadt gelebt, Kafka selber war in einer Versicherungsanstalt tätig, der hat Jus studiert.

[00:13:07]  Es gab die Wissenschaft, hat neue Erkenntnisse hervorgebracht, die Relativitätstheorie von Einstein.

[00:13:13]  Freud ist mit seiner Psychoanalyse, um die Ecke gekommen.

[00:13:16]  Es war auch was, was Kafka sehr beeinflusst hat.

[00:13:19]  Und dieser komplette gesellschaftliche Umbruch, all diese Neuerungen in der Gesellschaft,

[00:13:26]  die hat er sicherlich als Kind seiner Zeit, ohne das bewusst darstellen zu wollen,

[00:13:32]  jetzt also so herausgearbeitet irgendwie.

[00:13:35]  Und das liest man aus ihm heraus und das ist wahrscheinlich was gute Schriftsteller*innen ausmacht,

[00:13:41]  dass man das im Kontext dann so aus ihren Texten schöpfen kann.

[00:13:47]  Und es ist ja auch sehr interessant, weil uns das ja auch gerade passiert.

[00:13:50]  Wir leben in einer Zeit von immensen Umbrüchen, sowohl technologisch als auch umwelttechnisch als auch politisch.

[00:13:59]  In 100 Jahren schauen die Leute auch wieder zurück auf die Literatur, die heute entstanden ist

[00:14:05]  und reden vielleicht über jemand anderen, so wie wir jetzt über Kafka.

[00:14:10]  Da sagt der Calvino, warum sollte man es lesen? Ganz salopp: Weil es besser ist, als es nicht gelesen zu haben.

[00:14:16]  Das wäre einfach die bessere Wahl von beiden.

[00:14:19]  Das stimmt ganz sicherlich und du darfst nicht vergessen,

[00:14:23]  du hast jetzt ganz viele Veränderungen aufgezählt und es werden noch mehr.

[00:14:27]  Es ist ja noch der erste Weltkrieg darin gefallen, die Donaumonarchie ist zerfallen.

[00:14:33]  Er war zuerst Deutsch-Tscheche, das heißt, in Prag eigentlich zur Elite gehörend.

[00:14:39]  Und dann, nach dem Krieg, war er plötzlich Tscheche und plötzlich hat man nicht mehr Deutsch sprechen können,

[00:14:46]  dürfen, sollen in der Arbeit, in der Firma, was davor gang und gäbe war.

[00:14:52]  Also das sind auch Umbrüche und ich weiß nicht, das ist zumindest in der Serie ein Zitat,

[00:14:57]  aber er sagt einmal er kann keine Sprache wirklich, weder Deutsch noch Tschechisch.

[00:15:03]  Und das finde ich auch ganz spannend, dass er sich da immer zurücknimmt und immer wieder den Eindruck erweckt,

[00:15:10]  dass das nicht gut genug ist und er will immer irgendwie besser sein und alles noch besser machen.

[00:15:17]  Und ja, es ist ihm, obwohl er die Vernichtung seiner Texte wollte, weil sie ihm nicht gut genug waren, gelungen.

[00:15:24]  Dank oder wegen Max Brod, der es ja damit auch nicht sehr leicht gehabt hat, glaube ich, mit diesem Erbe.

[00:15:32]  Warum mögen wir eigentlich Kafka?

[00:15:37]  Vielleicht ist die Antwort auf die Frage, ich weiß nicht, ob du mir zustimmst, Verena.

[00:15:42]  Man muss ihn ja nicht mögen, aber „Das Urteil“ ist kurz genug, als dass man ihn wenigstens gelesen haben könnte.

[00:15:48]  Ich glaube, man kommt gar nicht aus.

[00:15:51]  Also wir müssen ihn nicht unbedingt mögen und nicht seine Werke schätzen, aber man kommt nicht daran vorbei, egal was man liest.

[00:15:59]  Und vielleicht hast du es gesehen, ich habe uns das Innsbruck-liest-Buch mitgebracht, weil Kafka darin vorkommt.

[00:16:06]  Und wenn man sich mit einem Thema beschäftigt, dann stolpert man in allen Bereichen drüber.

[00:16:12]  Zum Beispiel wird hier nur von einem „Bücherregal“…

[00:16:16]  da steht dann halt, listet die Autorin auf, was für Bücher im Regal stehen.

[00:16:21]  Und natürlich steht da auch Kafka drinnen.

[00:16:23]  Natürlich. Was denn sonst?

[00:16:26]  In der Buchhandlung neue Bücher über Kafka sind mir begegnet.

[00:16:31]  Mir ist Kafka in den letzten Wochen überall begegnet.

[00:16:34]  Also wir können ihn gar nicht ausstellen.

[00:16:37]  Und da möchte ich zum Abschluss noch eine kleine Gesellschaftskritik anschließen.

[00:16:43]  Weil natürlich rezipiert sich das Verlagswesen und in dem Fall auch die Medienlandschaft immer wieder selber.

[00:16:53]  Weil in dem Kontext, und da reden wir auch wieder im Kontext von Kanon und Kanonbildung,

[00:16:59]  und die Texte, die wir eben immer und immer wieder neu rezipieren wollen,

[00:17:03]  sind leider und nach wie vor Texte von weißen Cis-Männern,

[00:17:08]  die, auch wenn Kafka sicher als Underdog gelten mag, so wie er sich selbst darstellt.

[00:17:17]  Also das ist so ein bisschen das Gefühl, das man vielleicht bekommt,

[00:17:23]  wenn man sich mit Kafka beschäftigt, weil er ja, wie du schon gesagt hast,

[00:17:27]  immer so unzufrieden mit seinem eigenen Schreiben war.

[00:17:29]  Und dieses typische gequälte Künstler-Dasein halt

[00:17:32]  ist die Tatsache, dass wir Geburtstage und Todestage und Veröffentlichungstage,

[00:17:39]  was weiß ich für Tage immer wieder zum Anlass nehmen,

[00:17:42]  immer wieder die gleichen Stimmen zu rezipieren,

[00:17:44]  ist halt deswegen kommen wir dem ja nicht aus.

[00:17:46]  Und während ich nicht finde, dass Kafka verlustig gehen sollte,

[00:17:49]  und ich schon sehe, dass das einen großen Mehrwert hat,

[00:17:52]  finde ich es schon bedauerlich, dass wir ganz viele Stimmen,

[00:17:55]  die es sonst gegeben hätte von Frauen aus seiner Zeit,

[00:17:58]  die vielleicht auch in die Moderne hineingeschrieben hätten,

[00:18:01]  aber stattdessen halt das Abendessen kochen haben müssen

[00:18:04]  und deswegen nicht die Zeit hatten, die Nächte durchzuschreiben.

[00:18:07]  Oder marginalisierte Gruppen, die gar nicht schreiben konnten,

[00:18:11]  weil sie von der Bildungsgesellschaft komplett ausgeschlossen waren,

[00:18:14]  aus nicht eigenem Verschulden, dass wir diese Stimmen nie hören werden

[00:18:19]  und dass wir immer nur die gleichen…, es ist ein bisschen eine Echokammer, finde ich.

[00:18:23]  Und das schwingt für mich inzwischen immer mit,

[00:18:27]  wenn wir diese kanontypischen Autoren,

[00:18:30]  und das sind leider halt nicht immer,

[00:18:32]  aber meistens Autoren, männliche Form, besprechen.

[00:18:35]  Ich weiß nicht, ob du mir da zustimmst?

[00:18:38]  Ich stimme dir völlig zu.

[00:18:40]  Und ich habe mir auch bei der Serie beim Schauen eben genau diese Frage gestellt.

[00:18:45]  Und ich habe dann mir überlegt,

[00:18:47]  na ja, gibt es auch jetzt in diesem Kontext, in dieser Serie eine Frau

[00:18:51]  oder eine andere Person, die eigentlich für mich persönlich interessanter ist als Kafka.

[00:18:57]  Und ich habe sie natürlich gefunden.

[00:19:00]  Und zwar ist es die Milena Jesenská.

[00:19:05]  Sie hat seine Werke ins Tschechische übersetzt.

[00:19:08]  Sie war auch eine Briefliebe vom Kafka.

[00:19:12]  Sie verbringen auch einmal ein paar Tage in Wien.

[00:19:15]  Aber sie hat wirklich ein spannendes Leben gehabt.

[00:19:17]  Ihr Vater hat sie in die Psychiatrie einweisen lassen,

[00:19:21]  weil sie heiraten wollte, er wollte sie entmündigen lassen.

[00:19:24]  Sie hat dann doch den Ernst Polack heiraten dürfen.

[00:19:27]  Sie sind dann nach Wien, waren bettelarm, haben sich durchgekämpft.

[00:19:31]  Sie wollte Journalistin sein.

[00:19:33]  Und es kommt da in der Folge gut raus, dass sie ganz viele verschiedene Sachen gemacht hat

[00:19:37]  und ganz ein spannendes Leben geführt hat.

[00:19:39]  Und im Endeffekt im Nationalsozialismus, im Widerstand,

[00:19:43]  tätig war und im Konzentrationslager gestorben ist.

[00:19:47]  Also, ganz eine starke Frau, die wirklich ein spannendes Leben geführt hat,

[00:19:54]  das jetzt vielleicht spannender als das von einem Versicherungsangestellten aus Prag ist.

[00:19:59]  Dann würde ich jetzt mal sagen, vielleicht.

[00:20:02]  Es gibt auch, weil sie eben mit Kafka Briefe geschrieben hat,

[00:20:06]  gibt es auch eine Biografie über sie oder mehrere über sie.

[00:20:09]  Und es gibt auch journalistische Texte, die sie verfasst hat.

[00:20:13]  Also, da wäre auch eine Basis da, wo man mal was daraus machen könnte.

[00:20:17]  Okay, ich sehe schon.

[00:20:19]  Habe ich vielleicht eine Chance oder haben wir und die Hörerinnen und Hörer eine Chance,

[00:20:23]  dass du wieder zu Gast bist?

[00:20:25]  Wie hat es dir denn gefallen heute bei uns?

[00:20:27]  Ja, es hat mir sehr gut gefallen.

[00:20:30]  Ich darf jetzt auch nichts anderes sagen.

[00:20:33]  Nein, es war total nett und wir haben jetzt fein gequatscht.

[00:20:37]  Ich war im Endeffekt nicht so nervös, wie ich dachte.

[00:20:40]  Und ja, es war ganz fein.

[00:20:43]  Also, eine Empfehlung von der Verena von Alois Prinz.

[00:20:47]  „Ein lebendiges Feuer - die Lebensgeschichte der Milena Jesenská“.

[00:20:52]  Haben wir auch in der Stadtbibliothek, alles verlinkt in den Shownotes.

[00:20:55]  Und damit endet unsere Folge heute.

[00:20:57]  Danke, Verena, dass du dir die Zeit genommen hast.

[00:20:59]  Ja, sehr gerne, Christina.

[00:21:01]  Vielen Dank für die Einladung.

[00:21:03]  Jederzeit.

[00:21:05]  Und die Frage ist, lest ihr Kafka, habt ihr Kafka gelesen?

[00:21:09]  Mich würde interessieren, habt ihr Kafka in der Schule gelesen?

[00:21:12]  Und wie war dort euer Eindruck?

[00:21:14]  Schreibt uns auf post.stadtbibliothek@innsbruck.gv.at

[00:21:19]  oder auf Instagram oder Facebook.

[00:21:21]  Der Hashtag ist #gemeinsambesser.

[00:21:23]  Wir wünschen euch gutes Lesen und bis zum nächsten Mal.

[00:21:26]  [Musik]

[00:21:49]  „S’Vorwort“ ist eine Produktion der Stadtbibliothek Innsbruck

und Teil der „Stadtstimmen“,

[00:21:54]  dem Audiokanal der Stadt Innsbruck.

Transkription

[00:00:00]  Vorsicht, der Genuss dieses Podcasts kann zu vermehrten Bibliotheksbesuchen führen.

[00:00:07]  Hallo und herzlich willkommen zurück beim Vorwort, dem Podcast der Stadtbibliothek Innsbruck.

[00:00:27]  Ich bin ChatGPT und das sind Pia und Christina. In der heutigen Folge fragen wir uns, warum mögen wir eigentlich ChatGPT?

[00:00:35]  Ja und auch von mir herzliches Willkommen. Danke ChatGPT für diese schöne Einleitung. Hi Pia.

[00:00:42]  Hallo Christina. Ja, das war jetzt schon das neue Modell von ChatGPT, das GPT4O, wie Sie es genannt haben.

[00:00:50]  Das hat jetzt auch eine nicht schlechte Sprachfunktion, oder? Also noch nicht ganz überzeugend, aber es klingt schon recht gut.

[00:00:58]  Es war ein bisschen creepy. Und zwar ist unser heutiges Thema, um das genau zu sein, nicht nur, um wir ChatGPT mögen,

[00:01:09]  sondern auch uns gewisse Nachteile, und zwar einen ganz spezifischen Nachteil anzuschauen, das wären nämlich die Halluzinationen.

[00:01:17]  Was das ist, klären wir auch gleich. Einsteigen würden wir mit, auch wenn die meisten Leute es ganz sicher schon kennen,

[00:01:26]  damit was ist ChatGPT eigentlich. Kurzgefasst ist es einfach ein Chatbot des US-amerikanischen Unternehmens OpenAI.

[00:01:35]  GPT steht für Generative Pre-Trained Transformer und es simuliert, wie wir gerade schon gehört haben, die menschliche Kommunikation.

[00:01:44]  Der Durchbruch in künstlich Intelligenz existiert ja schon jetzt sehr viele Jahrzehnte fast.

[00:01:52]  Also das hat es mit Ellen Touring und Konsorten so innen, ich glaube, fünf oder sechzigern angeht.

[00:01:58]  Und wurde dann stetig weiterentwickelt. In den neunzigern gab es einen größeren Durchbruch.

[00:02:02]  Wenn ich mich jetzt richtig erinnere an die Recherchen, aber so im Mainstream angekommen ist es 20/22.

[00:02:09]  Da hat OpenAI sein Chatbot auf die Öffentlichkeit losgelassen und seitdem ist es in aller Hunde und es hat auch ein regelrechten Hype gegeben.

[00:02:20]  Der inzwischen ein bisschen abflattet, sieht man auch an den Zahlen.

[00:02:23]  In jener 23 konnte OpenAI an Subwax bis zu 100 Millionen Nutzer verzeichnen.

[00:02:30]  Das ist ein unglaubliches Wachstum gewesen.

[00:02:32]  Das war damals die am schnellsten wachsende Website und davor hat den Spitzenplatz TikTok gehabt.

[00:02:40]  Das ist ja auch so unfassbar in den Mainstream explodiert ist, weil man sich daran erinnert.

[00:02:45]  Inzwischen gibt es mehr Konkurrenz, Google's Gmini und der Hype flaut auch ein bisschen ab.

[00:02:51]  Und deswegen sind die Zahlen jetzt steigen nicht mehr explosionsartig an, aber halten sich auf einem sehr hohen Niveau.

[00:02:58]  ChatBT 3.5 ist das Modell, das bis vor kurzem das kostenlose Modell der Öffentlichkeit zugänglich war, endet mit dem Stand 22.

[00:03:06]  Das ist auch ein wichtiges Hintergrundwissen, weil wir auch darüber reden werden, wie man ChatBT für Recherchezwecke benutzt und zwar möglichst sicher benutzt.

[00:03:17]  Es gibt ein Zahlenmodell 4.0 und inzwischen ist es auf den Markt gekommen und da sieht man auch die rasanten Entwicklungen dieser ganzen Technologie.

[00:03:25]  ChatBT 4.0 und das war auch das Modell, das wir gerade gehört haben, das den Text für uns eingesprochen hat am Anfang.

[00:03:34]  So, das war eine kurze Zusammenfassung jetzt, wo wir den Überblick haben kommen wir zum Thema nämlich den Halluzinationen.

[00:03:41]  Das ist keine, also das kommt, ist Analogie aus der Psychologie, beim Menschen ist es eine Wahrnehmungsstörung.

[00:03:48]  In ChatBT betrieben sieht sich Halluzination auf Antworten und Ausgang des Modells, die unerwartet, unangemessen oder irrelevant sind.

[00:03:56]  Pia, du benutzt jetzt ChatBT auch schon eine Weile immer mal wieder, wie es ihnen deine Erfahrungen gibt.

[00:04:03]  Also an sich verstehe ich natürlich, warum es ein Feind ist, das zu verwenden.

[00:04:07]  Gerade für Recherche, für Brainstorming kann es sehr angenehm sein, weil man halt so ein gewisser Hauptpunkt in der Hand gleich gesagt kriegt vom Chatbot.

[00:04:17]  Aber für intensiver, in-depth Recherche würde ich es jetzt nicht verwenden.

[00:04:22]  Also ich habe jetzt auch nur die Gratis-Version verwendet, muss ich sagen.

[00:04:25]  Das heißt, ich kann jetzt mit dieser neuen Version, da kann ich nichts dazu sagen.

[00:04:28]  Aber die Gratis-Version würde ich mal nicht dafür verwenden.

[00:04:30]  Man kann sich nicht hundertprozentig sicher sein, was er, ich weiß nicht, warum er sagt, aber er ist jetzt einfach ein Er.

[00:04:37]  Ob das, was er sagt, da richtig stimmt.

[00:04:40]  Dazu muss man vielleicht noch einmal kurz erklären, wie funktioniert denn diese sogenannte künstliche Intelligenz eigentlich.

[00:04:46]  Weil es ist insofern keine dem Menschen-Analoge-Intelligenz,

[00:04:52]  sondern das Programm basiert auf einem sogenannten neuronalen Netzwerk und maschinellen Lernen.

[00:04:59]  Das neuronale Netzwerk ist wie ein mathematisches Modell, das versucht, wie das menschliche Gehirn zu funktionieren.

[00:05:05]  Beispielsweise kann man neuronalen Netzwerken ein Bild zeigen, also von einem Hund oder einer Katze.

[00:05:11]  Und je mehr Bilder man dem zeigt, desto genauer, zielgenauer kann, das Netzwerk unterscheiden, ist das ein Hund oder eine Katze.

[00:05:19]  Und alle Informationen, die wir über Chatchi BD abrufen, sind Informationen, die es quasi, so wie er gesagt, gefüttert bekommen hat.

[00:05:30]  Und Maschinen-Lernen heißt einfach nur, dass Computer es möglich ist, aus Erfahrungen in Anführungsstrichen selbstständig zu lernen.

[00:05:42]  Das heißt, die werden dann nicht mehr explizit programmiert, genau.

[00:05:46]  Sondern sie können dann unter Anleitung trainiert werden oder sogar ohne Anleitung.

[00:05:51]  Oder du kannst zwei Chatbots nebeneinander stellen und sie sich gegenseitig lernen lassen.

[00:05:56]  Also das ist dann das, was nicht mehr so einfach zu fassen ist, sowohl für uns, glaube ich, psychologisch als auch philosophisch, wo man irgendwann an die Grenze zu Definition stößt, was ist denn Intelligenz?

[00:06:08]  Und das darf man auch nicht bei den neueren Modellen vergessen.

[00:06:12]  Und das wird sich, wenn die Folge online ist, vielleicht hat sich dann schon wieder was getan, weil es einfach so schnell geht.

[00:06:17]  Man redet nicht, also das ist so täuschend echt inzwischen.

[00:06:21]  Man redet aber nicht mit einem intelligenten Wesen, das aus Erfahrungswerten schöpft, sondern da werden nur Daten abgefragt.

[00:06:30]  Aber es ist schon großartig, weil so wie es Chatchi-Bidi formuliert, die Antworten, ist es wirklich wie ein Gespräch.

[00:06:36]  Und das ist ein bisschen rückzauhend im Bereich Ancanny Valley, wo man wirklich immer so unterscheiden kann, ist das jetzt ein Mensch oder ist das ein Gerät?

[00:06:45]  Es ist ein bisschen großartig, muss man wirklich sagen, und es ist aber ein sehr gut trainiertes Gerät.

[00:06:51]  Es kam schon sehr viel, aber gleichzeitig ist es ein bisschen unsicher, zu verwerfen.

[00:06:58]  Zum Zeitpunkt der Aufnahme ist das Chatchi-Bidi 4O, also das neueste Modell, gerade hast du rausgekommen.

[00:07:06]  Das heißt, ich hatte da nur wenige Stunden Gelegenheit da ein bisschen zu testen.

[00:07:10]  Aber da muss ich schon sagen, dass ich da schon auf der Couch gesessen habe gestern und einfach völlig fasziniert war, weil was ja jetzt alles kann schon.

[00:07:22]  Ja, ich habe vorher eben auch das Gratismodell genutzt und habe deswegen nie diese Internetrecherchemöglichkeit gehabt.

[00:07:31]  Und als ich das dann gestern ausprobiert habe, kurz völlig obskure Fakten von irgendeiner Serie, wo irgendeine Figur in irgendeiner Folge irgendwas einmal gesagt hat, das habe ich abgefragt, weil ich wissen wollte, wie das genau als Zitat ging.

[00:07:46]  Und das hat er mal innerhalb von Sekunden ausgespuckt.

[00:07:49]  Und selbst, ich hätte das wahrscheinlich über Google schon ausgefunden, es hätte aber natürlich wesentlich länger gedauert und da.

[00:07:56]  Und dann habe ich mir gedacht, jetzt lass ich es mir noch vorlesen von einer sehr angenehmen und auf englisch sehr menschlich klingenden Computerstimme.

[00:08:04]  Und dann ist das schon wie so ein kleiner Kopf in deiner Tasche sozusagen.

[00:08:11]  Und du hast das wahrscheinlich auf dem Handy oder was weiß ich.

[00:08:13]  Und das ist schon, also da ist es dann ganz schwierig, glaube ich, sich zu, man muss sich vor Augen halten, das ist kein intelligentes Wesen.

[00:08:23]  Und es kann schwierig sein, immer präsent zu hinterfragen.

[00:08:28]  Ich stelle mir das halt gerade im Alltag, denke ich, daran.

[00:08:31]  Ich denke auch schon so ein Fake News, da hat man jetzt ja schon Probleme, Webseiten zu unterscheiden, die die Wahrheit sagen und Webseiten zu unterscheiden, wo die Quellen nicht sehr seriös sind.

[00:08:40]  Da tun wir uns ja schon schwer.

[00:08:42]  Und man wird ja auch schon jetzt reingelegt von so Robocalls und so, wo die eine Maschine anruft und dir sagt, irgendwer braucht Geld oder so.

[00:08:51]  Und die Leute überweisen es dann wirklich.

[00:08:52]  Also da haben wir ja schon Probleme.

[00:08:54]  Also das kann natürlich auch extrem ausgenutzt werden.

[00:08:58]  Wir reden ja heute über die Halluzinationen, insbesondere auch deswegen, weil als Bibliothek wissen wir, dass viele Leute, egal ob das hier Schüler*innen sind, Student*innen oder einfach Privatpersonen, die was rausfinden wollen, zu recherchen.

[00:09:15]  Ja, und zu recherchen, zu wecken, solche Sachen auch verwenden ist ja logisch, mache ich auch schon.

[00:09:19]  Und deswegen wollten wir da heute einfach mal darüber reden, weil wie du schon gesagt hast, das ist so ein Horiz der potenziellen Fehlinformation.

[00:09:27]  Wir haben ja auch Bücher diesbezüglich, wo die Leute sich ja auch informieren können und die vielleicht auch helfen.

[00:09:34]  Wir haben zum Beispiel bei der Technikhammer einstiegende Charitptie von Rolf Jäger oder wir haben auch eine Abteilung für kreatives Schreiben.

[00:09:46]  Da geht es in den Buch um Schreiben mit Charitptie für Autorinnen und Autoren von Sandra Ustin, auch für die Pädagogik-Abteilung.

[00:09:53]  Da hat man zum Beispiel auch Sachen, KI-Tools für den Unterricht, zum Beispiel von Ines de Florio Hansen.

[00:09:59]  Aber auch wir haben auch kritische Auseinandersetzungen, wie wir sie auch schon angesprochen haben, in der Philosophie-Abteilung zum Beispiel "Was kann und darauf künstliche Intelligenz?"

[00:10:07]  heißt der Titel von Julian Niederhoh-Mellen.

[00:10:10]  Also das heißt, wir haben auch Sachen, da wir sich auch gerne bei uns ein bisschen umschauen und da ein bisschen Recherche betreiben.

[00:10:17]  Genau, also weil es einfach unglaublich ist, sich mit dem Thema in Zukunft auseinanderzusetzen, das wirkt nicht mehr wegzudenken sein.

[00:10:28]  Die Wählinformationen werden, wie wir schon angesprochen haben, immer schwerer zu erkennen sein.

[00:10:34]  Und da wird nämlich die Kompetenz der Quellenkritik so unfassbar wichtig,

[00:10:42]  dass man nämlich, das ist das, was zumindest bei uns damals war, Wikipedia hatte große Strahle, also das große, wo man plötzlich diese Online-Enzyklopädie hatte,

[00:10:55]  auch als Schüler in Zugänglich, wo uns eingebläut worden ist, dass wir das nicht zitieren dürfen.

[00:11:04]  Der Grund ist, weil natürlich jeder, wo alles online stellen kann und im Endeffekt ist JGPD und Konsorten nur die Erweiterung dieses Prinzipes.

[00:11:15]  Nur, dass es da ein bisschen schwieriger ist, rauszufinden, was die Quelle ist.

[00:11:18]  Das ist einmal, erst mal am Ende der Folge kommen wir noch zu ein paar Tipps, wie man da damit umgehen kann.

[00:11:25]  Ich stelle mich dir vollkommen zu, weil was noch nicht ist, aber was jetzt rasant passieren wird, ist auch, selbst wenn man Quellen-Scherche betreibt,

[00:11:34]  je mehr Leute sich Texte von der KI erstellen lassen und diese dann wiederum ungeprüft auf vermeintlich sicherer Begründung.

[00:11:41]  Internetseiten stellen, desto tiefer geht die Spirale der

[00:11:45]  Fehlinformation, dass man dann irgendwann eine Quelle zur Hand nimmt, nachdem man

[00:11:50]  ChatGPT gefragt hat und die Quelle im Internet dann aber auch wieder nicht

[00:11:53]  sicher ist, weil die auch wiederum von einem anderen Chatboard erstellt worden

[00:11:57]  ist und vielleicht auch fehlerhaft. Also es wird eine große Frage sein, wie überprüft

[00:12:02]  man diese Informationen. Und da kommt zum Beispiel so etwas wie der Brock House, dann

[00:12:08]  doch so alt, wo ich es klingen mag, retten zur Seite.

[00:12:14]  Weil auch die Infokanemie verlassen. Genau, weil da tatsächlich Leute dahinter sitzen,

[00:12:20]  die diese Einträge überprüfen und diese Einträge schreiben. Inzwischen braucht man

[00:12:25]  das aber nicht mehr im Bücherregal stehen haben, man braucht doch nicht mehr

[00:12:29]  händisch in die Bibliothek zu kommen, um das Ding da außenregal zu wuchten,

[00:12:33]  sondern wir haben ja ein Angebot, geil? Wir haben den digitalen Brock House,

[00:12:38]  kann jeder jeder verwenden, der bei uns oder die bei uns Kundin ist. Da braucht man

[00:12:43]  nur die Anmeldetenformationen bei uns, mit denen man sich auch auf der Webseite

[00:12:47]  für die Medien anmelden kann und mit diesen gleichen Infos kommt man dann

[00:12:50]  auch beim digitalen Brock House rein und da gibt es sowohl die Erwachsenenversion,

[00:12:55]  aber auch eine für Kinder und für Jugendliche. Ja, also das wirklich, wenn man

[00:12:59]  sich nicht sicher ist, ob die KI die richtige Antwort ausspuckt und es um Daten

[00:13:05]  und harte Fakten geht, dann schaut man da schnell rein und es ist dann kein Text,

[00:13:09]  der von einer KI generiert da reingestellt worden ist, wie es zum Beispiel

[00:13:12]  in der Fikipedia durchaus passieren kann auch schon inzwischen.

[00:13:15]  Pia, bevor wir zu den Tipps kommen, du hast Halluzination glaube ich mitgebracht, oder?

[00:13:20]  Ja genau, das ist ein bisschen ein Spoiler für die Zukunft, aber wir machen ja eine

[00:13:23]  Folge zu historischen Romanen. Da habe ich ein bisschen recherchiert,

[00:13:26]  habe ich vorhin an und habe eben auch Chatipiti ausprobiert und wollte einfach

[00:13:30]  Beispiele haben für rebellische Frauen in historischen Romanen.

[00:13:35]  Ich habe die Frage genauso bestellt und er hat mir Beispiele genannt, auch brav

[00:13:40]  dann gleich erklärt warum diese Frauen rebellisch waren, aber er hat sich mehr

[00:13:44]  darauf konzentriert auf die rebellischen Frauen und nicht auf das Genre,

[00:13:50]  den historischen Romanen. Das heißt, dann habe ich zum Beispiel Antworten bekommen,

[00:13:55]  wie Stolz und Vorurteil von Jane Austen oder Little Women von Louisa May Elcott

[00:14:03]  und das sind schon Romane, wo es um eine andere Zeit geht, aber die auch in dieser

[00:14:11]  anderen Zeit geschrieben wurden. Das heißt eigentlich zeitgenössische Romane.

[00:14:15]  Und das hat er nicht erkannt. Und ich habe ihn dann in der Nachhinein nachgefragt,

[00:14:21]  habe ich dann gefragt, ist Stolz und Vorurteil wirklich ein historische Roman

[00:14:24]  und dann hat er mir erklären angefangen, warum es zum Teil historisch Roman ist

[00:14:29]  und warum es zum Teil nicht historisch Roman ist. Und das ist natürlich dann

[00:14:33]  schwierig, weil wenn ich als Nutzerin das selber nicht weiß und nachfrage und

[00:14:37]  erklärt mir wieder eine Unwahrheit, wird es natürlich schwierig.

[00:14:40]  Ich habe ihn dann ausgebessert, habe gesagt, nein das stimmt nicht und habe

[00:14:43]  erklärt, warum das jetzt in dieser Zeit geschrieben wurde und deswegen ein

[00:14:47]  zeitgenössische Roman ist und dann hat er sich bedankt und gesagt, das war falsch

[00:14:53]  von ihm und es tut ihm leid und danke, dass ich ihn ausgebessert habe. Und dann

[00:14:56]  habe ich ihn gefragt, ob das dann nicht auch auf die Luhm zu trifft und das hat

[00:15:00]  er dann überrissen. Da ist er dann mitgekommen, das hat er dann ausgebessert,

[00:15:05]  hat gesagt, ah ja, das stimmt dann absolut, das ist dann auch nicht richtig, aber es

[00:15:09]  waren nicht nur die zeitgenössischen Romane, zum Beispiel ganz anderer Chancen,

[00:15:12]  das auch erwähnt. Zum Beispiel hat Katniss Aberdeen und als Tribute von Panemreihe

[00:15:18]  genannt und das ist ein dystopischer Roman. Ja, da ist es lustig, bei der Antwort hat er

[00:15:26]  dann selber schon geschrieben, obwohl die Tribute von Panem ein dystopischer Roman

[00:15:30]  sind, ist Katniss Aberdeen eine rebellisch Frau. Also ihm war absolut bewusst, dass es

[00:15:34]  nicht stimmt, aber hat es trotzdem genannt. Und dann hat er sogar viel mehr erwähnt,

[00:15:39]  also er hat die Elizabeth Swan, also der Fluchtageredigreie, auch als Beispiel genannt.

[00:15:44]  Keine historische Figur auch. Und dann hat er dann auch, dann habe ich ihn ausgebessert,

[00:15:50]  und er hat auch gesagt, ich entschuldige mich für das Missverständnis, ist es Teil

[00:15:54]  der Nachbinderei, ich hätte das klarer darstellen sollen.

[00:15:57]  Höchlich ist es Roman, es stimmt einem auch immer zu. Also es ist auch, wenn es einem nicht

[00:16:03]  zustimmt, das habe ich einmal ausprobiert, wo ich gestern schnell noch, wo ich an klaren,

[00:16:07]  er hat mir gesagt, ich weiß nicht mehr, welchen Schriftsteller ich gefragt habe,

[00:16:12]  wie alt er ist, und ich habe dann so getan, dass würde das nicht stimmen und habe ihn

[00:16:15]  korrigiert. Und dann hat er gesagt, ja, du hast recht. Und dann hat er aber wieder die

[00:16:19]  richtige Zahl gesagt. Also beharrt er schon.

[00:16:23]  Weil beharrt er auf die Sacken, aber es widersprich, ich glaube, es ist programmiert, damit es

[00:16:31]  möglichst smooth und angenehmer hinsegelt. Und das stimmt dir zu, auch wenn du komplett

[00:16:36]  umrechtest und es dich auswässert. Ein Molly. Aber nach diesen Korrekturen habe ich dann

[00:16:43]  gesagt, okay, mit diesem Wissen im Hintergrund kannst du mir bitte nochmal rebellische Frauen

[00:16:48]  aus historischem Romanen nennen. Und dann hat das richtig gemacht. Dann hat er wirklich

[00:16:53]  eben Cleopatra, ein Bonny, also und dann hat er wirklich auch die Frauen und die richtigen

[00:16:58]  Romanen gewählt. Allerdings waren es alles ältere Romanen. Und jetzt habe ich gesagt,

[00:17:02]  ich kann schon neuere auch erwähnen. Das hat er dann auch gemacht, aber sie waren

[00:17:07]  trotzdem immer noch ein bisschen älter, also von zu 18 und so. Da war dann sogar ein

[00:17:12]  eins dabei, wo wir die Reihe haben, die Fotografin von Petra Doos Benning. Die haben wir auch

[00:17:17]  bei den historischen Romanen. Und dann habe ich gesagt, okay, kannst du mal welcher ist

[00:17:21]  2024 erwähnen? Und dann hat er gesagt, nein, das geht nicht.

[00:17:25]  Ja, das hat man eben gesagt. Weil der Datensatz, die Version, die Buch für die Recherche,

[00:17:31]  für die Folge genommen, hast du die 3.5, die keinen Zugang aufs Internet hat und die

[00:17:34]  trainiert bis zum Stand hier in der 22. Aber das zeigt ein sehr schönes Beispiel auf,

[00:17:39]  dass das eben keine Intelligenz ist, sondern dass das ein mit Daten trainiertes Programm

[00:17:47]  ist. Und deswegen, das hat die Erfahrung, habe ich mit der Version auch gemacht, die

[00:17:53]  stärksten Outputs kriegst du so, wenn du solche Sachen recherchierst, für so 2015 bis 2018,

[00:18:00]  das scheint es einfach mehr Datensätze zu geben. Neuere Sachen im Literaturbereich,

[00:18:05]  vielleicht nach 18, darauf ist es wahrscheinlich einfach noch nicht gut genug trainiert. Und

[00:18:11]  noch sieht man sehr schön daran, wo da das Limit herrscht und das ist einfach nur Datensätze

[00:18:17]  sind. Und es ist eine andere Folge, wo wir über andere Probleme reden, die GPT hat, was Urheber

[00:18:25]  recht und dergleichen angeht, das ist ja auch ein riesengroßes Thema, das schneiden wir aber

[00:18:31]  deswegen heute gar nicht an. Das Beispiel zeigt nun aber auf, wie man mit GPD gut umgehen kann.

[00:18:38]  Deswegen kommen wir jetzt zu unseren Tipps im Umgang mit einem Programm wie GPD. Zum einen hast du

[00:18:45]  dich ja in den Dialog mit dem Programm gegeben. Das heißt, du hast nicht eine Abfrage gemacht

[00:18:51]  und das dann einfach dabei belassen, sondern du hast Rückfragen gestellt, du hast deine Promz,

[00:18:56]  wie man das nennt, spezifiziert, du hast das Programm korrigiert und dann hast du wahrscheinlich

[00:19:03]  so eine Form von Dialog gegeben mit dem Programm, oder? Ja, genau. Also er hat sich dann natürlich auch immer

[00:19:08]  auf die vorigen Antworten bezogen und das hat er auch verstanden. Also da muss ich nicht nochmal sagen,

[00:19:13]  okay, die ganze Frage nochmal formulieren, sondern ich kann sagen, na bitte, mach das nochmal neu

[00:19:19]  oder so und das versteht er dann. Also beim 3.5er, ich habe damit da ein bisschen gearbeitet, nicht

[00:19:24]  bis uns ins umendliche zurück, tatsächlich. Also wenn du da einen sehr langen Thread hast,

[00:19:29]  dann verliert er den Faden irgendwann buchstäblich, aber ich bin mir sicher auch mit den neueren,

[00:19:35]  besseren Modellen hat ein längeres Gedächtnis. Und das nächste ist, du hattest Fachwissen zu dem

[00:19:41]  Thema, wo du ihn gefragt hast oder wo du das Programm gefragt hast und konntest deswegen einschätzen,

[00:19:47]  was du machst. Wenn man gar keine Ahnung von einem Thema hat wird, also je weniger Ahnung man hat,

[00:19:54]  desto gefährlicher wird es im Endeffekt, weil man sich teilweise ja fast im Blimflug auf Fakten

[00:20:00]  verlassen muss, die man nicht einmal bedenkt zu überprüfen. Deswegen macht, finde ich, das Nutzen

[00:20:04]  gerade so im schwulischen Kontext wahrscheinlich Sinn, wenn man das in der Gruppe macht, wenn mehrere

[00:20:11]  Leute die gleiche Anfrage auch stellen und man die Antworten dann im Plenum austauscht. Oder aber,

[00:20:17]  wenn man sich eine Pia sucht, die sich gut mit Literatur auskennt, einfach jemanden eine Fachfrau

[00:20:24]  oder einen Fachmann, ein Lehrer, eine Lehrerin, Dozentinnen, Professorinnen, die zu dem Thema was

[00:20:31]  wissen und die man dann auch fragen kann. Also einfach in die Welt rauskommt, Leute fragen, die

[00:20:37]  dafür Experten sind, sozusagen, wenn das möglich ist. Und das hast du auch gemacht, du hast die KI

[00:20:42]  gefragt, stimmt das? Also man kann auch ganz salopp einfach einmal zurückfragen, ist diese

[00:20:49]  Information korrekt, gerade wenn es um wichtige Infos geht und das nächste, was man machen kann,

[00:20:54]  ist gerade, das geht aber nur dann, wenn die Version, die man benutzt, auch Internetanschluss hat,

[00:20:59]  bitte gib mir die Quellen durch oder sage mir die Quellen auf und die muss man dann in

[00:21:04]  kleiner Arbeit durchgehen und schauen, stimmt das wirklich, welche Website ist es, ist die Website

[00:21:10]  sicher, woher kommen die Texte auf der Website, sind die von der KI generiert oder schreiben das,

[00:21:15]  schreibt das Fachpersonal, wird das überprüft und so weiter und so fort. Werden Kritik halt?

[00:21:20]  Ja, ich glaube, da haben wir jetzt schon viel über das Thema geredet, das eher so ein Service-Podcast

[00:21:29]  oder eine Service-Folge von unserem Vorwort. Wie hast du dem noch was hinzutun, noch selber am

[00:21:34]  Tipp oder Erfahrungswerte noch? Nein, also wir haben wirklich alles wichtige,

[00:21:39]  mein erwähnt. Und das ist der Thema, das man auf jeden Fall ausbauen kann, wie gesagt,

[00:21:43]  Datenschutz oder Urheberrecht, da kann man immer noch mal eine Folge drüber machen,

[00:21:49]  also ich glaube, das ist endlos und dieses Gerät wird ja auch, diese Maschine wird ja auch immer

[00:21:53]  besser und wird sich auch wandeln und dann gibt es noch wahrscheinlich einiges mehr Punkte,

[00:21:58]  die man dann alle besprechen kann. Es ist jedenfalls eine sehr aufregende Zeit,

[00:22:02]  es ist vielleicht ab und zu fühlt sich ein bisschen ominös an, aber ich bin persönlich der

[00:22:09]  festen Überzeugung, dass wenn man sich mit diesen Themen auseinandersetzt, wenn man sich damit

[00:22:13]  beschäftigt und diese Dinge auch alle hinterfragt, was ist es denn wirklich, was bedeutet künstliche

[00:22:18]  Intelligenz, was ist maschinelles Lernen und so weiter und so fort, dass man dann diese Dinge

[00:22:24]  für sich nutzen kann, als Tools, die sie sein sollen und die dann nicht umgekehrt quasi über

[00:22:31]  dich beeinflussen oder dich will. Ja, genau. Und damit danken wir euch fürs Zuhören. Wie sind eure

[00:22:39]  Erfahrungen mit ChatGPT? Schreibt uns auf poststadtbibliothek@insbruck.at, Instagram oder Facebook.

[00:22:45]  Tschüss, ciao!

[00:23:13]  Das Vorwort ist eine Produktion der Stadtbibliothek "Innsbruck" und Teil der Stadtstimmen, dem

[00:23:18]  Audiokanal der Stadt "Innsbruck".

[00:23:20]  Ich hoffe, ihr seid heute sehr gut.

Transkription

[00:00:00]  Hallo und herzlich willkommen bei dem Vorwort, dem Podcast der Stadtbibliothek Innsbruck.

[00:00:26]  Ich habe heute einen ganz besonderen Gast bei mir sitzen, Caroline Wahl, die Autorin des

[00:00:33]  Romans 22 Bahnen, ein Spiegelbestseller, wie ich schon erwähnen darf und das heurige Buch für

[00:00:41]  die Aktion Innsbruck liest. Herzlich willkommen.

Ich freue mich hier zu sein.

Jetzt habe

[00:00:46]  ich natürlich vergessen, wer ich bin. Ich heiße Boris Schön. Ja, es freut mich sehr, dass du da bist.

[00:00:50]  Du bist gestern in Innsbruck angekommen, wie sind denn die Eindrücke?

Super schön, also voll überwältigt.

[00:00:56]  Mit den Bergen und so. Also ich wusste, also man weiß ja schon, wie es ungefähr aussieht,

[00:01:01]  Aber wenn man da ist, dann ist man schon nochmal beeindruckt. Das freut mich sehr.

[00:01:09]  Ich freue mich auch, dass ich mehrere Tage hier bin, dass ich jetzt nicht nur einen Abend habe.

[00:01:12]  Oft ist man ja nur eine Lesung da, dass man dann einfach mal ein bisschen Zeit hat,

[00:01:17]  auch die Stadt ein bisschen kennenzulernen. Eben, das ist am Bahnhof ankommen abends oder

[00:01:22]  am späten Nachmittag und am nächsten Tag in der Früh wieder abreißen. Das ist natürlich ja meistens so.

[00:01:27]  Das dürfte aber auch schon auch was gewesen sein, was du in letzter Zeit viel gehabt hast,

[00:01:30]  oder?

Ja, immer fast, ja. Das ist manchmal so, dass man in die Lesung hat, die nah beieinander

[00:01:36]  sind und dann hat man zwei Nächte in einem Hotel und das ist dann immer super cool. Man kann

[00:01:42]  mal richtig ankommen, Koffer auspacken und so.

Meine erste Frage ist ein bisschen,

[00:01:46]  eine Aktion wie Innsbruck liest, das werden jetzt 10.000 Bücher verteilt und dazu gibt es

[00:01:50]  dann ein Veranstaltungsprogramm. Hast du sowas ähnliches schon erlebt?

Ich habe Bernd liest ein

[00:01:54]  Buch gemacht, ja.

Und wie war das so für dich?

Ja auch cool, weil man halt auch so ein Veranstaltung hat,

[00:02:02]  die so unterschiedlich sind. Also sind ja dann immer ganz andere Rahmen und das macht einfach Spaß,

[00:02:07]  weil man, ich finde, das ist so eine ganz andere Form von Veranstaltung, weil man so die Stadt

[00:02:14]  richtig kennt, aber auch die Leser irgendwie anders sind. Man hat das Gefühl,

[00:02:19]  die ganze Stadt genießt diese Aktion irgendwie.

Ja, es ist natürlich jetzt, was die nächsten Tage

[00:02:25]  auf dich zukommt, ist natürlich sehr viel Kontakt mit sehr vielen Menschen, die zu den Lesungen

[00:02:30]  kommen, aber natürlich auch zu den Signierstunden. Und was auch auf dich zukommen wird, ist, wie du

[00:02:36]  jetzt eh schon gesagt hast, ein besonderer Ort. Wir haben ja auch diesmal zum Beispiel eine Lesung

[00:02:39]  in der Aula von einem städtischen Hallenbad und ich freue mich schon sehr.

Ja, das war immer cool,

[00:02:45]  es macht Spaß.

Ja, jetzt habe ich so eine Frage. Wie war das damals, wie du erfahren hast,

[00:02:50]  dass du bei der Aktion teilnimmst? Kannst du dich dann noch dran erinnern?

Ja, also als die Anfrage

[00:02:54]  kam, war es glaube ich schon so, dass mein Terminkalender recht voll war und dass ich einfach keine Termine

[00:03:00]  mehr angenommen habe. Also dass es quasi eine Warteliste gab und das hat mir dann meine Veranstaltungsreferentin weitergeleitet, sie meinte schau mal drüber, das ist ganz cool. Und habe ich sofort ja gesagt,

[00:03:11]  Innsbruck, ich hab Bock auf Österreich und habe mich voll gefreut.

Dein Terminkalender ist

[00:03:18]  natürlich eben so voll, weil du ja sehr erfolgreich mit deinem ersten Roman bist und es kommt dann

[00:03:23]  auch bald der zweite, wobei dann möchte ich dann später noch kurz darauf zurückkommen. Mich würde

[00:03:27]  interessieren, wie war denn jetzt so diese Reise eigentlich? Es ist dein Debüt, du hast dich

[00:03:33]  hingesetzt, hast dir gedacht, ich schreibe einen Roman und wie ging das dann los? Wie bist du zum

[00:03:38]  Dumont-Verlag gekommen, hast du das eingeschickt, war das mit Agentur oder darf ich sowas fragen?

[00:03:45]  Ja klar, also ich habe den Text geschrieben, als ich so einen anderen Job hatte in Zürich, der mir

[00:03:51]  nicht gefallen hat und dann dachte ich, ich mache das jetzt irgendwie und habe gleich die ersten

[00:03:56]  Seiten schon einer Agentur geschickt, damit ich irgendwie so eine Bestätigung hatte, dass ich meine

[00:03:59]  ganze Freizeit jetzt nicht irgendeine Mist widme und die haben mich auch bestärkt zum Weitermachen

[00:04:03]  und haben dann auch recht früh gesagt, dass sie mich vertreten und als der Text fertig war, wurde der

[00:04:09]  eben gepitched an mehrere Verlagen und dann gab es eine Auktion, da haben mehrere Verlage mitgeboten

[00:04:13]  und dann habe ich mich für Dumont entschieden und es ging irgendwie alles Schlag auf Schlag, also

[00:04:19]  die wollten das recht früh bringen und dadurch ist irgendwie alles so ganz nah beieinander und alles

[00:04:23]  wurde irgendwie immer krasser bis jetzt.

Und hatte ich das dann so ein bisschen überrollt,

[00:04:32]  der Erfolg, der dann gleich auch nachkam?

Ja schon, also ich hatte auch irgendwie das Gefühl,

[00:04:38]  dass ich im Anfang gar nicht so richtig genießen konnte, weil es so viel war und weil ich auch so

[00:04:41]  viel unterwegs war und dann irgendwie gar nicht Zeit hatte, mal mich hinzusetzen und sagen,

[00:04:44]  was passiert hier eigentlich? Aber jetzt habe ich irgendwie inzwischen das Gefühl,

[00:04:49]  dass ich mich jetzt so dran gewöhne, auch darüber freue und auch diese neue Rolle irgendwie

[00:04:54]  akzeptiert habe und jetzt auch voll genieße.

Jetzt vielleicht eine etwas andere Frage, aber das interessiert mich

[00:04:59]  schon immer, ich habe da schon von anderen Autorinnen und Autoren gehört, wenn man so ein Buch hat,

[00:05:04]  mit dem man so extrem viel unterwegs ist, hat sich das Buch für dich dann verändert

[00:05:09]  und so gelesen bzw. bis du jetzt schon, ich sage es jetzt mal so, ein bisschen müde aus 22 Bahnen

[00:05:15]  vorzulesen und über das Buch zu sprechen oder ist das, also so, "Juhu, jetzt kommt das zweite,

[00:05:20]  jetzt habe ich ein neues Thema, oder?

Also ja, ich freue mich schon jetzt auch für den „Windstärke 17“

[00:05:26]  auch, aber es macht auch immer Spaß aus „22 Bahnen“ zu lesen, vor allem mit den Leser*innen zu sprechen,

[00:05:33]  weil die doch immer, weil doch immer neue Lesarten und neue Fragen dazu kommen, weil natürlich

[00:05:39]  häufen sich manche Fragen auch, das ist klar und da spielt man auch die Antworten inzwischen ab,

[00:05:44]  wie so ein, weiß nicht, da ist man manchmal genervt von seinen eigenen Antworten, die immer

[00:05:49]  gleich sind, aber es ist trotzdem auch immer anders und ich versuche es eben auch zu variieren

[00:05:55]  mit den Lesestellen, dadurch ist es für mich auch ein bisschen aufregender, aber ich freue mich jetzt

[00:05:58]  natürlich auch jetzt

[00:06:02]  aus einem anderen Text zu lesen.

[00:06:03]  Jetzt, das ist dein neues Buch, „Windstärke 17“.

[00:06:08]  Kannst du dazu was sagen?

[00:06:09]  Ja, also, das geht um Ida, zehn Jahre später,

[00:06:13]  die nach dem Tod ihrer Mutter auf die Insel Rüben flüchtet.

[00:06:16]  Und dort versucht klarzukommen.

[00:06:18]  Und dann aufgenommen wird von einem Kneipenbesitzer, dessen Frau,

[00:06:21]  und dann kommt dann auch noch eine männliche Hauptfigur dazu.

[00:06:25]  Und ja, das ist so der Inhalt.

[00:06:28]  Also, das heißt, es knüpft ein bisschen an?

[00:06:31]  Aber es kann auch unabhängig vom Ersten gelesen werden.

[00:06:33]  Es sind zwei unabhängige, voneinander funktionierende Romane.

[00:06:37]  Aber ja, man erkennt ein paar Figuren wieder.

[00:06:39]  Das heißt, für alle Fans und Faninnen,

[00:06:42]  eine gute Chance, und dass das nächste Buch auch sehr gut gefällt, oder?

[00:06:46]  Ja, auf jeden Fall.

[00:06:47]  Ich freu mich auf jeden Fall, sehr, dass du jetzt noch,

[00:06:50]  bevor das Buch in zehn Tagen kommt, "Windstärke 17" Zeit hast -

[00:06:55]  Ich freu mich, dass du jetzt noch mal die letzte Energien für

[00:06:59]  „22 Bahnen“ und die Aktion mit uns hast.

[00:07:03]  Hast du schon irgendwie so eine gewisse Erwartung,

[00:07:06]  was dann noch passieren könnte in den nächsten Tagen oder so?

[00:07:10]  Oder hast du irgendwie so was, was du dich noch freust?

[00:07:13]  Ich will einfach voll offen sein.

[00:07:15]  Und bin einfach gespannt, wie die Veranstaltung so werden,

[00:07:20]  wer so kommt.

[00:07:22]  Was die, wie die auch „22 Bahnen“ fanden.

[00:07:28]  Es ist ja eben nicht, dass die jetzt in die Buchhandlung gehen

[00:07:31]  und sich das Buch kaufen.

[00:07:32]  Und ich glaube, dadurch kommt es ja auch dazu,

[00:07:35]  dass manche Menschen das lesen, die es vielleicht nicht unbedingt lesen.

[00:07:39]  Und deswegen bin ich schon gespannt.

[00:07:41]  Auf jeden Fall. Und das ist auch, muss ich jetzt schon sagen,

[00:07:44]  die Verteilaktion hat ja bereits vor ein paar Tagen begonnen.

[00:07:47]  Und es geht weg, wie warme Semmel.

[00:07:49]  Also, da glaube ich, dass dann auch viele Gespräche sein werden.

[00:07:53]  Das ist ja auch so ein Konzept, das wir geändert haben,

[00:07:56]  ist immer das Veranstaltungsprogramm.

[00:07:58]  Hat gleichzeitig gestartet mit der Verteilaktion.

[00:08:01]  Inzwischen wird früher verteilt.

[00:08:02]  Das heißt, dass auch die Leute einfach die Chance haben,

[00:08:05]  das Buch schon zu lesen, bevor sie zur Veranstaltung kommen

[00:08:08]  oder eben mit denen gesprochen haben oder zur Signierstunde.

[00:08:11]  Ja, also, die eine Sache ist noch die.

[00:08:13]  Ich habe auf, glaube ich, Instagram gesehen,

[00:08:15]  dass du auf Bali warst und dort wieder geschrieben hast.

[00:08:18]  Hast du denn, hast du „Windstärke 17“ auch auf Bali geschrieben?

[00:08:21]  Teilweise, ja.

[00:08:22]  Der Roman spielt ja auf Rügen

[00:08:25]  und dann habe ich auch einen Großteil auf Bali geschrieben.

[00:08:28]  Und dann haben meine Lektoren immer Witze gemacht,

[00:08:31]  dass Rügen so dargestellt wird wie Bali.

[00:08:33]  Dass da so ganz viele junge Autralier sind,

[00:08:35]  die mit Scooter oben ohne  rumfahren

[00:08:37]  und ganz viel Matcha Latte getrunken wird

[00:08:39]  und Bowls gegessen werden.

[00:08:41]  Ja, ich schreibe gerade an meinem dritten Roman.

[00:08:44]  Und ich möchte gerne auch am Anfang einen Jahresrhythmus

[00:08:47]  beibehalten, veröffentlichen.

[00:08:49]  Wir gucken, wie lange ich das durchziehe.

[00:08:51]  Das heißt, du würdest dich, wenn ich die Frage stellen würde,

[00:08:54]  wo du dich in 5 Jahren siehst, ungefähr beim sechsten oder siebten Roman sehn.

[00:08:58]  (Lachen)

[00:08:59]  Ja, hoffentlich.

[00:09:01]  Weil vielleicht habe ich dann auch schon so ein Haus am Meer,

[00:09:04]  ich glaube, in fünf Jahre noch nicht.

[00:09:06]  Aber ich bewege mich darauf zu.

[00:09:08]  Irgendwo am Meer schreiben, hoffentlich.

[00:09:11]  Und glücklich.

[00:09:13]  Jetzt habe ich doch noch eine Frage, die mir gerade so kommt.

[00:09:16]  Du hast ja wahrscheinlich auch so das erste Mal diese ganze ...

[00:09:19]  Ich weiß nicht, wie stark warst du denn vorher

[00:09:21]  im Literaturbereich verknüpft?

[00:09:24]  Hast du die Lesungen einfach auf Buchmessen gefahren?

[00:09:26]  Oder warst du so eigentlich außerhalb

[00:09:28]  von diesem literarischen Betrieb und bist jetzt da komplett quer eingestiegen?

[00:09:33]  Ja, ich habe immer voll viel gelesen.

[00:09:35]  Auch viel in Stadtbibliotheken und so abgehängt als Jugendliche

[00:09:39]  und als Kind.

[00:09:40]  Und wollte dann nach dem Abi unbedingt was mit Literatur machen.

[00:09:44]  Und nach dem Studium eben gerne in Verlagen arbeiten.

[00:09:47]  Und in Verlagen habe ich dann gemerkt,

[00:09:49]  dass ich gerne die Seite wechseln würde.

[00:09:51]  Und dass ich gerne auch mal schreiben möchte.

[00:09:54]  Ich habe dann auch mal mitgekriegt,

[00:09:56]  wie so die Abläufe sind und das Schriftstellerdasein,

[00:09:58]  ein bisschen entromantisiert wurde.

[00:10:01]  Und dann hatte ich wie gesagt so ein Kackjob in einem anderen Verlag.

[00:10:04]  Und dann dachte ich, jetzt ist doch ein guter Zeitpunkt,

[00:10:06]  dich an deinen ersten Roman zu setzen.

[00:10:08]  Und musst du dich da überwinden zum Schreiben?

[00:10:11]  Oder setzst du dich hin und schreibst einfach?

[00:10:13]  Also jetzt setze ich mich hin und schreib, wenn ich Zeit habe.

[00:10:17]  Mit der Hand?

[00:10:18]  Nee, ne, mit dem MacBook. Immer MacBook dabei.

[00:10:21]  Mit der Hand leider früher immer mit so einem Büchlein.

[00:10:24]  Und da habe ich immer Tagebuch geschrieben.

[00:10:26]  Jetzt alles auf dem Laptop. - Auch kein Notizheftchen mehr?

[00:10:29]  Nee, irgendwie nicht.

[00:10:31]  Aber Elke Heidenreich hatte ich letztens im Gespräch mit Elke Heidenreich.

[00:10:34]  Und sie meinte, ich soll auf jeden Fall wieder Tagebuch schreiben.

[00:10:37]  Das ist ganz wichtig.

[00:10:38]  Und ich glaube, ich mache das jetzt auch wieder.

[00:10:41]  Vielleicht mache ich dann auch wieder Notizen.

[00:10:43]  Und also 50 Bände, so wie Thomas Mann in Leder gebunden,

[00:10:46]  und dann postmortem bringen.

[00:10:50]  Das interessiert bestimmt ganz viele Wahnsinnig.

[00:10:52]  (Lachen)

[00:10:53]  Wissen wir ja noch nicht.

[00:10:54]  Okay, super.

[00:10:55]  Dann wünsche ich dir auf jeden Fall viel Spaß bei der Aktion.

[00:10:59]  Ich hoffe, wir haben spannende Tage miteinander.

Bestimmt.

[00:11:01]  Genieß den Aufenthalt in Innsbruck.

[00:11:03]  Ganz viel Glück auch für dein nächstes Buch.

[00:11:06]  Viel Energie und viel Spaß und bis zum siebten Roman.

[00:11:08]  Ja, danke.

[00:11:10]  Ich freue mich jetzt auf die Tage hier in Innsbruck.

[00:11:13]  Und damit endet S’Vorwort Innsbruck-Liest-Edition.

[00:11:16]  Wir bedanken uns herzlich für alle Teilnehmenden

[00:11:19]  und für alle Hörerinnen und Hörer.

[00:11:21]  Und in der übernächsten Woche geht's dann wieder

[00:11:24]  wie gewohnt mit dem Vorwort weiter.

[00:11:26]  Bis dahin, feines Lesen.

[00:11:29]  (Lockere Musik)

[00:11:30]  (Lockere Musik)

[00:11:32]  10.000 gratis Bücher und kostenlose Veranstaltungen

[00:11:57]  vom 30. April bis zum 10. Mai.

[00:12:00]  Innsbruck-Liest zum 20. Mal.

Transkription

[00:00:00]  Sie hören eine Sonderausgabe vom „S’Vorwort“, anlässlich des 20. Jubiläums von „Innsbruck liest“.

[00:00:27]  Willkommen beim Podcast der Stadtbibliothek Innsbruck, „S’Vorwort“. Mein Name ist Boris Schön und heute geht es wieder um die Aktion „Innsbruck liest“.

[00:00:36]  Und diesmal wollen wir ganz an die Anfänge der Aktion zurückkehren. Dafür haben wir zwei ganz besondere Gäste eingeladen, Birgit Neu und Thomas Pühringer.

[00:00:47]  Darf ich euch kurz bitten euch vorzustellen, was ihr beruflich macht und was vor allem eure Aufgabe war, bei der ersten Ausgabe von „Innsbruck liest“, Birgit bitte.

[00:01:00]  Ja, vielen Dank. Wie gesagt, Birgit Neu, ich war damals vor 20 Jahren Kulturamtsleiterin der Stadt Innsbruck und hatte damals das Glück, gemeinsam mit meinem Team diese wunderbare Aktion ins Leben rufen zu dürfen.

[00:01:13]  Heute bin ich immer noch für den Bereich Kultur zuständig, bin heute die Abteilungsleiterin bei der Stadt für den Gesellschaftsbereich, Kultur, Sport, Gesundheit und Bildung.

[00:01:24]  Thomas?

[00:01:25]  Thomas Pühringer, schönen Tag auch von meiner Seite. Habe 2002 bei der Bürgermeisterin Hilde Zach im Büro als Büroleiter angefangen und so mit der Birgit zusammenarbeiten dürfen.

[00:01:36]  Jetzt zu „Innsbruck liest“, wie ging denn das los? Wo war die Idee plötzlich da? Von wem kam die?

[00:01:44]  Da kann ich dann gleich an den Thomas weitergeben. Wir wollten im Kulturamt etwas machen für die Literaturszene vor Ort und einfach auch eine Aktion, die das Lesen und die Literatur in den Mittelpunkt stellt.

[00:01:57]  Und dann kam eben vom Büro des Bürgermeisters eine ganz schöne Idee und da gebe ich jetzt an dich, Thomas, weiter.

[00:02:03]  Ja, danke, Birgit. Man möchte es kaum meinen, aber damals waren die Inhalte noch nicht so mit den Anleihen verfügbar wie heutzutage.

[00:02:12]  Und irgendwo ist mir ein Zeitungsartikel untergekommen aus einer amerikanischen Stadt, also aus den USA, wo man eine vergleichbare Aktion gestartet hat.

[00:02:20]  Und Birgit, da musst du jetzt helfen, ich glaube Wien war ein bisschen früher dran als wir, aber ich denke, es ist ein ganz großes Danke, jetzt im Nachhinein nach so vielen Jahren, an Hilde Zach,

[00:02:31]  die damals Bürgermeisterin und Kulturreferentin war und vor allem an dich, Birgit und dein Team und das Kulturamt, wie ihr diese Aktion umgesetzt habt,

[00:02:38]  weil wir uns da in Innsbruck schon in einigen Punkten, finde ich, wohltuend abheben von anderen Städten.

[00:02:44]  Ja, genau so war es. Wir haben dann diese Anregung vom Büro des Bürgermeisters sofort aufgegriffen und haben uns überlegt, wie können wir diese Aktion für Innsbruck adaptieren?

[00:02:54]  In Wien wurden ja damals, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, 100.000 Bücher verteilt an die Bevölkerung.

[00:03:00]  Wir wussten, dass wir diese Dimensionen in Innsbruck nicht erreichen können, aber auch nicht erreichen müssen.

[00:03:05]  Wir haben das sozusagen down-gegraded auf die Dimensionen, wie sie für unsere Stadt passen und haben aber auch überlegt, wie wir die Sache etwas anders angehen können.

[00:03:16]  Und zwar in dem Sinne, erstens, dass wir die heimischen Literaturveranstalter in diese Aktion gerne einbinden möchten, weil es soll ja eine Aktion sein,

[00:03:25]  wo sehr viele vor Ort auch davon profitieren. Und das zweite war, dass wir von Anfang an die Jury-Entscheidung, die Auswahl des Buches in fachkundige Hände legen wollten.

[00:03:36]  Und da haben wir mit dem Brenner-Archiv von Professor Johann Holzner einen ganz tollen Partner gewonnen, der mit uns gemeinsam die ersten Jahre „Innsbruck liest“ veranstaltet, begleitet hat und vor allem damals auch den Vorsitz der Jury übernommen hat.

[00:03:51]  Und da waren wir sehr froh, dass wir diese Aktion von Anfang an so fachkundig begleiten haben können.

[00:03:57]  Ja, den Jury-Vorsitz, gibt es ja immer noch in der Form, das ist ja sozusagen auch immer noch das Qualitätssiegel der Aktion, dass eine Person aus der Wissenschaft sozusagen kontrolliert, was das Ergebnis der Jury ist, welches Buch es ist und nicht stimmberechtigt ist.

[00:04:13]  Also das hat sich ja erhalten.

[00:04:15]  Ich glaube, ein wichtiger Aspekt ist auch der Zeitpunkt, dass es immer im Frühling präsentiert wird, das Buch. Manche Menschen nehmen sich das mit als Urlaubslektüre oder wie auch immer.

[00:04:26]  Manche warten regelrecht, das weiß ich aus meiner Umgebung, die sagen, ich will keine einzige Ausgabe versäumen.

[00:04:32]  Vielleicht schreiben sie sich das in den Kalender herein, wann die neue Aktion wieder stattfinden wird.

[00:04:36]  Und ich denke auch für den Handel ist es ein wichtiger Unterschied, dass bei uns das im Frühling passiert, weil da die Weihnachtszeit doch für den Buchhandel die allerwichtigste Zeit im Jahr ist, wo die Hautumsätze getätigt werden.

[00:04:47]  Und da 100.000 Titel eines Bestsellers auf den Markt zu schmeißen, ist natürlich schon eine harte Nuss für den Buchhandel.

[00:04:54]  Und die heimischen Buchhändlerinnen und Buchhändler haben sich das, glaube ich, verdient, dass die Stadt zwar auf der einen Seite die Literatur fördert und die Literaturszene, aber auf der anderen Seite auch auf das Handelsgeschehen Rücksicht nimmt.

[00:05:05]  Also du hast dich jetzt bezogen auf eine Stadt, ein Buch in Wien, wo es 100.000 Stück im Herbst sind, die dann auf den Markt verteilt werden.

[00:05:14]  Genau, genau.

[00:05:15]  Wie war denn das damals dann? Also es gab diese Idee aus Amerika, Wien war vielleicht ein bisschen früher dran, aber wie ist dann das mit dem Konzept losgegangen?

[00:05:22]  Weil so eine Aktion, die muss man sich ja doch in verschiedenen… muss man ja verschiedene Sachen sich überlegen.

[00:05:28]  Was bindet man ein? War das dann Arbeit eher im Kulturamt oder wo wurde diese Arbeit sozusagen oder

[00:05:35]  Wo ist das Konzept dann wirklich entstanden?

[00:05:38]  Ja, wir haben zunächst einmal alle vor Ort tätigen Literaturveranstalter zu uns eingeladen, ins Kulturamt.

[00:05:43]  Haben dort eine große Runde sozusagen ein Brainstorming veranstaltet und haben sie gebeten, sich mit ihren eigenen Ideen in diese Aktion einzubringen.

[00:05:53]  Und zwar insbesondere immer in Form von Begleitveranstaltungen.

[00:05:57]  Wir haben gewusst, dass wir als Kulturamt aus personellen Kapazitäten heraus schon nicht alles alleine stemmen können.

[00:06:04]  Und vor allem wollten wir ja auch da die Expertise unserer Literaturveranstalter, unsere Literaturinstitutionen vor Ort gerne einbinden in die Aktion.

[00:06:12]  Wir haben das dann vorgestellt, dass wir eben ein Buch in großer Auflage 10.000 Stück gerne an die Bevölkerung verteilen wollen.

[00:06:23]  Und am Anfang war da und dort etwas Skepsis herauszuhören.

[00:06:27]  Vor allem aber haben wir eines aus dieser Runde mitgenommen, den Auftrag, sagen wir mal so, den Auftrag, es darf keine Eintagsfliege sein.

[00:06:37]  Es soll, wenn wir so eine Aktion starten, eine Aktion werden, die wirklich nachhaltig wirkt, die auch in den Folgejahren dann weitergeführt wird.

[00:06:44]  Ich glaube, dieses Versprechen haben wir jetzt am 20. Geburtstag der Aktion ganz gut einlösen können.

[00:06:50]  Und dann hat es eigentlich ein sehr schönes Miteinander gegeben.

[00:06:53]  Also es haben sich verschiedene Literaturinstitutionen dann am Rahmenprogramm beteiligt, sei es mit Lesungen, mit Diskussionsrunden, mit Signierstunden.

[00:07:03]  Wir haben auch von Anfang an versucht, die Aktion über Partner zu finanzieren, über Sponsoringpartner.

[00:07:11]  Da war man sehr froh, dass wir eigentlich zu Beginn fast 100 Prozent der Produktionskosten des Buches über Sponsoring finanzieren konnten.

[00:07:20]  Das war ganz toll und es war für die Teilnehmenden Wirtschaftsbetriebe, die uns unterstützt haben, auch schön, dass sie über ihre Verteilstationen dann sich auch an der Aktion beteiligen konnten.

[00:07:31]  Und so wurde das ein schönes Miteinander.

[00:07:33]  Wir haben auch den Buchhandel mit Büchern versorgt und man muss sagen, die erste Auflage war so schnell vergriffen, dass wir Mühe hatten, uns selber noch ein paar Exemplare für uns in der Stadtbücherei dann zu sichern.

[00:07:48]  Ich denke, das ist auch eines der Erfolgsgeheimnisse, dass die Ausgabe-Stellen so bunt gestreut sind von Recyclinghof über Schwimmbäder, Handelsbetriebe, städtische Dienststellen.

[00:07:58]  Ich denke, das ist ein tolles Signal.

[00:08:01]  Inzwischen auch ja seit ein paar Jahren auch noch in öffentlichen Verkehrsmitteln.

[00:08:05]  Also es ist wirklich sehr das Spannende an der Aktion für mich auch, dass den Leuten Literatur an Orten präsentiert wird, wo sie sie vielleicht nicht erwarten würden und damit auch, dass man Leute erreicht, die gar nicht nach Literatur suchen, aber ihr dann trotzdem begegnen, also...

[00:08:21]  Eine Frage habe ich noch zum Ablauf damals.

[00:08:25]  Gab es eine Auftaktveranstaltung?

[00:08:28]  Wo war die?

[00:08:30]  Es gab eine Auftaktveranstaltung in unserer damaligen Stadtbücherei in der Colingasse.

[00:08:35]  Die war unglaublich gut besucht.

[00:08:37]  Es war ja da schon dann bekannt, dass „Der Kameramörder“ von Thomas Glavinic als erstes „Innsbruck liest“-Buch herausgegeben wurde.

[00:08:44]  Und dieses Buch hat ja sehr polarisiert.

[00:08:46]  Das muss man von Anfang an sagen.

[00:08:49]  Es war ein Buch, das wirklich emotional sehr stark die Leute mitgenommen hat.

[00:08:55]  Mir persönlich ging es ähnlich.

[00:08:57]  Ich hatte da bei dieser ersten Aktion den Ehrgeiz im Vorfeld der Jury Entscheidung schon möglichst alle Vorschläge der Jury durchzulesen und habe auch den „Kameramörder“ gelesen.

[00:09:07]  Und wie ich ihn fertig hatte, habe ich mir gedacht, ein tolles Buch, aber für diese Aktion zu heftig.

[00:09:14]  Es geht da doch immerhin da um den Mord an zwei Kindern und die Jagd nach dem Mörder.

[00:09:20]  Und mir war das dann fast ein bisschen zu beklemmend.

[00:09:24]  Schlussendlich fiel aber die Entscheidung der Jury genau auf dieses Buch.

[00:09:29]  Und wir haben uns natürlich auch an die Jury-Empfehlung gehalten.

[00:09:32]  Und in der Stadtbibliothek bei der Auftaktveranstaltung haben wir genau dann diese Emotionen gespürt.

[00:09:38]  Es gab Leute, die aufgestanden sind im Rahmen der Diskussion und gesagt haben, so was kann man doch nicht machen,

[00:09:44]  so ein grausames Buch unter die Leute zu bringen und was denken sich denn da die Schülerinnen und Schüler

[00:09:50]  und die jungen Menschen, die so ein Buch lesen und dann gab es aber auch Professoren, die Deutschklassen

[00:09:56]  geleitet haben und sich das Buch in Klassenstärke für ihre Klasse abgeholt haben und die gesagt haben,

[00:10:02]  genau so ein Buch muss es sein, damit es auch die jungen Leute fesselt und damit man auch genug Diskussionsstoff hat,

[00:10:08]  um das in der Klasse dann zu bearbeiten. Also es war wirklich ein sehr polarisierendes Buch und hat,

[00:10:14]  glaube ich, dieser Aktion dadurch auch zu ganz viel Öffentlichkeit verholfen, was natürlich die Aktionen an sich wieder genutzt hat.

[00:10:21]  Ich glaube eine positive Polarisation, wenn man das so sagen darf, oder? Also der Diskurs über Literatur und über Kultur ist damit gefördert worden.

[00:10:30]  Das ist, denke ich, das Wichtigste, was eine Stadt machen kann, die Beschäftigung mit der zeitgenössischen

[00:10:37]  oder aktuellen Kunst und Kultur zu fördern bei den Menschen.

[00:10:40]  Hattet ihr in irgendeiner Form, bevor das Ganze dann losgegangen ist und ja auch ein voller Erfolg wurde,

[00:10:46]  Sorge, dass das nicht klappen könnte, dass zu wenig Leute kommen, dass die Bücher nicht verteilt werden,

[00:10:51]  ausreichend oder angenommen werden oder ähnliches oder war da von Anfang an der totale Optimismus, das wird ein Knaller?

[00:10:57]  Wir waren eigentlich sehr optimistisch. Wir haben gewusst, dass diese Aktion in anderen Städten schon ausgesprochen erfolgreich läuft

[00:11:04]  und hatten schon die Erwartung, dass es auch bei uns gut ankommt.

[00:11:07]  Und so war es dann auch, wie ich eben schon erwähnt habe, die ersten Exemplare sind uns wirklich unter den Händen fast weggerissen worden

[00:11:14]  und waren im Nu vergriffen. Und es war dann schon auch schön, dass zu den Begleitveranstaltungen viele Menschen gekommen sind

[00:11:20]  und sich auch mit dem Autor auseinander gesetzt haben, mit der Thematik auseinander gesetzt haben und einfach an diesem Diskurs teilnehmen wollten.

[00:11:28]  Und auch dazu gibt es ein unsichtbares Zauberwort, das so in unsichtbaren Buchstaben über der Aktion schwebt und das ist „gratis“.

[00:11:36]  Da habe ich ein Anekdote. Ich habe selber mal im Buchhandel gearbeitet und dann kam ein Herr rein am Vormittag.

[00:11:45]  Die Bücher waren schon weg, die für den Tag bestimmt waren und er hat gemeint, was schon ausverkauft.

[00:11:50]  Und ich habe gesagt, na ja, wenn es verkauft werden würde, weiß ich nicht, ob sie schon alle weg wären.

[00:11:54]  Aber na klar, gratis ist natürlich ein Argument.

[00:11:58]  Es ist ja auch so, also das ist jetzt für mich so als Literaturwissenschaftler auch ganz spannend,

[00:12:04]  der Thomas Glavinic ist ja damals richtig durchgestartet, er war ja eben deswegen, glaube ich, auch so ein perfekter Start für die Aktion.

[00:12:12]  Hat dann ja eigentlich weitere Erfolge gehabt und ist inzwischen leider aus dem Literaturbereich komplett verschwunden.

[00:12:20]  Aber wie war dieser sehr… weil das ist für mich auch immer noch bei der Aktion so ein Thema.

[00:12:24]  Dieses sehr intensive Zusammenarbeit mit einer Person, einer Autorin, einem Autor über mehrere Tage.

[00:12:30]  War das damals auch ein besonderes Erlebnis, oder…?

[00:12:35]  Ja, die erste Begebung mit dem Thomas Glavinic war eigentlich ganz lustig.

[00:12:39]  Das Buch endet ja damit, dass der Kameramörder gefasst wird und endet mit den letzten drei Worten "Ich leugne nicht".

[00:12:47]  Und als Thomas Glavinic zu uns ins Büro, ins Kulturamt kam, kam er herein und hat sich vorgestellt mit "Ich bin der Kameramörder".

[00:12:57]  Und mein Kollege, der neben mir saß, hat sofort darauf geantwortet „Und sie leugnen nicht“.

[00:13:02]  Und damit haben wir schon ein bisschen, sind wir schon etwas mit Humor in unsere Zusammenarbeit gestartet.

[00:13:09]  Und ich glaube, es war für Thomas Glavinic schon auch schön zu sehen, dass so eine große Anzahl von Menschen sich nun seinen Romanen widmet

[00:13:18]  und Interesse für sein Buch zeigt und das ist für einen Autor, glaube ich, schon auch eine besondere Erfahrung.

[00:13:24]  Jetzt von der ersten Ausgabe weggehend, habt ihr beide dann eigentlich alle Ausgaben immer so verfolgt?

[00:13:30]  Ich meine, Thomas, du bist ja vom Aufgabenbereich quasi beruflich ja jetzt ganz woanders, als da, wo das Ganze losgegangen ist.

[00:13:37]  Aber hast du das immer jedes Jahr angeschaut, die Bücher dir auch angesehen und…?

[00:13:41]  Nicht nur von außen angesehen, sondern sogar von innendrin gelesen.

[00:13:45]  Und findest du, oder findet ihr beide, dass sich das gut entwickelt hat?

[00:13:51]  So über die Jahre? Einfach es ist konstant.

[00:13:56]  Es ist ja eben, der Erfolg ist ja immer noch da.

[00:14:00]  Aber es ist ja trotzdem, denke ich mal, wenn man so eine Aktion auf die Welt bringt und dann lässt man sie erwachsen werden.

[00:14:07]  Das war ja eine Zeit lang auch die Natalie Pedevilla zum Beispiel, die das Projekt geleitet hat.

[00:14:11]  Jetzt ist es ja seit 2018 in der Stadtbibliothek gelandet.

[00:14:15]  Also, aber...

[00:14:17]  Ja, also natürlich habe ich es nach wie vor weiterverfolgt.

[00:14:21]  Ich bin jetzt selber nicht mehr so eng in der Organisation, klarerweise.

[00:14:25]  Aber es war auch für mich immer spannend dann zu erfahren, wer wird heurige „Innsbruck liest“-Autorin oder „Innsbruck liest“-Autor.

[00:14:32]  Ich habe auch alle Bücher gelesen.

[00:14:34]  Es haben mir nicht alle ganz gleich gut gefallen.

[00:14:36]  Das ist, glaube ich, auch normal und soll auch so sein, dass man verschiedene Geschmäcker trifft.

[00:14:41]  Für mich war es sehr schön zu sehen, dass wir so viele unterschiedliche Themenwelten behandelt haben mit diesen Büchern.

[00:14:49]  Wir haben eben mit einem Krimi begonnen, wir haben das Südtirol-Thema aufgegriffen.

[00:14:54]  Wir hatten mehrfach das Thema Flucht und Migration.

[00:14:57]  Wir haben eine Reihe von Lebens- und Familiengeschichten erzählen können mit der Aktion „Innsbruck liest“.

[00:15:04]  Es ging um das Thema Finanzwelt, um Arbeitswelten, um Mobbing und, und, und.

[00:15:09]  Also, diese Bandbreite ist schon sehr groß und sehr spannend.

[00:15:12]  Und ich glaube, dass so über die Jahre sicher für ganz viele Menschen viel dabei war.

[00:15:17]  Und das war ja der Sinn dieser Aktion.

[00:15:19]  Und ich weiß von einigen, die inzwischen auch schon eine „Innsbruck liest“-Büchersammlung zu Hause haben.

[00:15:24]  So wie ich auch eine habe, das war ja eigentlich von Anfang an nicht ganz der Wunsch, unser Wunsch oder unser Ansinnen.

[00:15:33]  Weil wir wollten, dass das Buch sobald es gelesen wird, verschenkt wird, weiterverschenkt wird,

[00:15:37]  damit noch mehr Leute in den Genuss dieser Bücher kommen.

[00:15:40]  Und wie es halt so ist, ein gutes Buch gibt man dann nicht so gerne her.

[00:15:44]  Und so, glaube ich, hat sich dieses Weiterverschenken, Weiterverteilen nicht so entwickelt.

[00:15:49]  Aber ich denke, wenn wir jedes Jahr 10.000 oder vielleicht dann mit verliehenen Büchern 15.000 Menschen damit erreichen, dann ist es schon auch eine schöne Anzahl.

[00:15:58]  Ich möchte an das anknüpfen, ich bin da voll bei dir, Birgit.

[00:16:01]  Die Bandbreite der Themen finde ich so bestechend, und auch die Autorenschaft.

[00:16:06]  Also, wenn man sich auch anschaut, wer da im Laufe der Jahre aller dabei war mit seinen Buchtiteln,

[00:16:10]  dann ist es schon eine renommierliche Liste geworden finde ich in der Zwischenzeit.

[00:16:15]  Und die Leute haben sicher eben nicht nur für "Innsbruck liest" geschrieben, sondern auch viel und eifrig anderweitig erarbeitet.

[00:16:22]  Und da sind schon tolle Autorinnen und Autoren dabei.

[00:16:25]  Also finde ich beeindruckend.

[00:16:27]  Habt Ihr einen geheimen oder offiziellen Favoriten aus diesen Jahren für Euch?

[00:16:32]  Für mich war sehr schön, dass wir im Jahr 2007 die heimische Literaturszene, die Autorinnen und Autoren aus Innsbruck in den Mittelpunkt stellen konnten.

[00:16:43]  Wir haben uns damals entschlossen, eine Anthologie herauszugeben.

[00:16:47]  Unter dem Titel "Innseits" wurden Texte von 15 Autorinnen und Autoren publiziert, die dann auch in Form von Lesungen natürlich in der Stadt präsent waren.

[00:16:58]  Und das war für mich sehr schön, hier einfach für die Literatinnen und Literaten vor Ort etwas machen zu können und sie auch mal vor den Vorhang zu holen und in den Mittelpunkt zu stellen.

[00:17:07]  Und dafür eignet sich natürlich so eine Aktion, wo 10.000 Bücher verteilt werden, sehr, sehr gut.

[00:17:12]  Und das war für mich damals auch ein schöner Erfolg, dass auch diese Anthologie sehr gut angekommen ist.

[00:17:18]  Mir haben viele Titel wirklich sehr gut gefallen.

[00:17:22]  Also ich könnte jetzt nicht den einen Titel herausgreifen und sagen, das war mein absolutes Highlight und mein Lieblingsbuch aus der Reihe.

[00:17:27]  Ja, ich bin ja dann auch heuer schon gespannt, wie der 20. Titel dann ankommen wird, die Caroline Wahl mit „22 Bahnen".

[00:17:35]  Da haben wir ja auch dieses Jahr glaube ich ein wirklich ein sehr schön lesbares Buch mit ganz vielen Themen und ich bin auch schon wieder gespannt, wie dann die Diskussionen rundherum sind, die Veranstaltungen.

[00:17:48]  Werden Sie uns heuer auch besuchen bei der einen oder anderen Veranstaltung?

[00:17:52]  Natürlich, ganz klar.

[00:17:54]  Das ist ein Pflichtprogramm und da komme ich immer sehr gerne.

[00:17:57]  Und man muss vielleicht zum 20-jährigen Jubiläum schon auch noch einmal sagen, dass wir sehr dankbar sind, dass auch unsere Sponsoringpartner uns über so viele Jahre

[00:18:05]  treu geblieben sind, weil sie einfach eine wichtige Säule in der Finanzierung dieser Aktion darstellen und uns eben auch dann über verschiedene Verteilschienen dann mit unterstützen.

[00:18:16]  Und das ist sehr schön, dass wir in dieser Aktion eben da schon über viele, viele Jahre zusammenarbeiten.

[00:18:22]  Ja, und mögen die nächsten 20 Jahre genauso erfolgreich werden wie die ersten 20 Jahre.

[00:18:27]  Ja, dann danke ich vielmals für das Gespräch.

[00:18:30]  Ich freue mich auch auf die nächsten Jahre und danke vielmals fürs Kommen.

[00:18:35]  Und ja, und weiterhin viel Lesegenuss.

[00:18:38]  Vielen Dank.

[00:18:39]  Dankeschön.

[00:18:40]  [Musik]

[00:19:06]  „S’Vorwort“ ist eine Produktion der Stadtbibliothek Innsbruck und Teil der „Stadtstimmen“,

[00:19:11]  dem Audiokanal der Stadt Innsbruck.

Transkription

[00:00:00]  Sie hören eine Sonderausgabe vom „S’Vorwort“, anlässlich des 20. Jubiläums von „Innsbruck liest“.

[00:00:27]  Ich weiß gar nicht, wie man jetzt begrüßt bei so einem Podcast der Stadtbibliothek, aber sagen wir mal herzlich willkommen.

[00:00:33]  Zum Podcast S‘Vorwort.

[00:00:35]  S‘Vorwort.

[00:00:36]  Weißt du überhaupt, dass der so heißt?

[00:00:38]  Jetzt weiß ich es wieder.

[00:00:40]  Gut.

[00:00:41]  Ja, ich bin der Boris Schön und mir gegenüber sitzt...

[00:00:47]  ...die Elisabeth Rammer.

[00:00:49]  Und wir sind sozusagen so ein bisschen die zwei Köpfe, kann man das so sagen, hinter der Aktion „Innsbruck liest“ schon seit 2018.

[00:00:58]  Mit der Übersiedelung ins große Haus, wo auch ausgebaut wurde,

[00:01:03]  die Stadtbibliothek auch vom Personal her und der ganze Veranstaltungsbereich  ausgebaut wurde.

[00:01:08]  Kannst du dich noch erinnern, wie damals diese Übergabe eigentlich stattfand?

[00:01:11]  Das war bei mir damals auch, dass ich ganz neu in der Bibliothek war.

[00:01:15]  Also, da war so viel neu, dass ich das jetzt auch nicht mehr ganz genau weiß.

[00:01:19]  Ich weiß, es war zu dem Zeitpunkt, es war im Sommer 2018, war das Buch schon ausgewählt.

[00:01:27]  Und wir haben dann die Verlagsverhandlungen übernommen und mit der Autorin uns zusammengeschrieben.

[00:01:37]  Und ich glaube, da hast du viel gemacht am Anfang.

[00:01:40]  Und ich bin auf die Kooperationspartner gegangen und so hat sich die Arbeit auch relativ schnell aufgeteilt zwischen uns.

[00:01:46]  Ja, also ich mache sozusagen das Veranstaltungswesen rund um dieses Event.

[00:01:52]  Das Wesen.

[00:01:54]  Ja, das Wesen genau. Ja, also ich mache das Veranstaltungsprogramm, das Begleitprogramm.

[00:01:57]  Was machst du?

[00:01:59]  Ich halte den ganzen Kontakt mit den Sponsoren, die ganz wichtig sind, weil sie ja nicht nur Sponsoren sind,

[00:02:04]  sondern KooperationspartnerInnen.

[00:02:07]  Weil sie ganz im Mittelpunkt bei der Verteilung der Bücher sind.

[00:02:12]  Und bei auch der Bewerbung der ganzen Aktion.

[00:02:16]  Übrigens haben wir eigentlich schon gesagt, um was es geht bei „Innsbruck liest“.

[00:02:20]  Ich meine, für uns ist das so, wir haben jetzt gerade wieder unten diese 10.000 Bücher stehen,

[00:02:26]  wo unsere PraktikantInnen gerade in jedes ein Lesezeichen tun

[00:02:30]  und da auch schon die vorbereiten für die Verteilung, die ja jetzt dann sehr, sehr bald startet.

[00:02:36]  Ich glaube wir haben es nicht erklärt.

[00:02:39]  Also die Sache ist die, es geht prinzipiell darum, es wird ein Buch ausgewählt.

[00:02:43]  Das ist eine, würde ich sagen, nicht ganz klassische, aber eine eindeutige Literaturvermittlungsaktion.

[00:02:51]  Oder widersprichst du mir?

[00:02:53]  Nein, es ist eine Literaturbewerbungsaktion, würde ich jetzt aus der Marketingsicht sagen, aber ja.

[00:02:58]  Das ist ein bisschen dieser Gedanke auch dabei, dass dieses eine Buch, was

[00:03:02]  ich will da jetzt keine statistischen Zahlen möglicherweise, der Innsbrucker, die Innsbruckerin so pro Jahr liest,

[00:03:09]  also, dass dieses eine Buch möglicherweise aus dieser Aktion kommt.

[00:03:13]  Und ja, das Buch wird ausgewählt nach verschiedenen Kriterien, die auch immer wieder ein bisschen verfeinert wurden.

[00:03:21]  Diese Auswahl findet durch eine dreiköpfige Jury statt.

[00:03:25]  Hat auch immer einen wissenschaftlichen Vorsitz.

[00:03:27]  Also das soll heißen einfach eine Person aus der Universität Innsbruck, die ja in Innsbruck auch, sagen wir, gut besetzt ist.

[00:03:35]  Und ja, auf jeden Fall wird dann nach verschiedenen Vorschlägen und verschiedenen, also die Jury-Mitglieder dürfen jeweils 2-3 Titel vorschlagen.

[00:03:45]  Diese werden dann von allen Beteiligten gelesen, also allen drei Jury-Mitglieder und der Jury-Vorsitzenden,

[00:03:53]  wobei ich gestehen muss, wir lesen sie auch. Also du mehr als ich, oft?

[00:03:59]  Ja, es ist meine Sommerlektüre jedes Jahr, ganz toll.

[00:04:02]  Und ich hoffe dann auch immer, dass die Jury ein Buch auswählt, das dann beim Verteilen und auch beim Bewerben bei den Kooperationspartnern ganz gut ankommt.

[00:04:12]  Also ich kann mich erinnern, es gab einmal ein Buch mit dem Titel "Superbusen".

[00:04:17]  Und ich habe uns dann schon beim Verteilen gesehen und war dann ehrlich gesagt froh, dass es nicht ausgewählt wurde.

[00:04:25]  Naja, auf jeden Fall, also nachdem diese Jury dann ein Buch ausgewählt hat, gibt es dann auch immer noch ganz wichtig,

[00:04:33]  einen Platz 2. Sollte nämlich dieser erste Platz, also dieses ausgewählte Buch aus irgendwelchen Gründen dann nicht für die Literatur,

[00:04:41]  die Aktion, für die Literatur, für die Aktion funktionieren, weil zum Beispiel der Verlag das nicht möchte oder die Autorin der Autor nicht möchte, oder Ähnliches.

[00:04:50]  War das schon mal, weißt du das?

[00:04:52]  Bis jetzt wüsste ich es nicht. Also das müssten mir dann fast unsere KollegInnen aus der Vergangenheit noch fragen,

[00:04:58]  aber ich, also seit wir das machen, weiß ich nichts davon.

[00:05:05]  Ja hallo, ich bin ein „Innsbruck liest“ Urgestein, heiße Karin, und habe die ersten 8 Jahre „Innsbruck liest“ betreut,

[00:05:13]  mit riesen Freude, erinnere ich mich an die Zeit zurück und kann jetzt gar nicht glauben, dass das 20 Jahre her ist,

[00:05:20]  dass das erste Buch verteilt worden ist.

[00:05:23]  Und um die Frage zu beantworten, nein, es gibt keine Autorin oder keinen Autor, der damals abgelehnt hätte oder nicht mitmachen wollte bei „Innsbruck liest“,

[00:05:34]  natürlich hat es ein bisschen zähere Verhandlungen mit Verlagen gegeben, weil wir ja immer unbedingt diese 10.000 Stück verteilen wollten

[00:05:43]  und da musste man natürlich einen guten Preis ausverhandeln.

[00:05:47]  Und ja, jetzt wenn ich nachdenke, fällt mir noch ein, es hat einmal eine Autorin gegeben, die nicht zufrieden war mit dem Buchcover,

[00:05:55]  mit der Werbekampagne zu „Innsbruck liest“ damals, und hat dann ein paar Tage gedauert, bis sich die Wogen wieder geglättet haben,

[00:06:03]  bis die Agentur alles neu entworfen hat.

[00:06:05]  Und ja, dann ist es wunderbar alles über die Bühne gegangen und die Autorin war dann natürlich auch ganz happy mit ihrem Buch und mit der Präsentation damals.

[00:06:16]  Es war manchmal schwierig.

[00:06:21]  Es war manchmal schwierig, es war manchmal etwas kompliziert.

[00:06:23]  Es ist, Verlage sind ja da auch sehr unterschiedlich strukturiert, die Größe und welche AnsprechpartnerInnen es gibt und ähnliches.

[00:06:31]  Aber bis jetzt hat es eigentlich dann immer geklappt.

[00:06:33]  Ja, und was immer war, die Freude bei den Autorinnen und Autoren, die ausgewählt sind, ist immer riesig.

[00:06:39]  Also das muss man schon sagen, die sind sehr happy.

[00:06:44]  Ich glaube, es liegt daran, dass Innsbruck einfach ein schöner Aufenthaltsort ist, wo sie gern herfahren.

[00:06:48]  Ja oder dass sie auch anteilig, bei einer Auflage von 10.000 Stück ein bisschen Geld verdienen.

[00:06:52]  Und ja, die Werbung ist auch nicht irrelevant.

[00:06:56]  Naja, jedenfalls wird dann dieses Buch nach den Verhandlungen und so weiter, wird dann, und das ist ja eigentlich der Teil, der schon wieder bei dir liegt, wird dann? Was passiert dann?

[00:07:05]  Nach den Verhandlungen, also einigen wir uns auf einen Preis und dann gibt es einerseits den Kontakt eben zu den Kooperationspartnern,

[00:07:17]  die einen Teil des Buchankaufes finanzieren. Wir lassen das Ganze auch noch immer Magistrat, politisch sozusagen, im Stadtsenat

[00:07:28]  muss das Ganze beschlossen werden, weil es doch relativ, eine Summe an Geld ist, die das kostet, je nachdem, wie dick das Buch ist und wo es gedruckt wird.

[00:07:36]  Und dann gehen wir schon an die Grafik, weil wir auch immer eine eigene Umschlaggestaltung machen.

[00:07:44]  Und gleichzeitig fangen wir an mit der Autorin Kontakt aufzunehmen, mit dem Autor, und das Programm abzustimmen.

[00:07:52]  Und da ist vorher immer meistens dein Brain gefragt.

[00:07:55]  Und da gibt es ja auch eine Neuerung, die gab es nämlich vorher bei „Innsbruck liest“

[00:07:59]  meines Wissens nach nicht.

[00:08:01]  Das ist eigentlich erst im zweiten Jahr, wo wir die Aktionen durchgeführt haben, entstanden.

[00:08:05]  Und zwar dadurch, dass ja diese Zusammenarbeit mit der Autorin, mit dem Autor, immer sehr intensiv ist in diesen Tagen, während der Veranstaltungen, der Verteilaktionen, der Signierstunden und so weiter.

[00:08:16]  Dass wir damals die Idee hatten, wir könnten die oder den heimsuchen.

[00:08:21]  Genau, dann gibt es die Heimsuchung.

[00:08:23]  Wobei die Heimsuchung dann meistens sehr nett in einem Café passiert.

[00:08:28]  Oder wenn die Autorin, wie heuer, zu weit weg wohnt, auch mal im virtuellen Raum.

[00:08:34]  Und das ist immer eigentlich ganz fein, weil es sind dann vier, fünf sehr intensive Tage.

[00:08:40]  Und „Innsbruck liest“ ist ja nicht so eine Lesung, die nicht irgendwo vorne an der Bühne stattfindet und danach ein paar Signiereinheiten, sondern wir verschleppen

[00:08:54]  im wahrsten Sinne des Wortes die Autoren

[00:08:56]  und Autorinnen, ja, an ganz ungewöhnliche Orte.

[00:08:59]  Ich weiß nicht, ob du dich erinnern kannst, an

[00:09:01]  skurrile Plätze?

[00:09:03]  Ja, gab es schon einige.

[00:09:06]  Also diese besonderen Orte der Aktion, aber ich wollte vorher noch sagen, dass es schon so ein bisschen an die Belastungsgrenze eigentlich für alle Beteiligten geht.

[00:09:13]  Das ist ja dann doch drei Tage oder manchmal waren es ja auch mehr Tage von morgens bis abends dann durchgehend Programm.

[00:09:20]  Oft wollen da ja dann die Autorinnen und Autoren dann auch noch ein bisschen Sightseeing, vielleicht machen.

[00:09:25]  Der Klassiker in Innsbruck, einmal auf die Nord-Kette rauf oder ähnliches.

[00:09:29]  Weißt du übrigens, wer die erste Autorin war, die wir damals betreut haben, weil wir haben ja gesagt vor der Übernahme?

[00:09:35]  Ich glaube die Laura Freudenthaler, aber ich bin mir jetzt nicht mehr ganz sicher, aber die

[00:09:39]  war ja, es war ja so ein bisschen eine speziellere Variante des Ganzen, weil da war genau diese Übergangsphase.

[00:09:45]  Das heißt, die Jury wurde damals noch von der Natalie Pedevilla, glaube ich, besetzt.

[00:09:49]  Die hatten dann schon das Buch ausgewählt, es war schon eine Jurybegründung vorhanden,

[00:09:54]  und dann ist quasi mit dem fertigen Buchpaket, ist dann die Aktion zu uns gewandert und wir

[00:09:59]  mussten dann, eben wie du gesagt hast, die Kontaktaufnahme machen und ja, und das war damals „Die Königin schweigt“.

[00:10:05]  Genau. Und ich weiß noch, wir haben die Laura Freudenthaler unter anderem in die Straßenbahn

[00:10:14]  gesetzt und dort eine Signierstunde spontan, also schon für uns geplant, aber für die anwesenden

[00:10:20]  Mitfahrenden spontan gemacht. Also es war super, weil die Leute total überrascht waren,

[00:10:27]  „Was da ist die Autorin und da kann ich mir jetzt wirklich gleich das Autogramm holen?“,

[00:10:31]  und so wird es dort meistens genannt. Aber es war sehr fordernd, also das war brutal anstrengend

[00:10:39]  und ich weiß noch, wir haben nichts zum Trinken mit gehabt, es war warm, wir waren fertig.

[00:10:43]  Vor allem dank des Ausbaus der Straßenbahnlinien in Innsbruck hat ja das Ganze dann schon ziemlich

[00:10:48]  lang gedauert, weil wir ja von der Mitte sozusagen bis zum einen Ende und dann zurück zum anderen Ende

[00:10:53]  und wieder in die Mitte, Innsbrucker Bibliothek liegt ja circa Mitte, also von dem her. Wir waren zwei Stunden

[00:10:59]  fast auf dem Weg und ja war intensiv, aber war ein total tolles Gefühl, es war halt dann leider

[00:11:06]  das Jahr drauf, war dann ein nichtmögliches Jahr von „Innsbruck liest“, das haben wir dann auch

[00:11:14]  mitgemacht, es weiß jeder, was 22 war, also ich weiß noch da war es total schräg, weil wir haben ja

[00:11:20]  im April die Aktion geplant gehabt, es war dann schon alles geplant. Es waren die Bücher,

[00:11:25]  die 10.000 Bücher gerade auf dem Weg von einem deutschen Verlag Richtung Österreich und die

[00:11:32]  sind dann irgendwo in der Grenze hängen geblieben und wir haben dann im größten ersten Lockdown

[00:11:38]  diese Bücher irgendwie herlotsen müssen, ohne in der Bibliothek anwesend zu sein,

[00:11:44]  war auch spannend.

[00:11:46]  Stimmt und im darauffolgenden Jahr, wo ja dann die Aktion mit den, quasi ja, Büchern vom Vorjahr,

[00:11:53]  die ja, aber zum Glück, das ist ja der Riesenvorteil bei Literatur, natürlich  immer noch aktuell waren. Da war ja dann ein besonderer

[00:12:03]  Ort, finde ich das war schon ganz cool, da waren wir im Innsbrucker Alpen Zoo damals. Kannst du dich an das noch erinnern?

[00:12:08]   Ja.

[00:12:09]   Und da hat uns dann, da hatten wir ein

[00:12:10]  Vorgespräch, weil damals waren noch diese ganzen Corona-Sicherheitsbestimmungen mit genauen

[00:12:14]  Maßen, wieviel Zentimeter Stühle voneinander Abstand haben müssen beziehungsweise jeder zweite Stuhl

[00:12:21]  darf da nur besetzt sein und so weiter und wir haben es dann da durchgerechnet und haben dann

[00:12:25]  mit dem André Stadler vom Alpen Zoo, dem Direktor, ein Gespräch geführt und es war ziemlich lustig.

[00:12:31]  Ich habe auch noch Aufnahme von damals, wo er dann da im Raum versucht hat und zwar deswegen,

[00:12:36]  weil wir nämlich seine Tanzperformance noch dazu geplant hatten, hat er dann so mit Maske auf

[00:12:41]  ein paar Dancemoves gemacht, um zu zeigen, dass der Raum geeignet wäre. Dieser Hans-Psenner-Saal

[00:12:46]  ist ein Raum, wird dadurch toll, dass im Hintergrund ein riesiges Aquarium ist und dadurch, dass das

[00:12:51]  Buch eine Aquarium Szene hatte.

[00:12:52]  In einem Zoo, es war übrigens von der Milena Flasar,

[00:12:57]  Ja.

[00:12:57] „Herr Kato spielt Familie“. Das war schon ein toller Ort, also das war ja ein von mir gewünschter Lieblingsort

[00:13:05]  und war ein toller Ort. Weil ich glaube, das haben wir ja neu gemacht, ein bisschen bei „Innsbruck liest“,

[00:13:11]  dass wir so besondere Orte gesucht haben, weil die Eröffnung war ja früher im ORF,

[00:13:16]  die haben wir jetzt natürlich, weil wir den großen Veranstaltungsraum haben,

[00:13:20]  in die Bibliothek geholt, ganz klassisch. Und wie man das so, zumindest in meiner

[00:13:26]  Jugend, „Neu-Deutsch" genannt hat, haben wir ja auch versucht diesen Eröffnungsabend etwas zu pimpen, ja.

[00:13:30]  Ja, das ist dir auch gelungen, und zwar da bist du vor allem hauptverantwortlich,

[00:13:38]  weil ich da ganz auf deine Musik Auswahl vertraue. Also, wem es nicht gefällt

[00:13:43]  Boris ist schuld. Wem es gefällt, ich bin natürlich mit dabei bei der Organisation.

[00:13:49]  Auf jeden Fall es wird nämlich dann dieses Jahr auch anlässlich des Jubiläums schon noch einmal besonders,

[00:13:58]  also sollen wir schon spoilern?

[00:13:00]  Ja.

[00:13:01]  Ja, also es gibt nämlich diesmal nicht nur extrem tolle Musik dazu,

[00:14:03]  rund um die Gespräche und die Lesung am Eröffnungsabend, der 6. Mai, ein Montag.

[00:14:09]  Sondern es gibt dann danach sogar noch ein, ich sage jetzt mal, kleines Konzert.

[00:14:14]  Und zwar von? Ja, von "Mad About Lemon".

[00:14:19]  Cool, ja, wird sicher voll lässig.

[00:14:22]  Übrigens, Jubiläum „Innsbruck liest“ findet zum 20. Mal statt. Es ist eigentlich vor 21 Jahren gegründet worden,

[00:14:29]  aber wir haben wie zuerst schon erklärt, einmal ist es, ja sozusagen verschoben worden.

[00:14:33]  Und deswegen heuer zum 20. Mal. Es gibt ein ziemlich cooles Programm. Haben wir schon gesagt,

[00:14:40]  wer heuer die Autorin ist? Es ist ja...

[00:14:41]  Ja, haben wir noch nicht gesagt, es ist die Caroline Wahl, im Nachnamen.

[00:14:47]  Und das Buch ist "22 Bahnen". Da hatten wir ja auch schon eine spannende Situation,

[00:14:56]  weil wir haben ja eine unserer Hauptsponsoren, die IKB, und werden da heuer auch eine Veranstaltung

[00:15:00]  in einem städtischen Hallenbad...

[00:15:02]  Halli, hallo, zwei.

[00:15:04]  Zwei Veranstaltungen, stimmt.

[00:15:05]  Ein Lesung und einmal Schwimmtraining.

[00:15:07]  Aber ich bin immer so literarisch fokussiert, deswegen, also ich habe jetzt nur das Literarische im Kopf gehabt.

[00:15:10]  Auf jeden Fall, wir wissen, wir sind dann da zur IKB gegangen, und hatten ein Vorgespräch

[00:15:16]  und haben das Buch hingelegt und dann war plötzlich die Frage "22 Bahnen"?.

[00:15:22]  „Wir haben gar kein Schwimmbad mit 22 Bahnen.“

[00:15:24]  Ach, das war das.

[00:15:25]  Und dann sind wir draufgekommen, dass bei uns heißen die Bahnen Längen.

[00:15:28]  Und in Deutschland heißen die Bahnen Bahnen.

[00:15:31]  Also jetzt heißt es, ich schwimme dann in einer Bahn, 22 Bahnen.

[00:15:35]  Während man bei uns in einer Bahn 22 Längen schwimmt.

[00:15:38]  Deswegen machen wir eine Lesung während das Publikum "22 Längen Bahnen schwimmt".

[00:15:43]  Machen wir das?

[00:15:45]  Nein, glaube ich nicht.

[00:15:47]  Sondern wir machen einmal eine Lesung und einmal gibt es die Möglichkeit,

[00:15:51]  sich Trainingstipps zu holen von einem Kollegen von uns in der Bibliothek,

[00:15:55]  der auch staatlich geprüfter Schwimmlehrer ist.

[00:15:57]  Und da kann man dann die 22 Bahnen schwimmen.

[00:16:00]  Außerdem haben wir ja wieder heuer ganz viele Verteilaktionen geplant,

[00:16:06]  weil das ist auch noch so ein Punkt, den wir neu gemacht haben.

[00:16:09]  Wir haben nicht nur Verteilorte, wo die Leute hinkommen können, das Buch zu holen,

[00:16:14]  sondern wir überraschen sie auch an ungewöhnlichen Orten und schenken ihnen das Buch,

[00:16:20]  was auch immer total nett ist, die Reaktion von Menschen, die etwas geschenkt bekommen

[00:16:24]  und gar nichts dafür tun müssen, sondern einfach nur es nehmen.

[00:16:29]  Und da sind wir ja vor dem Einkaufszentrum Sillpark, über die Schwimmbäder der IKB,

[00:16:36]  und eben die Straßenbahn, wo wir vorne auftauchen, unterschiedliche Orte in Innsbruck.

[00:16:41]  Und ich finde, dass es immer so positiv von den Menschen, die uns rückmelden.

[00:16:47]  Ja, das war eben auch so eine Idee von uns. Das stimmt ja.

[00:16:49]  Und das ist auch gut, weil man muss ja, der Literatur sollte man ja überall begegnen.

[00:16:53]  Es gibt einen alten Spruch: „Die Literatur ist immer im Dienst“ und

[00:16:59]  so versuchen wir das auch umzusetzen.

[00:17:01]  Ja, und wir haben noch etwas gemacht.

[00:17:03]  Das haben wir jetzt zum dritten Mal, um einen niederschwelligen Zugang zu machen.

[00:17:10]  Nämlich es gibt immer ein „Innsbruck liest“ Hörbuch.

[00:17:13]  Weil wir dieses Mal, das unter Anführungszeichen Problem hatten,

[00:17:16]  dass es das Buch, das Hörbuch, schon gab oder gibt bereits.

[00:17:20]  Und was ist jetzt da die Lösung?

[00:17:22]  Das „Innsbruck liest“ Hörbuch heuer,

[00:17:24]  gibt es in der Onleihe der Stadtbibliothek.

[00:17:28]  Für Mitglieder ist das kostenlos.

[00:17:31]  Für die, die noch kein Mitglied sind, Folgendes:

[00:17:34]  Also bis 17 Jahre liest man in der Stadtbibliothek sowieso kostenlos,

[00:17:38]  mit Kulturpass übrigens auch.

[00:17:40]  Und für alle anderen werden wir bei Neuanmeldungen Jahresmitgliedschaften verschenken.

[00:17:48]  Bitte einfach das Kennwort „Innsbruck liest Hörbuch“ in der Stadtbibliothek

[00:17:52]  bei der Anmeldung sagen und dann

[00:17:55]  gibt es eine kostenlose Mitgliedschaft.

[00:17:58]  Ja, in dem Sinn.

[00:18:00]  Ich muss jetzt wieder sausen und schauen, ob das passt unten mit den Büchern,

[00:18:04]  weil die werden kommenden Montag rausgeschickt,

[00:18:08]  damit man sie ab Dienstag, den 30. April überall kriegt und bekommt und verteilen kann.

[00:18:16]  Ja, und in der nächsten Folge spreche ich mit Birgit Neu und Thomas Pühringer.

[00:18:21]  Beide waren schon ganz am Anfang der Aktion „Innsbruck liest“ dabei

[00:18:24]  und können uns spannende Details über die erste Ausgabe und über die Jahre danach erzählen.

[00:18:31]  Und bis dahin gutes Lesen.

[00:18:34]  [Musik]

[00:18:58]  Das Vorwort ist eine Produktion der Stadtbibliothek Innsbruck und Teil der Stadtstimmen,

[00:19:04]  dem Audiokanal der Stadt Innsbruck.

Transkription

[00:00:00]  Vorsicht, der Genuss dieses Podcasts kann zu vermehrten Bibliotheksbesuchen führen.

[00:00:06]  Ja hallo und herzlich willkommen zum Vorwort, dem Podcast der Stadtbibliothek Innsbruck.

[00:00:26]  Mein Name ist Christina.

[00:00:28]  Und ich bin die Pia.

[00:00:30]  Und heute reden wir darüber, warum mögen wir Booktok eigentlich nicht.

[00:00:36]  Bevor wir aber in dieses vielleicht kontroverse Thema starten,

[00:00:40]  haben wir heute die große Ehre bekannt zu geben, das Buch für Innsbruck liest.

[00:00:47]  Seit 16.04. wissen es die Innsbrucker, was wir lesen.

[00:00:52]  Und Pia, was lesen wir denn in diesem Jahr bei Innsbruck liest?

[00:00:55]  Worauf dürfen sich die Innsbruckerinnen und Innsbrucker freuen?

[00:00:58]  22 Bahnen heißt das Buch.

[00:01:00]  Von der Caroline Wahl, die übrigens, wenn Innsbruck liest, den Podcast übernimmt,

[00:01:06]  ab nächster Woche auch in einer der Folgen zu Gast sein wird.

[00:01:10]  Mit Boris ein Interview führen wird.

[00:01:12]  Also da freuen wir uns extrem drauf.

[00:01:14]  Es ist das 20. Jubiläum der Aktion vom 30.04. bis 10.05.

[00:01:20]  gibt es ganz viele Veranstaltungen, Signierstunden, die Caroline Wahl wird dabei sein.

[00:01:25]  Wir freuen uns darauf sehr. Es werden 10.000 Bücher verteilt.

[00:01:29]  Und wie gesagt, ab nächster Woche sind wir erst einmal weg vom Fenster

[00:01:34]  und dürfen uns auch freuen, was Lisi, Boris und so mancher Gast und manch eine Gäste mitbringen.

[00:01:41]  10.000 gratis Bücher und kostenlose Veranstaltungen vom 30. April bis zum 10. Mai.

[00:01:48]  Innsbruck liest zum 20. Mal.

[00:01:51]  Hot Take.

[00:01:56]  Booktok ist nicht überbewertet, hat aber extrem viele Nachteile, warum ich es nicht so gerne mag.

[00:02:03]  Verstehe. Bist du schon mal auf Tiktok gewesen?

[00:02:08]  Also sollten wir vielleicht einmal erklären, was Booktok genau ist.

[00:02:11]  Genau.

[00:02:12]  Also es gibt ja Tiktok, das ist eine Social Media Plattform.

[00:02:15]  Und Booktok ist im Grunde ein Bereich auf dieser Plattform, wo sich Leute über Bücher austauschen.

[00:02:21]  Geboren aus dem Hashtag Booktok, zusammengesetzt von was auch immer gerade der Trend ist und Tok.

[00:02:29]  Und das ist so groß geworden, würde ich sagen, seit der Pandemie.

[00:02:34]  Seit 2020, seit die Leute, das kommt ja wieder aus dem amerikanischen Raum so ein bisschen,

[00:02:39]  da wurde das dann groß, plötzlich auch sehr relevant für die verschiedenen Buchmärkte

[00:02:44]  und zwar nicht nur in Amerika, nicht nur in Großbritannien, sondern das ist auch bis zu uns rüber geschwappt

[00:02:51]  und hat auch einen Einfluss bei uns.

[00:02:53]  Man sieht es auch auf dem Buchcover auf den Deutschen.

[00:02:58]  Oft steht es jetzt darauf, die Tiktok-Sensation, manchmal als Kleber, aber manchmal auch direkt auf der Annotation oben,

[00:03:04]  auf der Inhaltsangabe.

[00:03:06]  Da steht es echt extra dann dabei, dass es auf Tiktok bekannt geworden ist.

[00:03:10]  Ich habe jetzt gerade eines katalogisiert. Katalogisieren für alle, die nicht zufällig Bibliothekarinnen oder Bibliothekaren sind,

[00:03:16]  ist einfach, wenn wir Bücher bestellt haben und die müssen ja dann irgendwie in unser System rein,

[00:03:20]  damit man es auch schön findet, wenn man zum Beispiel die Suche verwendet in unserem Online-Katalog.

[00:03:26]  Damit man das sieht, muss das Buch eingearbeitet werden.

[00:03:30]  Auch da ist es gerade eben draufgestanden.

[00:03:33]  Wir bestellen ja Bücher inzwischen auch tatsächlich.

[00:03:36]  Zuerst bevor es bei uns angekommen ist, habe ich auf jeden Fall gemerkt,

[00:03:40]  dass es im Buchhandel war es relativ schnell ein Thema, ich meine, klar ist Verkauf.

[00:03:46]  Da ist es inzwischen üblich, dass du mindestens einen Tisch hast, wo du entweder die nächste Tiktok-Sensation

[00:03:53]  oder Booktok-Sensation oder halt die ganzen verschiedenen Bücher von Booktok aufgestellt hast, oder?

[00:04:00]  Ist dir das auch schon aufgefallen?

[00:04:02]  Ja, das ist jetzt immer mehr geworden.

[00:04:05]  Und eben inzwischen auch zu uns übergeschwappt.

[00:04:08]  Wir haben schon auch Bücher, die genau in diese Richtung gehen.

[00:04:11]  Also die Colleen Hoover, zum Beispiel ist das Paradebeispiel davon, das ist eine Autorin,

[00:04:16]  die sowohl im Jugendbuchbereich, aber auch im Erwachsenenbereich, sehr gut ankommt,

[00:04:20]  die eben oft Liebesromane schreibt und die kommen sehr, sehr gut auf Tiktok und auf Booktok an.

[00:04:28]  Ich habe es jetzt einmal ausprobiert.

[00:04:30]  Ich habe es jetzt einmal runtergeladen, weil ich mir gedacht habe, ich wollte jetzt nicht sagen, ich finde das so einen Blödsinn,

[00:04:35]  wenn ich keine Ahnung davon habe im Grunde oder?

[00:04:38]  Jetzt bin ich richtig gespannt, kurze Vorgeschichte.

[00:04:40]  Wir reden schon seit einiger Zeit darüber, dass wir dieses Booktok, dieses sogenannte, also wir reden schon seit einiger Zeit darüber,

[00:04:51]  das wir darüber eine Folge machen wollen.

[00:04:53]  Wir finden das beide sehr, sehr interessant.

[00:04:55]  Wir sind aber beide sehr Social-Media-scheu und waren beide noch nie auf Tiktok.

[00:05:00]  Ich zum Beispiel weigere mich, diese App runterzuladen aus verschiedensten Gründen.

[00:05:04]  Das hat für mich mit Datenschutz zu tun, es hat für mich damit zu tun, dass der Algorithmus zu gut ist.

[00:05:08]  Und über diese ganzen Themen werden wir jetzt ja gleich noch reden.

[00:05:12]  Und jetzt höre ich zum ersten Mal, also du hast dir das jetzt runtergelacht.

[00:05:17]  Wann hast du dir das runtergeladen?

[00:05:18]  Am Montag.

[00:05:19]  Am Montag.

[00:05:20]  Also jetzt ungefähr eine Woche halt.

[00:05:23]  Und ich wollte es eben extra für diese Folge, weil ich mir dachte, ich will jetzt nicht über was schimpfen,

[00:05:27]  wo ich dann gar keinen Plan davon habe oder wo ich nicht weiß, wie es wirklich dann tatsächlich ausschaut.

[00:05:31]  Und ich werde es aber jetzt wieder löschen.

[00:05:35]  Es ist mit meine Welt, muss ich sagen.

[00:05:38]  Ich habe es runtergeladen und es ist extrem spannend gewesen,

[00:05:41]  weil das erste, was mir aufgefallen ist, dass ich sofort in einer Kategorie eingeteilt worden bin als Nutzerin.

[00:05:50]  Weil das erste Video des ich bekommen habe, wo ich dann nach Booktok gesucht habe,

[00:05:54]  war Bücherempfehlungen für Frauen in ihren 20ern.

[00:05:57]  Und das war dann so, okay, sie wissen irgendwie genau.

[00:06:00]  Also ich bin 30, aber trotzdem werde ich sofort in eine Kategorie eingeteilt

[00:06:06]  und kriege dann dementsprechende Empfehlungen.

[00:06:09]  Und das nächste war dann Booktok Bücher, die dem Hype gerecht werden.

[00:06:13]  Das waren dann lauter Liebesromane.

[00:06:15]  Und es war auch spannend, dass die dann natürlich sofort,

[00:06:18]  man kann es natürlich auch sein, dass Leute, die nach Booktok suchen generell weiblich sind,

[00:06:24]  es natürlich auch.

[00:06:25]  Das ist glaube ich, da gibt es, also das ist, ich kann jetzt keine Studien zitieren.

[00:06:30]  Ich beschäftige mich mit dem Thema eher so auf einer Meta-Ebene,

[00:06:34]  indem ich mir nämlich auf YouTube Videos über Analysen von Booktok Büchern mir anschaue.

[00:06:40]  Von tatsächlichen Booktok-Userinnen und meistens Userinnen.

[00:06:44]  Und ich glaube schon, dass es ist ja auch ...

[00:06:47]  Dass es sehr weiblich dominiert ist.

[00:06:48]  Ja, es merken wir auch bei, also in der Belletristik ist es auf jeden Fall so,

[00:06:51]  dass mehr Frauen belletristische Romane lesen.

[00:06:55]  Und ich würde dann davon ausgehen, dass sich das auf jeden Fall übersetzt.

[00:06:58]  Auch die ganzen Influencerinnen, die sind ja zu 80 Prozent.

[00:07:03]  Frauen.

[00:07:04]  Also, das ist mir auch aufgefallen.

[00:07:07]  Aber meinst du nicht, dass eine Woche zu wenig ist?

[00:07:09]  Ja, natürlich.

[00:07:11]  Weil dieser Algorithmus soll ja so teuflisch gut sein und soll ja je mehr du interagierst

[00:07:15]  und je mehr du machst, desto genauer kennt er dich.

[00:07:19]  Und ich glaube, eine Woche ist noch nicht lang genug.

[00:07:21]  Ja, das ist sicher so, aber eben, ich wollte es einfach mal testen,

[00:07:23]  und ich habe das schon fasziniert gefunden.

[00:07:25]  Das ist das erste, was ich kriege, ist Bücher für Frauen in ihren 20ern.

[00:07:29]  Und es waren aber auch keine schlechten Empfehlungen.

[00:07:31]  Du bist eine Zielgruppe.

[00:07:33]  Ja, ich bin eine Zielgruppe.

[00:07:35]  Es sind noch Bücher, die wir in der Bibliothek haben.

[00:07:37]  Also das waren dann so Sachen wie zum Beispiel die Gespräche mit Freunden

[00:07:39]  von Sally Rooney, haben wir, auf Deutsch und Englisch, Cleopatra und Frankenstein

[00:07:44]  von Coco Mellors, haben wir ebenfalls in der Bib.

[00:07:47]  Oder auch so Ratgeber-Sachen wie 101 Essays, die dein Leben verändern werden

[00:07:51]  von der Brianna Wiest.

[00:07:52]  Da haben wir ja auch einige von ihr.

[00:07:54]  Aber bin ich jetzt nicht so beeindruckt, weil ich habe einen,

[00:07:57]  das sind einfach die fünf Bücher, die du überall siehst.

[00:08:00]  Natürlich.

[00:08:02]  Aber das waren jetzt keine...

[00:08:04]  Also, das waren jetzt die ersten Vorschläge, die ich bekommen habe.

[00:08:08]  Und da war ich so, okay, ich hätte mir sofort die Colleen Hoover vorgestellt.

[00:08:11]  Und das ist eben so das typische, okay, Liebesroman-Ding.

[00:08:14]  Das war dann schon das zweite, was ich bekommen habe.

[00:08:16]  Das war eben dieses zweite, das zweite Video, das war die "Elly Haysworth".

[00:08:20]  Ja, ich glaube halt, also ich glaube schon,

[00:08:23]  dass dieser Algorithmus gut für dich funktionieren kann,

[00:08:26]  wenn du den für dich nutzt.

[00:08:31]  Das ist ja wie eigentlich alles, was Social Media oder was das Handy und so weiter betrifft.

[00:08:37]  Wenn du es für deine Zwecke nutzt und den Algorithmus richtig fütterst

[00:08:42]  und dann nicht auf zu viele Videos klickst und das wirklich nur benutzt,

[00:08:45]  wenn du was brauchst, dann kann dir das sicher dienlich sein.

[00:08:48]  Das Problem, das ich mit Booktok habe, ist also einmal dieses Rabbit Hole,

[00:08:53]  das einfach durch diesen hervorragenden Algorithmus immer krasser wird

[00:08:58]  und du wirst halt immer mehr, also noch mehr in so Bubbles gezogen.

[00:09:04]  Und ich habe zum Beispiel gelesen einmal vor Kurzem,

[00:09:09]  dass die App auf deine Kamera zugreift.

[00:09:13]  Hat sie dich nach Erlaubnis gebeten?

[00:09:16]  Kamera nicht, aber meine Kontakte wollte, sie haben da wie nein gesagt.

[00:09:20]  Immer eine gute Idee, da nein zu sagen, Datenschutz ist wichtig.

[00:09:24]  Wir laden uns da irgendwelche Apps auf unser Handy und oft vor Convenience.

[00:09:29]  Schauen wir gar nicht, was wir uns da eigentlich draufladen, aber das wundert mich,

[00:09:33]  weil ich habe gelesen, dass TikTok als App scannt,

[00:09:39]  die Mimik, wo die Augenlange sind und genau ob es dir gefällt.

[00:09:44]  Ich kann das natürlich nicht mehr herholen, ich werde in die Show-Notes,

[00:09:47]  wenn ich es noch einmal finde, das auf jeden Fall verlinken,

[00:09:50]  wenn ich dazu etwas finde.

[00:09:51]  Ich erinnere mich noch, dass ich da sehr erstaunt und erschrocken war.

[00:09:55]  Und die Verweildauer verwenden sie prinzipiell, glaube ich, auch auf Instagram.

[00:09:58]  Und so wie lange du auf einem Post oben bist oder dir ein Video anschauen schon so.

[00:10:02]  Aber TikTok hat es halt, also so, von allen Social-Media-Plattformen,

[00:10:07]  kann TikTok das am besten.

[00:10:10]  Und es ist natürlich so, schnell, schnell, schnell ein Video noch in die...

[00:10:14]  Für mich ist es einfach so ein schnelles Medium, deswegen ist es auch nichts für mich.

[00:10:18]  Ich bin halt Generation YouTube, da schauen wir dann gerne lieber eine Analyse

[00:10:21]  oder ein längeres Video dazu an.

[00:10:23]  Aber diese ganz kurz, das ist mal so schnell gegangen,

[00:10:26]  oft so ganz schnelle Cutes, das mag ich irgendwie nicht.

[00:10:29]  Und die haben dann total, ich bin mir so alt vorkommen,

[00:10:32]  weil ich ständig Pause habe, drücken müssen, um mir die Bücher anzuschauen,

[00:10:35]  weil ich nicht mitbekommen hab, welches Buch jetzt gerade wieder vorstellt wird.

[00:10:39]  Ich meine, da kann man ja vielleicht auch dazu sagen,

[00:10:41]  das hat ja auch de facto was mit einem Alterungsprozess zu tun,

[00:10:47]  dass man irgendwann gar nicht mehr so schnell hinterher kommt.

[00:10:50]  Und du hast ja noch tausend andere Sachen, die dich mehr interessieren,

[00:10:53]  als da jetzt das Video zu schauen.

[00:10:55]  Ja.

[00:10:57]  Ja, aber es war lustig, sich das mal anzuschauen,

[00:11:01]  aber eben dieser weibliche, also das vorwiegend Frauen sind auf der Plattform selber,

[00:11:07]  das ist schon sehr auffällig, denn ich habe einen Mann gefunden.

[00:11:10]  Das war dann aber erst, wo ich dann spezifisch nach Fantasy Büchern gesucht habe,

[00:11:14]  und der ist dann auch ziemlich weit unten daherkommen,

[00:11:16]  also es hat gedauert.

[00:11:18]  Und dann auch habe ich angefangen, nach Büchern zu suchen, wo ich mir gedacht habe,

[00:11:21]  okay, da glaube ich jetzt nicht, dass unbedingt eine riesige Community dafür auf Booktok ist.

[00:11:26]  Da habe ich zum Beispiel nach der Donna Leon gesucht, da habe ich dann total,

[00:11:29]  also es hat Videos gegeben, aber sehr wenig.

[00:11:32]  Und eine war eine, ich weiß jetzt gar nicht, ob sie englisch geredet hat,

[00:11:36]  es war auf jeden Fall ein englisches Video,

[00:11:38]  weil sie englische Captions gehabt hat.

[00:11:40]  Und da hat sie so, das war extrem unterhaltsam für mich,

[00:11:44]  weil sie irgendwie die Donna Leon für sich entdeckt hat.

[00:11:47]  Und dann Donna Leon ist irgendwie so ein Standard, Krimi-Autorin für mich.

[00:11:52]  Und dann hat sie so eben diese Caption reingeschrieben,

[00:11:55]  das Gefühl, wenn du ein tolles Buch liest und entdeckst,

[00:11:58]  dass es eine Serie mit über 30 Büchern ist, da hab ich gedacht.

[00:12:01]  Wer kennt die Donna Leon nicht?

[00:12:03]  Also es war irgendwie amüsant.

[00:12:05]  Wahrscheinlich die meisten Amis, weil die Donna Leon ist ja Amerikanerin.

[00:12:09]  Klingt vom Namen her so italienisch, ist auch in Diogenes Verlag,

[00:12:13]  es hat auch so einen Hauch.

[00:12:15]  Also es ist schon, es ist irgendwie so extra so vermarktet.

[00:12:20]  Und in Amerika geht es ja gar nicht, und übrigens geht es weg,

[00:12:22]  wie warme Semmeln.

[00:12:24]  In Amerika kennt ich, glaube ich, also keinen, die wenigstens, wie ich ja.

[00:12:27]  Wir mögen sowas.

[00:12:29]  Aber es war lustig.

[00:12:31]  Und ich habe dann auch nach deutschsprachigen Autoren und Autorinnen gesucht.

[00:12:36]  Und es, also es hat ein paar Sachen geben,

[00:12:40]  ab und zu mal einen Post, aber sehr wenig.

[00:12:43]  22 Bahnen ist zum Beispiel sehr beliebt auf Booktok.

[00:12:48]  Das fand ich schon sehr cool mit am Zahn der Zeit.

[00:12:51]  Und dass das Innsbruck liest Buch

[00:12:53]  soweit vorne ist auch. Also, dass auch deutsche Schriftstellerinnen da gesehen werden, fand

[00:12:58]  ich irgendwie schon gut. Ich glaube, dass es schwierig ist, weil ich hab dann auch zum Beispiel

[00:13:03]  so nach der Monika Helfer oder halt so wirklich die auch gut bei uns gehen gesucht oder Rebecca

[00:13:09]  Gablé und die erste Rebecca, die es mir vorgeschlagen hat, waren die Rebecca Yarros, die von

[00:13:14]  Fourth Wing, also Flammengeküsst. Da war das ja auch alles eher ältere Autorinnen gewesen oder die Monika Helfer ist ja auch

[00:13:23]  eher und die Rebecca Gablé. Stefanie Sargnagel habe ich dann auch gesucht. Und wie war auch

[00:13:28]  das? Da waren nur Videos über sie, aber auch ganz wenige. Also wie sie zum Beispiel mal eine Lesung

[00:13:32]  macht oder so. Aber insgesamt hast du dich da nicht so wohl gefühlt? Es war jetzt nicht so mein

[00:13:38]  Ding. Also ich bin ja generell eher im englischsprachigen Raum, auch im Internet unterwegs. Aber trotzdem ist es irgendwie

[00:13:47]  interessant dann gewesen, dass es so ein Bias ist in Richtung englischsprachige Bücher. Es hat

[00:13:51]  dann schon, also wo es zum Beispiel einiges mehr geben hat, von Cornelia Funke, wobei die natürlich

[00:13:55]  auch in die Jugendbuchrichtung geht. Das heißt, es ist genau im Grunde auch die Zielgruppe ein

[00:13:59]  bisschen. Und Thomas Brezina, da habe ich auch einiges gefunden. Der wird auch wissen, dass er da hin muss.

[00:14:05]  Der ist selber auch auf. Also der hat einen eigenen Account. Also ich glaube, das überrascht mich

[00:14:10]  gar nicht. Du weißt natürlich dann in Amerika groß gewordenes Phänomen ist. Du hast

[00:14:15]  die meisten Booktubers sind ja auch einfach amerikanisch oder höchstens halt aus der UK oder

[00:14:20]  zumindest gehen die in den englischen Sprachraum und besprechen dann auch immer die gleichen Bücher.

[00:14:24]  Und der, ich meine, Deutsche und Österreichische und Schweizer Literaturmarkt, das ist dagegen

[00:14:29]  natürlich winzig klein und das ist auf so einer Plattform. Also absolut verständlich natürlich. Aber

[00:14:34]  es ist schon interessant, dass dann so extremer Bias vorhanden ist. Ja. Und an sich

[00:14:41]  finde ich jetzt, also der Content, der jetzt oben ist, ist ja an sich nicht schlecht. Also es ist

[00:14:46]  auch Fan Content, wo es sich darüber austauschen. Und so was ja auch super ist, dass eine

[00:14:49]  jüngere Generation jetzt auch mehr ins Lesen kommt und das so annimmt und selber Fanart kreiert. Also

[00:14:56]  wirklich schöne Sachen sind da teilweise oben. Und da hat Booktok noch einmal maßgeblich dazu

[00:15:00]  beigetragen, dass die Gen Z total viel liest, also das Buch war totgesagt. So, da haben wir ja

[00:15:06]  schon letzte Woche darüber geredet über das gedruckte Buch und so. Aber dass das, also das

[00:15:12]  Buch ist absolut in, ist ein Trend. Ja. Aber man hat auch so das Gefühl, es ist ein gewisses

[00:15:17] Ästhetik, die da verkauft wird. Gerade in so gewissen Videos hat man das Gefühl, okay,

[00:15:22]  es ist jetzt da so entspannend, nachher hat man so ein netter Musik im Hintergrund, Bücher mit sehr,

[00:15:27]  sehr schönen Covern, am besten Schmuckausgaben. Und das ist, wo ich hinkomme zu dem, was mich

[00:15:33]  wirklich stört, an diesem Booktok Trend, weil es eine Ästhetisierung des Buches mit sich bringt,

[00:15:40]  was per se nicht unbedingt was Schlechtes oder was Gutes ist. Das ist erst einmal wertneutral.

[00:15:45]  Aber Social Media sind einfach immer ein Medium der Selbstdarstellung. Und das heißt, da wird

[00:15:52]  dann plötzlich das Lesen zu so einer kuratierten Kunstform erhoben. Das heißt, was lese ich?

[00:15:57]  Nicht nur an… Das ist ein Hobby, das ich vermarkten kann, gleich gesagt.

[00:15:59]  Ja, was? Genau, du vermarktest dich und du wirst nicht den Asterix und Obelix Comic schön

[00:16:04]  neben den Kaffee stellen, sondern dann halt einen Camus. Und das heißt, welche Bücher zeige ich,

[00:16:11]  was lese ich oder was möchte ich, dass jemand denkt, dass ich lese. Das geht ja so weit,

[00:16:17]  dass es schöne Schmuckausgaben von Büchern, dass es Buchstylisten gibt und die dann Celebrities

[00:16:24]  diese schönen Schmuckausgaben zur Hand geben und die sich dann damit fotografieren lassen.

[00:16:30]  Ja, ist ja nicht an sich nicht schlimm, aber da muss man sich… Also, das Bruch wird durch diese

[00:16:38]  Mechanismen halt immer mehr und mehr zum Konsumgut und zum Produkt.

[00:16:42]  Man geht immer mehr weg vom Text, vom eigentlichen oder? Und es geht nur mehr darum, wie schauts

[00:16:48]  denn aus? Und man, wie ich sage, immer Schmuckausgaben auch gerne. Aber da ist halt…

[00:16:51]  Ja, aber es geht um den Text und um die Kunst, die in dem Text ist und auch die Bücher,

[00:16:57]  die da teilweise gelesen werden. Es ist unbelassen, wer was lesen will. Aber was es in der Masse macht,

[00:17:06]  Das hat ja so ein Zyklus zur Folge. Jetzt geht es X, Y gut. Deswegen wird

[00:17:14]  das nächste Buch nächsten Jahres, was dann der Bestseller werden soll,

[00:17:19]  ist dann das gleiche Buch oder das gleiche Thema mit einer ähnlichen Autorin.

[00:17:22]  Ein bisschen anders, anders. Und Tropfen zum Beispiel auch, was das total gut geht. Da habe ich auch so

[00:17:28]  Videos gefunden, wie zum Beispiel Bücher, wo der Bösewicht das Mädchen kriegt oder so. Und eben,

[00:17:32]  wenn sowas dann auch funktioniert, ok, nachher kommen halt 10 Bücher in diese Richtung oder

[00:17:36]  halt nicht nur 10. Genau. Und mehr als in diese Richtung raus. Es Verlagswesen,

[00:17:39]  weil sie wollen ja auch was ist sicher. Das heißt, die wissen, das funktioniert, also wollen wir

[00:17:44]  mehr davon. Und dann wird es auch einfach immer ähnlicher und dann konsumieren die Leute immer

[00:17:48]  das Gleiche und eigentlich liest du immer die gleichen 10 Bücher im Zyklus so geführt oder

[00:17:52]  immer spezifischer. Und diese Chopisierung von Literatur, die ist uns auch schon aufgefallen in

[00:17:59]  der Bibliothek. Aber da stelle ich mir dann auch irgendwann die Frage, zum Beispiel es kommt auch

[00:18:06]  so ein bisschen, haben wir auch schon darüber geredet, aus der  Fanfiction raus, glaube ich. Ich glaube,

[00:18:09]  dass das so einfach so ein Internet-Ding ist, weil du brauchst ja sehr spezifische

[00:18:13]  Schlagworte, um zu finden, was du suchst. Ich finde es halt problematisch, wenn man dann

[00:18:19]  wirklich anfangen, weil das Buch, all das trägt einfach dazu bei, dass das Buch nur noch ein

[00:18:26]  reines Konsumprodukt ist. Ich möchte das Produkt "Enemies to Lovers" mit dem und dem Setting,

[00:18:31]  in dem und dem Cover. Und dann lese ich davon halt einfach die, weil die Verlage diese 10 Bücher

[00:18:41]  in genau dieser Ästhetik. Und dann bin ich genau in meiner Bubble auf Booktook, wo ich mir mit

[00:18:45]  den Leuten austausche, die an nichts anderes lesen und kriege nichts von anderer Literatur mit. Was

[00:18:52]  ihr an sich, wie gesagt, jeder darf ja lesen, was er will. Selbstverständlich. Aber gleichzeitig

[00:18:58]  ist es irgendwie schade, weil dadurch irgendwie die Buntheit der Literatur ein bisschen verloren

[00:19:03]  geht. Es lohnt sich egal, in welchem Kontext immer aus der eigenen Wohlfühblase auszusteigen.

[00:19:10]  Es muss ja nicht jedes Buch sein. Aber durchs Studium ist man zum Beispiel gezwungen, Bücher zu

[00:19:16]  lesen, wo man sich denkt, oh nein, so über Wochen. Und es hat jedes Mal ein Mehrwert. Und nicht jedes

[00:19:22]  Buch ist ein, oh nein, Buch schnell. Oft ist es dann auch so, wow, das ist genau das Meinige.

[00:19:27]  Und auch bei den oh nein-Büchern denkt man sich dann, okay, ich kann aber verstehen, warum das so

[00:19:32]  einen Status erreicht hat. Was natürlich bei uns in der Bibliothek auch schön ist, wir markieren

[00:19:39]  die ja nicht irgendwie extra oder was. Das heißt, es hat absolut seit Daseinsberechtigung, dass die

[00:19:44]  bei uns sind, dass wir sie für freuen und so über jedes Buch, das gelesen wird. Und das auf

[00:19:49]  individueller Ebene ist es sowieso noch mal eine ganze andere Geschichte, als eben in diesem

[00:19:54]  Massen-Phänomen, das mehr kritisieren hier. Bei uns ist es schön, die stehen einfach im Regal. Und

[00:20:00]  da kannst dir halt passieren, dass wenn du eh schon da, bist du nimmst halt das mit, was du gerade anlacht,

[00:20:05]  was du auf Booktook gesehen hast, weil es ist ja Aufmerksamkeitsökonomie und was ich sehr

[00:20:09]  will ich haben. Aber dann steht daneben halt eines, das vielleicht der ganze andere Genre ist und

[00:20:14]  dann sagst du, ach, dann nehme ich das halt auch mit. Und dann, machst du das, das kostet ja nichts. Und

[00:20:19]  das ist das nächste Booktook ist teuer. Wenn du dir wirklich all diese ganzen Book-Halls mit diesen

[00:20:27]  stapelweisen Büchern, die da irgendwelche Influencer kaufen, das ist dann, befördert

[00:20:31]  dann doch auch wieder diesen Konsum und ist irgendwie auch nicht, also ist auf jeden Fall nicht

[00:20:35]  den Zugängigen. Wer kann sich denn alleine zehn Bücher im Monat kaufen? Das sind 200 Euro,

[00:20:40]  wenn nicht mehr. Also das ist doch auch wahnsinns Geld. Ja, aber das ist für mich der Grund,

[00:20:47]  warum ich sehr leidenschaftlich Booktook kritisiere, weil einfach diese Dinge,

[00:20:55]  das ist so, diese Social Media hat sich so wegentwickelt von Kreativität und Austausch hin zu

[00:21:03]  Konsum und Booktook ist für mich so ein Parade-Beispiel dafür, für was, was so kreativ sein könnte,

[00:21:09]  dass sie sicher in Teilen noch ist. Natürlich, eben es gibt ganz nette Videos, eben auch diese

[00:21:16]  Fan-Community, die sich da zusammenschweißen und da sich zusammen austauschen. Das passt auch gut,

[00:21:23]  aber eben für mich war es irgendwie dann einfach zu leer und irgendwie so viele Posts,

[00:21:27]  dann einfach nur Copy und Paste. Diese Titel, diese, eben die Bücher, die haben den Hipe verdient,

[00:21:33]  das hast du halt einfach hundertmal und sind einfach verschiedene Bücher drinnen, aber ungefähr

[00:21:39]  genau das gleiche und dann denk ich mir halt auch wieder, okay, brauche ich jetzt auch nicht unbedingt.

[00:21:44]  Ja, und man muss natürlich sagen, das ist auf ein jüngeres Zielpublikum nicht zwangsweise ausgerichtet,

[00:21:53]  aber das hat sich halt aus den Nutzung, aus den Nutzungsverhalten einfach entwickelt. Das sind

[00:21:58]  TikTok generell ist ja eher die jüngere Generation, die sie jetzt zum Beispiel nicht mehr so auf Facebook

[00:22:06]  oder auf YouTube zu finden. Also Facebook sowieso. Ich glaube, YouTube sind so wir ungefähr und dann

[00:22:12]  kommt halt, ich meine, viele Leute in unserem Alter nutzen TikTok sicherlich auch, aber es gibt

[00:22:21]  gute Gründe, es zu nutzen, dann bin ich mir sicher, aber es gibt auch wahnsinnig viele gute Gründe,

[00:22:25]  es letztendlich dann vielleicht doch nicht immer zu viel zu nutzen. Ja, würdest du dir TikTok noch

[00:22:34]  aber installieren? Ich lösche es jetzt diese Woche, ich habe jetzt nur darauf gehört, dass

[00:22:38]  wir das jetzt noch machen und jetzt lösche ich es mir wieder runter. Ja, wir gehen dann auch

[00:22:43]  ständig diese Notifications auf den Geist, die kriegt nur, weil ich ein Video eben angeschaut

[00:22:48]  habe, da ist es nicht so, also ich habe jetzt niemanden abonniert und trotzdem kriege ich

[00:22:51]  dann irgendwelche Updates und das geht mir auf den Geist. Das ist aber generell eine Social

[00:22:55]  Media Sache und das mag ich einfach nicht so, deswegen. Und ich habe jetzt nichts gefunden, wo ich

[00:22:59]  mir denke, ah diese Empfehlung hätte ich jetzt nirgendwo anders her bekommen. Ja gut, wir sitzen auch

[00:23:04]  an der Quelle, das ist vielleicht noch mal was anderes, aber dann bin ich doch lieber bei YouTube,

[00:23:10]  muss ich sagen. Ob ich selbst dem jetzt drücken gekehrt habe, ein bisschen weitestgehend,

[00:23:15]  einfach weil ich auch da die Werbung überhand genommen hat. Ja, aber da mag ich einfach die

[00:23:20]  YouTuber lieber, die mir nachher eben so einfach Analyse-Videos, egal ob es über Filme oder Bücher

[00:23:26]  ist. Das ist auch zum Runterkommen besser. Tiktok ist so, das ist wie Glücksspiel ein bisschen, das

[00:23:34]  hält so den Dopaminspiegel so hoch, weil immer was Neues und immer was Neues kommt. Und ich glaube,

[00:23:40]  es hat ein extremer Suchtgefahr eben deswegen auch, weil sicher die Videos sind ganz kurz, aber

[00:23:45]  daraus, dass du so ein Endloschleife oder bei YouTube ist es nicht so, dass es jemand,

[00:23:49]  wie weiß, dass man das einstellen kann, dass es endlos weitergeht, aber das kannst du einfach

[00:23:53]  eben ausstellen und fertig. Aber bei Tiktok ist es so, du scrollst ständig weiter nach unten und

[00:23:57]  nach unten und das hört nie auf. Es ist sehr viel, also unbelassen, was man mit seiner Freizeit macht,

[00:24:03]  aber ich denke mir auch für mich privat, es ist sehr viel Lebenszeit und genauso aber auf YouTube

[00:24:10]  und das muss man sagen oder auch wenn man Fernsehen schaut, ist ja eigentlich egal. Aber

[00:24:16]  am Punkt muss man sich fragen, mache ich es jetzt, weil es mir gerade noch Spaß macht oder mache ich

[00:24:22]  es jetzt, weil es gerade die weniger aufwendige Variante oder Alternative ist. Aber uns würde

[00:24:29]  vor allen Dingen interessieren, nutzt ihr Booktok, woher kriegt ihr eure Lektüre-Empfehlungen,

[00:24:35]  widersprecht ihr unserer Meinung, das mögt ihr Booktok und wenn ja, warum liegen wir falsch,

[00:24:41]  schreibt uns auf post.stadtbibliothek@insbruck.gv.at oder gern auf Instagram oder Facebook.

[00:24:51]  Damit sagen wir auf Wiederhören und zwar in einem guten Monat. Bis dahin wünschen wir euch allen

[00:24:58]  viel Spaß mit dem Vorwort von Innsbruck-List. Wir übergeben an die Lisi und an den Boris

[00:25:06]  nächste Woche und bis bald. Viel Spaß bei Innsbruck-List, tschüss!

[00:25:10]  Das Vorwort ist eine Produktion der Stadtbibliothek Innsbruck und

[00:25:40]  Teil der Stadtstimmen, dem Audiokanal der Stadt Innsbruck.

Transkription

[00:00:00]  Vorsicht, der Genuss dieses Podcasts kann zu vermehrten Bibliotheksbesuchen führen.

[00:00:06]  Hallo und herzlich willkommen zum "S'Vorwort", den Podcast der Stadtbibliothek Innsbruck.

[00:00:26]  Ich bin die Christina.

[00:00:27]  Und ich bin die Pia.

[00:00:28]  Und heute sprechen wir darüber, warum wir eigentlich gedruckter Bücher mögen.

[00:00:33]  Bevor wir das aber machen, die Erinnerung.

[00:00:36]  Wir feiern dieses Jahr das 20. Jubiläum von „Innsbruck liest“.

[00:00:42]  Es werden wie jedes Jahr 10.000 Bücher verteilt.

[00:00:46]  Auftakt ist der 30.4.

[00:00:49]  Die Aktion geht bis zum 10.5.

[00:00:51]  Und, das ist das wichtigste, Datum:

[00:00:53]  Am 16.4. wird das Buch bekannt gegeben.

[00:00:58]  Das dürfen wir dann auch im Podcast verkünden und sind schon sehr aufgeregt.

[00:01:02]  Ab dem 25.4. passiert auch noch was Besonderes, nämlich eine freundliche Übernahme von unseren Kollegen und Kolleginnen, Lisi und Boris.

[00:01:11]  Die übernehmen "S'Vorwort" nämlich für einige Folgen.

[00:01:13]  Und dann gibt es die Sonderausgabe vom "S'Vorwort - Innsbruck liest“.

[00:01:17]  10.000 Gratis Bücher und kostenlose Veranstaltungen vom 30. April bis zum 10. Mai.

[00:01:24]  „Innsbruck liest“, zum 20. Mal.

[00:01:27]  So, genug dessen. Zurück zu anderen gedruckten Büchern.

[00:01:34]  Und das ist ja genau das, was wir jedes Jahr auch bei Innsbruck liest merken,

[00:01:38]  wo wir eben 10.000 Bücher an die Innsbruckerinnen und Innsbrucker verteilen.

[00:01:43]  Wie gerne die Leute das gedruckte Buch mögen und wie sehr sie das wertschätzen.

[00:01:48]  Und daran, so praktisch E-Books auch sein mögen, hängen wir.

[00:01:54]  Und ich würde dich damit einschließen, Pia, oder?

[00:01:57]  Ja, natürlich.

[00:01:58]  Am gedruckten Buch.

[00:02:00]  Deswegen beschäftigen wir uns da auch in der heutigen Folge damit,

[00:02:03]  warum das nach wie vor so ist, dass wir gedruckte Bücher mögen.

[00:02:08]  Und warum das in Zukunft wahrscheinlich so bleiben wird.

[00:02:12]  „S'Vorwort“ jetzt mit der Frage, warum mögen wir eigentlich gedruckte Bücher. Zum Einstieg

[00:02:17]  eine interessante Statistik nach dem großen E-Book-Hype von vor rund 10, 15 Jahren,

[00:02:24]  wo ja vorher gesagt wurde, dass das gedruckte Buch tot ist,

[00:02:28]  hat sich der Marktanteil für gedruckte Bücher, zumindest in Deutschland,

[00:02:33]  auf 6 % eingependelt.

[00:02:36]  Das ist von einer Statistik aus dem Jahr 2022 von Statista.

[00:02:41]  Was meiner Ansicht nach ein sehr, sehr geringer Marktanteil ist, oder?

[00:02:46]  Extrem, im Vergleich zu was jetzt genau?

[00:02:49]  Im Gesamtbuchmarkt.

[00:02:51]  Das heißt, alle Bücher, die es gibt, 6%, also die, die in Deutschland

[00:02:58]  mit einer ISBN herauskommen, 6% davon sind E-Books.

[00:03:03]  Und die anderen, die restlichen, also die haben einen 6%-igen Marktanteil.

[00:03:07]  Also, okay, ich habe gedacht, die gedruckten Bücher haben 6%.

[00:03:09]  Oh nein, oh nein.

[00:03:11]  Das ist viel zu niedrig gefühlt.

[00:03:13]  Ja, ich finde das faszinierend.

[00:03:17]  Ich weiß nicht, ich habe auch diese Phase durch erlebt, wo alle mal gesagt haben,

[00:03:20]  na, da sind die E-Books aufgekommen, es gibt überall E-Reader in 50 verschiedenen Varianten.

[00:03:25]  Und eben, Hörbücher gibt es sowieso auch schon die ganze Zeit,

[00:03:28]  also wer wird da wirklich noch ein gedrucktes Buch in die Hand nehmen

[00:03:32]  und dass diese Branche im Grunde vom Aussterben bedroht ist.

[00:03:36]  Aber man merkt es ja auch in der Bücherei,

[00:03:39]  wir haben zwar E-Books, aber das ist ein viel viel kleinerer Anteil,

[00:03:42]  als das, was wir an Büchern haben.

[00:03:44]  Also, die Leute lieben das immer noch.

[00:03:47]  Ja, das kann man ja öfter beobachten.

[00:03:50]  Ich glaube, das, was jetzt gerade so ist, also wenn neue Technologien auf den Markt kommen,

[00:03:54]  dann ist es ganz schnell und wahrscheinlich insbesondere in der Medienlandschaft so:

[00:03:58]  Boomen and Gloom.

[00:04:00]  Das Buch ist tot, lang lebe das E-Book.

[00:04:03]  Es ist ja grundsätzlich, würde man denken, auch praktischer.

[00:04:10]  Aber es gibt halt sehr viele Aspekte am gedruckten Buch,

[00:04:13]  die uns als Menschen, denke ich, ansprechen.

[00:04:16]  Ich meine, wenn man mal aus so bibliothekarischer Sicht reden

[00:04:20]  oder einfach aus Leser-Sicht.

[00:04:23]  Also die Haptik ist ja schon was, wenn man das Buch in der Hand hat,

[00:04:29]  es fühlt, die Seiten wirklich umblättern kann und nicht nur weiterklickt.

[00:04:34]  Also der Geruch des Buches, wie sich auch die Seiten anfühlen.

[00:04:39]  Es gibt Kolleginnen, die wollen ungenannt bleiben,

[00:04:44]  die regelmäßig in Büchern riechen und die extremen Lesefreunde werden es kennen.

[00:04:51]  Also, dass dieser Geruch ganz ausschlaggebend sein kann für das Leserlebnis.

[00:04:56]  Wenn es gut gemachte Seiten sind, die auch noch gut riechen, ist es was Schönes.

[00:05:01]  Das ist was ganz anderes natürlich,

[00:05:03]  als jetzt eben so ein Bildschirm vor sich zu haben.

[00:05:06]  Und das kann ich schon auch verstehen.

[00:05:09]  Was auch ein großer Aspekt ist, ist, das Buch heißt "Kulturgut".

[00:05:16]  Die kulturelle Bedeutung der Bücher, die ja auch in gewissen Sinne einmal einen Sammelwert haben.

[00:05:22]  Also wenn wir von Antiquariat und antiquarische Sammlungen und so sprechen,

[00:05:27]  Erstausgaben, das ist ein ganzer Geschäftszweig.

[00:05:32]  Ich meine Antiquariate, das sind auch Spezialisten in ihrem Gebiet.

[00:05:36]  Die Buchantiquariate, die die Erstausgaben oder alte Sachen haben

[00:05:42]  oder auch Bücher, die nicht mehr aufgelegt worden sind,

[00:05:45]  die es nirgends mehr gibt, die der Verlag nicht mehr im Programm hat,

[00:05:48]  von denen es nie E-Books gegeben hat.

[00:05:50]  Die die aber noch besitzen.

[00:05:53]  Und natürlich die deutsche Nationalbibliothek hat auch den Auftrag, alle Medien.

[00:05:58]  Du meinst so wie bei uns die Landesbibliothek,

[00:06:01]  dass die alles was erscheint sozusagen ein Sammelauftrag.

[00:06:05]  Genau, weil es so wichtig ist, dass man das auch,

[00:06:09]  dass man dieses kulturelle Erbe erhält, wie ein Museum.

[00:06:13]  Man kennt das ja auch im Kleinen.

[00:06:16]  Es gibt Bücher, die in meiner Familie von Generation zu Generation weitergereicht sind.

[00:06:20]  Und ich glaube, das hat nochmal eine ganz andere Auswirkung auf dich selber.

[00:06:25]  Wenn du weißt, dieses Buch hat die Urgroßoma schon gelesen.

[00:06:28]  Und jetzt kann ich diese Märchensammlung von Grimm immer noch lesen.

[00:06:31]  Ja das ha dann diesen emotionalen Mehrwert, damit auch Werte vermitteln.

[00:06:36]  Also die alleinige Präsenz des Objektes im Raum, vermittelt ja was.

[00:06:40]  Und das ist auch, was wir in der Bibliothek tagtäglich merken,

[00:06:44]  man sitzt gerne zwischen den Regalen.

[00:06:47]  Und selbst wenn man, also, einfach die Präsenz der Medien und der Bücher,

[00:06:52]  die gibt einem was, die zeigt.

[00:06:54]  Das macht was mit einem.

[00:06:55]  Und was ist es? Es ist eine Sichtbarmachung von dem Wert der Literatur

[00:07:00]  in unserem Raum.

[00:07:03]  Zum Raum, ja.

[00:07:04]  Danke, genau.

[00:07:05]  Die Sichtbarmachung des Wertes der Literatur im Raum.

[00:07:08]  Ganz genau.

[00:07:10]  Vielleicht ein negativerer Aspekt, aber auf dem gehen wir dann in einer eigene Folge ein,

[00:07:15]  ist beim Sammeln von haptischen Büchern der Konsumaspekt,

[00:07:21]  der gerade im privaten Bereich, also wenn es um Buchhandel, aber dann auch Buchkauf geht,

[00:07:26]  auf jeden Fall eine wichtige Sache ist für Kulturförderung.

[00:07:31]  Also können wir ja auch so sagen, aber erstens nicht jedem zugänglich ist,

[00:07:35]  weil Bücher kosten extrem viel Geld, nicht zu Unrecht.

[00:07:40]  Aber da geht es dann, also ich spiele das so ein bisschen auf dies neue

[00:07:45]  Booktalk-Konsumkultur an, da möchte ich aber gerne mit dir mal

[00:07:50]  eine eigene separate Folge machen, weil es ist extrem spannend.

[00:07:53]  Ja, so als ästhetisches.

[00:07:55]  Gut.

[00:07:56]  Aber es ist auch ein Teil davon, ein wichtiger Teil ist die Ästhetik.

[00:08:01]  Pia, du sammelt Bücher, oder?

[00:08:03]  Ja, immer weniger, weil ich keinen mehr Platz hab.

[00:08:07]  Aber ja, die, die ich gerne mag und wo ich schöne Ausgaben finde,

[00:08:11]  Das ist für mich halt auch was, wenn es schöne Ausgaben sind, so Schmuckausgaben oder so,

[00:08:15]  dann kaufe ich die gerne und stell sie gerne auch bei mir ins Bücherregal.

[00:08:20]  Wobei ich sage eben, also das hat sich bei mir auch schon extrem eingeschränkt.

[00:08:24]  Früher habe ich, also, als ich noch regelmäßig Taschengeld gekriegt hab

[00:08:27]  oder eben zum Beispiel dann auch einen Job gehabt hab.

[00:08:30]  Und was leisten hab können, da waren Bücher das erste,

[00:08:32]  was ich mir gegleistet hab.

[00:08:34]  Und inzwischen hat sich das auch wieder eingeschränkt,

[00:08:36]  weil man hat es auch einfach schlicht und ergreifend nicht Platz.

[00:08:39]  Aber es ist schon, es ist schon auch fein, eben ein haptisches Buch zu Hause zu haben

[00:08:43]  und weiß, ah, ich hab diese schöne Schmuckausgabe von Stolz und Vorurteile daheim.

[00:08:48]  Das ist dann schon was, was Feines.

[00:08:51]  Und Bücher sind ja oft auch wie Freunde, die einen dann begleiten.

[00:08:54]  Die haben einen dann auf der Zugfahrt begleitet.

[00:08:57]  Und dann das habe ich letzte Woche gesagt, wo ich mich mit dem , oder vorletzte Woche,

[00:09:01]  letzte Folge gesagt, wo ich mich mit dem Viktor unterhalten hab.

[00:09:04]  Dass für mich, ich erinnere mich bei den besten Büchern immer noch dran.

[00:09:07]  Wo und in welchen Zusammenhang du sie gelesene hast. Hast du das auch?

[00:09:10]  Ja, natürlich.

[00:09:11]  Ich weiß noch genau, welche Ausgabe ich,

[00:09:13]  ich das erst einmal in der Schulbibliothek von Stolz und Vorurteile gelesen hab.

[00:09:17]  Daran kann ich mich immer noch erinnern.

[00:09:18]  Und ich weiß noch genau, wie dieser Raum gerochen hat

[00:09:21]  und wie die Sonne reingeschienen hat beim Fenster.

[00:09:24]  Also ich hab, ich krieg genau dieses gleiche Gefühl,

[00:09:27]  weil ich hab mir dann die genau gleiche Ausgabe wieder gekauft.

[00:09:29]  Das war eben eine Schmuckhausgabe.

[00:09:31]  Und ich krieg immer wieder das gleiche Gefühl,

[00:09:34]  wenn ich das dann wieder lesen kann.

[00:09:36]  Und das kann dir ein Bildschirm nicht geben.

[00:09:39]  Ja.

[00:09:40]  Nicht auf die Weise.

[00:09:42]  Und ich finde das visuelle ist da auch noch mal wichtig.

[00:09:45]  Weil es macht schon auch einen Unterschied, wie die Typografie ist.

[00:09:48]  Also die Schrift.

[00:09:50]  Das ist ja in einem gedruckten Buch immer noch mal anders.

[00:09:53]  Da hast du oft diese Serifenschrift, mit so Schnörkeln oder so, leichten, So wie auch bei Times New Roman, einfach. Wo diese kleinen, eben, Zacken oder Schnörkel dabei sind. Das hast du im digitalen Bereich eigentlich nicht. Das ist immer Serifenlos meistens und sehr clean. Wobei man da zwischen Sachtexten und Sachbüchern und Romanen unterscheiden muss. Ich würde auch sagen, dass man eBook-Reader eher für romanhaftes oder Lyrik vielleicht noch verwendet, wo durchaus Serifenschrift auch üblich ist. Wo man es glaube ich auch je nach Anbieter, je nach Verlag, bietet welche Schriftarten. Welche Schriftarten sind lizensiert. Was auf eBook-Readern, wo es technisch möglich ist, einstellen kann. Was du am iPad oder wenn du mit einem Tablet arbeitest oder am Browser sowieso – ich glaube, das hängt eher von der Buchart ab. Und nicht jede Schrift ist in jedem Buch immer sehr fein. Die Penguin-Ausgaben, die Klassiker, mit ganz kleiner Schrift, mit sehr dünnem Papier. DA ist der Aufhänger, dass das sehr günstige Ausgaben sind, die sich jeder leisten kann. Was auch so war. Die haben mich übers Studium hinweg immer begleitet. Die waren – also ich schaue jetzt in die rein und denke mir: Meine Güte, das war schrecklich zum lesen. Aber es kommt immer darauf an wie die Aufmachung ist. Das ist noch einmal was anderes. Was du nicht hast beim gedruckten Buch sind technische Einschränkungen. Das habe ich mir auch aufgeschrieben. Kein Strom, keine Pop-Ups. Wenn Stromausfall ist, wie es jetzt einmal kürzlich war in Innsnruck. Und du hast noch Tageslicht, dann kannst du dir das Buch schnappen und lesen. Keine Updates. Das klingt jetzt – aber das ist so, oder? Ja natürlich. Es ist auch so, dass es nicht irgendwann nicht kompatibel sein wird. Ich hatte einen alten eBook-Reader, diese Firma gibt es nicht mehr. Irgendwann hatte man keinen Zugriff mehr auf den Store. Das heißt ich konnte mir keine Bücher mehr runterladen. Das passiert bei einem Buch einfach nicht. Das ist immer relevant und das kannst du immer lesen. Und du brauchst kein WLan-Passwort. Eben. Auch, das darf man nicht unterschätzen. Ein Zugang zu verschiedenen Technologien ja immer auch ein Privileg darstellt. Ich meine, inzwischen sollte es ein Grundrecht sein, ist es aber in vielen Regionen der Welt einfach nicht. Das ist immer noch eine Hürde. Ein Buch ist ein niederschwelliger Zugang zur Information. Ein dickes Buch und die Seiten – und das fertig gelesen zu haben.

[00:12:47]  Das ist ja auch immer sehr wichtig.

[00:12:49]  das dann fertig gelesen zu haben, das so haptisch erlebt zu haben, das zu halten, wenn das so schwer ist.

[00:12:53]  Das macht nur was anderes mit dir. Es macht einen Unterschied, ob ich eben ein dünnes Heftele

[00:12:58]  liess oder einen Comic oder, einen dünnen. oder eben so einen Anna Karenina oder was auch immer.

[00:13:03]  Du weißt dann auch, was habe ich in der Hand gehabt? Also was habe ich jetzt gerade in der Hand gehabt. Habe ich den leichten,

[00:13:09]  feinen Comic gelesen oder die Anna Karenina, die ich da rumgeschleppt habe?

[00:13:12]  Ja, und ich finde, das verbindet man dann auch immer mit diesem Werk, oder? Wenn ich an

[00:13:16]  Anna Karenina zurückdenke, dann weiß ich genau, was für eine Ausgabe das war und wie dick das war

[00:13:19]  und wie sich das angefüllt hat. Wenn ich jetzt an meine E-Book Geschichte zurückdenke, von mir selber,

[00:13:26]  welche Sachen ich da gelesen hab, dann kann ich mich jetzt nie mehr so dran erinnern.

[00:13:29]  Da erinnert man sich mehr, wie lang man daran gelesen hat, aber nicht, man kontextualisiert

[00:13:34]  das weniger, finde ich, in eben dieser haptischen Form wieder. Auch sehr gut natürlich, was oder

[00:13:42]  was auch, was man nicht unterschätzen darf, ist die Privatsphäre, die ein Buch mit sich bringt.

[00:13:46]  Weil digital zu lesen, besonders über gewisse Anbieter oder über einen Online-Store in einem

[00:13:53]  geschlossenen System, bedeutet wie immer, dass jemand ein Nutzerprofil von deinen Daten erstellt.

[00:14:02]  Kindle hat, da haben wir ja bei Goodreads drüber geredet, glaube ich, dass Kindle da ja auch

[00:14:07]  teilweise Daten abzwackt. Und das Buch ist privat, privater geht es nicht.

[00:14:12]  Das ist ja auch ein Grund. Also, Datenschutz ist einfach ein super wichtiges Thema. In

[00:14:20]  der Stadtbibliothek speichern wir ja deswegen auch keine Verleihhistorie, die Historie der Leser.

[00:14:27]  Also es gibt bei uns keine Verleih-Geschichte. Genau, das heißt, wir wissen einfach nicht,

[00:14:31]  wer das, also was ein Leser davor oder eine Leserin davor gelesen hat.

[00:14:35]  Und oft fänden es die Leute, also oft kommen die Leute ja zu uns und sagen,

[00:14:39]  ach, was habe ich denn, das Buch hatte ich vor drei Monaten ausgeliehen, schauen Sie mal nach,

[00:14:43]  und wir wissen das nicht. Aber da haben wir jetzt ein neues tolles Feature, das können wir jetzt

[00:14:48]  kurz noch mal erwähnen, wenn du magst, das sind die Merklisten. Genau, das hat es mal früher gegeben,

[00:14:53]  vor langer Zeit, und die Leute haben sich das wieder gewünscht. Und es gibt es jetzt wieder,

[00:14:58]  man kann Merklisten erstellen, so viele man will. Also ich zum Beispiel habe auch welche mit To-Read,

[00:15:05]  also Sachen, die ich noch lesen möchte oder Sachen, die ich ganz gerne gelesen habe. Man

[00:15:10]  kann sich auch sozusagen so Kollektion erstellen von Büchern aus einem gewissen

[00:15:14]  Genre oder so. Da habe ich jetzt zum Beispiel auch mal Cosy Crime, habe ich mir da gemacht,

[00:15:17]  von so Sachen, die so typisch in dieses Genre passen. Also da kann man sehr kreativ sein.

[00:15:22]  Man braucht halt einfach ein Konto bei uns, muss sich einloggen und dann funktioniert das.

[00:15:26]  Braucht man gar kein Goodreads-Konto mehr, wenn man ein Konto bei der Stadtbibliothek Innsbruck. Ja,

[00:15:34]  und weitere Vorteile von einem gedruckten Buch, da gibt es eine Studie, die kürzlich rausgekommen

[00:15:40]  ist, wo es auch einige Zeitungsartikel dazu gegeben hat, insbesondere auf die vorangeschrittene

[00:15:47]  Digitalisierung seit Corona in Schulen. Die Skandinavier sind ja immer da so die Vorreiter

[00:15:55]  gewesen oder? Und jetzt gehen sie in eine andere Richtung. Also das Karolinska-Institut heißt

[00:16:02]  das in Stockholm. Die haben da diese Studie erstellt und die haben das genau untersucht und

[00:16:06]  die haben rausgefunden, dass das nicht unbedingt nur Vorteile hat, wenn man die Schulbücher oder

[00:16:14]  Lernmedien nur mehr digital anbietet. Ich habe da ein Zitat von diesem Klingberg, das ist ein Professor

[00:16:24]  für Kognitive Neuro-Wissenschaft, der hat da gesagt oder geschrieben, je nachdem wie intensiv Schulen,

[00:16:30]  Computer einsetzen, hat das Auswirkungen auf das Mathematik und Lesevermögen. Je mehr eine

[00:16:35]  Schule in Unterricht auf Internet und Computer stützt, desto schlechter die Leistung der

[00:16:39]  Kinder. Das sind richtig deutliche Effekte, die bei der Beinahe die Hälfte der Leistungsunterschiede

[00:16:43]  zwischen Schulen erklären. Wahnsinn. Ja, und daraufhin haben die halt dann auch gesagt,

[00:16:49]  okay, wir schrauben das jetzt ein bisschen zurück, weniger Digitalisierung. Wir gehen wieder

[00:16:53]  zum klassischen Schulbuch zurück. Das hat sich ja so gewandelt, weil ich weiß, dass

[00:16:59]  nach 2020 war es auch ganz viel, wenn Schulen keine Computer hatten, dann waren das die ärmeren

[00:17:05]  Schulen oder das war die schlechtere Bildung. Und wir kommt es so vor, jetzt im Rückblick, dass es wie ein Hype war, und

[00:17:14]  dass sich alle so auf diese neuen Technologien so gestürzt haben und

[00:17:22]  erst danach überlegt haben, was macht das eigentlich mit uns als Menschen? Und wie nehmen

[00:17:29]  wir eigentlich wirklich Informationen auf? Also hast du auch den Eindruck, dass man da erst im

[00:17:36]  Rückblick wirklich erkennen kann, was sinnig ist und wo man einfach vielleicht zu weit geht?

[00:17:42]  Ich glaube, da ist man im ersten Moment einfach so euphorisch, wenn man sich denkt, das sind so

[00:17:45]  viele Möglichkeiten. Das merkt man jetzt ja bei AI, da ist jetzt im ersten Moment, war das so,

[00:17:49]  perfekt, alles hat sich gelöst, alle unsere Probleme sind weg. Und jetzt fängt man auch wieder an zu

[00:17:54]  überlegen, okay, da kommen vielleicht auch ein paar negative Seiten daher, die vielleicht auch

[00:17:58]  negative Auswirkungen haben. Und ich glaube, das Gleiche ist einfach beim Schulbuch passiert.

[00:18:03]  Ich muss jetzt sagen, ich selber habe das jetzt nicht so mitkriegt, weil natürlich in meiner

[00:18:06]  Schulzeit, wir haben einfach noch klassische Schulbücher verwendet. Wir haben noch keine Tablets

[00:18:10]  gehabt in der Schule. Das war alles außer vielleicht ein paar CD-Roms oder so, die es geben hat.

[00:18:17]  Aber ich kann aus persönlicher Erfahrung sagen. Wenn man digital lernt. Also es ist irgendwie,

[00:18:25]  und wenn man dann auch, also man hört, man schreibt nur noch auf dem Computer, man liest

[00:18:31]  alles nur noch auf dem Computer und man macht vielleicht auch einen Online-Kurs und es hat ganz viele

[00:18:36]  Vorteile natürlich auch. Aber auch da habe ich das Gefühl, dass diese Information irgendwie nur

[00:18:41]  in irgendeiner Art von Teilen des Kopfes dann besteht, aber nie richtig in die haptische reale

[00:18:51]  Welt übersetzt wird, dass man dann übers Schreiben mit der Hand macht, dass man übers Lesen macht

[00:18:56]  mit der Seite, wo man zurückblättert, wo man sich was anstreicht, wo man was reinklebt,

[00:19:00]  damit man wieder zurückfindet. Also dieser ganze Haptikaspekt, das finde ich total,

[00:19:07]  erstmal subjektiv nachvollziehbar, dass das fehlt. Ja, also ich kann es mir auch vorstellen,

[00:19:13]  weil eben ich kann mich auch noch genauso wie ich mich daran zurück erinnern kann,

[00:19:15]  welche Bücher ich wann gelesen habe, wenn ich sie wirklich tatsächlich gedruckt in der Hand gehabt

[00:19:20]  habe, kann ich mich genauso daran zurück erinnern, wann ich welche Sachen gelernt habe und wie

[00:19:24]  diese Schulhefte ausgeschaut haben und wie ich mir die Sachen markiert habe. Auf welcher Seite

[00:19:29]  die Info gestanden hat, wenn man es so ganz intensiv gelernt hat. Also daran kann ich mich immer

[00:19:34]  noch erinnern und ich glaube, dass das schon auch ein Vorteil mit sich bringt und eben Studien

[00:19:38]  fangen jetzt ja auch an darüber nachzudenken und das zu belegen. Was auch total vielleicht

[00:19:43]  ein bisschen außerhalb des Themas aber auch eine interessante Information war für mich,

[00:19:48]  war, dass diese ganzen Silicon Valley Tech Chefs, Manager und so, ihren Nachwuchs teilweise, also

[00:19:57]  ich meine, da reden wir jetzt von Social Media, aber die lassen die dann erst ab 14, manche ab

[00:20:02]  16 da rein und ... Und dass die teilweise sogar ihre eigenen Produkte nicht verwenden und das ist dann

[00:20:09]  irgendwie schon so ein Warenhinweis. Ja, also ich glaube, da geht es auch mehr um Social Media als

[00:20:16]  um jetzt lernen im digitalen Raum. Ich kann mir schon auch vorstellen, dass da natürlich auch

[00:20:21]  Daten abgezwackt werden. Also ich mein Datenschutz wird, es ist wahrscheinlich immer ein Thema in diesem

[00:20:28]  Kontext, da hast du total recht und auch dieses Verleihen von Sachen, dass: ich leihe dir mein

[00:20:36]  Mathebuch oder du kannst bei mir mit schauen, das ist vielleicht auch nochmal was anderes oder

[00:20:42]  dass ich dir einfach den... Ich kopiere mir das schnell, das geht nicht mehr, vielleicht kann

[00:20:48]  man Screenshots machen, aber das ist nochmal was anderes. Der Peter hat mir jetzt auch per

[00:20:54]  Anhalter durch die Galaxis geliehen, von sich privat, damit ich das lesen kann jetzt. Das geht halt

[00:21:00]  beim E-Book überhaupt nicht, klar. Da hast du eine Lizenz und die kannst du nicht

[00:21:04]  verleihen und das ist total schade. Das ist auch was, also in unserer Bibliothek, wir haben ja auch

[00:21:09]  die WB-Abteilung, das ist die Weiterbildungsabteilung, die ist ganz am Ende von der Bibliothek und das

[00:21:14]  ist auch fast ein ganzes Regal nur mit Weiterbildungsmedien und wir sind auch eine der wenigen

[00:21:20]  Bibliotheken, die solche Medien hat, also uns auch viele davon auch anbietet und die geht auch sehr

[00:21:25]  gut, die wird sehr gut angenommen, auch wenn man jetzt nichts in die Sachen reinschreiben kann,

[00:21:30]  aber trotzdem, ich glaube, die Leute kopieren sich das dann halt auch zu Hause und so, also ich glaube,

[00:21:34]  die Leute mögen das auch gerne. Das sind gezielt Schulmaterialien für Kinder aller Altersgruppen,

[00:21:39]  Da hast du total recht, du kannst da einfach herkommen und da sind wir auch wieder, ich meine, wenn Schulen

[00:21:44]  das zur Verfügung stellen, die Technik, die notwendige Hardware, dann ist das die eine Sache,

[00:21:50]  aber auch da, man braucht ja Media Literacy, man braucht das Know-how, wie bedient man

[00:21:58]  diese Hardware um überhaupt … und wie komme ich dann in die verschiedenen Portale rein, in die Software,

[00:22:04]  wie funktioniert das alles und es gibt sicher genug Leute und genug Eltern, die das nicht leisten

[00:22:10]  können und das ist auch, da werden dann, das hat man ja in der Corona-Pandemie gesehen, da werden

[00:22:18]  halt Sachen vorausgesetzt, die so noch nicht der Status quo sein können und es toll,

[00:22:24]  wie gut das genutzt wird und immer, also das ist eines der großen Dinge, die ich auch bei den

[00:22:32]  „Deutsch als Fremdsprache“-Bücher, diese Weiterbildungsbücher. Natürlich gibt es online

[00:22:39]  Kurse für Sprachen, aber es gibt eben einfach Medien, es gibt einfach Bücher und andere

[00:22:45]  Arten von Medien, die nicht ersetzbar sind für eine ganz, ganz lange Zeit noch und vielleicht nie

[00:22:55]  sein werden. Ich glaube auch, also ich glaube, dass das nie komplett verschwindet. Das Verlagswesen

[00:22:59]  ist so erfolgreich wie nie. Ja. Die Verkaufszahlen im Buchhandel schießen durch die Decke. Sie

[00:23:05]  sind noch gestiegen während Corona. Ja, aber ich weiß nicht, wie es dir geht,

[00:23:10]  vielleicht ist das ein guter Abschluss auch für die Folge. Ich selber verwende, also zu 90%

[00:23:17]  eigentlich wirklich gedruckte Bücher, das ist das, was ich am meisten mag. Manchmal verwende ich auch

[00:23:21]  E-Books, die haben natürlich auch Vorteile, gerade fürs Reisen, das ist das,

[00:23:24]  was ich gerne, also wo ich das gerne verwende. Wie hast du es, also lieber? Gedruckte Bücher oder

[00:23:29]  lieber E-Books? Ich glaube, du bist die Hörbuch-…. Ich höre exakt. Ja, das stimmt, das ist auch sehr

[00:23:35]  digital, weil ich höre all meine Hörbücher digital per Stream. Das stimmt, das ist eigentlich

[00:23:41]  eine sehr digitale Form des Konsums, aber ich lese auch sehr viele Bücher und die dann sehr gerne

[00:23:48]  eben haptisch und das hat sich auch nochmal sehr verstärkt, seit ich das Privileg hab, mich so

[00:23:55]  viel in einer Bibliothek aufzuhalten, weil ich natürlich... Du sitzt an der Quelle. Ja, genau,

[00:24:01]  weil die Quelle mir regelmäßig neue Bücher zuführt sozusagen, die ich dann genießen kann. Und

[00:24:07]  das ist auch überhaupt kein Umweg dann und dann ist das ja wie ein Schlaraffenland da, das

[00:24:12]  zu genießen. Wobei wir sicherlich auch ganz viele Kunde finden werden in der Zukunft und

[00:24:18]  auch eine Folgen machen werden, „Warum mögen wir eigentlich E-Books, weil genau so viele oder einige Vorteile

[00:24:24]  wir da sicherlich auch finden werden. Eben, wie gesagt, ich verwende es gern für Reisen, da ist

[00:24:31]  das einfach auch ein Vorteil. Ja, und damit verabschieden wir uns heute vom `s Vorwort. Wir

[00:24:36]  danken euch für Aufmerksamkeit. Was bevorzugt ihr denn? Mögt ihr lieber gedruckte Bücher? Seid ihr

[00:24:44]  schon komplett digital am Weg? Schreibt uns auf post.stadtbibliothek@insbruck.gv.at oder

[00:24:54]  Instagram oder Facebook. Der Hashtag ist #gemeinsambesser. Ja, und bis dahin. Tschüss!

[00:25:02]  Das Vorwort ist eine Produktion der Stadtbibliothek Innsbruck und Teil der

[00:25:32]  Stadtstimmen, dem Audiokanal der Stadt Innsbruck.

Transkription

[00:00:00]  Vorsicht, der Genuss dieses Podcasts kann zu vermehrten Bibliotheksbesuchen führen.

[00:00:07]  Ja, hallo und herzlich willkommen zum S'Vorwort, dem Podcast der Stadt Bibliothek Innsbruck.

[00:00:27]  Mein Name ist Christina und ich bin heute hier mit dem...

[00:00:29]  Viktor.

[00:00:30]  Und wir sprechen heute darüber, warum mögen wir eigentlich gute Bücher und was sind gute Bücher überhaupt.

[00:00:38]  Aber heute, bevor wir ins Thema starten, habe ich ganz aufregende Neuigkeiten, nämlich darf ich jetzt ankündigen,

[00:00:44]  dass dieses Jahr, und zwar zum Anlass des 20. Jubiläums von Innsbruck-Liest,

[00:00:50]  wird ab dem 25.4. Innsbruck-Liest ins Vorwort wandern.

[00:00:55]  Es geschieht eine sogenannte freundliche Übernahme von unseren Kolleginnen, der Lisi und dem Boris.

[00:01:01]  Und die werden uns dann mit ganz besonderen Folgen beglücken.

[00:01:06]  Innsbruck-Liest, findet dieses Jahr vom 30.4. bis zum 10.4. statt.

[00:01:12]  Es werden 10.000 Bücher verteilt und am 16.4.

[00:01:17]  Und das ist jetzt wirklich das Datum, das man sich merken muss, wird das Buch

[00:01:22]  und natürlich die Autorin oder der Autor bekannt gegeben.

[00:01:26]  10.000 Gratisbücher und kostenlose Veranstaltungen vom 30. April bis zum 10. Mai.

[00:01:35]  Innsbruck-Liest zum 20. Mal.

[00:01:38]  Es bleibt weiterhin spannend, wir freuen uns sehr.

[00:01:43]  Aber jetzt einmal zurück zu unserem Thema.

[00:01:45]  Lieber Viktor, schön, dass du da bist. Danke, dass du dir Zeit genommen hast.

[00:01:48]  Vielen Dank für die Einladung.

[00:01:50]  Wir sind aufgeregt, weil das ist heute nämlich mein Podcast-Debüt beim Vorwort.

[00:01:54]  Du hast ja ein sehr schönes Thema ausgewählt.

[00:01:57]  Oder wir haben ein sehr schönes Thema ausgewählt, über das sich auch wunderbar diskutieren lässt.

[00:02:01]  Ich freue mich da schon sehr drauf, weil ich glaube, wir haben da vielleicht ein bisschen unterschiedliche Meinungen.

[00:02:05]  Ja, genau. Das wird dann extra spannend, oder?

[00:02:07]  Eben, das ist doch … so soll es sein.

[00:02:09]  Bevor wir starten, weil wir uns ja überlegen, warum wir gute Bücher haben.

[00:02:14]  Was ist ein gutes Buch? Und wir kommen beide aus der Ecke Literaturwissenschaft.

[00:02:18]  Was hast du studiert?

[00:02:20]  Ich bin Komparatist. Das heißt, ich habe vergleichende Literaturwissenschaften hier in Innsbruck studiert.

[00:02:24]  Ich habe meinen Bachelor auch schon von einiger Zeit gemacht.

[00:02:28]  2019 habe ich, glaube ich, abgeschlossen. Also, es ist schon eine Zeit her.

[00:02:31]  Aber die Lust zu lesen, die bleibt natürlich.

[00:02:34]  Und gute Bücher will man natürlich lesen.

[00:02:37]  Und der Kanon altert ja nicht, sondern er bleibt erst einmal bestehen.

[00:02:42]  Und das ist nämlich auch der Kanon, über den wir reden.

[00:02:45]  Ich habe ja auch ein Komparatistinnen-Hintergrund, also ich habe auch vergleichende Literaturwissenschaften studiert.

[00:02:50]  Und da diskutiert man sehr viel darüber, was eigentlich ein literarischer Kanon ist.

[00:02:56]  Kurz gesagt, also damit wir das einfach einmal für unsere Folge vordefiniert haben,

[00:03:02]  wie folgt: Ein literarischer Kanon bezeichnet eine Auswahl von Werken, die als besonders bedeutend

[00:03:08]  und repräsentativ für eine bestimmte Literatur-Tradition oder Periode angesehen werden.

[00:03:13]  Diese Werke werden häufig von Institutionen wie Schulen, Universitäten und auch in der Literaturkritik zusammengestellt und festgelegt.

[00:03:22]  Die Bildung eines literarischen Kanons erfolgt oft durch eine Mischung aus historischer Bedeutung,

[00:03:28]  kultureller Relevanz, der ästhetischen Qualität und dem anhaltenden Einfluss

[00:03:35]  auf nachfolgende Generationen von Schriftsteller*innen und Leser*innen.

[00:03:41]  Es ist jedoch wichtig anzumerken, dass literarische Kanons oft subjektiv sind

[00:03:47]  und im Laufe der Zeit veränderbar bleiben, da neue Perspektiven, Werte und Texte in die Diskussion einbezogen werden.

[00:03:55]  Es ist also kein festgeschriebenes Ding, aber natürlich wendet man sich immer wieder an die gleichen Texte.

[00:04:01]  Würdest du dem der Definition so Pi mal Daumen zustimmen?

[00:04:04]  Die Definition ist jetzt sehr ausführlich und es sind schon sehr viele Sachen drin,

[00:04:09]  denen ich eindeutig zustimmen kann und die ich für sehr wichtig erachte.

[00:04:13]  Was schon sehr wichtig ist, glaube ich, und was natürlich in der Definition auch drinsteckt,

[00:04:18]  ist, dass man schon sagen muss und darauf auch genau hindeuten muss, dass der Kanon nix fixes ist.

[00:04:26]  Es gibt wirklich viele Kanones, Kanons, keine Ahnung, was die Merzahl ist.

[00:04:31]  Kannon? - Kanoni, irgendwas wird schon stimmen.

[00:04:34]  Da gibt es doch einiges und es ändert sich eben. Es kommen neue Sachen hinzu, andere Sachen werden wieder vergessen,

[00:04:39]  manche Sachen werden dann nicht mehr so rezipiert, andere Sachen werden sehr, wie sagt man so schön,

[00:04:45]  mehr gekannt als gelesen. Also das sind so Sachen, die man sozusagen, man kennt das einfach,

[00:04:51]  weil das gerade auch in der ganzen Kultur, nicht nur in der Literatur, sondern in der Kulturgeschichte,

[00:04:55]  einfach einen Einfluss hinterlassen hat.

[00:04:57]  Aber es heißt nicht, dass die Leute das dann auch wirklich studiert haben, sondern die haben einfach mal davon gehört,

[00:05:03]  also so das klassische Beispiel, würde ich sagen, in der westlichen Literatur und Kulturwelt ist einfach die Bibel.

[00:05:08]  So markant sich die Kulturgeschichte des Abendlandes ist, ohne die Bibel kann man die nicht verstehen,

[00:05:13]  aber wer hat die Bibel dann wirklich gelesen? Also außer jetzt so richtig,

[00:05:18]  Hardcore Katholiken, die dann wirklich in den Text reingehen und sich das anschauen, aber, keine Ahnung,

[00:05:25]  Auge für Auge, Zahn und Zahn und so Sachen, das kann jeder wirklich aus dem FF rezipieren,

[00:05:31]  aber wo kommt das her, was bedeutet das wirklich, ist natürlich eine wichtige Geschichte auch, genau.

[00:05:35]  Und weil du gerade die Bibel nennst, die ja in der Literaturwissenschaft so als einer der Grundtexte,

[00:05:40]  der westlichen Literatur gilt, wie du gerade gesagt hast.

[00:05:42]  Mit der Odyssee, genau.

[00:05:44]  Ein Beispiel, warum Kanon eben wichtig ist, die Zahl zwölf, die in der Bibel zum Beispiel anhand der Apostel

[00:05:51]  oder verschiedenster anderer Dinge wichtig ist, die findet man immer wieder rezipiert eben in der Literatur und weiterverarbeitet.

[00:05:59]  Das heißt, ganz viele Romane, also einer meiner Literaturprofessoren hat immer gesagt,

[00:06:05]  schau mal, wie viele Kapitel hat der Roman eigentlich.

[00:06:08]  Und die Zahl zwölf hat in der Literatur in der Regel eine Bedeutung,

[00:06:11]  die Leute, also die Schriftsteller*innen, denken sich was dabei aufgrund der Literatur-Tradition.

[00:06:17]  Und da geht man halt bis dahin zurück.

[00:06:19]  Das ist was so ein bisschen der Kanon macht und schafft.

[00:06:23]  Und das ist meiner Meinung nach auch ein bisschen, was das problematische an Kanon ist.

[00:06:27]  Gerade in der Komparatistik, aber da kommen wir vielleicht später darauf zurück.

[00:06:32]  Zuerst einmal, wir haben uns ja was ganz Cooles überlegt heute, weil wir haben ja darüber geredet,

[00:06:36]  wir sind ja auf die Folgenidee gekommen, weil wir miteinander geredet haben und uns die Frage gestellt

[00:06:41]  haben, was sind denn gute Bücher für uns jeweils.

[00:06:45]  Und dann haben wir gesagt, weißt du was, dann nehmen wir mal … die Herausforderung ist,

[00:06:50]  dass jeder von uns zwei Bücher mitnimmt und dann einfach einmal erzählt,

[00:06:56]  wieso diese Bücher wichtig für uns waren, jeweils.

[00:06:59]  Eines davon ist aus der traditionellen Kanon-Literatur.

[00:07:03]  Hier möchte ich noch anmerken, dass es natürlich nationale,

[00:07:08]  den Nationalkanon gibt oder die sogenannte Weltliteratur.

[00:07:13]  Als hauptsächlich Anglistin orientiere ich mich da mehr am Weltliterarischen Kanon.

[00:07:19]  Ich weiß nicht, wie es bei dir ist.

[00:07:21]  Also ich habe auch, also ich würde sagen, es ist bei mir, es ist bei mir beides.

[00:07:26]  Weil es ist, ich habe jetzt zum Beispiel, wenn ich das schon mal sagen darf, ich habe zum Beispiel

[00:07:29]  meine persönliche eigene Ausgabe von Don Quijote von Miguel de Cervantes dabei,

[00:07:33]  was natürlich für den spanischen Kanon ein wichtiges Buch ist,

[00:07:37]  aber natürlich auch für den Weltkanon ein zentrales Buch ist.

[00:07:41]  Es wird oft gesagt, das ist das wichtigste Buch der Literaturgeschichte,

[00:07:46]  was natürlich, was man jetzt sagen kann, was irgendwie ein Blödsinn ist,

[00:07:48]  das kann man bei keinem Buch sagen, weil das Buch hat eben im natürlichen nationalen Kontext

[00:07:53]  eine Bedeutung, was jetzt ein anderes Buch in einem anderen nationalen Kontext zum Beispiel,

[00:07:57]  das Bedeutung hat.

[00:07:58]  Das heißt, es ist sowohl national als auch Weltliteratur in diesem Sinne,

[00:08:03]  aber natürlich genau, also da kann man unterscheiden.

[00:08:06]  Aber Weltliteratur, die Welt ist ja so globalisiert, also auch die nationalen Kanon

[00:08:12]  sind jetzt im Endeffekt schon in der Weltliteratur natürlich irgendwie einbegriffen.

[00:08:17]  Ja, also diesen Nationalkanon, das gibt es eigentlich nicht mehr,

[00:08:22]  oder da denkt man nicht mehr, weil ja auch Genre sich entwickelt,

[00:08:25]  Beispiel Krimi jetzt nur um das so mal reinzuwerfen,

[00:08:28]  das dann so aus dem englischsprachigen Raum und aus Frankreich kam

[00:08:32]  und dann sich bei uns dann entwickelt hat gar nicht das der eigenen Literatur-Tradition heraus.

[00:08:36]  Und der Twist an der ganzen Folge ist, dass wir uns außerdem vorgenommen haben.

[00:08:42]  Jeder von uns hat außerdem das zweite Buch aus - Ich hab's liebevoll

[00:08:47]  Schund-Literatur genannt - also einfach Bahnhofs-Literatur,

[00:08:52]  Pulp-Fiction, wie man es auch immer nennen will, was nicht im Kanon ist

[00:08:56]  und was unsere, wahrscheinlich, da wird es uns beiden wohl so gehen,

[00:08:59]  unsere Komparatistik-Professoren vielleicht gesagt hätten:

[00:09:02]  „Über das müssen wir heute jetzt nicht wirklich reden.“

[00:09:05]  Aber es ist trotzdem ein gutes Buch nicht?

[00:09:07]  Aber es ist trotzdem ein gutes Buch.

[00:09:09]  Jetzt bin ich gespannt auf die Gründe.

[00:09:11]  Genau, du hast ja schon angefangen mit dem Cervantes.

[00:09:14]  Warum ist das denn, warum, bedeutet dir das so viel?

[00:09:18]  Genau, also du hast das ja in deiner Definition, war das ja schon drinnen

[00:09:22]  und das ist, glaube ich, eben ein Punkt, den ich an Kanon-Literatur einfach gut finde

[00:09:26]  und den ich an Kanon-Literatur einfach schätze.

[00:09:28]  Und warum ich den Kanon gut finde, ist einfach, weil diese Bücher haben eben Sachen oft anders gemacht.

[00:09:35]  Also ich glaube, man kann Kanon-Literatur nicht abgetrennt von Literaturgeschichte denken.

[00:09:41]  Das war ja da in deiner Definition auch schon schön drin.

[00:09:43]  Das heißt, der Cervantes und der Don Quijote von Cervantes ist einfach ein Buch,

[00:09:49]  das erstens selbst auf Literatur reagiert hat.

[00:09:52]  Also man muss sich vorstellen, im Mittelalter hat es ganz viel Ritter-Romane gegeben

[00:09:56]  und der Don Quijote ist rausgekommen, im Endeffekt, wo eigentlich diese Ritter-Romanwelle schon wieder am Abklingen war,

[00:10:02]  die war schon wieder vorbei.

[00:10:04]  Und dann schreibt Cervantes ein Buch über den Don Quijote, wo man einfach merkt,

[00:10:08]  der hat echt viele Ritter-Romane gelesen.

[00:10:10]  Und das sind die ganzen Top-Boy, also die ganzen Sachen, was eben so ein Ritter-Roman ausmacht, sind drin.

[00:10:18]  Aber was machte der Cervantes?

[00:10:20]  Sein Protagonist, der Don Quijote, der ist, wenn man den Roman dann liest, merkt man es einfach.

[00:10:25]  Das ist eigentlich ein Verrückter, der hat, also der ist irgendwie wahnsinnig.

[00:10:29]  Der fantasiert das ja alles nur, eben wie gesagt, da kommt wieder das, was wir schon mal angesprochen haben, kurz.

[00:10:35]  Das sind so Sachen, die jeder kennt, vom Don Quijote zum Beispiel, sind eben der Kampf gegen die Windmühlen,

[00:10:40]  wo der Don Quijote meinte, er hat jetzt einen Riesen oder einen bösen Gegner, gegen den er kämpfen muss.

[00:10:46]  Und dann als Leser erfährt man, dass sind ja eine Wirklichkeit eigentlich Windmühlen.

[00:10:50]  Das ist nur in seiner Fantasie.

[00:10:52]  Das heißt, das ist eigentlich so eines von den ersten Büchern, wo man so einen Protagonisten hat,

[00:10:58]  der eigentlich, wo man sich denkt, der hat nicht mehr alle Tassen im Schrank, also da ist einfach ein Wahnsinniger.

[00:11:03]  Und das ist einfach so gut gemacht und so was Neues und einfach so, und das war dann auch so erfolgreich und so, so einflussreich.

[00:11:15]  Aber hat es dich auch mitgerissen beim Lesen?

[00:11:17]  Voll, voll.

[00:11:18]  Weil es ist einfach...

[00:11:19]  Man hört die Begeisterung aus deiner Stimme, ich bin fast eingeschlafen beim Lesen.

[00:11:22]  Wirklich?

[00:11:23]  Hast du den eigentlich?

[00:11:24]  Nein, das ist so großartig gemacht.

[00:11:26]  Und das ist einfach witzig.

[00:11:27]  Und ich finde diesen Witz, also ich habe das Buch wirklich geliebt.

[00:11:32]  Und das hat ja auch dann eben seine Spuren hinterlassen.

[00:11:36]  Also man kann nach Cervantes keinen Ritteroman mehr schreiben, man macht sich irgendwie lächerlich,

[00:11:41]  weil also, wenn du jetzt im 16. Jahrhundert, da war noch immer, als was neu rausgekommen ist,

[00:11:46]  dann ist das immer schon vor dem Hintergrund von Don Quijote passiert zum Beispiel.

[00:11:51]  Das heißt, das hat eben auch seine Spuren hinterlassen in der Literaturgeschichte, aber auch in der Kunstgeschichte.

[00:11:57]  Das ist leider, die Leute sehen es jetzt nicht, meine tolle Ausgabe vom DTV, von der Susanne Lange, eine super Übersetzung.

[00:12:04]  Was rausgekommen ist, neue Übersetzungen, ist ein Bild drauf und das ist auch ganz berühmt.

[00:12:09]  Das ist von Picasso.

[00:12:10]  Das ist dieses Bild von Picasso, wo Don Quijote mit seinem Knappen, der Sancho Pansa, glaube ich, heißt.

[00:12:17]  Ja, Sancho Pansa, ich krieg Flashbacks ins Studium.

[00:12:20]  Drauf ist und wo Picasso dann wirklich viele Jahrhunderte später immer noch dieses Ding in der Kunstgeschichte rezipiert hat,

[00:12:28]  weil einfach das natürlich auch eine gewisse, wie soll man es sagen, Befindlichkeit der Neuzeit dann war, wo man halt einfach auch aus philosophischer Tradition und dergleichen diese eben an der Urteilsfähigkeit und der Kenntnisfähigkeit des Menschen angefangen hat zu zweifeln.

[00:12:44]  Das ist ja eben von der Philosophie mit Descartes, der eben was kann ich eigentlich überhaupt wissen und so, also diese ganze Unsicherheit und kann ich das überhaupt erkennen?

[00:12:54]  Oder sind wir eigentlich alle verrückt wie Don Quijote und sehen nur die Sachen, so wie wir sie sehen wollen?

[00:13:00]  Also es ist einfach natürlich auch ein Zeitgeist, der eingefangen worden ist und der dann eben auf dieses Wessel, also auf dieses Gefäß Ritterroman an umgesetzt worden ist, was natürlich super, super gut gemacht ist.

[00:13:13]  Dieses Ritter Roman, das ist etwas, was die Leute damals kannte und der Cervantes hat einfach diese Bildanschauung da draufgesetzt und hat dann da irgendwas Neues draus gemacht.

[00:13:23]  Deswegen bin ich ein großer Fan.

[00:13:25]  Ich glaube auch, gute Literatur und da wandert immer Erwartungshaltungen.

[00:13:30]  Und das ist dann, ob man von so einem Biest wie dem Don Quijote redet, der so große Spuren in der Literaturgeschichte hinterlassen hat oder im kleinen von Genre-Literatur, wir genießen immer die Dinge am meisten, die in welcher Form auch immer unsere Erwartungen unterwandern.

[00:13:49]  Und das ist ja noch das Spannende an Lesen, an Geschichten überhaupt.

[00:13:55]  Genau.

[00:13:56]  Ich habe Virginia Woolf „Ein Zimmer für sich allein“ mitgebracht und ich bin sicher, dass das auch große Spuren in der Literaturgeschichte hinterlassen hat.

[00:14:08]  Meine Gründe dafür sind aber persönlicher, weil ich erinnere mich noch, wie ich das, da muss ich Anfang 20 gewesen sein.

[00:14:16]  Das ist mir in die Hände gefallen.

[00:14:18]  Ich bin Anglistin und keine Amerikanistin.

[00:14:20]  Das heißt, Virginia Woolf ist eine amerikanische Schriftstellerin gewesen und dann natürlich sehr, sehr berühmt.

[00:14:25]  Aber für mich...

[00:14:27]  war sie nur ein Name. Ich wusste nicht, wer das ist, was sie schreibt.

[00:14:31]  Das ist ein Text der Moderne und geschrieben hat sie es 1929.

[00:14:36]  Also ewig weit weg, erst mal gefühlt.

[00:14:40]  Natürlich lange nicht so alt, wie der Don Quijote.

[00:14:43]  Und dann ist es mir in die Hände gefallen und das war so ein kurzer Essay,

[00:14:47]  ist nicht lang. Und den habe ich ganz unabhängig parallel zum Studium für mich entdeckt.

[00:14:54]  Und ich weiß noch, wo ich gewesen bin, als ich das gelesen habe.

[00:14:57]  Ich weiß, wie es Licht war, ich weiß, wie die Seiten war.

[00:15:00]  Kennst du das, wenn man das noch genauer erinnert?

[00:15:02]  Das ist so eine persönliche Erinnerung.

[00:15:04]  Genau.

[00:15:05]  Und dann dachte ich, dieses Buch ist über 100 Jahre alt

[00:15:10]  und was die Frau schreibt, sind Belange, die mich jetzt Mitte 20 als Frau

[00:15:14]  in diesem Jahrhundert, in diesem Jahrtausend anbelangen.

[00:15:18]  In „Ein Zimmer für sich allein“ geht es um weibliche Kreativität, um weibliche Unabhängigkeit

[00:15:27]  und um die Betonung, dass man materiell und räumlich unabhängig sein muss,

[00:15:34]  als Frau, um Dinge zu schaffen.

[00:15:36]  Und auch darum, und ich habe es auch deswegen mitgebracht,

[00:15:39]  weil wir dann wieder über den Kanon so schön reden kann,

[00:15:41]  es geht auch darum, dass Frauen auf keine Literatur-Tradition zurückblicken können.

[00:15:47]  Und dass auch Frauen einen Raum brauchen, eben auch in einem Kanon,

[00:15:53]  um sich kreativ zu entfalten.

[00:15:56]  Und das fand ich sehr beeindruckend.

[00:15:59]  Ich habe mich da so gesehen gefühlt, während ich in einem Studiengang war

[00:16:05]  der, ich glaube, das stimmst du mir wahrscheinlich zu, sehr geprägt ist,

[00:16:10]  der literarische Kanon ist weiß und männlich.

[00:16:14]  Wie viele Dinge natürlich im Patriarchat sind die meisten 80, 90 Prozent der Texte,

[00:16:22]  die wir besprochen haben in der Komparatistik,

[00:16:26]  weil wir über Literaturgeschichte geredet haben, waren von Männern geschrieben.

[00:16:29]  Ja, das ist natürlich eine große Kritik und eine sehr berechtigte Kritik

[00:16:33]  am Kranon.

[00:16:34]  Und das stimmt, das kann man auch nicht wegdiskutieren, das ist natürlich klar.

[00:16:37]  Weil natürlich Kanon und Kanonisierung ist immer eine Machtfrage.

[00:16:43]  Weil es ist natürlich immer wichtig, wer kann schreiben und wer wird auch gehört.

[00:16:47]  Das sind zwei wichtige Punkte.

[00:16:49]  Und natürlich war das leider, muss man sagen. Die Großteil der Literaturgeschichte

[00:16:56]  waren das natürlich Männer und natürlich eigentlich weiße Männer oder westliche Männer,

[00:17:00]  sagen wir mal so, also das ist ein westlicher Kanon.

[00:17:02]  Und Oberschicht, also privilegiert auch natürlich.

[00:17:05]  Das waren die, die schreiben und lesen haben können,

[00:17:08]  die überhaupt erst den Zugang zur Literatur oder zur Schriftlichkeit

[00:17:10]  oder Sprache sozusagen im schriftlichen überhaupt gehabt haben.

[00:17:13]  Und das ist natürlich ein großes Problem.

[00:17:15]  Und das, was ich gesagt habe, das muss man natürlich davor,

[00:17:19]  wenn Don Quijote muss man natürlich auch wieder ein bisschen revidieren.

[00:17:22]  Weil es ist natürlich schon so, wenn man natürlich einen,

[00:17:26]  also einen Romanisten fragt, der sich mit der Literatur des 16. Jahrhunderts

[00:17:31]  sein Leben lang beschäftigt, dann wird er natürlich sagen können,

[00:17:34]  es gibt schon auch Vorläufertexte für den Don Quijote,

[00:17:37]  die sind auf jeden Fall Gessenheit geraten,

[00:17:39]  weil die sind einfach dann eben der Geschichte zum Opfer gefallen.

[00:17:43]  Das heißt, wenn man natürlich nur spezialisiert genug ist,

[00:17:45]  dann kann man natürlich sagen, ja, ja, das, was das der Cervantes gemacht hat,

[00:17:48]  ist eigentlich gar nicht so modern, sondern das hat auch eine Vorgeschichte.

[00:17:52]  Und das ist natürlich, also das muss man immer im Hinterkopf behalten.

[00:17:56]  Nichtsdestotrotz ist das, was wir da haben,

[00:17:59]  natürlich schon auch trotzdem intrinsisch und für sich schon sehr gut.

[00:18:06]  Es ist natürlich schade, dass vieles, was sonst auch sehr gut war,

[00:18:10]  aufgrund dieser Tratierungsmechanismen, leider eben der Geschichte

[00:18:15]  ein bisschen zum Opfer gefallen ist.

[00:18:17]  Aber Gott sei Dank muss man auch sagen,

[00:18:19]  ist es auch so, dass der Kanon immer wieder revidiert wird.

[00:18:23]  Und eben gerade so wie du gesagt hast, Virginia Woolf ist ein gutes Beispiel,

[00:18:27]  eben Frauen vorher zu finden, es fallt mir auch die Schnelle,

[00:18:31]  Shelley ein, die den Frankenstein geschrieben hat.

[00:18:33]  Das ist genau, da gibt es einige wenige, es gibt Ausnahmen,

[00:18:37]  gibt es natürlich, aber das bestätigt eigentlich nur die Regel.

[00:18:39]  Aber eben gerade in den letzten 100 Jahren ist eben der Kanon immer wieder revidiert worden.

[00:18:44]  Und das ist eben gerade auf Genderbasis.

[00:18:46]  Also weibliche Literatur ist sehr viel dazu gekommen, wieder entdeckt worden auch.

[00:18:52]  Und was natürlich auch ganz viel ist,

[00:18:54]  aus der post-colonial-study-mäßig von also nicht europäisch,

[00:19:00]  nicht europäisch Literatur ist ganz viel auch dazu gekommen.

[00:19:04]  Und man hat auch gesehen, je auch dort hat es tolle Literatur gegeben,

[00:19:09]  tolle Gedanken, Welten, die vielleicht nicht immer den westlichen entsprechen,

[00:19:14]  aber die auch wirklich interessant sind und wo es auch Traditionen gibt,

[00:19:18]  die auch wert ist, rezipiert zu werden.

[00:19:20]  Also das ist schon sehr, sehr wichtig, dass man das immer mit denkt.

[00:19:23]  Genau. Aber genug von Kann.

[00:19:25]  Was hast du denn für Schund?

[00:19:28]  Was ich für einen Schund dabei habe? Ich bin schon ein bisschen geschumpfen worden

[00:19:30]  von unserer Kollegin der Pia, mit der wir davor kurz darüber geredet haben.

[00:19:33]  Die Pia hat sich geschumpfen?

[00:19:34]  Ja, also die Pia schimpft nicht.

[00:19:36]  Das kann die Pia gar nicht, zudem ist die Pia nicht fähig.

[00:19:39]  Aber die Pia hat gesagt, also das, was du als Schund mitbracht hast,

[00:19:42]  könnte man eigentlich auch schon wieder als Kanon bezeichnen.

[00:19:44]  Ich habe mich extra bemüht extra Schund mitzunehmen.

[00:19:46]  Extra Schund.

[00:19:47]  Und ich habe mitgebracht, das war das erste, was mir eingefallen ist,

[00:19:51]  war Douglas Adams, „The Hitchhiker's Guide to the Galaxy“ oder auf Deutsch

[00:19:56]  „Per Anhalter durch die Galaxis“ ist.

[00:19:58]  Und wenn der Viktor sagt „mitgebracht“, dann meint er das wirklich

[00:20:00]  im wörtlichen Sinne, weil er hat die Bücher dabei.

[00:20:03]  Natürlich habe ich die Bücher dabei, weil ich muss ja wissen,

[00:20:04]  über was ich sprich, ich kann mir das nicht vor mein Geistiges

[00:20:07]  Auge halten. Und The Hitchhiker's Guide to the Galaxy ist natürlich

[00:20:11]  eigentlich schon auch ein bissi

[00:20:14]  Klassik und ist natürlich schon gut rezipiert.

[00:20:18]  Klassischer Sci-Fi Literatur. Klassischer Sci-Fi, genau.

[00:20:21]  Aber es ist eben natürlich vom Genre, es ist viel jünger.

[00:20:25]  Es ist einfach ein Buch, das einen unglaublich

[00:20:30]  tollen Witz hat.

[00:20:32]  Es ist einfach, also, wenn du sagst,

[00:20:35]  Don Quijote war dir zu langweilig, das würdest du über den Hitchhiker's

[00:20:38]  Guide to the Galaxy wahrscheinlich nie behaupten, oder?

[00:20:40]  Du hast ihn sicher gelesen, kann ich mir vorstellen?

[00:20:42]  Nein. Ich bin kein Sci-Fi-Fan.

[00:20:43]  Okay. Ja, es ist einfach ...

[00:20:45]  Du würdest mir den empfehlen.

[00:20:45]  Ich würde dir das sehr empfehlen.

[00:20:47]  Ich finde das sehr kurzweilig, sehr witzig.

[00:20:50]  Es ist einfach, finde ich, eben auch gute Literatur.

[00:20:54]  Es ist einfach eine schräge Prämisse.

[00:20:57]  Eben. Die Erde soll im Endeffekt abgerissen werden, um einen Highway,

[00:21:02]  weil die dem Highway in der Galaxie im Wege steht.

[00:21:07]  Und das ist sozusagen der Ausgangspunkt, wo es dann darum geht.

[00:21:10]  Und dann, was die ganzen Protagonisten für tolle Abenteuer dann im Weltall

[00:21:16]  eben erfahren und was sie da auf schräge Charaktere treffen.

[00:21:20]  Und das ist einfach schon sehr unterhaltsam.

[00:21:23]  Muss ich sagen, ja.

[00:21:24]  Und weißt du noch, wo du warst, wo du das gelesen hast?

[00:21:27]  Das erste Mal.

[00:21:28]  Hast du da noch so eine haptische Erinnerung?

[00:21:30]  Na, das habe ich leider nicht.

[00:21:33]  Bei mir entsteht das immer bei einem guten Buch.

[00:21:35]  Das ist, dass sich in mir eine haptische Erinnerung bildet.

[00:21:38]  Wenn ich das Buch dann wieder in der Hand habe und kurz über den Inhalt nachdenke

[00:21:41]  und mich daran zurück erinnere, wie ich es gefunden habe, dann weiß ich wieder, wo ich war.

[00:21:45]  Na, das habe ich leider nicht.

[00:21:47]  Schade, das hätte ich gerne.

[00:21:47]  Das ist hetzig.

Das hätte ich gerne, ehrlich gesagt.

[00:21:49]  Aber das kann ich bei diesem Buch jetzt gerade nicht sagen, na.

[00:21:51]  Aber es ist Genre-Literatur.

[00:21:54]  Und wir Komparatisten wissen, Genre tut sich sehr hart,

[00:21:57]  gerade im literaturwissenschaftlichen Betrieb, anerkannt zu werden.

[00:22:02]  Zwar sind jetzt Krimis, sind so langsam da, das ist so...

[00:22:05]  Jetzt kommen die historischen Romane, die werden jetzt ernst genommen.

[00:22:10]  Und das Genre muss sich immer irgendwie selber erst einmal beweisen,

[00:22:14]  aber viele Jahrzehnte ...

[00:22:16]  Einen Kanon bilden.

[00:22:17]  Genau.

[00:22:18]  Und dann können wir noch mal darüber reden, so in etwa.

[00:22:22]  Okay, meins ist „Sie“ von Stephen King.

[00:22:27]  Auf Englisch heißt es „Misery“.

[00:22:30]  So heißt dann der Film auch mit Kathy Bates.

[00:22:34]  Immer noch mal Wert geschaut zu werden.

[00:22:37]  Das ist von 1987, das Buch.

[00:22:39]  Und ja, es ist auch ein Genre-Roman.

[00:22:43]  Mein Genre ist Horror in dem Fall, nicht Sci-Fi.

[00:22:47]  Es ist super psychologisch.

[00:22:49]  Es geht um den Number One Fan, die Annie Wilkes,

[00:22:52]  die den Schriftsteller Paul Sheldon zufällig in Colorado im Schnee rettet im Auto.

[00:23:01]  Und er denkt, er ist gerettet.

[00:23:03]  Aber sie verlangt dann von ihm, dass er die Romanreihe,

[00:23:07]  von der sie so ein großer Fan ist, weiterführt.

[00:23:10]  Und sie ist total psychopathisch.

[00:23:12]  Und sie bricht ihm dann berühmterweise den Fuß.

[00:23:14]  Und er muss dann für sie da in diesem ...

[00:23:17]  Er ist da mit ihm im Haus eingesperrt.

[00:23:19]  Er kann sich nicht bewegen.

[00:23:20]  Er ist verletzt von dem Autounfall, aus dem sie ihn gerettet hat.

[00:23:24]  Und niemand weiß, wo er ist.

[00:23:25]  Und er muss sich da freischreiben, sozusagen.

[00:23:29]  Also für mich habe ich das so gelesen,

[00:23:31]  auch so ein bisschen als Meta-Kommentar,

[00:23:34]  natürlich, das Stephen King, der da irgendwas verarbeitet,

[00:23:39]  was er ja immer macht.

[00:23:40]  Und es hat so einen Touch Kammerspiel.

[00:23:43]  Es ist sehr psychologisch.

[00:23:45]  Und ich habe es so vor Augen.

[00:23:47]  Ich weiß, wie Paul Sheldon im Zimmer sitzt,

[00:23:50]  mit dem hochgelagerten Fuß.

[00:23:52]  Und vor ihm hat er die Schreitmaschine.

[00:23:53]  Und ich weiß noch, wie ich das Fenster sehe.

[00:23:56]  Und wie er die Schritte von der Annie hört.

[00:23:59]  Und da bin ich jetzt schon wieder.

[00:24:00]  Und das ist für mich halt so ein Zeichen ...

[00:24:03]  Hey, das hat mir voll gut gefallen.

[00:24:05]  Und ich weiß noch, die Sprache hat mir damals sehr gut gefallen.

[00:24:08]  Und die war auch fantastisch.

[00:24:10]  Stephen King schreibt ja mal so, mal so.

[00:24:12]  Er tut sich auch mit den Enden schwer.

[00:24:14]  Meiner Meinung nach ist Misery eins seiner,

[00:24:17]  wenn nicht sein Bestes, muss ich sagen.

[00:24:20]  Das finde ich sehr gut.

[00:24:21]  Weil so wie SciFi nicht dein Genre ist,

[00:24:23]  ist Krimi nicht mein Genre.

[00:24:25]  Aber du hast mich jetzt doch ein bisschen angefixt.

[00:24:27]  Also ich ...

[00:24:28]  Wenn wir das vielleicht,

[00:24:29]  wir haben das bestimmt im Bestand,

[00:24:30]  dann werde ich das vielleicht ausleihen.

[00:24:31]  Und dann habe ich ein gutes Ding fürs Wochenende.

[00:24:34]  Gutes Stichwort, wir haben es im Bestand.

[00:24:37]  Denn es wurde erst ...

[00:24:38]  Die Neuauflage haben wir erst bestellt von Misery

[00:24:40]  auf Englisch im Original und auf Deutsch haben wir es auch.

[00:24:43]  Und sie ist wahrscheinlich schon weg.

[00:24:45]  Wollen wir Folgendes machen?

[00:24:47]  Du liest Misery, ich lese Hitchhiker's Guide.

[00:24:51]  Und dann erzählen wir uns in einer fernen Folge des Podcasts

[00:24:54]  noch einmal, wie wir es gefunden haben.

[00:24:56]  Das fände ich sehr schön.

[00:24:57]  Das wäre eine tolle Sache.

[00:24:59]  Ja, cool.

[00:25:00]  Aber jetzt um noch mal die Frage zu beantworten,

[00:25:05]  warum mögen wir gute Bücher, ist, glaube ich, offensichtlich.

[00:25:09]  Weil es Spaß macht.

[00:25:12]  Genau.

[00:25:13]  Also, ich denke eben, es ist einfach eine Freude,

[00:25:17]  so Sachen zu lesen.

[00:25:18]  Und eben ...

[00:25:20]  Die Kanon-Literatur hat also ...

[00:25:25]  Es ist einfach toll, zum Beispiel zu sehen.

[00:25:28]  Ich habe dir noch mehrere Bücher mitgebracht,

[00:25:30]  wenn man sich zum Beispiel dann den Ulysses anschaut.

[00:25:33]  Wie auch eben zum Beispiel der wieder die Odyssee rezipiert.

[00:25:36]  Das heißt, das ist, also das ist gar nicht so zur Sprache gekommen,

[00:25:38]  aber eben gute Schriftsteller sind einfach literarische Menschen.

[00:25:42]  Und literarische Menschen lesen einfach auch sehr viel.

[00:25:46]  Und das, was in der Odyssee oder auch in der Bibel,

[00:25:48]  in diesen ältesten Texten, die die westliche Literatur Geschichte hat,

[00:25:53]  einfach drin steckt, das wird einfach immer wieder verarbeitet.

[00:25:56]  Und natürlich ändert sich die Zeit.

[00:25:58]  Das heißt, es ändert sich auch die ...

[00:26:01]  Also wie die Leute eben diese Sachen dann verwenden, das ändert sich auch.

[00:26:05]  Und das wird dann immer wieder neu.

[00:26:07]  Und gibt es wieder neue Twists und wieder neue Sichtweisen,

[00:26:09]  neue Perspektiven.

[00:26:10]  Und wenn man natürlich dann das Hintergrundwissen hat

[00:26:14]  und die Odyssee schon lesen hat, dann liest man den Ulysses natürlich

[00:26:17]  nochmal ganz mit ganz anderen Augen.

[00:26:19]  Und eben gute Schriftsteller sind immer gute Leser.

[00:26:22]  Und es ist einfach super, wenn man dann einen ...

[00:26:26]  Vielleicht ein bisschen das Hintergrundwissen hat,

[00:26:28]  dann nimmt man noch so viel mehr mit,

[00:26:30]  obwohl man das natürlich auch lesen kann,

[00:26:32]  ohne Hintergrundwissen und ein tolles Buch hat.

[00:26:34]  Aber eben, das ist ja auch, was die Frauen ganz oft gemacht haben,

[00:26:36]  Die haben sich um eben gegen den Kanon zu schreiben,

[00:26:39]  haben sich die einfach Figuren aus dem Kanon bemächtigt.

[00:26:42]  Das heißt, da ... also es ist auch,

[00:26:44]  der Kanon ist auch als ...

[00:26:46]  Waffe gegen den Kanon verwendet worden.

[00:26:48]  Also es gibt so viel zu sagen und nach.

[00:26:50]  Und Schrift ist unfassbar ein interessantes Thema.

[00:26:53]  Und der literarische Kanon und die sogenannte Dekonstruktion des Kanon,

[00:27:00]  wird uns in diesem Podcast wahrscheinlich immer wieder begleiten,

[00:27:03]  immer wieder mitschwingen.

[00:27:05]  Schriftsteller*innen, wie du so schön gesagt hast,

[00:27:09]  schreiben immer in einer Tradition.

[00:27:11]  Und gute Bücher für mich sind unabhängig von,

[00:27:19]  ob das jetzt sogenannte hohe Weltliteratur ist

[00:27:23]  oder sogenannte niedere Genreliteratur.

[00:27:26]  Sie schreiben in einer Tradition und das, was für den Kanon gilt,

[00:27:30]  gilt für jeden guten Schriftsteller.

[00:27:32]  Egal, ob der Horror schreibt oder SciFi.

[00:27:35]  Es ist dann gut, wenn du dich auskennst,

[00:27:37]  mit dem, was du tust, wie ein guter Handwerker.

[00:27:40]  Genau, es ist ein Handwerk natürlich,

[00:27:42]  in gewisser Weise auch.

[00:27:44]  Ja, Viktor, vielen lieben Dank, dass du heute bei uns warst.

[00:27:47]  Vielen Dank für die Einladung.

[00:27:48]  Es hat so viel Spaß gemacht, wie ich es mir vorgestellt habe.

[00:27:51]  Schön, das freut mich.

[00:27:52]  Du warst unfassbar informativ.

[00:27:54]  Ich hoffe, wir können das wiederholen.

[00:27:57]  Das wäre, da würde ich sehr gerne, ja.

[00:27:59]  Und damit verabschieden wir uns für heute.

[00:28:03]  Was findet ihr?

[00:28:05]  Macht ein gutes Buch aus.

[00:28:07]  Schreibt uns das auf post.stadtbibliothek@innsbruck.gv.at

[00:28:11]  oder auf Instagram oder Facebook.

[00:28:14]  Der Hashtag ist #Gemeinsambesser

[00:28:16]  Und bis dahin, alles Liebe, alles Gute.

[00:28:19]  [Musik]

[00:28:45]  Das Vorwort ist eine Produktion der Stadtbibliothek Innsbruck

[00:28:49]  und Teil der Stadtstimmen, dem Audiokanal der Stadt Innsbruck.

Transkription

[00:00:00]  Vorsicht, der Genuss dieses Podcasts kann zu vermehrten Bibliotheksbesuchen führen.

[00:00:07]  Herzlich Willkommen zum Vorwort. Ich bin die Christina.

[00:00:24]  Und ich bin die Pia.

[00:00:25]  Und heute reden wir über die Oscars.

[00:00:28]  Hey Pia, ich war mal wieder auf Filmfriend unterwegs und habe die Oscar-Kollektion angeschaut.

[00:00:33]  Hast du gewusst, dass das jetzt schon wieder war? Die Oscars?

[00:00:36]  Ich hab es peripher mitbekommen, ja, dass die Oscars wieder waren.

[00:00:40]  Aber was ist Filmfriend überhaupt?

[00:00:42]  Filmfriend ist unser Film-Streaming-Dienst, den wir als Bibliothek haben.

[00:00:46]  Das heißt, alle, die Mitglied bei uns sind, können auch Filme online streamen.

[00:00:51]  Genau, und die bieten verschiedene Filme an, für Kinder und auch Erwachsene,

[00:00:57]  also für verschiedene Altersgruppen.

[00:00:59]  Ist eben bei unserem Jahresabo einfach dabei, ist echt ein super Service.

[00:01:04]  Und die haben auch verschiedene Collections und da sind halt jetzt auch anscheinend die Oscars dabei.

[00:01:08]  Weil die Oscars waren ja am 10. März.

[00:01:10]  Und ich weiß nicht, wie es dir geht, aber mir macht es immer Lust, aufs Film schauen.

[00:01:15]  Ja, extrem.

[00:01:16]  Mir interessiert es dann schon auch, was gewonnen hat und was die größeren Preise,

[00:01:21]  also bester Film, beste Schauspielerin, bester Schauspieler,  wer das gewonnen hat.

[00:01:26]  Weil dann überleg ich mir doch vielleicht, ob ich es eventuell anschaue, muss ich sagen.

[00:01:30]  Ja, warum mögen wir eigentlich die Oscars auch so gerne?

[00:01:33]  Und wieso sind die denn so prevalent in unserer österreichischen Kultur?

[00:01:37]  Frage ich mich, wenn wir mit Hollywood außer natürlich peripher nichts zu tun haben,

[00:01:42]  aber natürlich hat einfach der amerikanische Filmmarkt und die Filmindustrie so einen enorm riesigen Einfluss auf unser Leben

[00:01:50]  und also auf unsere kulturelle Gestaltung, wenn du das so nennen willst, oder?

[00:01:54]  Ja, und wenn wir mal einen Oscar gewinnen, dann ist es "Ach, der Christoph Waltz, der hat wieder was gewonnen."

[00:01:58]  Oh ja, genau.

[00:01:59]  "Jetzt haben wir als Österreicher den Oscar."

[00:02:01]  Unser Mann bei den Oscars.

[00:02:03]  Was es Witzigste ist, dass in Deutschland der Christoph Waltz quasi als Deutscher gehandelt wird.

[00:02:13]  Wenn die Deutschen schreiben, die deutschen Zeitungen berichten dann über die Oscars und sagen,

[00:02:18]  "Christoph Waltz, Österreicher, lebend in, und dann, wenn er dann gerade mal einen Moment in Deutschland war,

[00:02:23]  dann hat quasi Deutschland gewonnen.

[00:02:26]  Das ist so, dann eignen sie sich das so an, oder?

[00:02:29] Faszinierend.

[00:02:30]  Du ja, beim Arnold Schwarzenegger haben sie es nicht so gemacht.

[00:02:34]  Ja, der ist doch aus Kalifornien, das zählt nicht mehr.

[00:02:37]  Ja, was sind die Oscars eigentlich?

[00:02:41]  Die haben ja inzwischen eine sehr lange und illustre Geschichte, da ist am 11. Jänner 1927,

[00:02:48]  hat Louis B. Mayer, das war ein sehr einflussreicher, sehr mächtiger Chef des Hollywood Studios MGM,

[00:02:56]  also "also Metro-Goldwyn-Mayer", Leute um sich versammelt

[00:03:02]  und damit gilt dieser Tag als die Geburtsstunde der Academy of Motion Picture Arts & Sciences.

[00:03:08]  Also, da wurde einfach beschlossen, wir brauchen einen prestigeträchtigen Preis,

[00:03:12]  weil Preise machen eins, sie bringen Aufmerksamkeit und sie legitimisieren natürlich auf einer Weise...

[00:03:24]  Die Branche an sich.

[00:03:25]  Die Branche, genau.

[00:03:26]  Dann kam es 1929 zur ersten Verleihung. Das hat aber keine Sau interessiert.

[00:03:33]  Deswegen wurde sie 1930 zum ersten Mal im Radio übertragen

[00:03:38]  und 1934 hat Walt Disney sich in seiner Dankesrede für den sogenannten Oscar bedankt,

[00:03:46]  wir haben es jetzt die ganze Zeit schon genannt, es ist ein bisschen umstritten, ob Disney jetzt die Figur,

[00:03:51]  das ist jetzt, jeder kennt die Oscars, glaube ich, das Mandel da in Gold gegossen,

[00:03:55]  ob das, wieso heißt das Oscar und 34 war es das erste Mal nachweislich, dass jemand das so genannt hat, den Oscar.

[00:04:02]  Aber warum das Oscar heißt, das ist sehr umstritten, das war, habe ich nicht rausgefunden,

[00:04:11]  39, und das ist dann wichtig, glaube ich, für unsere Folge heute, wenn wir uns da über verschiedene Themen,

[00:04:17]  was die Oscars angeht unterhalten wollen.

[00:04:19]  1939 hat als erste schwarze Frau, Hattie McDaniel für ihre Rolle als Mammy im "Vom Winde verweht" den Oscar,

[00:04:27]  als beste Nebendarstellerin gewonnen.

[00:04:29]  Not so fun fact, am Rande, sie war die erste Schwarze, die nicht nur gewonnen hat,

[00:04:34]  sondern die bei den Awards zu Gast war und nicht als Bedienstete dabei war.

[00:04:39]  Und sehr umstritten ist natürlich auch, dass die Darstellung dieser Mammy,

[00:04:45]  das in den Südstaaten der dankbaren Dienerin, sehr stereotypisiert war.

[00:04:52]  Ja, genau, und das dann genau dafür gibt es dann noch, also das ist sehr umstritten.

[00:04:58]  Auch diese stereotype Darstellungsweise von schwarzen Frauen in Filmen oder schwarzen Menschen,

[00:05:06]  grundsätzlichen Filmen.

[00:05:08]  1941 haben sie dann beschlossen, dass es ein großes Geheimnis ist, wer gewinnt,

[00:05:12]  weil vorher haben sie die Gewinner immer eine Woche vorher schon gekürt oder gezogen,

[00:05:16]  und da hat es jeder gewusst, dann wurde die Geheimhaltung eingeführt,

[00:05:22]  damit das Interesse zur Verleihung erhöht wird.

[00:05:26]  Und 1953 wurde es dann das erste Mal im Fernsehen übertragen.

[00:05:31]  Das ist super wichtig, weil das war im Grunde die Geburtsstunde für dieses TV-Event,

[00:05:36]  das wir ja heute noch kennen.

[00:05:38]  Manche schmeißen gar Oscar-Verleihungspartys und treffen sich dann auf Popcorn und Sekt

[00:05:43]  und schauen sich das dann an.

[00:05:45]  Das ist eine Liveübertragung.

[00:05:47]  Und als erste schwarze Frau hat '94 erst, Whoopi Goldberg.

[00:05:51]  Vor allem war sie auch die erste Frau, die die Oscar-Show allein moderiert hat.

[00:05:56]  2000 hat die erste Produzentin eines Films einen Oscar gewonnen.

[00:06:02]  Das war die Lilly Finnic Sanop.

[00:06:04] Und anhand der Daten, die ich mir aus dieser Oscar-Geschichte herausgesucht habe,

[00:06:09]  kannst du dir wahrscheinlich schon denken, was so ein bisschen unsere Berührungspunkte,

[00:06:14]  unsere Themenpunkte sind, nämlich,

[00:06:17]  dass die Oscars so primär ein Event waren, das natürlich von weißen Männern gegründet worden ist.

[00:06:25]  Und deswegen halt auch so über die Jahre hinweg einen gewissen ...

[00:06:31]  ... einen gewisse Richtung eingeschlagen hat, was die Gewinner und die Nominierten angeht.

[00:06:37]  Es sind auch ... Ich habe hier nachgeschaut und es gibt von der Los Angeles Times ein Studie von 2012.

[00:06:44]  Die haben geschaut, was sind überhaupt diese Academy-Members, die Oscar-Gewinner wählen.

[00:06:52]  Es sind 94 Prozent der Mitglieder weiß, also zu dem Zeitpunkt, und 77 Prozent sind männlich.

[00:06:58]  Und das Durchschnittsalter liegt bei 62 Jahren.

[00:07:02]  Und damit ist es 2015 zum endgültigen Aufschrei gekommen, nämlich unter dem Hashtag #OscarsSoWhite,

[00:07:10]  als in dem Jahr eben nur weiße Schauspieler*innen nominiert worden sind.

[00:07:18]  Das hat schon was geändert, nämlich müssen Filme und Filmproduktionen ...

[00:07:26]  ... gewisse Auflagen erfüllen, gewisse Diversitätsstandards, um ...

[00:07:33]  ... im Casting, also die Leute, die man auf dem Bildschirm sieht, bis von der Produktion,

[00:07:39]  bis die Leute im Hintergrund zur Finanzierung, muss erfüllt sein, aber die Kritiker sagen,

[00:07:45]  es ist im Grunde nur sogenanntes "Windowdressing", also das ist mehr für die Show als was anderes.

[00:07:51]  Weil wie du sagst, alleine die Gründung ist so stereotyp mit den Leuten besetzt gewesen,

[00:08:01]  die eben einfach in den meisten Systemen, in so einem Patriarchat und im Patriarchat in der westlichen Welt,

[00:08:07]  die Macht haben, nämlich wohlhabende, höhere Mittel bis Ober-schicht Männer.

[00:08:15]  Dass einfach diese Kritiker sagen, es braucht eine grundsätzliche, systemische Überarbeitung

[00:08:22]  und Umbrüche innerhalb der Filmindustrie von Hollywood, damit es je wirklich anders wird

[00:08:28]  und mehr ist als "Windowdressing".

[00:08:31]  Den Oscar für den besten Film hat ja ...

[00:08:34]  Dieses Jahr hat "Oppenheimer" gewonnen.

[00:08:37]  Genau, und "Oppenheimer" erfüllte die Standards, diese Diversitätsstandards,

[00:08:43]  nur das Beispiel, das ist jetzt nichts gegen den Film "Oppenheimer", aber da waren nicht besonders viele

[00:08:49]  "People of Color" beteiligt an dieser Produktion, aber dadurch, dass mehrere Frauen in höheren Stellen beteiligt waren,

[00:08:58]  reichte das aus, um diese Diversitätsquote zu erreichen.

[00:09:02]  Man erreicht die Quote im Grunde sehr schnell.

[00:09:05]  Genau, das ist mein Punkt.

[00:09:07]  Das ist ein Kritikpunkt, den es auch schon lange gegeben hat, weil hier man immer ein bisschen Geschichte von den Oscars angeschaut

[00:09:13]  und zum Beispiel der Marlon Brando hat ja, wo er für der Parte nominiert war, sehr bekannterweise,

[00:09:19]  ist er ja nicht selber hingegangen, er hat das protestiert und hat stattdessen eine Native American Vertreterin für ihn hingeschickt,

[00:09:26]  "Sacheen Littlefeather" und die hat den Oscars für ihn entgegengenommen und hat in ihrer Rede dann auch gesagt,

[00:09:33]  dass er extra nicht hingegangen ist, weil Native Americans von der US-amerikanischen Filmbranche so schlecht behandelt werden.

[00:09:41]  Also, das ist schon was, das auch schon sehr früh erkannt worden ist, auch industrieintern und wo Kritik äußert wird,

[00:09:48]  aber halt, es hat sehr, sehr lange gedauert, bis sich was geändert hat.

[00:09:52]  Und ich finde auch, dass man durchaus davon reden, also die Frage stellen kann, wie viel hat sich wirklich geändert

[00:09:58]  und wie viel ist halt zur Show.

[00:10:01]  Also Lily Gladstone ist ja die erste Native American, die als beste Schauspielerin für den Oscar nominiert war,

[00:10:08]  sie hat dann nicht gewonnen, das ist wieder was typisches passiert, finde ich, Emma Stone hat dann gewonnen, als beste Schauspielerin,

[00:10:16]  die sehr schockiert gewirkt hat, wo sie das erfahren hat, hast das Video angeschaut?

[00:10:21]  Sie war nämlich so ganz überrascht,

[00:10:25]  Ja, da hat man so das Gefühl gehabt, sie hat nicht damit gerechnet, dass sie diesen Oscar bekommt.

[00:10:29]  Ja, also, das ist ja eingeübt,

[00:10:30]  also ich weiß nicht.

[00:10:32]  Also die Lily Gladstone war ja eigentlich auch die Vorreiterin in allen Proben,

[00:10:35]  da gibt es ja auch Poles und die Leute wetten da drauf und alles Mögliche. Also sie war eigentlich schon

[00:10:40]  die Vorreiterin, aber gewonnen hat sie dann halt eben nicht, wieder Mal.

[00:10:44]  Ja, ich glaube das deshalb, weil die Oscars sind ja auch, das sind ja, du bist also in der Hollywood-Filmindustrie,

[00:10:53]  kannst du da Mitglied werden, um für die Oscars zu stimmen, das heißt du kriegst,

[00:10:58]  du stimmst dann ab als Mitglied der Academy und das sind dann halt einfach Mitglieder der

[00:11:05]  Filmindustrie, von Schauspielern, Schauspielerinnen, zu Produzenten und so weiter und sofort.

[00:11:09]  Und halt einfach Hollywood-Insidern würde man sagen. Und also Harvey Weinstein war ja

[00:11:17]  berühmt dafür, dass er dann gerade auch mit Gwyneth Paltrow in den 90ern ...

[00:11:22]  Shakespeare in Love war dieser Film damals. Ich habe das auch aufgeschrieben. Das ist ja das

[00:11:27]  Paradebeispiel davon, wer an Film gewonnen hat, weil eigentlich jeder gedacht hat, okay das kann nicht

[00:11:31]  gewinnen. Das war ja Shakespeare in Love, haben wir übrigens auch im Bestand. Ist eine Liebeskomödie

[00:11:36]  und war im gleichen Jahr nominiert vom besten Film wie der Soldat James Ryan,

[00:11:43]  Saving Private Ryan, was ja der Klassiker von Kriegsfilmen ist und auch ein sehr guter Film,

[00:11:51]  finde ich jetzt. Genau und gewonnen hat dann aber eben Shakespeare in Love, weil Harvey Weinstein

[00:11:59]  so eine extreme Oscar-Kampagne für diesen Film geschaltet hat. Eine, die noch nie so gefahren

[00:12:05]  worden ist. Hat wirklich angefangen. Man hat schon mal seine Filme beworben unter diesen

[00:12:11]  Academy-Mitgliedern, die da wählen. Aber er hat das zu Kunst erhoben und er hat das beherrscht

[00:12:19]  wie kaum ein anderer. Und das ist ja auch von der branchenintern bekannt, wer die Academy-Mitglieder

[00:12:24]  sind, aber da sind Leute, von denen halt vermutet wird, dass sie es sind und dann bekommen

[00:12:28]  die halt zum Beispiel gratis die Filme zugeschickt auf einem iPad, das sie dann natürlich behalten

[00:12:33]  dürfen. Sicher Bestechung geht offiziell nicht, aber das iPad kriegen sie dann halt schon.

[00:12:37]  Oder dann gibt es oscarinterne Parties, wo lauter dieser eventuellen Academy-Members

[00:12:45]  eingeladen werden und dann eben halt dann gratis Essen und Trinken bekommen. Ja, wenn

[00:12:49]  du da auf Urlaub mitfährst oder da auf die Kreuzfahrt mitgeschickt wirst oder was auch immer die superreichenden in

[00:12:55]  Hollywood machen und dann wirst du, um die Rolle zu bekommen oder

[00:13:01]  um da ein Projekt durchgewinkt zu bekommen, tust du ihm da halt mal einen Gefallen

[00:13:05]  so funktioniert es halt, oder? Ja. Und das ist sicher ein sehr korruptes System und

[00:13:14]  warum die Oscars auch als Preis, finde ich, durchaus in Frage zu stellen sind, weil

[00:13:21]  das Interessante daran ist ja, wie großen Wert wir nichtsdestotrotz darauf

[00:13:26]  legen oder wie schaulustig wir da sind. Ja und es ist so schon, ich kann es irgendwie

[00:13:32]  gar nicht verhindern, wenn die dann höre, ah, Oppenheimer hat doch den

[00:13:35]  besten Film gewonnen, dann denk ich mir, ah, vielleicht sollte ich ihn doch anschauen. Das

[00:13:38]  kann ich gar nicht so verhindern. Weil man sich dann selber denkt, ja, dann müssen

[00:13:41]  sie doch echt irgendwie Recht haben, das ist doch ein bisschen was dran, dass es doch

[00:13:45]  ein guter Film ist. Ich denke oft, was bei der Emma Stone passiert ist, was ich vorhin,

[00:13:50]  was mein Punkt vorhin war, ist, dass die halt über, also gewonnen hat statt der Lily

[00:13:54]  Gladstone, weil sie es ja oft auch wie so ein Lebenswerk bis dahin prämieren. Das ist mal beim Robert

[00:14:01]  Downey Jr., der hat ja Best Actor, also den Oscar für den besten Nebendarsteller so,

[00:14:08]  der war ja nicht Hauptdarsteller. Ja, Stephen Murphy hatte den ja, glaube ich, ja,

[00:14:14]  eben. Und da hatte ich dann das Gefühl, der ist ja jetzt schon ewig in der Industrie,

[00:14:18]  der hat diesen berühmten Werdegang, mit von ganz unten sich raufgearbeitet, was

[00:14:22]  ja auch was ist, was Hollywood liebt, also die machen dich genauso gerne fertig wie,

[00:14:26]  dass sie dich dann wieder in höchster Höhen loben, aber dann machen sie dich gleich wieder

[00:14:30]  fertig, wenn es geht. Und der ist jetzt wirklich sehr berühmt geworden, aber durch die Marvel Filme

[00:14:36]  und das ist ja bekanntermaßen was, was bei den Oscars nicht. Außer bei den Animationen,

[00:14:44]  das haben sie sogar, das sind sie dieses Jahr nominiert. Aber für Superheldenfilme gibt's

[00:14:48]  keine Oscars und da hatte ich dann das Gefühl, ich mein Robert Downey Jr. hat in einem

[00:14:53]  guten Film mitgemacht, seit er nicht mehr bei Marvel ist und das war halt

[00:14:58]  diese Rolle in "Oppenheimer". Und dann hat er gleich einen Oscar gekriegt und das, weil

[00:15:05]  ich, ich denke da prämieren sie auch so einen gewissen kulturellen

[00:15:11]  Einfluss, den diese Person gewinnt oder vielleicht auch was, was ihnen vorher schon gefallen hat,

[00:15:17]  aber was sie nicht. Ich denke mir das so oft, bei den kleineren  in Anführungszeichen

[00:15:23]  Oscars, wie zum Beispiel bei der Filmmusik, da werden gefühlt immer die gleichen nominiert

[00:15:27]  Der Hans Zimmer kriegt auf jeden Fall eine Nominierung. Da denke ich mir dann auch immer, es kann nicht

[00:15:34]  sein, dass das die einzigen Filmmusiker und Musikerinnen sind, die in dieser Branche

[00:15:38]  arbeiten, aber es sind halt die einzigen Bekannten und deshalb kriegen sie es sofort.

[00:15:43]  Ja und es ist natürlich halt eine reine zur Schaustellung, es ist ein Event, man schaut

[00:15:49]  sich das halt gerne an, man ist ein bisschen voyeuristisch auch, weil man dann dieses Das

[00:15:53]  in Anführungsstrichen einmal live erleben kann. Zum Abschluss, was ja dieses Jahr, also

[00:16:00]  dieses Jahr gab es ja erschreckend wenig Skandale, vorab hat es ja "Barbie Gate" gegeben, da

[00:16:05]  ist es darum gegangen, dass Barbie ein riesiger Kassenschlager war, die Oscars berühmter

[00:16:11]  Maßen aber nicht gerne Kassenschlager belohnen. Allerdings, sowohl die Regisseurin Greta

[00:16:17]  Gervick als auch die Hauptdarstellerin Margot Robbie sind, haben keine Oscar-Nominierung

[00:16:23]  eingestrichen, aber ausgerechnet der Mann in diesem Frauenfilm Ryan Gosling hat den

[00:16:28]  besten Nebendarsteller,  ist nominiert worden, gewonnen hat er ja nicht. Weißt du noch, was du da

[00:16:34]  gedacht hast?

[00:16:35]  Ich weiß, da hat es total viel Backlash gegeben, weil dann die Leute gesagt haben, ja sozusagen

[00:16:42]  die hätten es verdient und das ist ein Snap eben, dass die das jetzt nicht bekommen.

[00:16:46]  Ja, ein sogenannter Oscar-Snap.

[00:16:47]  Aber eben einerseits denken wir nachher, solche Snaps, das kannst du über so viele

[00:16:53]  Filme sagen und eben Parade-Beispiel, der Soldat James Ryan, das ist sofort der

[00:16:58]  Film, wo ich mir denke, okay, warum hat das nicht gewonnen überhaupt? In Gegensatz

[00:17:02]  zum anderen eben vor allem. Und das ist halt auch so was, es sind nur Awards, da hängt

[00:17:08]  jetzt nicht dein Leben dran. Und andererseits...

[00:17:12]  Aber es kann eine Karriere verändern?

[00:17:14]  Ja, sicher natürlich. Und andererseits muss man auch immer, ich mein, ich habe ihn gesehen, Barbie.

[00:17:19]  Es ist ein netter Film, aber das ist auch schon alles.

[00:17:22]  Und zu der Diskussion, weil das als feministische Diskussion bezeichnet wurde, die hat also

[00:17:31]  meiner Wahrnehmung noch besonders medial stattgefunden, davon meistens auf Twitter, worüber dann diskutiert

[00:17:38]  worden ist.

[00:17:39]  Und da habe ich dann schon zuerst, da habe ich mich da einfach mitreißen lassen, nicht

[00:17:44]  wirklich aufmerksam, das verfolgt und einfach noch, was, das gibt es jetzt nicht, natürlich

[00:17:47]  ist der Mann wieder nominiert und dann habe ich mir aber auch mal so ein Video-Essay angeschaut,

[00:17:52]  einer schwarzen Video-Essayistin auf YouTube.

[00:17:54]  Die hat einen extrem guten Punkt gebracht, mit dem ich gerne abschließen würde, nämlich

[00:18:01]  die meinte, dass dieser mediale Aufschrei oder dieser medialen Aufschrei gegen dieses so

[00:18:05]  genannte "Barbiegate" letztlich leere Statements sind, die ja zum Beispiel auf eben Social Media

[00:18:12]  kurze Zeit Aufmerksamkeit geben und da kleine Gruppen in sich bestätigen, aber es ist viel

[00:18:18]  wichtiger, eine größere Debatte anzustimmen, zum Beispiel sich anzuschauen, wie viele

[00:18:24]  people of color wurden dieses Jahr nominiert, dass Lily Gladstone als erste Native

[00:18:28]  American nominiert worden ist, hat wesentlich weniger Aufmerksamkeit bekommen, zumindest

[00:18:32]  medial als "Barbiegate".

[00:18:33]  Und im Sinne des intersektionalen Feminismus eine Debatte zu führen, die nicht nur diese

[00:18:41]  kleine Bubble anstößt oder diese Bubble umfasst und die im Blick hat, wie groß die

[00:18:49]  systemischen Probleme in Hollywood sind und wir haben noch nicht einmal über die Nepo-Babys

[00:18:53]  geredet.

[00:18:54]  Das heißt eine Veränderung für alle marginalisierten Gruppen und es dann hat die Greta Gerwig

[00:19:00]  nicht gewonnen, dafür hat sie Millionen gemacht.

[00:19:03]  Wie gesagt, es sind Awards, es ist nicht das Ende der Welt und die Millionen helfen

[00:19:10]  sicher, ihre Tränen zu stillen.

[00:19:12]  Sie können sich mit den Dollars die Tränen von den Augen wischen.

[00:19:16]  Auch interessant, ich weiß nicht, ob die sich dann jemals geäußert haben dazu überhaupt.

[00:19:22]  Alle haben für die geredet und die haben ja gar nichts gesagt eigentlich.

[00:19:28]  Ja, das ist ja ideal, wenn die ganze Welt sagt, die hätten ja einen Oscar verdient.

[00:19:33]  Was Besseres kann ja nicht passieren.

[00:19:34]  So viele Filme, die es vielleicht verdient hätten, haben auch nie den besten Film

[00:19:38]  Oscar erhalten.

[00:19:39]  Also, ob das jetzt heißt, dass "Barbie" vielleicht in 20 Jahren immer noch relevant ist und ein

[00:19:44]  popkultureller Hit wird, heißt es ja nicht.

[00:19:47]  So wie Gwyneth Paltrow in Shakespeare in Love.

[00:19:50]  Ja.

[00:19:51]  Schrecklicher Film.

[00:19:52]  Das muss ich jetzt noch sagen.

[00:19:55]  Das waren die Oscars.

[00:19:57]  Wenn ihr Lust habt, könnt ihr euch gerne auch unsere Film Collection auf Filmfriend anschauen.

[00:20:03]  zu den Oscars, würde uns freuen.

[00:20:06]  Vielleicht sagt ihr uns eure Meinung zu Filmfriend und auch zu den Oscars.

[00:20:10]  Die Webseite ist innsbruck.filmfriend.at.

[00:20:14]  Schreiben könnt ihr uns auf Instagram, Facebook oder auf post.stadtbibliothek@innsbruck.gv.at.

[00:20:23]  Damit sagen wir auf Wiederhören und bis zum nächsten Mal.

[00:20:30]  Tschüss!

[00:20:36]  Das Vorwort ist eine Produktion der Stadtbibliothek Innsbruck und Teil der Stadtstimmen, dem Audiokanal

[00:20:57]  der Stadt Innsbruck.

2. Staffel:

Im Fokus der zweiten Staffel von "S'Vorwort" stehen Literaturverfilmungen.

1. Staffel:

In den vier Folgen der ersten Staffel dreht sich alles um Krimis: Die Stadtbibliothekarinnen Christina und Pia sprechen mit ihren Gästen über Krimi-Klassiker bekannter AutorInnen.